82. Jahrgang.

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Amts- und AnMgeblaLt für den Se;irk Calw.

Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Sams- iag, Sonntag. JnfertionSpreiS 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte i außer Bezirk 12 Pfg.

Dienstag, den 2N. Februar 1SV7.

Abonncrnentspr.ind. Stadtpr. Viertels. Mk.1.t0incl.Triigerl. Aierteljührl. Poflbczug-preiS ohne Bestellg. f. d. OrtS» u. Nachbar- ortsoerkehr l Mk., f. d. sonst. Verkehr DU. I.I0, S-st-Ilg-ld 20 Pfg.

Cannstatt. Carmen Sylva, die edel sinnige Königin von Rumänien und gottbegnadete Dichterin, hat unserer heimischen Poetin Frau Mathilde Leonhardt aus Calw ein Zeichen freundlichen Gedenkens gegeben, das die Fürstin in ihrem einfachen Gemüt ebenso ehrt, wie es Frau Leonhardt mit Recht hocherfreut hat. Letzerer ist damit wohl die schönste Anerkennung für ihr Lebenswerk, die GedichteAuf Stillen Pfaden" geworden. Die Königin Elisabeth übersandte ihr nämlich ihr überaus wohlgelungenes ausdrucks- volles Bild mit folgender schlicht-erhabener eigen­händiger Widmung:Gerührten Dank für Ihren liebevollen Gedanken und Ihre schöne Sendung, die mir herzliche Freude bereitet! Es ist schön, wenn man in die Menschenherzen hineinsingt und es hallt hell und klangvoll zurück wie aus Waldesdom I Gott segne Sie für ihre Liebe! Elisabeth." (Cannst. Ztg.)

Cannstatt 23. Febr. Auf dem hiesigen Bahnhof ereignete sich heute Nachmittag ein be­dauerlicher Unglücksfall. Ein Ankuppler geriet zwischen die Puffer zweier Wagen und wurde so schwer verletzt, daß der Tod alsbald eintrat,

Tübingen 24. Febr. In einer Re­stauration ließ die Kellnerin, als sie von einem Ball nach Hause zurückkehrte, das Licht brennen und schlief ein. Die Kleider fingen Feuer. Da» im gleichen Zimmer schlafende Kochfräulein erwachte an der Rauchentwickelung und vermochte sich und die unvorsichtige Kellnerin noch zu retten, ehe es zu spät war. Das Feuer wurde mit Hilfe des rasch herbeigeeilten Wirtes bewältigt.

Besigheim. Am 20. d. M. nachmittags zwischen 12 und 1 Uhr ist ein 13 Jahre alter Knabe von einem Stromer beraubt und in den Neckar geworfen worden. Der Knabe konnte sich trotz des Hochwassers am Ufer halten und entging so dem Tode. Auf sofortige telephonische Nach­richt durch den Landjäger in Besigheim an das Stationskommando Heilbronn gelang es dort, den Verdächtigen zu ermitteln und festzunehtnen.

Freudenstadt 23. Febr. Der Winter 1907 hat im Schwarzwald kaum seines Gleichen, es türmen sich nachgerade Schneemaffen bei uns auf, wie sie selbst von den berühmtenältesten Leuten" nicht gesehen worden sein sollen. Auf dem Kniebis soll dies tatsächlich der Fall sein, auf dem Lamm z. B. kann man aus dem unteren Stockwerk überhaupt nicht mehr ins Freie sehen und die ganze Vorderfront des Hauses deckt bi» zum Dach ein ungeheurer Hausen zu. Auf der Rückseite des Lamm« ist eine lange Schneewehe, die eine durchschnittliche Höhe von 4 m hat.

Heidenheim 24.Febr. Gestern vormittag 11 Uhr wurde der ledige Taglöhner Holz au« Zang, 25 Jahre alt, in der Voith'schen Maschinen­fabrik auf unerklärliche Weise beim Reinigen von dem elektrischen Krahnen erdrückt und war sofort tot.

Ochsenhausen 22. Febr. Ein selten strenger Winter verwehrt immer nock dem Früh­ling seinen Einzug. 5° U. Kälte zeigt da« Ther­mometer heute und eine neu« Schneedecke liegt auf der alten, welche durch den letzten Regen schon erheblich zurückgegangen war. Auf dm Höhen stehen in den Hohlwegen noch 23 » hohe Schneewände, welche im Laufe des Winters

Tagesnerriskeite».

X Calw In Verbindung mit dem Kursus über da« landwirtschaftliche Bauw esen, welcher am Mittwoch, Donnerstag und Freitag dieser Woche von Herrn Inspektor Fritz abge­halten wird, findet im Hofe des Herrn Hugo Rau hier eine Ausstellung kleineren Umfangs statt, in welcher Stalldecken verschiedener Kon­struktion, Bodenbeläge und Stallventilationen zu sehen sind.

Calw. Samstag, den 23. Febr., hielt der Landw. Consumverein des Bezirks Calw in der Dreiß'schen Brauerei seine all­jährliche Generalversammlung ab. Herr Gutr- pächter Fahrion begrüßte die Versammlung und hob hervor, daß der Verein stets bemüht sei, seine Mitglieder gut und so billig als möglich zu bedienen. In Sämereien führt der Verein nur das beste, was gekauft werden kann; bei Kunstdünger garantiert er für den entsprechenden Gehalt. Seine Waren läßt er fleißig in Hohen­heim prüfen. Der Rechenschaftsbericht für 1906 lautete recht günstig; der Verein hatte wieder einen etwas größeren Umsatz als im Vorjahr. Die Jahresrechnung schließt mit einem mäßigen Gewinn ab. Verluste hat der Verein im ver­gangenen Jahr keine zu verzeichnen. Die Jahres­rechnung und die gesamte Geschäftsführung wurde vom Vereinsrevisor einer genauen Prüfung unter­zogen und laut Revisionsbericht in allen Teilen in Ordnung befunden. Der geschäftsführende Vorstand, Hr. Gärtner in Calw, dankte den Ortrrechnern für ihre Mühe und forderte sie auf, auch fernerhin treu zum Verein zu halten.

jAmtliches aus dem Staatsanzeiger.j Se. König!. Majestät haben vermöge aller­höchster Entschließung nachstehende Auszeichnungen zu verleihen geruht:

das Ritterkreuz erster Klasse des Fried­richsordens dem Rektor Or. Weizsäcker am Realprogymnasium in Calw, dem Landgerichts­rat Deckinger in Ulm, dem Bezirksbauinspektor tit. Baurat Bareiß in Ludwigsburg; die Verdienstmedaille des Friedrichs­ordens den Stationsverwaltern Freiherr von Gemmingen-Fürfeld in Hirsau und Walz in Weilderstadt;

die silberne Verdienstmedaille dem Zug­führer a. D. Greiner in Calw, dem Orts­steuerbeamten Haller in Calw; die silberne landwirtschaftliche Ver­dienstmedaille dem Gutsbesitzer Adolf Link in Tröllenshof, Gemeinde Effringen, Oberamts Nagold.

Neuenbürg 23. Febr. Ein Bauersmann von Jgelsloch hatte ein Paar Ochsen verkauft und in Schömberg abgeliefert. Er machte dann noch in verschiedenen Wirtschaften Halt Md als er abends nach Oberlengenhardt kam, fehlte ihm der Geldbeutel mit über 800 Ob ihm da» Geld gestohlen worden ist, oder ob er es verloren hat, weiß er selbst nicht.

Herrenberg 23. Febr. Auf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 72 St. Läufer, schweine, Erlös pro Paar 4080 223 St.

Milchschweine, Erlös pro Paar 2034 Ver­

kauf gut.

Stuttgart 23. Febr. Daß da« Be­dürfnis nach weiteren Dolksschullehrern, von dem

jüngst Kulturminister von Fleischhauer in der zweiten Kammer sprach, nicht gering ist, wird im heutigen Staatsanzeiger erhärtet, wo nicht weniger als 12 Schulstellen zur Bewerbung ausgeschrieben sind, darunter zehn neuerrichtete, fünf davon entfallen allein auf Reutlingen.

Stuttgart 23. Febr. Die prinzipiell wichtige Frage, ob ein im Geschäft seines Vaters arbeitender Sohn der Ortrkrankenkasse beitreten muß, ist, wie dieSüd- und Mitteldeutsche Fleischerzeitung" meldet, unlängst durch ein Urteil des Kgl. Verwaltungsgerichtshofs verneinend ent­schieden worden. Ein Göppinger Metzgermeister beschäftigte seinen Sohn im eigenen Geschäft. Die Ortskrankenkaffe nahm den Lohn als ver- sicherungrpflichtig in Anspruch, fand aber nicht die Zustimmung ihrer Aufsichtsbehörde. Die nunmehr angerufene Kretrregierung gab der Orts krankenkaffe recht, worauf von dem Metzger­meister beim Verwaltungsgerichtshof Berufung eingelegt wurde. Die rechtliche Streitfrage war, ob die Dienstleistungen de« Sohnes als gegen Lohr: stattfindend ar.zrrschen find. Der Sohn erhält nach Aussage des Vaters freie Kost, Woh­nung, Kleidung und Wäsche und nach Bedarf bares Geld, aber nicht als Lohn, sondern als Unter­halt auf Grund der bestehenden Familienbeziehungen. Der Unterrichter nahm, indem er da« Nicht- bestehen seines Arbeitsvertrags zugab, eine still­schweigende Vereinbarung im Sinne des 8 611 B. G. B. an, welcher Anschauung sich aber der Verwaltungsgerichtshof nicht anschloß, da die Tatsachen eine familienrechtliche Grundlage des Verhältnisses erhärten. Als gegen die Auf- faffung des Unterrichters sprechend, führt das Urteil u. a. an, daß die Volkssitte in Württem- berg vielfach und namentlich auch bei Hand­werkern da« Verbleiben der erwachsenen Kinder im Hause und Mitarbeiten im gemeinsamen Haushalt unter der häuslichen Herrschaft des Familienhaupte» gegen freien Unterhalt und ein Taschengeld mit sich bringt, ohne daß dies Ver­hältnis als ein vertragsmäßiges gelten kann. Ferner wird betont, daß auch die das Kranken­versicherungsgesetz beherrschenden sozialen Er­wägungen in Fällen, wie dem vorliegenden, die Heranziehung der Beteiligten zur Krankenver­sicherung nicht dringlich erscheinen lassen, da bei den vorliegenden Verhältnissen im Krankheitsfall genügende Fürsorge in der Familie zu erwarten ist. Sämtliche Kosten des Rechtsstreites und die Sporteln beider Instanzen wurden der Orts­krankenkaffe zur Last gelebt.

Stuttgart 23. Febr. (Schwurgericht.) Ein gefährlicher Mansardendieb wurde heute der Strafkammer in der Person der schon öfter» vorbestraften ledigen Schlosser« Johann Schmitt von Aug«burg aus der Üntersuchung»haft vor­geführt. Kaum au» dem Zuchthau» entlassen, verübte Schmitt hier eine Reih« Einbruchsdieb- stähle in Rägdekammern, wobei er Uhren, Ringe, Broschen, Halsketten, Damenstiefel und bar Geld entwendete. In einem Falle fielen ihm Gegen- ständ« im Wert von 100 ^ in die Hände. Bei einem Einbruchsdiebstahl in der Marienstraße wurde er von dem Hausbesitzer abgefaßt. Die Strafkammer verurteilte den Angeklagten zu 3'/» Jahren Zuchthaus und 3 Jahren Ehrverlust.