baldige Niederwerfung des Aufstandes zu erhoffen ist und ich kann nur noch hinzufügen, daß nach den mir zugegangenen Nachrichten Oberst Deim­ling an dieser Hoffnung ganz besonders fefihält." Gerade diese Möglichkeit des baldigen Abschlusses der kriegerischen Operationen mußte ein Grund mehr für die Regierung sein, die vom Zentrum verlangte Bindung auf eine bestimmte Truppen- zahl abzulehnen und für die Kriegsführung freie Hand zu fordern. Andererseits bestand die Klein­lichkeit der Zentrumspolitik eben in dem Mißtrauen, das sie der Reichsregierung für die Behandlung der Dinge in Südwestafrika und der kolonialen Fragen entgegenbrachte und durch Abstimmung vom 13. Dezember bekundete.

Rotterdam 30. Dez. Hier sind 300 Kohlenträger in den Ausstand getreten. Es wird nur noch auf wenigen Schiffen gearbeitet. Man befürchtet eine Ausdehnung des Streiks.

Vom Säntis. Der Beobachter auf dem meteorologischen Beobachtungsposten am Säntis schrieb an seine Vorgesetzte Behörde in Zürich, daß die Schneemengen im Vorwinter noch niemals so riesig gewesen seien, wie Heuer am Schluffe des Jahres 1906. Im unteren Stock des dortigen Observatoriums, in der Höhe von 2500 m über dem Meer, sind alle Fenster zum Teil auch noch diejenigen im zweiten Stock, völlig unter Schnee vergraben, alle Wohn« und Schlafräume stockdunkel und noch kein Auf­hören. Der Beobachter kann jeweilen am Morgen nur mit großer Mühe, im tiefen, weichen Schnee fast versinkend, zum Niederschlagsgefäß gelangen auf dem Dach der Station. Dazu kam Mittwoch früh noch ein bitterkalter Morgen mit 20 Grad-. Kälte, der bei dem heftigen Nordwest das Blut in den Adern stocken machte.

Paris 30. Dez. Der Matin verzeichnet ein Telegramm aus Tanger, dem zufolge Raisuli auf seinem Besitztum die deutsche Flagge gehißt habe. Eine spätere Nachricht besagt, Raisuli habe sein Eigentum an eine deutsche Firma verkauft und diese habe, um einem Uebergriff auf dasselbe vorzubeugen, die deutsche Flagge darauf gehißt. Eine Bestätigung dieser Nachricht ist noch nicht eingetroffen.

Palermo 30. Dez. Das Nonnenkloster Zum guten Hirten" liegt in Trümmern. Durch einen heftigen Orkan stürzte der Turm um und durchschlug ein Nebengebäude. 7 Nonnen wurden mehr oder minder schwer verletzt.

Petersburg 30. Dez. Hiesigen Blättern zufolge hat die Regierung das von Kuropatkin verfaßte Buch über den ruffisch-japanischen Krieg, das soeben erschienen ist, beschlagnahmen lassen.

Warschau 29. Dez. 20 gut bewaffnete Männer drangen gestern in das Schloß Lukow bei Siedlce ein, festesten die Dienerschaft und er­mordeten den Schloßbesitzer, Oberst Obrutschew. Dieser hatte sich bei der Unterdrückung der Un­ruhen in Lodz verhaßt gemacht.

Warschau 29. Dez. In Lodz wurden auf Beschluß der Groß-Jndustriellen die sechs größten Fabriken, die Scheiberffche und die Poznanskr'sche an der Spitze, heute geschlossen. Die Lage ist sehr ernst. Arbeitslos werden etwa 50000 Mann. In der Emiliengaffe

überfielen Unbekannte den Ingenieur Ostaschewsky und den Meister Polkowsky der Scheiberffchen Fabrik und verletzten beide tödlich durch Revolver- schüffe. In der Baluty-Vorstadt entspann sich ein mörderischer Kampf. Drei Arbeiter wurden erschossen, drei verletzt.

Vermischtes.

Württ. Krankenkaflenverband. Einem Beschlüsse der Landesversammlung vom 11. Juni ds. Js. gemäß hat der Verbandsvorstand sich in seiner Sitzung vom 29. Okt. ds. Js. mit der Frage der Errichtung von Vertrauensarztstellen für die Krankenkaffen des Verbands besaßt und den engeren Ausschuß beauftragt, mit den Vertretern der maß­gebenden Aerztevereinigungen Hiewegen in Unter­handlung zu treten. Bei der am 12. Nov. ds. Js. in Stuttgart stattgefundenen gemeinschaftlichen Sitzung mit den Vertretern des ärztlichen Eßlinger Delegierten-Verbands und des Vereins für freie Arztwahl in Stuttgart haben dieselben unsere Bestrebungen im Prinzip anerkannt und sich auch bereit erklärt, dieselben zu unterstützen. Zur Durchführung der geplanten Revisionseinrichtungen wurde die Schaffung einer Zentrale mit dem Sitz in Stuttgart ins Auge gefaßt. Dieselbe würde von einem geschäftsführenden Arzte geleitet und hätte die Aufgabe, nach einem einheitlichen System die Rezepts der Krankenkassen auf die ökonomische Verordnungsweise (nach der vom Verein für freie Arztwahl in Stuttgart ausgegebenen Anleitung zur ökonomischen Rezeptur, für sämtliche Aerzte zu beziehen durch Verwalter Gamer in Stuttgart) sowie die Aerzterechnungen zu prüfen. Für die Kontrolluntersuchungen von Kaffenmitgliedern, bei Simulationsverdacht usw. ist vorläufig für jeden Schiedsgerichtsbezirk ein Vertrauensarzt gedacht, welcher aber keine Kaffenpraxis haben darf. Nach­dem der Antrag auf Schaffung solcher Kontroll­einrichtungen auf der Gmünder Landesversamm­lung einstimmig angenommen wurde, darf wohl sicher erwartet werden, daß sich auch sämtliche Krankenkaffen des Verbands hieran beteiligen, ausgenommen diejenigen Krankenkaffen, welche schon solche Einrichtungen besitzen.

Magenleiden als Berufskrankheiten. Chronische Magenkrankheiten werden sowohl bei körperlichen wie geistigen Berufsarbeitern so häufig angetroffen, daß man oft gerade von Berufs- krankheiten sprechen kann. Oft führt in einem Berufe die Art des Betriebes eine dauernde Schädigung der Gesundheit dadurch herbei, daß die Ernährung eine sehr einseitige oder auch eine ungleichmäßige ist, so daß der Magen auf einmal mit einer großen Menge Nahrungsstoffen belastet wird, wodurch alsdann mit der Zeit Erschlaffung desselben eintritt. Daher haben Magenleiden so­wohl bei den Angehörigen der Industrie,wie des Kauf, manntzstandes zugenommen. Oft, so bei den Verkehrs­angestellten, ist von einer Regelmäßigkeit der Er­nährung überhaupt keine Rede, es müssen die Speisen in Hast und Eile gegessen werden und in der Ruhepause eilen die Angestellten wieder dem Orte ihrer Beschäftigung zu. Die allgememe Unruhe unse­res Wirtschaftslebens beeinträchtigt aber Ernährung und Verdauung vielfach in schwerster Weise. Der bekannte Magenspeziälist Prof. Albu in Berlin

weist auch auf die weiten Wege zur Arbeitsstelle, auf das stundenlange ununterbrochene Stehen in manchen Berufen hin, welches ebenfalls Störungen der Verdaungsorgane herbeiführt. So entstehen die Senkungen der Unterleibsorgane, des Magens, des Darmes und der Nieren mit ihren zahlreichen Beschwerden. Bei den ärmeren Klaffen ist die Ernährung oft unzureichend und fast immer sehr einseitig, da die Frauen in der Kochkunst nicht ausgebildet sind und nicht wissen, daß man oft mit dem billigsten Preise ein schmackhaftes und abwechslungsreiches Mahl bereiten kann. Die Statistik weist denn auch eine fortschreitende Zu­nahme der Magenkrankheiten in Arbeiterkreisen auf, die viel häufiger zur frühzeitigen Invalidität führen, als man glaubt. In derGesellschaft für soziale Medizin" in Berlin ist daher jüngst die Einrichtung von Magenheilstätten angeregt worden, die einem ähnlichen Zwecke dienen sollen, wie die zahlreichen Sanatorien für Magenkranke der be­mittelten Stände. Die unbemittelten Magen- kranken sind bisher nur auf die allgemeinen Kranken­häuser angewiesen gewesen. Diese können aber bezüglich der Diät unmöglich auf diese Kranken Rücksicht nehmen. Diätetische Behandlung ist aber naturgemäß das, was bei einem Magenkranken am ersten not tut.

Vonff Kaiser von China. Der Londoner Daily Expreß", der vor einigen Tagen die Meldung bon einem Selbstmordversuch des Kaisers von China brachte, erhält jetzt von seinem Pekinger Berichterstatter nähere Einzelheiten:Man tut hier alles, um den Selbstmordversuch des Kaisers geheim zu halten. Die Kaiserin-Witwe hat über alle Palastbeamten eine derartig strenge Ueber- wachung verhängt, daß es unmöglich ist, alle Einzelheiten zu erfahren. Es ist Befehl erteilt worden, alle Berichte über die Angelegenheit zu dementieren; aber insgeheim geben eine ganze Reihe von Hofbeamten zu, daß der Kaiser den Versuch gemacht habe, seinem Leben ein Ende zu machen. Nach der Aussage eines glaub­würdigen Palastbewohners verließ der Kaiser kürzlich seine Gemächer zu später Nachtstunde und stürzte sich in den See, der unmittelbar neben dem Palast in der verbotenen Stadt liegt. Durch einen Diener wurde er gerettet, kehrte in den Palast zurück und wird seitdem noch strenger bewacht als früher. Seit dem Boxeraufstand steht der Herrscher völlig unter dem. Einfluß der Kaiserin-Witwe. Sie hält ihn, gleich einem Ge­fangenen, sin seinen Gemächern eingeschloffen, und wenn er auch in alle amtlichen Berichte und Dokumente Einsicht chat, so hat er doch keine Gelegenheit, unabhängig von der Kaiserin- Witwe mit Regierungsbeamten zu beraten. Er hat ffich schon oft gegen diese Isolierung gewehrt und das Recht beansprucht, selbst und allein das diplomatische Korps zu em­pfangen. »Die Kaiserin-Witwe hat darauf er­widert, daß, sobald der Kaiser imstande sei China zu regieren, sie sich um keine öffentlichen Ange- legenheiten mehr kümmern wolle. Infolge dieser zwangsweisen Abschließung sei der Kaiser in Schwer­mut verfallen und glaube, daß die Kaiserin ihn vergiften wolle. Bei den kurzen Unterredungen, die er mit den diplomatischen Vertretern in Peking gehabt hat, zeigte er ein reges Interesse für die auswärtigen Angelegenheiten.

Amtliche und Privatanzeigen.

T a l rv.

Nachtrag.

Weujahrswunsch-Kntheöungskarten

haben ferner gelöst: Blaich, Major, Hirsau, Ehmann, Amtsrichter, Ehmann, Witwe, Kausler, Direktor, Krämer, Maria Witwe,

Mazinger, Ingenieur,

Mazinger, Reg.-Bauführer, Pommert, OA.-Sparkasiier mit Frm Wagner, Oberreallehrer,

Weber, Adolf, Kaufmann mit Frai Der Erlös wird zur Anschaffung von Brennmaterialien für hiesige Arn verwendet und sagen wir hiefür unseren herzlichen Dank.

Calw, 31. Dezember 1906.

Die Vorstände der Grtsaruienbehorde:

Deka« Roos. Sta-tschaltheitz Co«z.

K. Forstamt Stammheim.

Kchhoh-1. Rrißg-VnkMf

am Freitag, den 11. Januar, vorm. '/,10 Uhr, im Waldhorn in Stamm­heim aus Staatswald Schleifberg, Glattsteige und Hohbühl:

Rm.: 4 Eichen-Prügel, Buchen:

7 Scheiter, 111 Prügel, 29 Anbruch, 3 Linden, Prügel, Nadelholz: 1 Spälter,

8 Scheiter, 45 Prügel, 119 Anbruch, 38 Flächenlose ungebund. Reisig geschätzt zu 4150 gemixtem Bi chen- und Nadel­reis (Durchson ungsreis), 4900 Nadel­reis meist Sraugteswellen.

Eine Wohnung

von 2 Zimmern samt Zubehör für 2 Personen wird auf 1. April gesucht. Näheres auf der Red. ds. Bl.

Gesucht wird ein

junger Mann

mit 1820 Jahren aus achtbarer Familie, der Lust hätte, die Brennerei zu erlernen und selbständig zu versehen auf ca. 4 Monat. Geschäft nicht schwer. Lohn nach Uebereinkunft. Eintritt nach Neujahr.

Näheres bei der Exped. ds. Bl.

Am Mittwoch, den 2. Januar, nachmittags 1 Uhr, verkauft Unter­zeichneter

1 Silberpappelstamm mit 1,60 Fm.,

sowie

1 Kirschbaumstamm mit 0,70 Fm.

Georg Eberle,

Büchelbronnerhof b. Simmozheim.