118

Wirtschaften zumLöwen" und zurTraube" ein. Sie stahlen alles, was ihnen unter die Finger kam, Fleisch, Wurst, Käse, Wein, Zigarren, Schnaps rc., auch Geldbeträge und ausländische Münzen. Als der Teilnahme an den Dieb­stählen in Dietenhausen, Dietlingen und Ellmen­dingen überführt, wurden gestern abend in einer hiesigen Wirtschaft festgenommen: der 26jährige Karl Friedr Lutz weiler, Maurer aus Wilfer- dingen, der 20jährige Maurer Aug. Lutzweiler von da, der 20jährige Taglöhner Christoph Phil. Heinkel von Ellmendingen und der 23jährige Maurer Adolf Schickle von Eisingen. Die Gesellschaft verriet sich durch ihre Geldausgaben, ihren Verkehr mit zweifelhaften Frauenzimmern; und als man sie festnahm, wurden sie noch über­führt durch den Besitz der fremden Geldmünzen, die aus dem Diebstahl in Ellmendingen herrührten. Die geraubten Lebensmittel waren bis auf einen Rest verzehrt, der sich bei der Geliebten des einen Verhafteten vorfand. Die Verhafteten brachten es fertig, in kurzer Zeit 700 ^ zu verprassen.

Mannheim 11. Febr. Eine furcht­bare Bluttat, die in ihren Einzelheiten an die Familientragödie in Lützelsachsen erinnert, hat sich heute Nachmittag in der Unterstadt er­eignet. Gegen Uhr erschien auf der Polizei- wache in Ol 5 einen blutbeflekten Dolch in der Rechten, der 31jährige Ausläufer August Ro- nellenfitsch mit der Anzeige, daß er soeben seine Frau und seine beiden Kinder umgebracht habe. Leider bewahrheitete sich die grauenhafte Selbstanzetge in vollem Umfang. Als die Polizei in der im vierten Stock des Hauses L 3,28 gelegenen, aus Zimmer und Küche gelegenen Wohnung des Täters anlangte, bot sich ihr ein schrecklicher Anblick. Die 31jährige, von Mühl­burg gebürtige Ehefrau lag erstochen in der Küche auf dem Rücken in einer großen Blutlache. Die tödliche Wunde befand sich an der rechten Halsseite. In der Wohnstube lagen die Leichen der beiden Kinder, zweier hübscher Knaben im Alter von 2^/i und l^i Jahren, in dem ge­meinsamen eisernen Bettchen. Auch bei den beiden Kindern saßen die tödlichen Stiche in der Halsgegend. Die Frau sah im Mai ihrer Nieder­kunft entgegen. Der Täter genießt einen schlechten Leumund, er hat gern getrunken und in diesem Zustand seine Frau oft mißhandelt. Am gestrigen Sonntag ist er den ganzen Tag als Harlekin verkleidet in den Straßen und Wirtschaften herumgelaufen und erst um 3 Uhr nachts nach Haus gekommen. Heute morgen verließ er gegen 8 Uhr die Wohnung, ist aber nicht zur Arbeit gegangen er war seit etwa 5 Jahren in einer hiesigen Lederengroshandlung in Stellung sondern hat wieder in den Wirtschaften herum­getrunken. Als sihn um die Mittagszeit seine Frau suchte, weil sie vom Geschäft verständigt worden war, daß er nicht zur Arbeit gekommen sei, schickte er sie mit der Drohung fort, sie werde heute noch was erleben. In der vierten Nachmittagsstunde ist er dann nach Hause ge­gangen und hat zuerst die Frau und dann die Kinder erstochen. Nach der Tat ist er singend die Treppe hinuntergelaufen und noch einmal in der Wirtschaft, in der er zuletzt war, einge- kehrt, ehe er sich auf der Polizeiwache gestellt hat. Auf der Wache hat er u. a. erklärt, er habe nicht nur seine Frau, sondern auch seine Kinder ermordet, damit sie später nicht sagen könnten, daß ihr Vater ein Mörder gewesen sei. Auf der Wache hat der Täter abwechselnd ge­sungen und geweint. Ueber den Grund lautet noch nichts Gewisses. Soviel scheint aber fest­zustehen, daß er seiner Frau überdrüssig ge­wesen ist.

Dresden 12. Febr. DieDresdener Neuesten Nachrichten" melden: Ein Aufsehen erregender Mord hat sich heute in den frühen Morgenstunden hier ereignet. Die Inhaberin der hiesigen Filiale des Wolff'schen Telegraphenbureaus, Frau Kummer, fand man heute früh tot in ihrem Bette liegend mit einer Schußwunde an der Schläfe. Der Sohn der Verstorbenen, der gestern noch die ganze Nacht auf einem Ballfest geweilt hatte, ist heute morgen verreist, angeblich nach Berlin, wie er in einem an Verwandte hinterlassenen Briefe angiebt.

Dresden 12. Febr. Nach den sofort an Ort und Stelle angestellten Recherchen ergibt sich folgende Darstellung der Affäre: Darnach hat heute früh zwischen 6 und 7 Uhr nach der Heim­kehr des jungen Kummer von dem Ball ein leb­hafter Wortwechsel zwischen Mutter und Sohn stattgefunden, der nach der Aussage des Dienst­mädchens schließlich mit einem lauten Knall endete. Da derartige heftige Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Sohn häufiger vorkamen, so schenkte das Mädchen auch heute früh der Sache weiter keine Beachtung und glaubte, daß der Knall von dem Zuschlägen einer Tür herrührte. Unmittel­bar darauf blieb auch alles still und das Dienst­mädchen hörte nur durch die verschlossene Tür, wie der Sohn sagte: Mutter, warum hast du das getan. Als gegen 7 Uhr die Beamten des Bureaus zum Dienst erschienen, fanden sie die Tür der Privatwohnung verschlossen. Auf einem Tisch lag ein Zettel von dem jungen Kummer wo­rauf geschrieben stand: Mutter schlafen lassen. Der Sohn selbst war verschwunden. Als man endlich die Tür gewaltsam öffnete, fand man die unglückliche Frau entseelt vor mit einer Schuß­wunde an der linken Gesichtshälfte. Die Waffe fand sich im Zimmer nicht vor. Eine Gerichts­kommission erschien alsbald am Tatorte und nahm eine umfangreiche Untersuchung vor. Wie ver- lautet soll der junge Kummer den Revolver schon seit längerer Zeit bei sich getragen haben.

Petersburg 12. Febr. Graf Witte ist in der heutigen Nacht mit knapper Not einem Bomben-Attentat entgangen. Die Gräfin befand sich im Theater, während der Graf zu Hause war und gerade im Schlafzimmer seinen Arzt em­pfangen hatte. Plötzlich entdeckte ein anwesender Freund eine Bombe im Kamin. Die Bombe war mit einem Zeitzünder versehen und der Apparat in Tätigkeit. Die Bombe hätte während der Nacht explodieren sollen. Sie wurde schleunigst entfernt und der Polizei übergeben.

Petersburg 12. Febr. Zu dem ge­planten Bomben-Attentat auf den Grafen Witte wird noch gemeldet: Vor einigen Tagen erschien nachts bei dem wachthabenden Hausknecht ein unbekannter Mann und erkundigte sich darnach, in welchem Flügel des Gebäudes der Graf schlief. Der Hausknecht gab bestimmte Antwort darauf und der Unbekannte entfernte sich mit den Worten, er warne den Grafen, dieser möge sich einen anderen Flügel zum Schlafen wählen. Der Haus­knecht sprach darüber mit Niemanden und legte der Warnung des Fremden keine Bedeutung bei. Die chemische Untersuchung der Höllenmaschine ergab, daß bei ihrer Herstellung Nitro-Glycerin verwendet war.

Petersburg 12. Febr. Nach Meldungen aus Batum überfielen Revolutionäre einen im Hafen liegenden französischen Dampfer und raubten die Schiffskasse mit 40 000 Francs.

Aus der Schweiz 11. Febr. Ein schreck­liches Brandunglück ereignete sich in Steinach bei Arbon am Bodensee. Aus einem von 9 Fa­milien bewohnten Haus, das in Brand geraten war, konnten sich alle Bewohner bis auf eine Familie von 7 Personen retten, die in den Flammen umgekommen sind. Es waren Vater, Mutter und 5 Kinder.

Vermischtes

Pferdewurst im Warenhause Die Schweinemetzger-Jnnung in Köln hat eine Er­klärung einstimmig angenommen, worin derOeffent- lichkeit davon Kenntnis gegeben wird, daß das Warenhaus Tietz ständiger Kunde der Pferde­wurstlieferanten Kolb und Co. in Berlin gewesen ist. Ueberhaupt find Warenhäuser und Filial« geschäfte die Hauptkunden dieser Pferdewurstfabrik gewesen. Die Fleischer haben sich trotz aller Not der Zeit in rechtem Handwerkerstolze von dieser Schwindelei freigehalten und sich auch durch die kolossalen Preisunterbietungen der Warenhäuser nicht vom Pfade der Ehrlichkeit abbringen lassen. Sie haben sich gesagt, daß dieser Schwindel ein- mal aufgedeckt werden würde, und stehen nun als brave deutsche Handwerker dar. Die Warenhäuser und Filialgeschäfte aber priesen die Pferdewurst alsfeinste Cervelat-, Block- und Salamiwurst"

an. Tietz verkaufte sie alspolnische Landwurst" und alsKösliner-Cervelat- und Salamiwurst". Der Staatsanwalt hat sich bereits der Sache angenommen; wir müssen nun sehen, so schreibt die Geschäftswehr", welcherRayonchef" mit den üb­lichen 50 ^ bestraft werden wird. Allerdings be­hauptet die Firma Tietz, sie sei selbst von Kolb u. Co. getäuscht worden. Nun glauben wir zwar gern, daß die Warenhausbesitzer mangelhaft unterrichtet sind; aber diese gewaltigen Preisunterschiede hätten doch wohl die Firma Tietz stutzig machen müssen. Sie mußte wissen, daß man für diese Preise keine Schweine- und Rindfleischwurst bekommen kann. Außerdem erkundigt sich ein ordnungsmäßig ge­führtes Geschäft nach dem Rufe des Lieferanten, ehe es von ihm bezieht. Jedenfalls, wie man das Ding auch drehen mag: Tatsache ist, daß Tietz und viele andere Warenhäuser, die der Staats­anwalt zurzeit ermittelt, andauernd dem Publikum Pferdewurst für Servelatwurst geliefert haben.

Marktberichte.

Calw 13. Febr. (Vieh mar kt) Auf den heutigen Markt waren zugeführl: 150 Ochsen, 80 Stiere, 130 Kühe, 55 Kalbinnen, 30 Stück Schmalvieh, 4 Farren und einige Kälber Von der Gesamtzufuhr von 454 St. wurde etwa V» verkauft. Die Preise hielten den seitherigen Stand. Erlöst wurde für 1 Paar Stiere 6800 für 1 Paar Ochsen 8001020 für Kühe

200540, Kalbeln 280 -450, Schmalvieh 120 bis 240 Auf dem Schweinemarkt waren 222 Milchschweine, 136 Läufer zugeführt. Handel sehr flau. Preise für Milchschweine 1533 für Läufer 40100 ^ per Paar. Auf den Pferdemarkt waren 25 Pferde zugeführt.

Herrenberg 12. Febr. Auf den heutigen Viehmarkt waren zugetührt: 50 Ochsen, 162 Kühe und Kalbinnen und 139 Stück Jungvieh, was gegen den letzten Markt ein Weniger be­deutet bei den Ochsen von 96 Stück, bei den Kühen und Kalbinnen von 50 Stück, und beim Jungvieh von 50 Stück. Diese geringe Zufuhr ist wohl den schlechten Wegverhältnissen zuzu­schreiben. Der Verkauf ging gut, die Preise waren gegen den letzten Markr gleichbleibend. Erlöst wurde für ein Paar Ochsen 8001200 eine trächtige Kuh 300400 eine Milchkuh 300450 eine Schlachtkuh 250300 eine Schaffkuh 290400 eine Kalbin 200

bis 450 ein Jungrind oder einen Stier 120 bis 250 Begehrt war besonders fettes und trächtiges Vieh. Auf den Schweinemarkt waren zugeführt: 480 Stück Milchschweine, Er­lös für das Paar 2236 270 Stück Läufer­

schweins, Erlös für das Paar 4096 Der Verkauf ging gut, Preise gegen letzten Markt gleichbleibend. Auf den Pferdemarkt waren ca. 25 Pferde zugeführt und ist lebhaft gehandelt worden.

Landwirtschaftlicher KeMsverein Calw.

Futterhäuschen sind wieder angekommen und können zu 1 20 A pro Stück abgeholt

werden.

Calw, 13. Februar 1907.

Der Vereinsvorstand. Regierungsrat Voelter.

«eklaMeteil.

^lotienloke«,.«-

Hafermekl

verbätet Lrbrecken unck Ourckkall. iiincker, ckie öäilcb stzem nicbt vertragen, ocker an eng- llicker Krsnkbeit leicken, Zeckeiken vorrüxlieli, lodalck cker tVblcb Hobenloke'scke» ttskermelü /ngesetrt vtrck.

cker beliebteste unck verdreiteste, ru Originslpreisen bei «k. Ssvk», vorm. Lostenbscker,