Samstag 28. Mai
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Jahrgang 1934 Nr. 119
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Badisches Armee-Museum wird eröffnet — Gommertagszug — Segelflug Hornisgrinde-Karlsruhe — Jan Kiepura singt — Erstaufführung „Schwanenweiß" im Staatstheater
Die Überlieferungen unserer alten Wehrmacht zu Pflegen und der Jugend ein Bild deren einstiger Größe zu geben, ist eine der gestellten Aufgaben des Nationalsozialismus. Nus diesem Grunde hat der Reichsstatthalter Robert Wagner bereits im September vorigen Jahres die ersten Anregungen zur Gründung eines Badischen Armee-Museums gegeben. Als Raum wurden die drei Gebäude des ehemaligen Marstalls am Schloßplatz bestimmt, die sich wegen ihrer Lage und ihres schönen architektonischen Aufbaus vorzüglich dafür eigneten. Die Dreigliederung des Gebäudes ergab die Einteilung des Museums:
1) Museum für Heeresgeschichte bis 1914,
2) Ehrenhalle, 3) Weltkriegsmuseum. Nachdem gegen Anfang des Jahres der Ausbau der Räumlichkeiten beendet war, konnte mit der Einräumung der Museumsstücke, vor allem Uniformen, lebensgroße Modelle, Kriegserinnerungsstücke, Urkunden, begonnen werden. In dem durch Neuanlage von etwa 190 Fenstern und lichte Weißelung der Wände hell erleuchteten Saale machen die Ausstellungsstücke einen eindrucksvollen Anblick. Namentlich für den Anschauungsunterricht der Schulen gibt die übersichtliche Anordnung die beste Möglichkeit, den Geschichtsunterricht lebendig und fruchtbringend zu gestalten. Wenn man bedenkt, daß gerade die badische Truppengeschichte von jeher vernachlässigt wurde, so ist das Verdienst zur Gründung des Armee- Museums durch Reichsstatthalter Robert Wagner erhöht anzuerkennen. Gerade diesen Gedanken hat Feldmarschall v. Hindenburg, der als kommandierender General längere Zeit in Karlsruhe tätig war, in seinem anerkennenden Dankesschreiben an den Reichsstatthalter zumAusdruck gebracht. Die Einweihung am vergangenen Sonntag gestaltete sich daher auch zu einer gewaltigen Kundgebung und zu einem der schönsten Ehrentage für alle badischen Truppenteile.
Fröhlich und sonnig ist der hiesige Sommertagszug von statten gegangen. Die ganze Jugend war schon seit den frühen Morgenstunden mit den letzten Herrichtungen und dem Ausputz von Stecken und Wagen beschäftigt. Die tausende Mädchen in ihren Hellen Sommertagskleidchen und ihren bunten Blumenkränzen in den blonden Haaren, die Buben in ihren Weißen Hemden und grünen Hosenträgern, die braunen Hitler-Jungens und dann die prächtige Folge von Wagen aller Stände löste überall jubelnde Begeisterung
aus. Am Schloßplatze wurde ein dreifaches „Sieg-Heil" auf den Reichsstatthalter und die badische Regierung und die Stadtverwaltung Karlsruhe ausgebracht. Unter Gesang und Musik ging der Zug dann in den Stadtgarten, wo die besonders schönen Gruppen sich nochmals einzeln bewundern lassen mußten. Da war der Frühlingswagen, die Maienkönigin, das Schneewittchen, das Rotkäppchen, die Blumenfee, Schutzengel, Nikolaus, Tintenfaß mit bösen Buben, lauter Dinge aus der Welt der Märchen- und Jugendbücher. Am Nachmittag gab es dann viel Spaß und Unterhaltung am Kletterbaum, beim Sackhüpfen, beim Wettrennen. Bis in den Abend hinein hielt die nimmermüde Schar der Kinder aus. Die Organisation und Leitung klappte dieses Jahr ganz vorzüglich und hat den Dank aller Wohl verdient.
Zur Förderung des Segelflugsportes in Baden hatte die „Badische Presse" vor zwei Jahren einen Preis von 390 Mark gestiftet für den ersten Segelflieger, der von dem Se ge l- fluglager auf der Hornisgrinde aus in Karlsruhe landet. Der Mannheimer Segelflieger Ludwig Hofmann ist am letzten Sonntag 1 Uhr 10 auf der Hornisgrinde gestartet und nach einer Flugdauer von 2^ Stunden glatt auf dem Karlsruher Flughafen gelandet. Er hat somit den Preis gewonnen, der zwei Jahre auf seinen Sieger wartete.
Hofmann erzählt, daß er über Ettlingen durch die Auftriebwinde einer Gewitterfront nochmals über 1200 Meter Höhe erreichte und so den Flug hätte bis Mannheim fortsetzen können, wenn er nicht den ausgesetzten Preis hätte erwerben wollen; Segelflieger brauchen Geld so nötig, wie die Erdenwürmer. Zunächst hat der glückliche Gewinner sein Segelflugzeug, das übrigens mit allen neuen technischen Einrichtungen versehen ist, völlig neu instandsetzen lassen. Mit dieser überholten Maschine hat er dann zwei Tage später seinen badischen Segelflugstreckenrekord gemacht, indem er von der Hornisgrinde aus die 140 Kilometer lange Strecke bis ins Kochertal ins Württembergische Oberamt Künzelsau geflogen ist. Heute ist der dritte Flug bis Nürnberg gemeldet worden.
Jan Kiepura, der weltberühmte Filmtenor, hat zu seinen verdienten alten Lorbeeren einen neuen Kranz geholt. In dem neuen Ufa-Film: „Mein Herz ruft nach dir" feiert er wahre Triumphe seiner blendenden Gesangskunst. Im Augenblick, wann er singt, vergißt man sogar die Unwirklichkeit des Films und läßt sich mit dem gefilmten Publikum zu Beifallsäußerungen Hinreißen. Daneben spielt und singt Maria Eggerth eine kleine verliebte Abenteuerin und für reichlichen Humor, der dem Film seine Würze und erfrischende Wirkung gibt, sorgt Paul Kemp,
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Ein Tunnel durch den Mont Blane wird gebaut
der sich langsam aber sicher zu einer Glanznummer in der künstlerischen Filmwelt emporarbeitet. Wieder einmal ein Film, der unterhält und zugleich begeistert.
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Jm Rahmen der badischen Heimatwoche konnte im Staatstheater die Märchenoper „Schwanenwei ß" des Freiburger Komponisten Julius Weismann einen starken Erfolg erzielen. Die Musik hat viel eigene Prägung und ist in der Untermalung der Märchenhandlung von bezwingendem Reichtum ihrer Ansdrucksweise. Da, wo das gesprochene Wort ber Dichtung in der Ausdrucks- Möglichkeit seineGrenze gezogen sieht, entfaltet Weismann die ganze Größe seiner musikalischen Empfindungswelt und deutet den Vorhandenen Seelenzustand der handelnden Personen fies und verständnisvoll aus. So erhält die etwas düstere Märchenhandlung der Strindberg'schen Dichtung Licht und Helligkeit, die den Bestand der Oper sichert. Wo das Auge im gewissen Gleichmaß ermüdet, genießt das Ohr doppelt und belebt den Zuhörer. Das Orchester unter Klaus Nettstraeter gab der Partitur alle fein gestuften Klangwirkungen; Kammersängerin Else Blank als Schwanenweiß bezauberte durch das schlichte, zarte Spiel, das ihr in solchen Rollen immer den vollen Erfolg sichert, und wurde mit ihrer sorgfältig studierten Gesangspartie zur bewußten Trägerin der erfolgreichen Aufführung. Der Komponist mit allen Mitwirkenden wurde lebhaft gefeiert. — Lkb.
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Zu einem Pariser Photographenhändler kommt ein Fremder aus dem Louvre herüber und fragt, ob er eine Photographie der Mona Lisa haben könnte. Der Händler bejaht und legt ein Photo vor. Der Fremde betrachtet es lange mit kritischer Miene, dann fragt er: „Gut, aber haben Sie sie nicht ein bißchen mehr im Profil?"
Zu wenig!
Der Maler Utrillo in Paris benutzte eine Droschke, obwohl er in Geldschwierigkeiten war. Als er ausstieg, gab er dem Chauffeur ein Trinkgeld von fünfzig Centimes und sagte: „Hier, mein Lieber, trinken Sie ein Glas auf meine Gesundheit!" Der Chauffeur drehte Las Geldstück ein paarmal um und sagte: „Sie sehen so kränklich aus, mein Herr — da dürfte ein Glas kaum genügen!"
„Was sagen Sie zu dieser Gemeinheit: Ein Kunde, dem ich Wein lieferte, schickt ihn mir zurück und schreibt dazu, ich solle das Zeug selber saufen! Ganz krank bin ich!" „Fa, haben Sie den Wein denn getrunken?"
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l (48. Fortsetzung.»
Auch Jenny war von der großartigen Schönheit und Fernsicht begeistert. „Herrlich!" rief sie aus. „Hier muß es schön zu leben 'ein. Ich fange an, den Mann zu beneiden, dem das alles gehört!"
Eine alte Frau mit einem zierlichen Spitzenhäubchen auf dem grauen, gescheitelten Haar rvar inzwischen herausgekommen und wurde von ihrem Mann mit raschen Worten über den Anlaß des Besuches unterrichtet.
Sie strahlte vor Hilfsbereitschaft und lud Jenny ein, mit ihr rns Haus zu kommen.
Der Verwalter wies auf einen Liegestuhl, der neben einem niedrigen runden Tisch stand.
„Machen Sie sich's doch inzwischen bequem, mein Herr!' lud er Wendrich ein. „Darf ich Ihnen ein Gläschen Wein anbieten?"
„Wird dankend angenommen!" lachte Wendrich und ließ sich auf dem Stuhl nieder, während Herr Martin Flasche und Gläser herausholte und in einem Rohrsessel Platz nahm.
„Wie im Paradies leben Sie hier!" sagte Wendrich mit unverhohlener Begeisterung „Das wäre das rechte Asyl für einen großstadtmüden Menschen."
Der Alte nickte nachsichtig. „Auch in einem Paradies kann es auf die Dauer langweilig werden."
Wendrich hatte einen plötzlichen Einfall. „Wie wäre es denn, haben Sie keine Zimmer zu vermieten? Ich hätte nicht übel Lust, für den Rest meines Urlaubs hier zu wohnen."
Es war nur ein flüchtiger Gedanke, vom Augenblick eingegeben. Wendrich dachte nicht im entferntesten daran, daß sich der hübsche Plan verwirklichen ließe
Aber der Verwalter war von dem Vorschlag sogleich eingenommen. „Das Haus ist zwar nicht für Gäste eingerichtet, aber — wenn Sie und die Dame wirklich hier wohnen möchten, auf ein paar Wochen ließe es sich schon einrichtenl"
„Ist das Ihr Ernst? Das wäre ja großartig! Und wann könnten wir übersiedeln?"
„Sobald Sie wollen! Die Zimmer sind im Stand. Es bedarf keinerlei Vorbereitungen. Und auch Herr Vahlsen wird «ohl nichts dagegen haben!"
Wendrich war begeistern Er hätte kein entzückenderes Versteck für sich'und Jenny finden können
„Hoffentlich wird es Ihnen nicht zu einsam!" glaubte der Verwalter einwenden zu müssen. „Es findet sich kaum je ein Mensch hier herauf."
„Sie hätten keinen größeren Vorzug nennen können!" lachte Wendrich
Jenny kam allein aus dem Haus. Sogleich erhob sich Herr Martin, um ihr Platz zu machen
„Ich rede sofort mit meiner Frau!" entschuldigte er sich und machte sich aus dem Staub.
Die Bluse war auf das Beste in Ordnung gebracht „Man merkt es gar nicht, wenn man nicht genau hinsieht!" lachte Wendrich und versank wieder in den Anblick der endlosen, zu seinen Füßen liegenden Landschaft.
„Schön hier, was!" zwinkerte er.
Jenny nickte ein wenig wehmütig.
„Ja, ich darf gar nicht daran denken, daß wir wieder aufbrechen müssen."
Wendrich streckte sich behaglich und sagte nichts.
„Weißt du, Fritz, eigentlich wächst mir diese ewige Autoraserei schon zum Hals heraus. Könnten wir uns für den Rest deines Urlaubs nicht an irgendeinem netten Fleckchen niederlassen?"
„Was sind das für Einfälle?" begehrte Wendrich auf. „Das könnte dir so passen, dich von deiner Arbeitspflicht zu drücken!" ^
„Ach geh zu, Liebster!" sagte sie kläglich, und darüber mußten sie beide lachen.
Als sie eben an den Aufbruch mahnen wollte, kam der Verwalter händereibend heraus.
„Alles in Ordnung, meine Herrschaften!" rief er fröhlich. „Sie können den ganzen südlichen Flügel bewohnen, wenn Sie wollen."
Jenny machte verblüffte Augen. „Was — soll das heißen? fragte sie ahnungsvoll. „
Wendrich leerte das Weinglas. „Du hättest der guten Frau die Arbeit mit der Bluse ersparen können!" meinte er. „Doch nun komm, wir wollen uns unsere Zimmer besehen!
Jennys Augen waren ein einziges großes Leuchten.
18 .
Ein winzig kleines Auto hielt vor dem Seitenausgang des Anhalter Bahnhofs. Die Vorübergehenden blickten sich lachend nach dem Dingelchen um. das sich in der Nachbarschaft der großen Mietautos spaßig genug ausnahm.
Aber der Besitzer des Autos, ein junger, vorteilhaft gekleideter Mann, schien die spöttischen Blicke seiner Mitmenschen schon gewohnt zu sein. Er kroch aus dem Wagen,
sperrte ihn ab und eilte die Treppe zum Bahnhof hinauf. In der Bahnsteighalle zündete er sich eine Zigarette an.
„Nett von dir, Robert, daß du gekommen bist!" sagte Liese Bergius, als sie den Zug verlassen und ihren Bruder begrüßt hatte. Sie maß ihn mit bewundernden Blicken. „Du bist ja in der Zwischenzeit schon ein ganz großer Junge geworden!"
Robert Bergius tat gekränkt. „Na. erlaube mal, wenn ich mich recht entsinne, bin ich sieben Jahre älter als du. Außerdem bin ich Privatdozent, merk dir das!"
„Darauf bildest du dir wohl allerlei ein!" spottete Liese und belud ihn mit drei Koffern, einem Schirm, einer Hut- lchachtel und einem Regenmantel.
„Gottlob, endlich wieder daheim in Berlin!" rief sie fröhlich, als der vertraute Lärm der Weltstadt sie umfing. Ihre Sinne tranken in vollen Zügen das Fluidum, das von den dampfenden, johlenden, brüllenden Straßen auf sie übersprang.
Robert Bergius eilte auf sein Wägelchen zu und entledigte sich des Gepäckes.
Liese trat neugierig heran. „Das ist also deine Ursula," lachte sie, „von der du mir so begeistert geschrieben hast! Ein hübscher Wagen, nur ein bißchen arg klein!"
„Eben recht für mich schlankgewachsenen Jüngling! Aber nun sag mal, willst du wirklich nicht zu uns nach Hause kommen? Papa würde sich lehr freuen, dich wieder zu sehen. Er bittet dich, zu kommen!"
Liese Bergius hob hilflos die Schultern. „Du weißt, Robert, daß ich meinen Dickkopf habe. Papa war ja damals io vollkommen überzeugt, daß ich ein unbrauchbares, faules und nichtsnutziges Geschöpf sei! Ich möchte nicht Gefahr laufen, an jenen Krach erinnert zu werden."
„Aber Liesel, warum denn so nachträglich? Das siegt doch so weit zurück, und inzwischen hast du ja Papas Meinung überzeugend widerlegt!"
Lieses Züge bekamen einen Ausdruck trotziger Entschlossenheit. „Lassen wir das Thema! Zudem braucht mich Jenny im Augenblick notwendiger als ihr zu Hause!"
Während sie sich zwischen den Koffern eine Sitzgelegenheit erkämpfte, teilte sie ihm Frau Prenners Adresse mit. „Du wirst sie bei der Gelegenheit kennenlernen. Hoffentlich gefällt sie dir nicht zu gut!"
Robert Bergius verzog das Gesicht. „Im Augenblick bin ich versorgt."
Dann ließ er das Maschinchen burren, mit sichtlichem Stolz — und in der Tat, wenn es nach dem Spektakel ging, nahm es der Wagen mit jedem Achtzylinder auf-
An der Ecke Charlotten- und Kochstraße hätte Robert um ein Haar den Verkehrspolizisten über den Haufen gefahren. Daran war aber Liese schuld. (Fortsetzung folgt.)
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