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Amts- und Änzeigeblalt für den Sezirk Calw.
82. Jahrgang.
Erschetnungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Samstag, dm 19. Januar 1907.
Lbormerr.enrSpr.ind. Stadt pr. Blertelj. Mt. i.i0inel.Lr8gerl. Vierleljährl. ^ZostbezugSpreiS ohne Lestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortSvertehr 1 Mt., f. d. sonst. Verkehr Mt. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen
Die Schnttheitzenämter
werden aufgefordert, die Zahl der von jedem Jahrgang Heuer zur Musterung kommenden Militär- Pflichtigen innerhalb 3 Tagen hieher anzuzeigen.
Da die Musterung schon vom 11.-15 März ds. Js. stattfindet, müssen die Stammrollen zuverlässig spätestens am 1. Februar dem Oberamt vorgelegt werden.
Calw, 17. Januar 1907.
K. Oberamt. Voelter.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung eines ^ 8 Molkereilehrkurses in Gerabronn.
Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Molkereischule in Gerabronn demnächst wiederum ein vierwöchiger Unter- richtskurs über Molkereiwesen abgehalten werden.
In diesem Kurs werden die Teilnehmer nicht allein in den praktischen Betrieb der Molkerei eingeleitet, sondern sie erhalten auch einen dem Zweck und der Dauer des Kurses entsprechend bemessenen theoretischen Unterricht.
Der Unterricht ist unentgeltlich, dagegen sind die Teilnehmer verpflichtet, die vorkommenden Arbeiten nach Anweisung des Leiters des Kurses zu verrichten; auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen und die für den Unterricht etwa notwendigen Bücher und Schreibmaterialien selbst anzuschaffen. Unbemittelten Teilnehmern kann ein Staatsbeitrag in Aussicht gestellt werden.
D Bedingungen der Zulassung sind: zurückgelegtes sechszehntes Lebensjahr, Besitz der für das Verständnis des Unterrichts notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse und guter Leumund. Vorkenntnisse im Molkereiwesen begründen eine vorzugsweise Berücksichtigung bei der Aufnahme.
Der Beginn des Kurses ist auf Montag, den 18. Februar ds. IS., festgesetzt. Dajedoch zu diesem Kurs nur eine beschränkte Zahl von Teilnehmern zugelassen werden kann, so behält sich die Zentralstelle vor, je nach Bedürfnis im Lauf der folgenden Monate noch weitere Kurse zu veranstalten und nach ihrem Ermessen die sich Anmeldenden in die einzelnen Kurse einzuweisen.
Gesuche um Zulassung zu dem Kurs sind bis längstens 31. Januar ds. Js. an das „Sekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzusenden. Den Ausnahmegesuchen sind beizulegen:
1. ein Geburtsschein;
2. ein Schulzeugnis, sowie etwaige Zeugnisse über Vorkenntnisse im Molkereiwesen;
3. wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Einwilligungserklärung des Vaters oder Vormunds, in welcher zugleich die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, übernommen wird.
4. ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Leumundszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß der Bewerber bezw. diejenige Persönlichkeit, welche die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten für denselben übernommen hat, in der Lage ist, dieser Verpflichtung nachzukommen;
5. wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, was zutreffendenfalls immer gleichzeitig mit der Vorlage deS Aufnahmegesuchs zu geschehen hat, ein gemeinderätliches Zeugnis über die Vermögens- und Familien- verhältniffe des Bewerbers und seiner Eltern,
sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der landwirtschaftliche Bezirksverein, eine Molkereigenossenschaft oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befürworten und ob dieselben ihm zu diesem Zweck einen Beitrag und in welcher Höhe zugesagt oder in Aussicht gestellt haben.
Stuttgart 4. Januar 1907.
v. Ow.
Tagesneuigkeiten.
8 Calw. (Handelskammersitzung vom 15. Jan.) Der Vorsitzende, Kommerzienrat Zoepp ritz, widmete bei Eröffnung der heutigen Sitzung dem am 15. Dez. 1906 verstorbenen Kammermitglied Julius Stöffler von Herrenberg Worte des Dankes und der Anerkennung für seine 17jährige Tätigkeit in der Kammer. — Die Rechnung pro 1906 wurde mit einer Vermögenszunahme von 400 ^ abgehört. Der Voranschlag für 1907 kann bei 210 ^ Einnahmen und 2410 ^ Ausgaben wie im Vorjahre mit einer Umlage von 0,09 °/o des Gewerbesteuerkatasters (2501911 ^) auskommen. Die Kammer nahm Kenntnis von dem Ergebnis einer Verhandlung mit Vertretern des K. Finanz- Ministeriums und der K. Forstdirektion über von der Kammer vorgebrachte Beschwerden von Holz- intereffenten wegen Geschäftsgebräuchen der K. Forstämter bei den Holzverkäufen. — Zu dem von dem interkantonalen SplügSnkomite in Sils bei der eidgenössischen Regierung eingereichten Projekt einer Splügenbahn (gerad'- linige Verbindung der Ostschweiz mit Italien auf dem Weg von Chur durch das Hinterrheintal mit Durchbrechung des Splügen über Chiavenna nach dem Comersee—Mailand) spricht sich die Kammer wegen der gegenüber dem Greinaprojekt (Vorderrheintal über Somvix bei Dissentis mit Durchbrechung des Greina über Olivone durch das Bleniotal zum Gotthard) kürzeren Verbindung und der geeigneteren Lage für Mitteldeutschland für das Splügenprojekt aus. Jedoch dürften die Vorteile dieser kürzeren Verbindung für Würt- temberg insolange nicht zum Zug kommen, als bei dem Mangel eines Zusammenschlusses der süddeutschen Bahnverwaltungen sowohl Baden als Bayern in der Lage sind, den von Norden kommenden Verkehr von der geraden durch Württem- berg führenden Linie zum Splügen auf ihre Strecke abzuleiten. Jedenfalls müsse bei den heutigen und bevorstehenden Aufwendungen für das württ. Bahngebiet von einer finanziellen Unterstützung des Splügenprojekts durch den württ. Staat ab- gesehen werden. — Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erleichterung des Wechselprotestes (Postprotest) wurde im ganzen beifällig ausgenommen. Für die Festsetzung der Protest, stunden (Entwurf 8 Uhr vorm, bis 7 Uhr abends) wurde mit Rücksicht auf den ländlichen Verkehr der freien Festsetzung der Stunden durch die Post- behörden für ihren Bezirk das Wort geredet. — Seit der 1902 verfügten Aufhebung der Flößerei auf der Enz bis zur Einmündung der Kleinen; ist in der weiteren Einschränkung dieser überlebten Einrichtung durch die beteiligten Behörden eine Stockung eingetreten. Nicht so in dem Verlangen der Werkbesitzer nach Aufhebung der Flößerei auf der kleinen Enz und der großen
Enz unterhalb Calmbach und auf der Nagold mit dem Zinsbach. Da auf den genannten Wasserläufen nur noch von einer Firma in Altensteig Handelsflößerei in geringem Umfang betrieben wird, und auch der Nah-Floßverkehr zu den an der Nagold und Enz gelegenen Sägewerke r immer unbedeutender wird, so kann ihr wirtschaftlicher Wert gegenüber dem den Werken auch durch den geringen Floßverkehr zugefügten Schaden keine Berücksichtigung mehr beanspruchen. Man sollte glauben, daß die Flößerei bei dem geringen Nutzen, welchen sie noch abwerfen kann, und dem für die Werke schädlichsten Mangel an Nachwuchs geübter Berufsflößer, von selbst aufhöre. Es scheint aber auch hier wie anderwärts zu gelten, daß das gänzliche Aufhören des Ueberlebten selten ohne Zwang erfolgt. Die Kammer hat daher beschlossen, bei den beteiligten staatlichen Behörden erneut und dringend auf eine baldige gänzliche Aufhebung der Flößerei auf Enz und Nagold avzutragen. Als selbstverständliche Voraussetzung der Aufhebung der Flößerei gilt dabei der Kammer die vorherige Herstellung genügender und brauchbarer Holzzufuhrwege zu den Talstraßen und Bahnen für die ohne solche auf die Flößerei angewiesenen privaten, staatlichen und Gemeindewaldungen namentlich des Hinteren Calwer Waldes und des Zinsbachsgebiets, insbesondere Umwandlung der Forststraße in Klein- Enztal in eine Staats- oder Körpsrschaftsstraße, die baldige Herstellung der projektierten Kollbach- talstraße (Berneck—Hornberg—Simmersfeld — Aichhalden) und die Inangriffnahme einer Zinsbachtalstraße.
* Calw 17. Jan. Der gestern abend von Miß Mayme Lois Fox (Fuchs) aus Texas unter Mitwirkung von Herrn Handelsschullehrer Kauffmann im Dreiß'schen Saale veranstaltete Gesangsabend gehört zu den besten Aufführungen, die hier jemals gegeben wurden. Er war ein ganz eigenartiger Liedervortrag, der die Zuhörer vom ersten Augenblick an bezauberte und zu immer größerem Beifall hinriß. Miß Fox verfügt über einen hohen Sopran von außerordentlicher Weichheit und Biegsamkeit. Tadellos reine, wohltuend ruhige und sichere Tongebung, fein nuancierter und treffender Stimmungsausdruck und namentlich eine bewundernswerte, die schwierigsten Passagen spielend bewältigende Kehlfertigkeit und Koloraturtechnik finden sich in ihrem Vortrag vereinigt. Die Textaussprache ist deutlich, die Ausdrucksfähigkeit umfaßt alle Register vom lyrischen und pathetischen Momente bis zur vollen Leidenschaft. Der Ton ist voll und satt und im höchsten Grade einschmeichelnd. Die Künstlerin sang 16 Lieder teils mit deutschem, teils mit fremdem Text. Schon der Vortrag „Der Neugierige" von Schubert zeigte, daß ein echtes Künstlerblut der Sängerin innewohne, und die folgenden Lieder konnten diese Wahrnehmung nur bestärken. Es ist schwer zu beurteilen, welchem Lied die Palme gehören würde, doch möchten wir einigeLieder ganz besonders hervorheben: „Morgengruß" von Schubert, „Traum durch die Dämmerung" von Strauß, „Vater unser" von Lieber, „Aus der Jugendzeit" von Radecke, Arie aus „Dtnorah" von Meyerbeer und die 3 Charakterlieder: „Reise-, Schlummer- und Sch weizer« lied". Nach jeder Nummer wurde der Sängerin rauschender Beifall zu teil, der sich zu stürmischem