Amis- und Änzeigeblatt für den Bezirk Calw.
82. Jahrgang.
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Trscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. Jnsertionsprets 10 Psg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Tagesuenigkeiten.
Ebhausen 30. Jan. Die Firma Andreas Koch von Trossingen, Harmonikafabrikant, errichtet hier eine Filiale und wird demnächst mit den nötigen Vorbereitungen beginnen.
Stuttgart 31. Jan. Am Schluß der Gemeinderatssitzung kam ein dringlicher Antrag der Gemeinderäte Kübel (Deutsche Partei), Fischer (Volksp.) und Kloß (Soz.) zur Behandlung, welcher die Verwilligung einer städtischen Unterstützung an die Hinterbliebenen der in Reden verunglückten Bergleute anregte. Die Innere Abteilung soll dem Gemeinderat einen entsprechenden Antrag unterbreiten. Im Laufe der kurzen Erörterung bemerkte Oberbürgermeister v. Gauß, daß es sich hier um eine Grube im staatlichen Besitz handle und es daher in erster Linie Pflicht des betreffenden Staates sei. für die in Not Gekommenen zu sorgen.
Stuttgart 1. Febr. Von amtlicher Seite wird jetzt bestätigt, daß bei der RetchstagSwahl in Beutelsbach OA.Schorndorf, Wahlumschläge zur Ausgabe gelangt sind, in welchen sich von einer früheren Wahl her bereits Stimmzettel befanden, die jedoch vor der Abgabe der Umschläge an die Wähler bemerkt und wieder herausgenommen wurden. Es ist eine Untersuchung eingeleitet, auf welche Weise die früher schon benützten Wahlumschläge, die nach dem Wahlreglement nach einer bestimmten Zeit vernichtet werden müssen, zur nochmaligen Ausgabe gelangen konnten. Festgestellt ist, daß im ganzen etwa 20 Wahlzettel, die teils auf Liedemann, teils auf Gröber lauteten, in den Umschlägen sich vorfanden.
— Im ganzen übereinstimmende Meldungen aus ganz Württemberg aus Bauern, Baden, Elsaß-Lothringen und Norddeutschlano berichten über anhaltend starken Schneefall
Sonntag- Sen 3. Februar 1W7.
und über hieraus resultierende, schwere Verkehrsstockungen. Schneeverwehungen von Wegen und Gleisen, umfangreiche Störungen im Telephon, und Telegraphenverkehr sind an vielen Orten ein- getreten. Obgleich der Schnee bei mäßig kühler Temperatur tagsüber wieder großenteils zerrinnt, ist eine Abnahme der Waffen infolger umfangreicher Schneefälle während der Nacht wahrzunehmen. Besonders im Schwarzwald sind reichliche Schneefälle eingetreten. In Freudenstadt geriet der mit 8 Pferden bespannte Bahnschlitten in dis Gefahr stecken zu bleiben; in den Straßen lagert eine Unmenge Schnee. — Meterhoch liegt er bei Villingen. — In Crailsheim und Umgegend setzen sich mit kurzen Unterbrechungen Schneewehen fort. — In Altensteig kommen zu den bedeutenden alten Schneemaffen stets neue und nicht weniger umfangreiche; gleiches wird aus Hohenzollern gemeldet. Die Züge der All- gäubahn rc. erlitten ganz erhebliche Verspätungen; der Zugsverkehr auf der Strecke Roßberg—Wurzach mußte infolge überaus reichlichen Schneefalls ein- gestellt werden.
Ravensburg 1. Febr. Eine infolge starken Schneedruckes eingestürzte Wagenremise des Alteisenhändlers Federschmied vergrub die 35jährige Ehefrau des Kutschers Weber. Sie wurde schwer verwundet von acht Mann der Sanitätskolonne in ihre Wohnung gebracht.
München 1. Febr. Die Leitung der bayrischen Zentrumspartei hat soeben für die Stichwahlen im rechtsrheinischen Bayern die Parole ausgegeben, die Wahl ein-es liberalen Kandidaten unter keinen Umständen zu unterstützen. Diese Parole bedeutet die Wiederwahl von Vollmar und Birks in München und den Sieg von Segitz in Erlangen-Fürth. Die Gegenleistung der Sozialdemokratie besteht in der Unter
«LonnemeittSpr.tn d. Stadt pr. Biertelj. Mk. 1.10 incl.Driigerl. MerteljShrl. PostdczusSpreir ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortsverk«hr I Mk., f. d. sonst. Berkrhr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
stützung des Zentrums-in diesem Stichwahlkampf mit den Nationalliberalen. Bei dieser Verständigung scheint auch der konservative Bauernbund beteiligt zu sein, der in Kaiserslautern mit Dr. Rösicke gegen einen Sozialdemokraten und in Ansbach-Schwabach mit Hufnagel gegen den Demokraten Dr. Quidde in Stichwahl steht.
München 1. Febr. Bei Ahorn im Walsertal (Vorarlberg) rissen 2 Lawinen 2 Häuser und 9 Stallungen in die Tiefe. 6 Personen sind tot, 4 gerettet, 5 werden vermißt, ebenso 40 Stück Vieh.
München 1. Febr. Zu dem Lawinensturz im Walsertal wird noch berichtet, daß es bis Mittags nicht gelungen war, die außer den bereits geborgenen 8 Toten und schwer Verletzten noch unter den Schneemaffen verschütteten Menschen aus den Schneemaffen auszugraben. Unter den Getöteten befinden sich 2 kranke Frauen, von denen die eine auf dem Sterbebette lag. Bei der Katastrophe sind etwa 40 Stück Vieh umgekommen.
Köln 1. Febr. Die Gerüchte, daß noch immer in den verschütteten Stollen und Schächten der Redengrube lebende Bergleute sich befinden, wollennicht zum Schweigen kommen. Die „Kölnische Volkszeitung" erhält die Meldung aufrecht, in der Nähe arbeitende Bergleute hatten wiederholt 8 Schläge, das Notsignal der Bergleute, gehört. Als höhere Beamte an jene Stätte vordrangen, hörten sie gleichfalls die Notsignale. Die Gänge in denen sich die Bergleute aufhalten können, seien von der Heinitzgrube durch Mauern getrennt, andererseits die angrenzenden Gänge bald nach der Katastrophe mit Sand verschüttet worden.
Frankfurt a. M. 1. Febr. Die gestrige Konfrontation des Rechtsanwalts Hau, der beschuldigt wird, seine Schwiegermutter, die Frau
Das Doktor-Fräulein.
Novelle von Alwin Römer.
(Fortsetzung.)
Frau Therese und Fräulein Regina wandelten inzwischen auf Waldwegen nach Klein-Selkow hinüber, natürlich nur, um der guten Frau Erdmann wieder einmal „Guten Tag" zu sagen. Unterwegs begegnete ihnen ein Reiter. Es war Max Schollmeyer, der noch übler aussah, als der Doktor. Aber er ließ es sich nicht merken und schwenkte schon von weitem, lebhaften Uebermut heuchelnd, den kokett mit einer Spielhahnfeder geschmückten Jägerhut. Er hatte den Holztermin verschlafen und kam nun unverrichteter Sache heim, da längst alles vorüber gewesen war.
Frau Therese erkundigte sich interessiert, wer denn der Meistbieter gewesen sei. Natürlich Erdmann, der es billig bekommen habe. Ob Erd- mann denn auch schon zurück sei? Das könne er nicht sagen. Im Vorüber, reiten habe er ihn beim Sanatorium gesehen, wo er dem schmucken Fräulein Doktor wohl die Kur geschnitten habe. Es sei eigentlich unerhört, wenn so bejahrte Semester plötzlich wieder anfingen, der Jugend Konkurrenz zu machen.
Die beiden Damen tauschten einen bezeichnenden Blick miteinander aus und wanderten nach ein paar ironisch-lustigen Trostworten weiter.
„Glaubst Du eigentlich, daß es noch Zweck hat?" fragte Regina, die ziemlich verärgert an den Fichtenzweigen zupfte, die über den Wegrand ragten.
Frau Therese zuckten die Achseln.
„Willst Du wirklich den „Petersilienkopf" heiraten?" erkundigte sie sich spöttisch.
„Tu' mir den Gefallen und laß diese unsinnige Bezeichnung endlich weg!" entgegnete Regina nervös.
„Ah, das sagt genug!" lachte Frau Therese. „Mir wäre derKlein- Selkower freilich lieber, Kusinchen. Aber das ist schließlich Geschmacksache!"
„Ich mag ihn nicht mehr!"
„Schön. Aber das soll uns nicht hindern, der kleinen, intriganten Hexe aus dem Sanatorium in Klein-Selkow einen Riegel vorzuschieben! Denn die ist ganz allein schuld daran!"
Und unter lebhafter Erörterung dieses interessanten Themas setzten sie ihren Weg nach dem Gute der Erdmanns fort.
Hubert war gegen elf von seiner Frühwanderung zurückgekehrt. Die Begegnung mit Leonore hatte ihn gut gestimmt und den heimlichen Wunsch in seinem Innern deutlicher und fester werden lassen, im Bunde mit ihr seines Lebens Glück endlich zu erringen. Leise und liebevoll wollte er seine Mutter darauf vorbereiten, und ihr Vorurteil zu mildern suchen. Sie mußte ja ein Wesen liebgewinnen, das so schlicht und wahrhaftig, so voller Liebreiz war. Er durfte nur nichts überstürzen!
Aber wie er den kummervollen Blick aussing, den seine Mutter auf ihn heftete, als er mit heiterem Gruß in ihr Zimmer trat, überschlich ihn eine leise Ahnung, daß sie nicht mehr ganz unbefangen in dieser Sache war.
„Haben sie Dich geärgert, Mutting?" fragte er, sich mit Humor wappnend.
„Ach Gott, Hubert, das sagst Du so lustig und weißt dabei ganz gut, daß Du selbst es bist, der mir Sorgen macht!" erklärte sie und setzte den Ellbogen aufs Knie, um den Kopf in die Hand stützen zu können.
„Ich?" fragte er, sich erstaunt stellend. „Etwa weil ich zuviel Holz eingekauft habe heute Morgen?"
„Rede nur nicht lange um die Sache herum. Es ist wegen gestern."
„Ah, die Tanzprobe!" lachte er auf. „Ja, die Hab' ich allerdings nicht gemacht, Mutting!"
(Fortsetzung folgt.)