Wie ein Engländer Deutschland fad

Der bekannte englische Schriftsteller und Journalist Mr. N. Chance veröffentlichte jüngst in der englischen ZeitschriftFort- nightly" einen längeren Aufsatz, in welchem er die von ihm während feines halbjährigen Aufenthaltes im neuen Deutschland gewon­nenen Eindrücke und Auffassung über den N a t i o n a l s o z i a l i m u s wiedergibt.

Die Ausführungen Mr. Chances, der als Offizier in der englischen Armee diente und vier Jahre lang als Frontsoldat im Felde stand, find um so bemerkenswerter, da der Verfasser durchaus nicht als Freund des Na­tionalsozialismus das neue Deutschland be­suchte, jedoch bestrebt war, sich während sei­nes Aufenthaltes unvoreingenommen ein objektives Urteil von dem Wesen, dem Wer­den und den Zielen der nationalsozialisti­schen Bewegung zu bilden.

Seit dem Triumph Adolf Hitlers im Ja­nuar l933, schreibt Mr. Chance, sei Deutsch­land zum großen Rätsel sür Europa gewor­den. Als einer, der mehr als sechs Monate in diesem Lande zu­gebracht habe, empfinde er es als ge­rechtfertigt, daß er sich nicht denjenigen Schriftstellern anschließe, die darüber berich­ten, was die Nationalsozialisten getan hätten und zu tun beabsichtigen. Denn er sei sicher, daß das neue Deutschland in England falsch verstanden worden sei. Ganz zu schweigen von Frankreich und anderen Ländern. Man könne das neue Deutschland niemals verstehen, wenn man nicht das deutsche Volk und seine Führer durch und durch kenne.

Nach seiner eigenen Erfahrung müsse er sagen, daß ein Ausländskorrespondent, der die volle Wahrheit suche, sie ohne Hin­derung berichten könne, wenn er seinen be­ruflichen Pflichten in vernünftiger Weise Nachkomme. Er könne nur sagen, daß er, ehe er nach Deutschland ging, eine Meinung über die Nazis gehabt habe, die alles andere als freundlich gewesen sei.

Die Blockade, der Kampf mit dem Kom­munismus. die schwarzen Truppen an der Ruhr, die Inflation, die Verarmung des Mittelstandes. Erwerbslosigkeit, Bürgerkrieg, Parteiheere, Parlamentarische Chaos, Haß gegen die Verträge, Mangel an Glauben in Genf, alle diese Ereignisse schufen ein Gefühl der Niederlage, das Deutschand zu vernichten drohte. Die Deutschen hätten damals ihre Disziplin verloren, und die jungen Leute, denen die militärische Ausbildung fehlte, hätten sich, durch Erwerbslosigkeit demorali­siert, dem Kommunismus und Bürgerkrieg zugewandt.

Den demokratischen Negierungen sei es nicht gelungen, Autorität und Einigkeit wie­derzubringen.

Stresemann und Brüning hätten es nicht fertiggebracht, den Nationalstolz, den Gemein­schaftsgeist, die Disziplin, wonach sich Deutsch­land sehnte, wieder herzustellen. Man könne über Hitler sagen, was man wolle, er habe sein Bestes getan. Man könne auch über sein BuchMein Kampf", die Rassentheorien und den Haß gegen die Juden sagen, was man wolle, der Kanzler sei ein Mann, der durch Erfahrung reif geworden sei,

ein wirklicher Führer.

Bon den meisten Deutschen werde er als rin Mann, der einzig dastehe und eine Mis­sion zu erfüllen habe, betrachtet.

Adolf Hitler habe das Gefühl der Nieder- läge beseitigt, indem er zuerst seiner Partei und dann dem Volk einen neuen Glau­ben an das nationale Schicksal, an das Führertum, die Disziplin, Organisation und das Programm gegeben habe, Deutschland sei krank gewesen, Hitler habe die geniale Fähigkeit besessen, es zu heilen. Es bleibe Tatsache, daß er es fertiggebracht habe, was keinem andern auch annähernd gelun- gcn sei, nämlich eine Wiedergeburt des deut- -fchen Gemeinschaftsgeistes zu erreichen. Die Disziplin sei ein wesentlicher Punkt im Deutschland von heute, der neue Geist nötige Achtung ab. Die Geburtswehen der Revolu­tion. der Terror, von dem man gelesen habe, seien in mancher Hinsicht zu entschuldigen. Der Gemeinschaftsgeist sei im Grunde ein Soldatenausdruck.

Mr. Chance schreibt, wo immer er sich in Deutschland hinbegeben habe er sei im Norden, Süden, in Bayern. Brandenburg, in München und in Berlin gewesen, habe er den Geist des Volkes wahrgenommen. Es sei eine allgemeine Erleichterung über die Wiederherstellung der öffent­lichen Ordnung in Stadt und Land sestzustellen und müsse von jedem anerkannt werden, der München unter Eisner gesehen habe, oder die Kämpfe zwischen den Noten und Braunhemden kenne. Das Volk glaube an sich selbst, an das Vaterland und an bessere zukünftige Zeiten. Es unterstütze Hit­lers Negierung aus freiem Willen her- aus, und sogar diejenigen, die nicht hundert­prozentige Nationalsozialisten seien und glaubten, daß es viel zu kritisieren gebe, feien in ihrem Opfergeist bereit, viel auf sich zu nehmen in der Ueberzeugung, daß der Führer für da- Wohl Deutsch, lands arbeite.

Außer der vertrauensvolle» Einstellung aller Stände und der weitverbreiteten

mystischen Verehrung Hitlers ""

Graue« erfinden Berufe

Mr tief verwurzelter Lebenswille, chre Energie und Erfindungsgabe haben die Frauen befähigt, Berufe zu erfinden, in denen sie dem Mann kein Brot wegnehmen, und mit denen sie, wenn das Schicksal es von ihnen verlangt, Geld verdienen und satt werden.

Nur ein paar Beispiele seien genannt, um als Anregung und Ermutigung zu dienen.

Freunde und Bekannte hatten das Können einer Hausfrau, ihre wunderbare Kochkunst, ihre Begabung im Einmachen von Früchten und Gemüsen schon oft bewundert, als sie noch in ihrem gepflegten Heim zu Gast waren. Dann starb der Mann unverhofft, und die harte Notwendigkeit sprach ihr Machtwort. Jetzt wandert diese tapfere Frau von Haus zu Haus,weckt" Obst und Gemüse ein und verschafft bester gestellten Hausfrauen, denen es an Zeit fehlt, herrliche und preiswerte Vor­räte. Außerdem hat sie in der eigenen Speise­kammer ebenfalls die Gläser voll leckerer Dinge, die sie im Winter an «die guten Restau­rants der Stadt verkauft.

Ein anderer Fall. Aus ihrem längst auf­gelösten, versteigerten, reichen Haushalt be­hielt eine ältere Dame ein Paar Liegestühle übrig. Mit denen zog sie einen Tages auf eine sonnige Wiese in gut erreichbarer Nähe der Stadt und vermietete sie. Sie hatte einen Riesenerfolg damit, und heute hat sie über hundert solcher Stühle und einen Milchaus­schank. Sie verdient Geld genug, um anstän­dig leben zu können.

Aehnlich verfuhr eine junge Dame, deren Grammophonliebhaberei sie in guten Zeiten dazu verführte, sich ein wahres Plattenlager anzuschaffen. Nun, La sie keinerlei Verdienst­möglichkeiten hatte, machte sie damit eine Leih­anstalt für Platten aus. Sie ergänzt ihr Lager ständig mit einem Teil des Verdienstes und ist mit dem Ergebnis ihres Berufes zu­frieden.

Als letzter Fall sei noch eine junge Kunst­gewerblerin genannt. Wer kauft heute noch Lampenschirme, Kissen und dergleichen, wo das Bargeld so knapp ist? Da die junge Dame aber wegen ihres Geschmacks, ihrer Umsicht und ihrer bescheidenen Zuverlässigkeit bei allen ihren Bekannten beliebt ist, so wurde es ihr nicht allzuschwer, einen neuen Beruf zu er­finden: Junggesellenpflegerin. Sie hat die Schlüssel von einem Dutzend Wohnungen, be­sucht sie tagaus, tagein, oft ohne je von ihren Besitzern, die den ganzen Tag unterwegs sind, gesehen zu werden. Sie ordnet alles, hält Blumen und Wäsche instand, sammelt die her- umliegenden Zeitschriften und ordnet sie ein, bringt die Bibliothek und die Vorratskammer in Ordnung und erledigt Steuer- und Miets­angelegenheiten. Die jeweiligen Sonder­wünsche findet sie morgens auf einem Zettel vor.

Viel Arbeit, diel Mühe, gewiß. Aber ein

RN M

Beruf, mit dem die junge Frau sich und ihre alte Mutter recht gut ernähren kann.

Auf die Frage, ob sie verbittert seien, ob sie das Gefühl hätten, gesellschaftlich aus eine niedrigere Stufe gerutscht zu sein, ob es ihnen peinlich sei, bei alten Bekannten nun als be­zahlter Geist herumzuwirtschaften, ^bekommt man bei Liesen tapferen Frauen nur ein mit­leidiges Lächeln zur Antwort. Im Gegenteil, sie sind stolz auf sich und ihre Arbeit. Und sie haben recht.

Altert die schaffende Ara« schneller?

Wer bleibt länger jung und frisch, die Frau, die sich in ihrem eigenen Hause abplagt, die von morgens his abends schaffen muß, um der Familie gerecht zu werden, oder die Frau, deren Mittel es ihr gestatten, ein ruhiges, be­schauliches Leben mit Kaffeekränzchen und Bridgezirkel, mit Mußestunden und genügend körperlicher Pflege führen zu können? Oder die Frau, die Tag für Tag in den Rhythmus einer Arbeit eingespannt ist, der körperlich und geistig ständig den ganzen Einsatz ihrer Persönlichkeit fordert?

Auf zweierlei kommt es vor allem an: auf die Körperbeschaffenheit der Einzelnen und auf die innere Beweglichkeit. Solange ein Mensch sich seine seelische Spannkraft bewahrt, wird auch sein Aeußeres einen Abglanz dieser Stimmung zeigen. Mut und der Wille zum Optimismus erhalten jünger als alle Schön­heitskuren. Geschmeidigkeit im Getriebe des Tages, Humor und Heiterkeit, das sind die Helfer, die eine Frau befähigen, das Leben zu meistern.

Und damit ist die Frage: Altert die berufs­tätige Frau schneller? auch fast entschieden. Wer den ganzen Tag nur seinen behaglichen Vergnügungen lebt, wird immer in der Ge­fahr sein, körperlich und seelischFett" anzu­setzen. Eine Frau aber, die, sei es nun im Haushalt oder außerhalb, Schulter an Schul­ter mit dem Manne als Ergänzung und sein bester Kamerad kämpft, von der wird immer ein jugendlicher Schimmer ausgehen, selbst wenn sie schon lange graue Haare hat. Und einzig und allein auf diesen leuchtenden Schimmer kommt es an. Nicht auf das hübsch geschwungene Mündchen und auf die seiden­glatte Haut. Die Frauen müssen unterein­ander, ganz gleich ob im Berufe stehend oder nicht, die Parole ausgeben: Der Unfug des Alters. Wenn sie erst einmal an ihre eigene Jugend glauben, bei der ein paar Fältchen keine Rolle spielen, wenn sie an ihre innere Jugend glauben, dann wird jede Frau mit Offenheit ihre Fahre angeben können, und niemand wird es einfallen, darin etwas Be­schämendes oder zu Verheimlichendes zu er­blicken. Altert die Berufsfrau schneller? Nein, nur die begueme und die ungepflegte Frau wird schnell und gründlich alt.

seien besonders auffallend im neuen Deutsch­land die nationalsozialistischen Fahnen, die uniformierte SA. und SS. und die jungen Leute, die in Arbeitslagern arbeiteten.

Fast überall könne man Abteilungen mar­schierender Braunhemden begegnen, die in gleichmäßigem Tritt, ihre Lieder singend, marschierten. Man könne nicht umhin, ihr Auftreten und ihren jugendlichen Eifer zu bewundern. Der Verfasser stellt die Frage, warum diese Leute aber nun gedrillt würden und was für einen Zweck das Trainieren habe? Die soldatische Note sei unvermeidlich. Mr. Chance bemerkt dann, daß er sich an zweiVersammlungen, bei denen Hit­ler gesprochen, eine im Sportpalast in Ber­lin. eine andere in München, erinnere, wo die alten Kämpfer der Partei wie die Soldaten a u f m a r s ch i e r t seien. Er könne auch die Deutschen Schimeisterschaften in Berchtesgaden, als die feldgrauen Neichs- wehrsoldaten zusammen mit den Braunhem­den zu sehen gewesen seien und General Eöring bei der Preisverteilung auf einem von Fackeln umgebenen Platz gesprochen habe, nicht vergessen.

Als er die Arbeitslager besuchte, habe er die jungen Leute wohldiszipliniert, aber glücklich arbeiten gesehen, mußte er unwillkürlich an die Soldaten den­ken, die ihren Dienst an der Front vor 26 Jahren versahen. Alle Aufmärsche und Auf­züge seien als Militarismus und als Vor­bereitung auf den Krieg beschrieben worden, er aber sei zu dem Entschluß gekommen, daß dies eine falsche Erklärung sei. die haupt­sächlich auf der Unkenntnis des deutschen Charakters, der inneren Empfindungen und Gedanken, die die deutsche öffentliche Mei­nung erfüllen, beruhten. Die geistige Haltung sei am wichtigsten. Der Geist, der durch den Sieg des Nationalsozialismus geboren worden sei, sei religiös, innerlich be­wegend, wieder belebend, stolz, auch unbarm­herzig. Er ähnle in gewisser Hinsicht dem Geist der Schützengräben, der das Klassen­gefühl vernichtet und imstande fei, die Menschen als Brüder zu verbin­den. weil sie ein gemeinsames Ideal be­säßen, eine gemeinsame Gefahr, einen ge­meinsamen Feind. Man wisse wohl, welch große Dinge eine Gruppe von Männern oder eine Nation unter dem Impuls eines Ge­fühls der Einigkeit erreichen könne.

Der Verfasser kommt nun auf die SA. und Hitler-Jugend zu sprechen und schreibt, daß diese Organisationen, die soviel kritisiert würden, dazu beitragen, den Mut und die öffentliche Meinung aufrechtzuerhal­ten. Sie dienten als organisierte Einheiten, mit deren Hilfe die Partei in der Lage sei, ihre Mitglieder auszubilden.

Weiter wird nun in dem Aufsatz die Ur­sache behandelt, die Deutschland veranlaßt habe, die Abrüstungskonferenz zu verlassen. Es sei dres eine deutliche poli­tische Handlung Hitlers gewesen und mora­lisch unvermeidlich. Ferner sei es als ein An­zeichen der Ungeduld anzusehen, da man Deutschland nicht eher Gleichberech­tigung, die schon im Dezember 1933 theo­retisch anerkannt worden sei, gewährt habe. Die anderen Mächte hätten, obwohl zweifel­los ehrlich in ihren Abrüstnngsbemühungen, in der Zwischenzeit die Regel befolgt:Wenn Du Frieden willst, so rüste Dich zum Krieg".

Mr. Chance berichtet nun, daß er zu Be­ginn dieses Jahres eine Unterredung mit einem deutschen Oberst, der im Wehrpoli­tischen Amt tätig sei, gehabt habe. Während seines Besuches habe er auf ein Bild an der Wand gedeutet, das von einem deutschen Künstler gezeichnet gewesen sei und einige Infanteristen, gedeckt von einem zerstörten Gebäude nahe Messines während der e r st e n Dpernschlacht Oktober-November 1914, darstellte. Er habe geäußert:Wie seltsam, ich bin auch dort gewesen, vielleicht haben Sie dort auf mich geschossen, worauf man ihm geantwortet habe: Und vielleicht haben Sie auf Hitler geschossen, denn der Führer war dort als einfacher Soldat in seinem bayerischen Regiment".

In diesem Zusammenhang stellt der eng- liche Journalist fest, daß das Verhältnis der Frontsoldaten, das heute ein starkes Glied der Freundschaft in Deutschland bilde, mehr in sich berge, als bloßes Gefühl. Gar oft habe er in Deutschland gehört:Hitler i st ein alterSoldat. er wünscht keinen Krieg, ersagt. waser d e n k t".

Die Nationalsozialistische Partei besitze viele Führer der Kriegsgeneration, die im Feuer erprobt seien, die Staatsmänner feien. Er denke an General Epp, v. Nibbentrop und den Stellvertreter des Führers, Rudolf Hetz.

Niemand könne zögern, solchen Männer» zu vertrauen.

In bezug auf die Abrüstungsfrage führt der Verfasser aus. daß Frankreich wohl er­kläre, es glaube an die Herrschaft des Ge­setzes und an die Friedensverträge, die ein Schuß gegen das Chaos seien. Deutschland habe den Versailler Vertrag gebrochen, es habe die Abrüstungskonferenz verlassen. Ohne Sicherheit, ohne Rückkehr Deutschlands nach Genf könne nicht abgerüstet werden. Diese Ansicht schließe jedoch einen doppelten Irrtum in sich. Man übersehe erstens die Tatsachen der augenblicklichen Lage, zwei- tens verrate dieses Argument eine vollstän­dige Unkenntnis der wirklichen Bedeutung der nationalsozialistischen Revolution, wor­aus die französische Haltung, sich zu weigern, Hitler als etwas anderes als eine Gefahr für Europa zu betrachten, entspringe.

Abschließend bemerkt dann der englische Frontkämpfer Mr. Chance, daß er nicht be- absichtige, das nationalsozialistische Regime uneingeschränkt zu billigen. Er glaube aber sicher, daß England wie auch Frankreich die Psychologische Bedeutung der nationalsozia- listischen Revolution falsch beurteilen, und wendet sich dann mit folgenden Worten an seine Landsleute:

Warum sollten wir nicht den Mut be­sitzen. Deutschland als unseresgleichen zu be- trachten, es als unseren Freund behandeln, der es auch sein will, und den Franzosen mit Nachdruck zu erklären, daß sie mit all ihren natürlichen Sorgen wegen der Sicherheit sie nicht den wirklichen Geist des deutscben Volkes verstanden haben? H. R. H.

SelbswcrwaUung des Saadwerls

Der Streit um die Innungen des Hand­werks und ihre Selbständigkeit ist viele Jahr­hunderte alt. Schon im Jahre 1231 hat der Hohenstaufenkaiser Friedrich II. Len Zusam­menschluß der Handwerker zu Innungen ver­boten. Genau 500 Jahre später hat der Re­gensburger Reichstag strengste obrigkeitliche Aufsicht über die Zünfte der Handwerker an­geordnet und diesen unter Anordnung völ­liger Auflösung jede zwischenörtliche Verbin­dung untereinander untersagt. Auch das Mit­telalter war keineswegs immer so zunftfreund­lich, wie man vielfach glaubt. In den libera- listischen Zeiten wurden Zünfte und Innun­gen erst recht argwöhnisch beobachtet. Man schwächte ihre Selbstverwaltung und nahm ihnen gleichzeitig alle Zwangsrechte gegenüber ihren Mitgliedern. Im vorigen Jahrhundert waren die Innungen völlig bedeutungslos ge­worden, da sie nur noch freiwillige Zusam­menschlüffe der Handwerker ohne die nötigen Betätigungsmöglichkeiten bei der Ordnung der handwerklichen Berufe darstellten Seit mehr als 40 Jahren hat das deutsche Hand­werk immer wieder die Errichtung von Zwangsinnungen gefordert, ohne daß es je­doch dieses Ziel völlig erreichen konnte. Erst der nach der Machtergreifung des National­sozialismus begonnene ständische Aufbau der Wirtschaft konnte dem Handwerk die Wieder­herstellung der Selbstverwaltung in allgemei­nen Zwangsinnungen bringen.

Eine vorläufige Regelung hat die neu­gewonnene Selbstverwaltung in derersten Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks" vom 15. Juni 1934 ge­funden. Durch sie wird Las bisher in Ver­bänden und Verbändchen mannigfacher Art zergliederte und zersplitterte Handwerk orga­nisch neugeformt und zu einem großen Ver­bände zusammengefaßt, dessen Wirkungskreis sich über das ganze Reich erstreckt. Jeder Handwerker, der in die Landwerkerrolle ein­getragen ist, wird künftig automatisch und pflichtmäßig Mitglied einer Innung. Diese hat die Ausgabe, den Gemeingeist zu pflegen und die Standesehre zu wahren. Ihre Prak­tische Tätigkeit erstreckt sich insbesondere auf die Regelung des Lehrlingswesens, der tech­nischen, gewerblichen und sittlichen Ausbil­dung aller Berufsangehörigen, auf die Mit­wirkung bei der Verwaltung der Berufs­schulen sowie auf die Schaffung wirtschaft­licher Einrichtungen, die dem Handwerkszweig dienen, auf den sich die Innung erstreckt. Auch genossenschaftliche Einrichtungen, so z. B. solche zur gemeinsamen Uebernahme von ein­schlägigen Leistungen und Lieferungen, kön­nen von den Innungen ins Leben gerufen oder gefördert werden. Außerdem sollen sie auch die Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsweise und Betriebsführung treffen, um dadurch die Wirtschaftlichkeit des Handwerks zu erhöhen.

Die Innungen werden also in Zukunft die berufsständischen Vertretungen des deutschen Handwerks sein. Sie werden Verstöße ihrer Mitglieder gegen Gemeingeist und Standes­ehre ahnden, und da alle Handwerker der zu­ständigen Innung angehören müssen, wird ihre Macht auch gegenüber wirtschaftlichen Auswüchsen und Mißbräuchen im Handwerks­beruf sehr groß sein. Die Führung der In­nungen liegt in Len Händen der Obermeister, die auf Grund des Führerprinzips für eine berufsständische Ordnung im Dienste des Ge­meinwohls zu sorgen haben werden. Das deutsche Handwerk hat also endlich die Selbst­verwaltung seiner beruflichen Belange er­reicht, die es seit Jahrzehnten mit wachsende« Eifer und mit steigendem Erfolge erstrebt.

gel

Re

gei

de,

tti

S>

Sl

de

tfl

S

At,

he,

/