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ein koloniales Verständnis, eine koloniale Be geisterung durch das deutsche Volk gehen, wie wir sie ror kurzem zu wünschen uns kaum getraut hätten. Selbst das Zentrum, erschreckt durch dieses Kol nialgebraus, läßt durch seine Organe ein über das anderem«! erklären, daß es durchaus kein grundsätzlicher Gegner der Kolonialpolitik, nur gegen die „Verschwendung in den Kolonien" sei.
So sehr wir uns über den aufböenden Kolcnialwind freien, scheint es uns doch, als ob düser neuen Begeisterung wegen die Flottenfrage etwas zu sehr in den Hintergrund gedrängt worden ist. So sehr wir aus tausend und einem Grunde Kolonien brauchen, nicht minder, ja, wir können es gleich offen sagen, noch mehr tut uns eine starke Kriegsflotte. Außer unseren Kolonien müssen wir mit unserer Flotte schützen unsere Kabel, unsere Häfen, unsere Docks, unsere Schiffe, unseren Handel und uns selbst gegen Vexationen des Auslands. Ja mehr noch, wollen wir auch fernerhin als Nation ersten Ranges gellen, so müssen wir ouch schützen können jeden Deutschen, der hinausgeht, sei es als Kaufmann, um uns neue Absatzgebiete zu suchen und zu erschließen, sei es als Missionar, als Forscher, als Gelehrter, um für deutsches Geistes- m d Gernürsleben Pionierarbeit zu leisten. Das alles können wir aber nur mit einer starken Flotte erreichen. Trum ist die Grundlage und die Grundbedingung einer jeden die Grenzen ui seres Vaterlandes überschreitenden Politik eine starke Flotte, Da aber unsere Wirtschaftspolitik bei einem Außenhandel von 13 Milliarden schon längst die Grenzen unseres Vaterlandes überschritten hat, so müssen wir, zumal sich unsere Bevölkerung jährlich um fast eine Million Köpfe vergrößert, diese starke Flotte sobald als möglich hoben, soll nicht unser Geburt-Überschuß, düse ungeheure Volkskrast, zu unseren Konkurrenten, eicht zu unseren Feinden übergehen.
Den Hauptteil des Zuwachses unserer Be. völkerung müssen wir durch vermehrte Arbeitsgelegenheit, vornehmlich in der Industrie, in unserem Land zu halten versuchen. Ten geringen Bruchteil, der immer außer Landes strömen wird, müssen mir in unsere Kolonien zu leiten uns bemühen, wo er den Grundstock und den festen Angelpunkt des Deutschtums zu bilden bestimmt ist. Das wird aber nur denn gelingen, wenn wir in den Kolonien und für dieselben eine gewisse Sicherheit gewährleisten und ihnen Rückholt an dem Mutterland bieten können. Womit aber in aller Welt können wir Sicherheit und Rückhalt erreichen, als einzig undallein durch die Flotte? Mithin ist eine starke Flotte geradezu als Vorbedingung für die Entwicklung der Kolonien, also auch für jede oussichts-
volle Kolonialpolitik anzusehen. Gewiß wünschen wir, daß der Kolonialwind stetig und kräftig wie ein Nordost-Po ssat weiter wehen möge. Das schließt aber nicht aus, daß wir dem Flottenseewind die Stärke des doppelt geflügelten Boreas geben möchten, der durch Deutschland dahinbrausen und in wildem Trubel sämtliche Schlafmützen auf einmal wegfegen und den zu ihrem Entsetzen aus dem politischen Winterschlaf Erweckten mit verblüffender Deutlichkeit zeigen soll, wie nötig wir eine starke Flotte und deshalb auch Reichstags- abgeordnete haben, die Verständnis und Liebe für unsere Kriegsmarine zeigen.
Vermischtes.
Der Kaiser als Gast seiner Offiziere. Es ist kürzlich die Nachricht verbreitet worden, der Kaiser habe durch eine Kabinettsordre dem Offizierskorps von neuem Einfachheit des Lebenswandels, Vermeidung des Luxus ans Herz gelegt und zugleich eine Art von Küchenzettel vorgeschrieben, dessen Inhalt nicht überschritten werden dürfe. Die Mitteilung ist in dieser Form nicht zutreffend. Es war auf einem Schiffe, auf dem der Kaiser als Gast des Offizierskorps mit einem Diner bewirtet wurde, das alle Delikatessen der Saison, Austern und Hummern u. s. w. umfaßte — und das gab dem Kaiser den Anlaß zu dem Wunsche, seine Anwesenheit möchte nicht den Mitgliedern eines Offizierskorps besondere materielle Opfer auf- erlegen; er wolle vielmehr mit seinen Offizieren stets nur so speisen, wie sie bei festlichen Gelegenheiten unter sich zu speisen gewohnt seien. Dieser Wille des Kaisers wurde von allen Truppenteilen (jedoch nicht durch Kabinettsordre, sondern ohne Gegenzeichnung des Monarchen) durch die Chefs des Militär- und Marine-Kabinetts mitgeteilt. Zugleich hat der Kaiser erklärt, daß er künftighin auch als Gast eines Offizierskorps stets für sich und sein Gefolge, die diensttuenden Flügeladjutanten, bezahlen werde — was bisher nicht geschah. Bei den Regimentern, die sich in jedem Jahr regelmäßig des Besuches des Kaisers erfreuen dürfen, hat man seinem Wunsche, ihm zu Liebe keine besonderen Veranstaltungen zu treffen, längst Rechnung getragen. Ist der Kaiser z. B. Gast eines Regiments der Berliner Garde- Kavallerie, so wird ihm und seinen Begleitern für das Kouvert, Wein inbegriffen, der Betrag von 6,50 Mk. berechnet, wie er dort bei den Liebesmdhlern üblich ist. — Unrichtig ist es also, daß der Kaiser sich veranloßt gesehen habe, den Offizierskorps im allgemeinen eine Vereinfachung ihrer Lebensführung anzubefehlen. Seine
Willensäußerung bezog sich nur auf die Fälle, in denen er Gast seiner Offiziere sein würde.
— Zu den Bebel'schen Beschuldigungen gegen den Hauptmann Dominik schreibt, wie die „Nordd. Allgem. Ztg." mitteilt, der Oberbüchsenmacher a. D. Zimmermann, der den Oberleutnant Dominik auf fast allen Expeditionen von 1884 bis 1902 begleitet hat, folgendes: Beiden Gefechten, die ich unter Oberleutnant Dominik mitmachte, ist ein Ertränken von 50 Bakokokindern nicht vorgekommen. Ich habe auch in Kamerun nie etwas davon gehört, in Deutschland erst durch die Reichstagsverhandlungen; das kann ich mit meinem Eide bekräftigen. Ich bemerke, daß ich zu dieser Tat nicht einmal die schwarzen Soldaten der Kameruner Schutztruppe fähig halte, noch viel weniger aber den Hauptmann Dominik. Die Truppe wurde oft ermahnt, bei Gefechten Frauen und Kinder zu schonen. Diese Anschuldigungen können nur von einer Person stammen, welche die Kolonie Kamerun gar nicht oder nur sehr oberflächlich und schlecht kennt. Denn an den Nachtigallschnellen liegen gar keine Bakokodörfer und die dort ansässigen Batinga und Bati zeigtm sich meines Wissens der Regierung stets gefügig, mithin fanden dort keine Gefechte statt.
Mittwoch, den 30. Januar, abends 8 Uhr,
öffentlicher Mortrag
im Saale des Georgenäums von Herrn Unviversitätsprofcsservr.Voretzsch aus Tübingen über
Poesie des Handwerks.
Zu recht zahlreichem Besuche ladet freund« lichst ein
-er Gesrgenäunrsrat.
Uokenloke--»--
Urckermekl
vsrliütct und
Ourcki'M! Kindei-, die däilcb allein nickt certragen, oder an enx- Uiclier Uranlcbeil leiden, Zedeilien vorallglicti, Ivdald der tVlilcti Holienlolie'sclies ttstemiedt --uZesetrt vird.
Miel Aller dm tmgmdm Mgeiii.
Amtliche md Privatanzeigen.
Jur Feier des Gebmtsfestks Seiner Majestät des Deutschen Kaisers
wird heute
Samstag, den 26. Ianuar 1907, abends 8 Uhr»
im Gasthaus zum Hirsch ein
abgehalten werden. Wir beehren uns, unsere Mitbürger zu zahlreichem Besuch freundlichst einzuladen.
Im Auftrag:
StaSlschullheiß Ton;.
Holzbronn.
Jagd-Berpachtuug.
Am Samstag, den 2. Februar 1907, mittags 1 Uhr, wird auf dem Rathause hier die Gemeindejagd auf 6 Jahre im Aufstreich in Pacht vergeben. Holzbronn, den 21. Januar 1907.
Gemeinderat.
In Beamtenfamilie (2 Pers. 1 Kind) wird nach auswärts für März oder April ein ehrl. gesundes
Mädchen gesucht,
das in Haushalt und Küche nicht unerfahren ist. Lohn und Behandlung gut. Näheres bei der Red. ds. Bl.
Einen ordentlichen
Junge«
nimmt unter günstigen Bedingungen in die Lehre
Malermstr. Hopf, Hirsau.
cmnverein ealw.
Generalversammlung
am Montag, den 2«. Januar, abends 8'/- Uhr, im Lokal.
Tagesordnung: Rechenschafts- und Kassenbericht.
Neuwahlen.
Aufnahme neuer Mtglieder.
Eiwatge Anträge.
Wir laden hiezu unsere Mtglieder, insbesondere auch die Turnfreund^ mit der Bitte um zahlreiches Erscheinen, hiedurch freundlichst ein.
Der Turnrat.
MM
Merklingen.
Ein ordentlicher
Junge
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Lonn,
Metzgermeister.
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