werden können. Was von gewöhnlichen Briefen und Postsendungen geborgen wurde,, ist mit Oel- und Schmutzflecken bedeckt und die Adressen sind durch den Schnee zum Teil unleserlich geworden. An der Unglücksstätte herrscht ein unbeschreibliches Chaos, das von brennenden Holzstößen schauerlich beleuchtet wurde. Die starken Schnellzugsmaschinen find auseinandergerissen. 10 Güterwagen sind in Trümmer zersplittert. In dem wüsten Durcheinander liegen die Kadaver der getöteten Kühe. Von Bremen traf alsbald ein Hilfszug ein. Mit den Aufräumungrarbeiten wurde alsbald begonnen. Beim Hinausschaffen aus den zertrümmerten Wagen geberdete sich das zum Teil verletzte Vieh wie rasend. Ein Teil der Verwundeten wurde nach Harburg, der andere nach Bremen geschafft. Auch die Reisenden fuhren in Sonderzügen nach Bremen, darunter einer der eine Stunde nach dem Zusammenstoß aus festem Schlaf geweckt werden mußte und sich unwillig nach der Ursache der Störung erkundigte. Man hofft die Strecke bis heute frei zu machen.
Breslau 31. Dez. Die Tollwut fordert in Münsterberg und Umgebung zahlreiche Opfer. Bei dem Polizeiamt in Münsterberg haben sich neuerdings wieder mehrere Personen gemeldet, die von tollwutkranken Hunden gebissen worden sind. Bisher wurden 16 Gebissene nach der Wutschutz-Station in Äreslau gebracht. Eine Anzahl Hunde, die ebeiMMgebissen worden sind, wurden erschossen. Aex Landbriefträger Kesseler aus Hartwigswaldaü^ep in die Breslauer Wutschutz-Station gebracht worden war, ist hier gestorben.
Breslau 31. Dez. In Oberschlesien sind während des letzten Jahres 15 deutsche Rittergüter von insgesammt 25000 Morgen in polnischen Besitz übergegangen. 27 Rittergüter mit 50000 Morgen bewahrte der Domänen- Fiskus durch Ankauf vor der Polonisierung.
Brüssel 31. Dez. Eine furchtbare Feuersbrunst zerstörte in der vergangenen Nacht das große Warenhaus von Tietz, früher Cohn und Donnay. Innerhalb einer halben Stunde wurde das große Gebäude vollständig in Trümmer gelegt. Alles verbrannte. Auch mehrere anstoßende Häuser sind teilweise nieder-, teilweise ausgebrannt. Das Feuer war kurz vor 3 Uhr bemerkt worden. Es ist im Erdgeschoß entstanden, wo es reiche Nahrung fand. Bei den Rettungsarbeiten ^«purde der Polizeikommissar Bourgeois schwer verletzt. Sämtliche Brüsseler Feuerwehren und die der Umgebung waren an der Brandstätte,- mußten sich aber darauf beschränken, die Nebengebäude zu schützen. Ein anliegendes Mode- und Schuhwarenmagazin war stark gefährdet. Durch Funken fingen auch die gegenüber liegenden Häuser Feuer. Die
Löscharbeiten wurden durch starke Kälte sehr behindert. Der Schaden ist vorläufig noch nicht anzugeben, wird aber von Sachverständigen auf 1 bis 2 Millionen Francs geschätzt. 300 Angestellte sind beschäftigungslos.
Rom 1. Jan. Der „Osservatore Romane" erklärt, daß der Zeitpunkt für die Ueberführung der sterblichen Ueberreste des verstorbenen Papstes Leo XIII. noch nicht festgestellt sei. Jedoch sei schon jetzt beschlossen worden, daß die Ueberführung ohne jeden Pomp vor sich gehen soll. Bekanntlich war behauptet worden, die italienische Regierung werde bei dieser Gelegenheit von Truppen Spalier bilden lassen.
Paris 31.Dez. Wie aus Tanger hierher gemeldet wird erklärte der deutsche Gesandte Rosen, ihm sei absolut unbekannt, daß auf Raisulis Bergschloß Zinat die deutsche Fahne gehißt worden sei. Die kaiserliche Gesandschaft habe keinen Anlaß, sich für solche Gerüchte zu interessieren.
London 1. Jan. Das Schneegestöber dauert in aller Heftigkeit an. In Nord Schott- land sind viele Ortschaften vollkommen von jedem Verkehr abgeschnitten.
Madrid 1. Jan. Der Kabinetschef hat gestern aus Anlaß der Ratifizierung der Akte von Algeciras ein großes Bankett gegeben. Er brachte Trinksprüche auf die fremden Monarchen und Staatsoberhäupter aus. Der deutsche Gesandte antwortete mit einem Toast auf das Wohl Spaniens und des Königs.
Vermischtes.
— Eine Wunderuhr, die in jeder Beziehung als das größte Meisterwerk der Uhrmacherkunst gelten kann, hat ein Uhrmacher im Schwarz, wald vollendet, nachdem er nahezu 20 Jahre an dem Werke gearbeitet hat. Die Uhr ist von kolossaler Größe, und eine Reihe der sinnreichsten Mechanismen erfüllt die verschiedensten Funktionen. Die Uhr zeigt laut die Viertel-, halben, Dreiviertelund ganzen Stunden an. Während der Stunde erscheinen die zwölf Apostel, Christus, die vier Lebensalter des Menschen, die vier Jahreszeiten und sieben antike Gottheiten. Während der Nacht wird von einem originell gekleideten Manne auf einer kleinen, silbernen Trompete die Stunde verkündet, am Tage durch das Krähen eines prachtvollen Hahnes. Im Frühling hört man außerdem den Kuckuck rufen. An den Außenseiten und Wänden der Uhr sind in Reliefdarstellung Abbildungen aus der Weltgeschichte enthalten. — Diese Wunderuhr kommt entschieden gerade jetzt zu gelegener Zeit auf den Markt und dürfte auch jetzt einen Käufer finden. Im Staate Liberia allerdings würde ein solches Kunst, und Meister.
werk keinen Anklang finden. Im genannten Staatswesen machen die Uhrmacher überhaupt keine Geschäfte. Die Bewohner von Liberia brauchen nämlich keine Uhren, nicht, weil diesen Glücklichen keine Stunde schlägt, sondern weil das Geschäft der Uhr in Liberia mit allergrößter Pünktlichkeit die Sonne selbst besorgt. Die Sonne geht genau um 6 Uhr morgens auf und geht um 7 Uhr abends pünktlich unter. Am Mittag steht sie genau vertikal, und die Einwohner irren sich infolgedessen niemals in der Stunde und vermögen die Zeit bis auf die Minute anzugeben.
(Das Grab im Schnee.) Auf eigenartige und romantische Weise hat sich, wie aus Neustrelitz geschrieben wird, der 84 Jahre alte Arbeiter Röver das Leben genommen. Der Greis war ein noch rüstiger Mann gewesen, doch begannen in letzter Zeit seine Augen etwas schwach zu werden, und das schmerzte ihn bis zum Lebensüberdruß. Röver pflegte zu Bekannten zu klagen, daß er nun nicht mehr mit voller Gesundheit den Lichterglanz des Weihnachtsbaumes werde schauen können, wie alle Jahre seines Lebens. Deshalb sei es besser, der Verbitterung über dies Geschick aus dem Wege zu gehen. Der Greis, ein sonst gesprächiger und munterer Kumpan, wurde allgemein ob seiner Grillen verlacht. Als er nun letzten Mittwoch zum Holzsammeln in den Wald gegangen war, kehrte er nicht mehr zurück, und nach zwei Tagen wurde ein Trupp Soldaten aufgeboten, den Verschollenen zu suchen. Sie fanden den Arbeiter bald. Er hatte sich in einer Walddichtung ein regelrechtes Grabgewölbe aus dem frischen leicht zu formenden Schnee gebaut. Dann hatte er sich in diese seltsame Gruft zum ewigen Schlaf niedergelegt. Der Nachtfrost kam und er nahm den Lebensmüden aus seiner Pein.
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Watson wird Ihnen sagen, daß ich nie widerstehen kann, wenn es sich um eine dramatische Wirkung handelt."
Phelps ergriff seine Hand, die er gerührt an die Lippen führte. „Gottes Segen über Sie," rief er, „Sie haben meine Ehre gerettet."
„Meine eigene Ehre stand ja auch auf dem Spiel," erwiderte Holmes; „mir ist ein Mißerfolg gerade so empfindlich, wie Ihnen eine Pflichtversäumnis." Phelps barg das kostbare Schriftstück in seiner inneren Rocktasche.
„Ich finde es grausam, Sie noch länger beim Frühstück zu stören," sagte er, „und doch vergehe ich fast in Ungeduld zu erfahren, wo das Papier war, und wie Sie es entdeckt haben."
Mein Freund goß rasch eine Tasse Kaffee hinunter und machte sich über die "'er und den Schinken her. Dann stand er auf, zündete seine Pfeife .... und nahm im Lehnstuhl Platz.
„Ich will euch sagen, was ich zuerst tat und wie alles nachher aus- gefallen ist," begann er. „Nachdem euer Zug fort war, machte ich einen wunderhübschen Spaziergang in der reizenden Umgegend, bis zu dem Dörfchen Ripley, wo ich im Wirtshaus Tee trank und mir in weiser Vorsicht die Weinflasche füllen und ein paar belegte Brötchen einwickeln ließ. Bis zum Abend blieb ich dort und ging dann nach Woking zurück; bald nach Sonnenuntergang befand ich mich auf der Landstraße bei Bierbrae. Die Straße ist wohl nie sehr besucht, doch wartete ich, bis sie ganz menschenleer war unb kletterte dann über den Zaun in den Garten."
„War denn das Tor nicht offen?" fragte Phelps verwundert.
„Freilich; aber ich habe in diesen Dingen meinen eigenen Geschmack. Ich wählte die Stelle, wo die drei Tannen stehen, und in ihrem Schutz gelangte ich hinüber, ohne daß mich jemand vom Hause her sehen konnte. Ich kauerte mich drinnen unter die Büsche und kroch von einem zum andern — die Kniee meiner Beinkleider können davon Zeugnis geben — bis ich das Rhododendrongebüsch Ihrem Schlafzimmerfenster gegenüber er
reicht hatte. Da legte ich mich auf die Erde und wartete der Dinge, die da kommen sollten.
„Der Vorhang in Ihrem Zimmer war nicht geschloffen und ich konnte Fräulein Harrison sehen, die lesend am Tische saß. Um ein viertel auf elf klappte sie ihr Buch zu und zog sich zurück. Ich hörte sie die Türzumachen und war überzeugt, daß sie den Schlüssel im Schloß umgedreht und zu sich gesteckt hatte."
„Den Schlüssel?" fragte Phelps.
„Ja; ich hatte das Fräulein gebeten, die Tür von außen zu verschließen und den Schlüssel mitzunehmen, wenn sie zu Bett ginge. Sie hat alle meine Anordnungen aufs pünktlichste ausgeführt; ohne ihre Hilfe würden Sie jetzt schwerlich das Schriftstück in der Rocktasche haben. — Sie entfernte sich, die Lichter im Hause erloschen, und ich blieb in dem Gebüsch auf der Erde liegen. Die Luft war warm, aber die Nachtwache doch recht ermüdend. Natürlich empfand ich auch eine Art Aufregung dabei, wie sie der Jäger fühlt, der am Waldbach liegt und auf das Hochwild lauert. Die Kirchenuhr in Woking schlug die Viertelstunden an und ich glaubte mehr als einmal, sie müsse stehen geblieben sein. Endlich, gegen zwei Uhr morgens hörte ich plötzlich, daß ein Riegel leise vorgezogen wurde und ein Schlüssel im Schloß klirrte. Gleich darauf öffnete sich die Hintertür und Herr Josef Harrison trat in den Mondschein heraus."
„Was — Josef!" rief Phelps.
„Er war barhäuptig, hatte aber einen schwarzen Mantel übergeworfen, mir dem er sein Gesicht augenblicklich verhüllen konnte, wenn Lärm entstand. Er schlich auf den Zehen an der Mauer hin, und als er da« Fenster erreichte, steckte er ein Messer mit langer Klinge unter den Fensterrahmen, schob den Riegel zurück und stieß das Fenster in die Höhe. Dann bohrte er das Messer durch einen Spalt im inneren Laden, hob die Querstange ab und öffnete ihn. (Schluß folgt.)