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Aus Wahren Erlebnissen zusammengestellte Tatsachenberichte vom deutsch-holländische«
Schmuggelwesen
Ort der Handlung: die deutsch-holländische Grenze — Zeit der Handlung: 1928 bis 1931
Von Peter Wilhelm Stoll
„Aufmachen! — Polizei!" ertönte es wieder.
Scheinbar erschrocken fuhr der Müller zurück und bat die Beamten, sich noch kurze Zeit zu gedulden. Atemlos kam er dann die Treppe herunter und wies uns ein Versteck an.
Einige Zigarettenstummel, das Kartenspiel und die benutzten Schnapsgläser hatten wir bereits vorsorglich beseitigt.
Dann krochen wir in einen dunklen Verschlag ans den Boden der Mühle. Der Müller schleppte schnell einen großen Bottich und sonstiges altes Gerümpel herbei und stapelte es in aller Eile vor die Türe, und war dann, eine Falltür hinter sich abriegelnd, eilig die Treppe hinuntergestiegen.
Unser Versteck glich einer großen Hundehütte. Kaum Platz für drei Mann. Dabei waren wir zu sieben. Schon nach wenigen Minuten wurde die Luft unerträglich.
Köppken fiel Plötzlich mit großem Gepolter gegen die dünne Bretterwand. Er hatte auf einem leeren Mehlfaß gesessen und dabei das Gleichgewicht verloren. Entsetzt horchten wir auf und preßten den Kopf gegen die Bretterwand. Ob man unten das Gepolter vernommen hatte? — —
Nichts regte sich.
Manes war so aufgeregt, daß er am liebsten über Köppken hergefallen Wäre.
Die Stiegen knarrten. Schritte kamen die Treppe herauf. Kreischend wurde der Riegel der Bodenluke beiseite geschoben. Schwere Tritte polterten über den Boden. Hunde durchstöberten schnuppernd den Raum. Der Lichtstrahl einer Taschenlampe siel durch die dünnen Fugen der Bretterwand zu uns herein.
Wir wagten kaum zu atmen. Jeden Moment vermeinten wir das Anschlägen oder Kratzen der Hunde an der nur notdürftig versteckten Tür des gewiß nicht für solche Zwecke eingerichteten Vorschlages zu hören.
In Gedanken zählte ich: eins — zwei — drei —, jetzt haben sie uns entdeckt. Nein! — vier — fünf —. Immer noch nicht?! —
Blitzartig fuhr es mir durch den Sinn: das mag uns vielleicht retten.
Seit zehn Minuten hatte ich einen widerlichen Geruch in der Nase, der sich mir beklemmend auf die Brust legte. Hier mußte längere Zeit feuchtes oder verdorbenes Mehl gelagert haben. Die Hunde konnten deshalb unsere Witterung nicht aufnehmen.
Jäh wurde mein Gedankengang Lurch neues Gepolter unterbrochen.
Die Beamten schoben einige Mehlfässer, die an der gegenüberliegenden Wand aufgestapelt waren, beiseite. Ohne Erfolg.
Dann, ich wagte es kaum zu glauben, entfernten sie sich. Noch eine Minute, dann kreischte abermals der Riegel an der Bodenluke. Wir waren gerettet, die ärgste Gefahr vorläufig behoben.
Bald vernahmen wir das Zuschlägen des Hoftores und sich entfernende Schritte.
Vorsichtig stießen wir nun die Tür unseres Versteckes auf. Ein frischer Luftzug strömte herein. Eben war Manes dabei, den Bottich mehr beiseite zu schieben, als Köppken wie von einer Natter gestochen, hochfuhr und aufgeregt in eine Ecke des Verschlages weisend, „da — da!" hervorstieß.
Im Scheine eines aufflammenden Zündholzes bemerkten wir einige bald armlange Ratten, die pfeifend und quietschend durch die geöffnete Tür auf und davon sausten. Köppken hatte jedenfalls in der Dunkelheit eine Ratte mit den Händen ergriffen, ohne sich im ersten Moment über das freilich nicht gerade angenehme Gefühl bewußt gewesen zu sein. Obwohl ich mich auch nicht als Feigling dem Rattenpack gegenüber fühlte, überlief mich doch ein kaltes Gruseln, in dem Gedanken, mit Liesen „lieben Tierchen" in solch naher Wohngemeinschaft gewesen zu sein.
Als wir etwas später wieder mit dem Müller zusammen saßen, erzählte er, daß die Behörde schon längst durch die Gespenstergeschichte aufmerkam geworden, die Zollfahndung unterrichtet habe. Daher sei die Haussuchung schon seit einigen Tagen vorgesehen gewesen.
Trotz der gespannten Lage gab der Müller in seinem Drängen auf Weiterführung des Geschäftes nicht nach. Aber wir hatte vorläufig mal die Nase voll. Eine ungeheure Wut auf die Tölpelhaftigkeit der Burschen, die uns bald in des Teufels Küche gebracht hätte, hatte sich unserer bemächtigt. Ein Denkzettel sollte ihnen gewiß sein.
Die nächsten Stunden füllten wir mit Beratungen über diesen Vorsatz ans und verließen noch bei Dunkelheit die Mühle, um auf holländisches Gebiet hinüberzuwechseln.
Wir hatten kaum die Grenze überschritten, da hörten wir weiter links Schüsse und Haltrufe, die scheinbar nicht befolgt wurden, da gleich darauf die Knallerei von neuem losging. Wenige Minuten später hasteten einige dunkle Gestalten auf uns zu. Es waren flüchtende Schmuggler. Wir trauten kaum unseren Augen. Die Gruppe, darunter vier Frauen, die ebenfalls schwere Lasten auf dem Rücken trugen, kamen keuchend dahergestürmt.
Zollbeamte, die jedenfalls auf unser Erscheinen unweit der Mühle gerechnet hatten, muß
ten sic bemerkt haben. Zum Glück hatten sie nur höchstens hundert Meter weit die Grenze überschritten, so >daß es ihnen gelungen war, unversehrt auf holländisches Gebiet zurückzuflüchten.
Also soweit war es schon gekommen, daß Frauen sich für dieses Geschäft hergaben.
Vollkommen erschöpft lagen sie jetzt vor uns in der Heide, nicht mehr fähig, sich weiter zu schleppen. Da sich die Leute auf der Flucht, des Geländes unkundig, verirrt hatten, wiesen wir ihnen den Weg zu dem holländischen Ort Vlodrop und machten uns dann auf Len Weg zum Magazin.
Bald waren wir lautlos in dem noch herrschenden Frühnebel untergetaucht.
Der Zwischenfall hatte anscheinend auch auf meine Gefährten gewirkt. Bis zur Ankunft im Magazin sprach niemand.
Bereits am nächsten Abend setzten wir unseren gefaßten Entschluß, an den Bauernburschen Revanche zu üben, in die Tat um. Durch einen Mittelsmann ließen wir den Dörflern sagen, daß die beiden Gespenster der Brocksmühle in Person von zwei Schmugglern am Abend des darauffolgenden Tages in einer etwas einsam liegenden Wirtschaft unweit des Ortes anzutreffen seien. Sie fielen auch tatsächlich auf den Schwindel herein.
Das sollte ein Fest geben.
Vorsichtig fanden wir uns geraume Zeit früher als den Dörflern angegeben, am Platze ein. Zwei Mann, Köppken und der dicke Willem, begaben sich in die Wirtschaft und machten eine Zeche, zu der sie Len Wirt einluden.
Eine Zeitlang schauten wir durch die Ritzen der geschlossenen Fensterladen den beiden zu, die in aller Gemütsruhe eine Flasche Bier nach der anderen verputzten. Der dicke Willem, der uns als Zuschauer am Fenster bemerkt hatte, blinzelte uns jedesmal zu, so oft er sein Glas an die Lippen hob.
Eine Uhr im benachbarten Dorf schlug eben zehn. Langsam und bedächtig hallten ihre Schläge durch die Abenddämmerung, als eilige Schritte und gedämpftes Stimmengewirr die Ankunft der Dörfler anzeigten. Wie der Blitz verschwanden wir von der Bildfläche und nahmen unsere vorher ausgemachten Posten ein. Irgendwelche Waffen, Stöcke oder dergleichen führten wir nicht mit, da wir nicht wußten, wie sich die Sache entwickeln würde. Wir verließen uns lediglich auf unsere guten Fäuste. Bald erreichten die Burschen das Wirtshaus. Es mochten ihrer mindestens zwanzig sein, denen wir allerdings nur vierzehn entgegenstellen konnten. Also würde es hart auf hart gehen. —
Manes war kaum zu halten. Er freute sich mächtig auf die Rauferei.
Kaum waren die Burschen in die Wirtschaft eingetreten, als wir sofort die Vorderfront des Hauses besetzten, um durch die Fensterläden den Vorgang, der sich nun drinnen abspielen würde, zu beobachten. Unsere Geduld sollte nicht auf eine allzu harte Probe gestellt werden. Der Tisch, an dem Willen und Köppken Platz genommen hatten, wurde sofort von den Burschen Licht umdrängt, so Laß es schwer war, die beiden im Auge zu behalten. Aber jedes Wort, das da drinnen gesprochen wurde, war deutlich zu verstehen. Scheinbar von den anfänglichen Hänseleien keine Notiz nehmend, saßen sie und spielten mit stoischem Gleichmut ihren aufgelegten Skat.
Plötzlich fiel das Wort „Gespenster" und „freches Schmugglerpack".
Da fuhr der dicke Willem auf: „Wer sagt hier freches Schmugglerpack?"
„Ich!" brüllte ein riesiger Bauernbursche und pflanzte sich breitbeinig vor den Tisch.
Mit wutverzerrtem Gesicht schob Willem den Tisch beiseite, erhob sich zu seiner vollen Größe und schrie den Sprecher an: „Willst du 'das zurücknehmen?!"-—
Verdutzt wich der Knecht einen Schritt zurück. Wir fieberten vor Spannung. Gleich mußte es losgehen.
Der Wirt stand leichenblaß hinter dem Schanktisch und wagte sich nicht zu rühren. Er ahnte Wohl, was die Glocke geschlagen hatte.
Noch einmal brüllte der dicke Willem: „Willst du das zurücknehmen?!"-
Ein, zwei Sekunden Stille.
Sich vorsichtig mit Blicken abtastend maßen sich die beiden Gegner. Da — ein Sprung — ein Tisch siel um — Gläser klirrten.
Willem war dem Burschen an den Hals gesprungen und wälzte sich mit ihm am Boden.
Das war für uns das Signal zum Angriff. Jetzt los. Gleiche Kappen, gleiche Brüder.
Mit einem Schwung riß Manes die Fensterläden auf, stieß mit der Faust durch die Scheibe und bog den Fensterhaken herunter.
Dann waren wir auch schon drinnen.
Von Manes' nervigen Fäusten geschleudert, sauste ein Stuhl gegen die Lampe. Glas splitterte. Das Licht erlosch. Der Schauplatz unseres nächtlichen Treibens war in undurchdringliches Dunkel gehüllt. Eine Gestalt flog an meinem Kopf vorbei und fand durch den unter lautem Krachen zerbrechenden Fensterrahmen seinen Weg auf die Straße. Ein Körper, ob Freund oder Feind, war durchs Fenster geworfen worden.
Fortsetzung folgt.)
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