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Elektrizitätswerkes, sei es im Zusammen­schluß mit anderen Gemeinden des Bezirks, sei es als eigene städtische Anlage, wird die Verwaltung sich angelegen sein lassen. Erfreulich ist, daß die Stadt angesichts ihrer nicht bedeutenden Schulden­last, die sich seit 1902 nicht mehr vermehrt hat, und angesichts ihrer nicht ungünstigen Steuerverhältnisse (43°/° Gemeindeeinkommenssteucr und 6,3°/° Kataster­besteuerung, während fast alle anderen Oberamts­städte 50°/° Gemeindeeinkommensteuer und bis zu 30°/° Katasterbesteuerung aufweisen) sich mit gutem Mut an die bevorstehenden Aufgaben wird machen können.

Calw. Am letzten Sonntag hielt die Spar­und Vorschußbank Calw ihre jährliche Ge­neralversammlung in der Brauerei Dreiß ab. Der Direktor der Bank, Hr. Herm. Wagner, gab einen kurzen Ueberblick über das verflossene Ge­schäftsjahr, welches das beste und ertragsreichste war. Das Geld war zu Anfang des Jahres teuer, im Frühjahr und im Sommer wurde es etwas billiger, vom 18. Sept. au aber teurer und rarer, so daß der Reichsbankdiscont der Barometer des Geldmarktes am 18. Dezbr. die enorme Höhe von 7 °/° erreichte, eine Höhe die sonst nur kurz vor einem Krach vorhanden ist. Es war ein Glück, daß die Bank mit eigenen Mitteln reichlich versehen war, so daß den großen Ansprüchen, die an die Bank herantraten. Genüge geleistet werden konnte, ohne Bankcredit in Anspruch nehmen zu müssen. Der Verwaltung sei die Frage nahe ge­legen, ob es nicht angezeigt wäre, den Zinsfuß zu erhöhen, für auszuleihende Gelder; sie glaubte aber davon absehen zu sollen, um dem genossenschaft­lichen Gedanken Rechnung zu tragen, den Mit­gliedern möglichst billiges Geld zu stellen. Hierauf folgte der vom Kassier, Hrn. Paul Georgii, vor­getragene eingehende Rechenschaftsbericht. Mt großem Interesse folgte die Versammlung den Aus­führungen, aus denen hervorzuheben ist, daß sich die Mitgliederzahl von 984 auf 1019 erhöht hat und trotz der Gründung vieler Darlehenskassen­vereine hat der Vorschuß-Conto wieder eine Zu­nahme erfahren und beträgt jetzt 391150.. Da die gewerbetreibenden Kreise meistens die laufende Rechnung benützen, kann gesagt werden, daß der weitaus größte Teil an die Landwirtschaft treibenden Mitglieder ausgeliehen ist. Auch die Einlagen in die Sparkasse haben eine Erhöhung erfahren, trotz der Konkurrenz der anderen hiesigen Sparkassen. Es ist dies auf die coulanten Bedingungen zurückzu­führen; so werden z. B. Auszahlungen bis 1000 ^ ohne jede Kündigung täglich geleistet. Das eigene Betriebskapital bat sich um ca. ^ 14 000 erhöht und beträgt nach Zuweisung der Dividende beinahe ^ 860 000.. Der Reingewinn beläuft sich auf 25 547. 77, welcher nach Beschluß der General­versammlung wie folgt verwendet wurde: Auf das dividendenberechtigte Geschäfts- oder Einlageguthaben von 311 849.40 wird eine Dividende von 5'/°°/° mit ^ 17132. 50 gutgeschrieben, dem Reserve- Conto werden neben 489. Eintrittsgeldern 1511. zugewiesen, der sich dadurch auf ^ 60 000 erhöht, 3000 werden in die Spezial- Reserve gelegt, die sich auf ^ 28 000 erhöht; 500 kommen zu der Dividendenreserve, die jetzt 2000 beträgt; restliche ^ 3 404. 27 wurden auf neue Rechnung vorgetragen. Die Reserven haben incl. des Gewinnertrages eine Höhe von 93 404. 17 erreicht, nahezu 30°/° des dividenden­berechtigten Kapitals. Nachdem dem Vorstande und Aufsichtsrat von der Generalversammlung Entlastung für ihre Tätigkeit erteilt wurde, wählte die Ver­sammlung an Stelle des krankheitshalber zurückge­tretenen Kontrolleurs, Herrn Traugott Schweizer, mit allen Stimmen Herrn Alfred Vogel hier. Die statutenmäßig aus dem Aufsichtsrat ausscheidenden Herren Karl Coftenbader, Eug. Dreiß und Gustav. Sch latterer wurden einmütig wieder­gewählt. Herr Wilh. Din gier sprach dem Vor­stande und Aufsichtsrat den Dank der Versammlung für die vorzügliche Geschäftsführung aus, worauf vom Vorsitzenden die Versammlung geschlossen wurde, mit dem Wunsche, daß die Mitglieder durch treue Anhänglichkeit an die Bank zu deren weiterem Wachsen, Blühen und Gedeihen beitragen mögen.

Calw. In Martinsmoos brannte am Samstag früh das Haus des Holzhauers Joh Rothfuß bis auf den Grund nieder. Der Brand entstand, wie vermutet wird, durch Kamindefekt. Der Gebäudeschaden ist auf 3600 geschätzt; von der Fahrnis konnte einiges gerettet werden.

-r. Effringen 19. Febr. Gestern nachmittag wurde der am letzten Donnerstag auf dem Bahn­hof Calw verunglückte und Samstag früh ver­storbene Eisenbahnarbeiter Marquardt von hier unter äußerst zahlreicher Beteiligung von nah und fern beerdigt. Die Teilnahme am Schmerz

der Hinterbliebenen war eine allgemeine. Davon zeugte das große Leichenbegängnis. Kein Auge blieb tränenleer. Das Grab umstanden außer der Witwe mit ihren 9 unversorgten Kindern im Alter von 184 Jahren einige Beamte der Betriebsinspektion Calw und viele Kollegen des Verunglückten, sowie die Militärvereine von Wild­berg, Schönbronn und hier. Nach der Rede des Geistlichen, der ein treffliches Bild des fleißigen und braven Familienvaters zeichnete, wurden unter entsprechenden Ansprachen Kränze am Grabe nieder­gelegt vom Bahnhofpersonal Calw, von seinen Mitarbeitern und den Bahnwärtern der Abteilung Calw-Wildberg und vom Militärverein Effringen, welch letzterer dem treuen Kameraden auch die letzten militärischen Ehren erwies.

Herrenberg. Am Sonntag abend ist auf der Domäne Sindlingen ein großes Futterhaus niedergebrannt und ein Schaden von 1518000 ^ entstanden. Der Brand soll durch einen geistes­schwachen Knecht verursacht worden sein. Die Nebengebäude konnten erhalten werden.

Gebersheim OA. Leonberg 19. Febr. Gestern wurde der junge Landwirt Schmid, als er aus einer Miete Rüben holen wollte, von einer einstürzenden Erdwand erdrückt und konnte nur als Leiche hervorgezogen werden. Bei der Ortsvorsteherwahl in Münklingen am ver­gangenen Samstag erhielt Gemeinderat Stauch 51 Stimmen. Gemeinderat Läpple 21 Stimmen; demLeonberger Tageblatt" zufolge soll die Wahl angefochten werden.

Weitingen OA. Horb 18. Febr. Ein großer Münzfund wurde vor 3 Tagen hier gemacht. Beim Tieferlegen der Scheuertenne des Wendelin Schneider stieß man auf einen Kupfertopf, der 27 Goldmünzen, ca 200 große und ca. 1000 kleine Silbermünzen nebst einem Rosenkränze enthielt. Die Münzen sind alle gut erhalten und fast wie neu. Sie zeigen die Jahres­zahlen 1606 bis 1730 und stammen aus der württembergischen Herzogszeit. Einige sind eckig und haben auf der Seite ein Kreuz. Auf den kleineren Münzen findet sich vielfach das Zeichen II Albus. Der Fund repräsentiert einen Wert von einigen tausend Mark. Münzsammler haben 2000 ^ dafür geboten. Es steht zu hoffen, daß der ganze Fund in das Eigentum des K. Münz­kabinetts übergeht.

Tübingen 19. Febr. Die Eröffnung der neuen Eisenbahnlinie Tübingen-Herrenberg ist für das Jahr 1908 in Aussicht genommen. Im Etat sind für dieses Jahr schon die Halte- vorsteherstellen in Unterjesingen. Poltringen, Pfäffingen, Entringen, Altingen und Gültstein vorgesehen.

Berlin 16. Febr. Unter der Ueberschrift: Eine Abbitte Erzbergers" veröffentlicht die Na­tionalzeitung folgende Zuschrift Erzb ergers:In meiner BroschüreWarum ist der Reichstag aufgelöst worden?" habe ich bei Erwähnung der kolonialen Landgesellschaften ausgeführt, daß die Gründer einen erheblichen Betrag des Aktien­kapitals dieser Gesellschaften in Form von Aktien in die eigene Tasche steckten, und gesagt, daß hinter solchen Gesellschaften ganz bekannte kon­servative und nationalliberale Männer stünden, die sich solche Riesengeschenke machen lassen. Ich habe unmittelbar im Zusammenhang damit mehrere Namen genannt, darunter den früheren national­liberalen Abgeordneten, Minister a. D. v. Möller. Ich erkläre hiemtt, daß ich Herrn v. Möller hin­sichtlich seiner Beteiligung an kolonialen Gesell­schaften den Vorwurf irgend einer unlauteren, unerlaubten und nur im geringsten bedenklichen Handlungsweise nicht habe machen wollen und nicht machen kann, und daß ich den in meiner Broschüre etwa enthaltenen Vorwurf gegen Herrn v. Möller hiermit zurücknehme."

Berlin 19. Febr. Der Reichstag wurde heute durch den Kaiser mit folgender Thronrede eröffnet: Geehrte Herren! Im Namen meiner hohen Verbündeten heiße ich den neugewählten Reichstag willkommen. Aufgerufen zur Entscheidung über einen Zwiespalt zwischen den verbündeten Re­gierungen und der Mehrheit des vorigen Reichstags hat das deutsche Volk bekundet, daß es Ehre und Gut der Nation ohne kleinlichen Parteigeist

treu und fest gehütet wissen will. In solcher Bürger, Bauern und Arbeiter einigenden Kraft des Nationalgefühls ruhen des Vaterlands Geschicke wohlgeborgen. Wie ich alle verfassungsmäßigen Rechte und Befugnisse gewissenhaft zu achten ge­willt bin, so hege ich zu dem neuen Reichstag das Vertrauen, daß er es als seine höchste Pflicht erkennt, unsere Stellung unter den Kulturvölkern verständnisvoll und tatbereit zu bewahren und zu befestigen. Ihre erste Aufgabe wird die Erledigung des Reichshaushalts für 1907, des Nachtrags­kredits für Südwestafrika und des Bahnbaus von KeetmannShoop nach Kubub sein. Diese Vorlagen gehen Ihnen sofort in der früheren, nur unwesentlich veränderten Gestalt zu. Die schwere Krise, die durch die Aufstände der Eingeborenen in Südwest- und Ostafrika über die Schutzgebiete heretngebrochen war, ist überwunden. In Ostafrika ist der Auf­stand vollständig unterdrückt; in Südwestafrika sind die feindlichen Stämme bis auf wenige Ueberreste unterworfen, so daß eine erhebliche Verminderung der dort stehenden Schutztruppe aller Voraussicht nach möglich sein wird. Der Dank des Vater­lands ist den Tapferen sicher, die in jahre­langen schweren Kämpfen mit einem verschlagenen und hartnäckigen Gegner den Ruhm der deutschen Waffen hochgehalten haben. Die Entwicklung unserer Kolonien zu einem wertvollen Teil des nationalen Besitzstands erfordert vor allem einen sorgfältig auszuarbeitenden Plan für den Ausbau der Verkehrswege. Um allmählich zu einer ge­deihlichen Selbstverwaltung zu gelangen, wird zu­nächst das Rechnungswesen zu vereinfachen und die Beamtenverhältnisse neu zu ordnen sein. Wie mit dem Vorschlag, ein Kolonialamt zu errichten, so wird der Reichstag auch mit den Beihilfen für die. schwer geschädigten Ansiedler in Süd­westafrika von neuem befaßt werden. Der ge­sunde Sinn in Stadt und Land hat im Wahl­kampf einer Bewegung Halt geboten, die sich, alles bestehende Gute und Lebenskräftige verneinend, gegen Staat und Gesellschaft in ihrer stetigen friedlichen Entwicklung richtet. Die grundlegenden Gesetze zum Schutz der wirtschaftlich Schwachen sind gegen den Widerstand der Fraktion geschaffen worden, die sich als die wahre Vertreterin der Ar­beiterinteressen bezeichnet, welche aber nichts für sie und den Kulturfortschritt geleistet hat. Gleichwohl zählen ihre Wähler immer noch nach Millionen. Der deutsche Arbeiter darf darunter nicht leiden. Meine Gesetzgebung beruht auf dem Grundsatz der sozialen Verpflichtungen gegenüber den arbeitenden Klassen und ist daher unabhängig von der wechseln­den Parteigestaltung. Die verbündeten Regierungen sind entschlossen, das soziale Werk in dem er­habenen Geist Kaiser Wilhelms des Großen fort­zusetzen. Als König von Preußen habe ich am 27. Januar dieses Jahres kundgegeben, daß ich bei Beleidigungen meiner Person von meinem Be­gnadigungsrecht größeren Gebrauch machen will. Es ist mein Wunsch, auch im Gesetz den Bestim­mungen wegen Majestätsbeleidigungen engere Grenzen gezogen zu sehen. Eine Vorlage für den Bundesrat wird vorbereitet. Die allgemeine politische Lage brechtigt zu der Zuversicht, daß uns der Friede weiter erhalten bleiben wird. Zu unseren Verbündeten unterhält meine Regierung die alten herzlichen, zu den anderen fremden Mächten gute und korrekte Beziehungen. Der am 11. Jan. d. I. Unterzeichnete Vertrag mit Däne­mark, der durch die Regelung der Verhältnisse der Optantenkinder störende Reibungen beseitigen soll, wird, wie ich hoffe, das freundliche Verhältnis zu unserem nördlichen Nachbarstaat kräftigen. Auf Grund der Anregung der Vereinigten Staaten von Amerika und der Vorschläge der russischen Regierung habe ich die Einladung zur zweiten Haager Friedenskonferenz angenommen, die berufen sein wird, im Anschluß an die Ergebnisse der ersten Haager Konferenz das Völkerrecht im Sinne des Friedens und der Humanität weiter auszubilden. Und nun, meine Herren möge das nationale Empfinden und der Wille zur Tat, aus dem dieser Reichstag hervorgegangen ist, auch über seinen Arbeiten walten Deutschland zum Heil!

Reiklameteil.

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II aker-flocken

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III MlMölei M Sölll Me Ser Milleril.