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leise. „Du lieber Gott, ich habe ihn manch liebes Mal gequält darum. Aber er hat sie alle ausgeschlagen, von dem hübschen und braven Mädel an, das sein Vater damals für ihn bestimmt hatte. Ihre Mitgift hätte ihn mit einem Schlage aus allen Sorgen gerissen. Aber er war nicht zu bewegen. Es war gewissermaßen sein Halt, daß er sich aus eigener Kraft wieder Hochringen konnte, nachdem wir damals durch Bürgschaften und anderes Unglück dicht vor dem Zusammenbruch standen!"
„Das ist mir alles unlängst bekannt geworden, liebe Frau Erdmann. Regen Sie sich nicht noch einmal unnötig auf um die nun ja überwundene bittere Zeit! Aber daß er noch immer nicht daran denkt? —"
Frau Erdmann faßte sich ein Herz. Das Wesen der Gräfin war so herzlich und frei von aller Bitterkeit, obwohl sie ja damals als unschuldiges Opfer all die Schicksalsverstrickungen hatte mit durchleiden müssen. Man ! durfte wohl Vertrauen zu ihr haben.
„Er hatte ja nun doch noch die Absicht", begann sie' stockend.
„Aber?" forschte Jngeborg ermunternd.
„Sie hat nicht gewollt! — Und das waren in Wahrh it meine Gallensteine. Ich wollte sie fragen, weshalb!" bekannte die alte Frau.
„Das heißt also, er hat Fräulein Nümelin gefragt, ob —"
„Ganz richtig. Und sie hat ihm einen Korb gegeben! '
„Das Närrchen!"
„Ach, und wenn Sie es über sich gewinnen könnten, Frau Gräfin und einmal anklopfen wollten, ob das wirklich so und nicht anders sein soll —"
„Das will ich gern tun, liebe Frau Erdmann. Denn um es Ihnen einzugestehen, halb und halb hatte ich schon vorher die Absicht Die Briefe Lenore Rümelins ließen mich manches ahnen, was ihre sensible Seele tapfer verschweigen wollte. Wenn ich mich nicht geirrt habe, bringen wir wohl alles in die rechte Bahn!" sagte die Gräfin warm und nun hielt die alte Frau ihr die Hand hin. Als zwei ehrliche Bundesgenoffen fuhren sie in Wildenberg ein. Frau Erdmann blieb mit Heinz im Hotel zurück. Die Gräfin schritt über den Marktplatz nach dem alten Kreirhause mit seinen vielstufigen Treppengiebeln hinüber, deren Schneehäubchen scharf durch das Dunkel leuchteten.
Bei Landrats war alles hell. Im großen Saale traf man die Vorbereitungen zu einem Nacktmahl, das die nebenan beratenden Komiteemitglieder später einnehmen sollten. Im Musikzimmer, weitab von jenen Repräsentationsräumen, saßen die Freundinnen beieinander und blätterten in neuen Noten. Lenore war allerdings nur halb bei der Sache. Die Aufregungen diese» Tages vibrierten noch in ihr fort und verführten sie zu immer neuen Grübeleien. Aber Else von Berkau übersah geflissentlich ihre zerstreuten Antworten. War sie doch halb ins Vertrauen gezogen und wußte, wie jämmerlich sich Doktor Holzbecher nach der Ablehnung seiner Antrages benommen hatte! Sie selbst wäre über den Fall wahrscheinlich schneller fortgekommen, da sie diesen Doktor zeitlebens nur als komische Figur betrachtet hatte. Bei Lenoren sprach manches andere mit, war ihr wohl Sorgen machte, trotzdem ihr der Vater der Freundin unbeschränkte Gastfreundschaft gewähren wollte. Von der viel bedeutungsvolleren und tiefer schmerzenden Begegnung mit Hubert Erdmann ahnte Else nichts. Da» verschloß die feinfühlige Lenore in ihrem wunden Herzen. Kein Wort davon kam über ihre Lippen. Ja, sie konnte sogar lächeln, als Else ihr die soeben eingetroffene Verlobungsanzeige Fräulein Regina Kolbitz' mit Doktor Steinemann vorlas und die Bemerkung daran knüpfte:
„Wir dachten alle, die kleine Kolbitz würde Hubert Erdmann auf Klein-Selkow heiraten! Aber der scheint sein schnödes Junggesellenherz mit Stahl gepanzert zu haben! — Du kennst doch Erdmann?"
„Flüchig!" hatte sie geantwortet und sich über die Verlobungskarte gebeugt, als wäre sie mit Hieroglyphen bemalt und sie habe die Aufgabe übernommen diese Bilderschrift zu entziffern. Ihr Herz hatte sich dabei zusammen gekrampft, als müsse es nun für immer still stehen. Aber ihr Antlitz hatte nichts von alledem verraten. —
Der Diener kam und brachte auf einem Tablett die Karte der Gräfin.
„Eine Dame, die Fräulein Doktor zu sprechen wünscht!" sagte er monoton.
Lenore las, und ein Ausruf der Ueberraschung kam von ihren Lippen. Sie hatte Heinz morgen allein erwarten sollen und seine Abreise durch ein Telegramm noch rechtzeitig zu verhindern geglaubt. Von Jngeborg Reise- absichten hatte sie nichts erfahren.
Else ließ die Gräfin bitten, gleich hier näher zu treten, und ging ihr mit anmutiger Herzlichkeit entgegen. Nach wenigen Augenblicken aber entschlüpfte sie den beiden unter dem Vorwände, sich um die Vorbereitungen für das Abendessen kümmern zu müssen, das Papa seinen Gästen vorsetzen lassen wollte.
Jngeborg nahm die Freundin mit beiden Händen beim Kopf, drehte ihr Gesicht gegen das volle Licht der Kronleuchters und sagte sie schwester- lich küssend: „Du siehst ja nett aus, Doktorchen, das muß man sagen!"
„Ach, liebste Jngeborg," seufzte Lenore und lehnte ihr Haupt an die Brust der Netteren, „ich habe auch viel aurhalten müssen!"
„Also erzähle!" verlangte die Gräfin und führte sie auf ein bequemes Sesselchen am Flügel und setzte sich auf den Klavierschemel, ihr gegenüber. Aber Lenore konnte keinen Anfang finden. Es war da manches, was Jngeborg schnell erraten würde und doch nicht erfahren sollte. So zögerte sie lange. Jngeborg schlug auf dem Flügel das Pagensätzchen aus dem Tannhäuser an: „Wolfram von Eschenbach, beginne!" Und da auch hier noch kein Wort von ihren Lippen kam, fragte die Gräfin schalkhaft: ..Willst du etwa den Lohengrin spielen: Nie sollst du mich befragen? Was, Kleine? Also paß mal auf, was ich trotz alledem schon weiß: Du bist aus Fichtenstein geflücktet, weil dir der Direktor dort einen Antrag gemacht hat. Stimmts?" (Schluß folgt.)_
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