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Neuenbürg. Sitzung des Stadtrats am 30. Mai. Von der Stadtpflege werden die abgeschlossenen Haupt­bücher vom Rechnungsjahr 1931 sowohl der Stadt­pflege als der Elektrizitätswerksverwaltung vorgelegt. Von letzterer Verwaltung sind an die Stadtpflege zugeschossen wor­den 5938 RM. Das Stadtpflegehauptbuch schließt ab mit Einnahmen 531931 RM., Ausgaben 188 355 RM. Das Grund­stockssoll ist vorhanden, die Schuldentilgung auf dem Lau­fenden. Zur Deckung des Abmangels im Rechnungsjahr 1933 verbleiben noch 11000 RM. Restmittel.

Der Haushaltplan 19 3 3 mit den Voranschlägen der Ortssürsorgekasse und der Elektrizitätswerksverwaltung wurde heute festgestellt. Einwendungen sind während und nach der Auflagefrist nicht erhoben worden. Int Einzelnen ist daraus hervorzuheben: Es betragen die Einnahmen 129315 RM-, darunter aus Grundeigentum 50 715 RM-, einschl. 31365 RM. aus dem Stadtwald; die Ausgaben 297185 RM-, darunter kür Gebäude und Grundstücke 19 870 RM. einschl. 11 835 RM. für den Stadtwald, Amtskörperschastsumlage 33 000 RM-, Zu­schuß zur Ortssürsorgekasse 28 200 RM., Verwaltung (persön­liche und sachliche Kosten) 17 815 RM., Schulen 19595 RM-, Straßen und Wege 29 620 RM., Schuldzinse und Tilgungs­raten 32 910 RM. Ev ergibt sich ein Abmangel von 168110 Reichsmark, welcher zu decken ist durch eine Ilmlage von 21 auf die Kataster wie bisher mit einem voraussichtlichen Ertrag von 71117 RM., Reichssteuerüberwersuugen 21075 RM., Zu­schuß vom Elektrizitätswerk 3500 RM., Ersatz an Amtskörper­schastsumlage aus früheren Jahren 5000 RM., Restmittel von 1931 11000'RM. Bezüglich des noch ungedeckt verbleibenden Betrags wird um Zuschuß aus dem Ausgleichstock, aus der Reichshilfe für Wohlfährtserwerbslose und Beitrag zu den Lehrergehältern nachgesucht. Die Getränkesteuer wird hier mit 10 Prozent, die Gemeindebiersteuer mit 1 RM. für 1 Hl., die Bürgersteuer mit 500 Prozent erhoben; eine Erhöhung dieser Steuern kann nicht in Betracht kommen.

Als Arbeitsbeschaffungsprojekte wird in er­ster Linie die Durchführung der Enzverbessernug in der Stadt in Aussicht genommen; wenn die Finanzierung auf einmal nicht möglich ist, so soll die Arbeit wenigstens teilweise aus­geführt werden. Eventuell käme später die Enzverbesserung unterhalb der Stadt von der Enzbrücke bis zur Eisenbahn­brücke in Frage und der Umbau der Mittelsteige. Der Vor­sitzende wird beauftragt, über den Stand des Euzverbesserungs- projekts oberhalb der Stadt sich wiederholt zu erkundigen, da­mit alsdann das Projekt Weitergetrieben werden kann.

Die Rechnungssachen waren durch den Rechnungs­ausschuß vorbereitet und wurden nach dessen Anträgen er­ledigt.

Als Badeaufseher für das Freibad wird für 1933 und 193-1 der seitherige Badeaufseher Wilhelm Titelius be­stellt.

Der Liquidator des Siedelungsvereins Neuenbürg e. G. m. b. H. hat nach Auflösung dieser Genossenschaft die Akten an die Stadtverwaltung übergeben mit Abschluß-Bilanz. Das Vermögen mit 712.55 RM. wird als Zweckvermögen der Stadt­verwaltung einverleibt, dort getrennt geführt und bleibt für Zwecke der Wohnungsfürsorge Vorbehalten.

Die Z i e g en b o ck h a l t u u g wird auf die nächsten vier Jahre 1. Juni 1933 bis 1937 dem Friedrich Widmann, Former, hier, übertragen und entsprechender Vertrag mit ihm abgeschlossen. Gleichzeitig wird der seitherige Bockhalter Heinrich Müller, dessen Vertrag noch bis 30. April 1931 ge­laufen wäre, vorzeitig hievon entbunden.

Die in der Hauptversammlung der Freiw. Feuer­wehr vom 22. ds. Mts. ernannten Zugführer und deren Stellvertreter werden vom Gemeinderat bestätigt. Die Bestä­tigung des Kommandanten und seines Stellvertreters ist vom Oberämt einzuholeu.

Die Lieferung von 28 Feuerwehrröcken wird zu An­gebotspreisen au hiesige Lieferanten vergeben. Ferner wird vergeben die Lieferung von Hartsteiuschotter. Bezüglich der Lieferung von Kalksteinschotter und der Beifuhr des gesamten Schotters müssen noch weitere Erhebungen erfolgen.

Die bei der Volkszählung tätigen Einwohner sollen Leim Gcmeindeversicherungsverein gegen Unfall versichert werden.

Gemäß Reichsgesetzes vom 5. Mai 1933 wird auf Grund der angestellten Berechnung vom Gemeinderat beschlossen, die Schlachthausgebüh r im Rechnungsjahr 1933 in der seitherigen Höhe von 3.50 RM. für ein Stück Großvieh zu erheben.

Der evangelische Oberschulrat hat die seitherige Lehrer­

d ie n stw o h n n n g im sogenannten Alten Schulhaus frei­gegeben unter der Voraussetzung, daß diese Räume zur Be­hebung der Ranmschwierigkeiten in der Volksschule Verwen­dung finden.

Für den Großen Sitzungssaal im Rathaus wird je ein Bild des Herrn Reichspräsidenten und des Herrn Reichskanz­lers angeschafft.

Nachdem noch eine Anzahl kleinerer Verwaltungsangele­genheiten erledigt waren, wurde die Sitzung um 10^ Uhr geschlossen. X-

(Wetterbericht.) lieber dem Festland befinden sich immer noch kleinere Tiefdruckstörungen, so daß für Freitag und Samstag zwar zeitweilig aufheiterndes, aber noch nicht beständiges Wetter zu erwarten ist.

Birkenfeld, 31. Mai. (Aus dem Gemeinderat.) Den wich­tigsten Punkt der gestrigen Gemeinderatssitzung bildete die Beratung und Verabschiedung des Haushaltsplans für das Jahr 1933. Der Haushaltsplan wurde von der Gemeindever­waltung so sparsam, aufgestellt, daß vom Gemeinderat selbst keinerlei Aenderungen hiezu beschlossen werden mußten, son­dern der Entwurf in unveränderter Farm genehmigt und ver­abschiedet werden konnte. Trotz dieser sparsamen Aufstellung des Haushaltsplans schließt dieser noch mit einem ungedeckten Abmangel von rund 60 000 RM. ab. Da die Realsteuersperr- verordnuug auch für 1933 gilt, kann die Gemeindenmlage nicht weiter vom Gemciuderat erhöht werden und der Gcmeinderat vermochte über die Deckung dieses Abmaugels keinen Beschluß zu fassen. Der ungedeckte Abmangel rührt hauptsächlich von der Schließung der Firma Oskar Schenck Nachf. auf 1. Januar 1933 her. Dadurch und durch den allgemeinen Rückgang des Gcwerbesteuerkatasters hat die Gemeinde ällein 22 000 RM. Ausfall an Gemeindenmlage und 600 RM. Wenigereinnahmen an Reichssteuerüberweisungeu. Für Wohlfahrtserwerbslose mußte ein Ausgabeposteu von 36 000 RM. eingestellt werden, dabei sind 120 Wohlfahrtserwerbslose mit einem Durchschnitts­unterstützungssatz von 25 RM. monatlich angenommen. Bleibt die gesetzliche Bestimmung bestehen, daß aus der Krisenunter- stütznng keine Personen mehr ausgesteuert werden, so würde sich dieser Ausgabeposten wesentlich niederer gestalten, würde jedoch die vorgenannte Bestimmung aufgehoben, so würden die für die Wohlfahrtserwerbslosen vorgesehenen Mittel lange nicht ausreichen. Es wird sich jedenfalls noch Gelegenheit finden, den Voranschlag der Einwohnerschaft, die sich dafür interessiert, näher zu erläutern. Der Gcmeinderat soll künf­tig auf acht Sitze ergänzt werden. Die Ergänzung des Ge­meinderats wird in der nächsten Sitzung vorgenommen wer­den, wo gleichzeitig die feierliche Verpflichtung der nenhin- zukommenden Gemeinderatsmitglieder vorgenommen werden wird. Den Rest der Sitzung bildeten in nichtöffentlicher Beratung Gesuche um Arbeit und einige sonstige Fürsorge- sacheu. Um 1410 Uhr war die Sitzung mit ihrer großen und wichtigen Tagesordnung beendet.

Calmbach, 1. Juni. (oOjähriges Arbeitsjubiläum.) Am 1. Juni 1883 trat Herr Friedrich Körner aus Gernsbach nach dreijähriger Lehrzeit bei der dortigen Firma Baner- Grötz als Buroangestellter im Hause Friedrich Keppler, Sägewerk in Calmbach, ein. 9 Jahre konnte er noch unter der Leitung des Vaters des heutigen Inhabers arbeiten, wel­chem er eine große Verehrung bewahrte. Friedrich Körner zeichnete sich immer durch Gewissenhaftigkeit, Pflichttreue und unermüdliche Arbeitsfreudigkeit aus. Dem in ihn gesetzten Vertrauen wurde durch Erteilung der Prokura am 1. Oktober 1905 Ausdruck gegeben. Seine Verantwortung nnd Selb­ständigkeit wuchs, als sein Geschäftsherr 1917 im Heeresdienst stand. Friedrich Körners Tätigkeit war in den letzten Kriegs­fahren eine besonders angespannte, weil die Firma den star­ken Anforderringen für Heereslieferungen bis aufs äußerste uachkommeu wollte. In Anerkennung der Leistungen des Prokuristen verlieh ihm Seine Königliche Majestät am 10. Ok­tober 1918, dem Geburtsfeste der Königin, das Charlotten­kreuz. Trotz schwerer Sorgen, welche Umsturz, Geldentwertung und schlimme Geschäftsjahre auch dem Jubilar brachten, er­freut er sich noch verhältnismäßig guter Gesundheit und Rüstigkeit. Seine Verdienste um die Firma ehrte der Inhaber durch eine Feier im engeren Kreise im Wohnhanse Keppler. Heute am Jubiläumstag brachte die gesamte Arbeiterschaft unter Vortritt ihrer Meister Herrn Körner ihre Glückwünsche dar. Möge ihm, der sich allgemeiner Beliebtheit und Wert­schätzung erfreut, ein froher Lebensabend beschiedeu sein!

Conweiler, 1. Juni. Gestern durfte ein hiesiger Bürger in geistiger, jedoch nicht mehr ganz körperlicher Frische im Kreise seiner Angehörigen seinen 8 0. Geburtstag feiern. Es ist dies der hier von jedermann geschätzte und geachtete

frühere Presser Ludwig Jäck VI- 57 Jahre lang übte er in verschiedenen Pforzhcimer Fabriken seinen Beruf als Presser aus, bis er im Alter von 71 Jahren durch einen Unfall gezwungen war, sein Handwerk aufzugeben. Von seiten des GesangvereinsFreundschaft" wurde der Achtzigjährige durch ein wohlgeluugenes Ständchen erfreut. Möge dem ehrsamen Mitbürger ein friedlicher Lebensabend beschiedeu sein.

Herrenalb. Aus der Gemeiuderatssitzuug vom 30. Mai Der Voranschlag des Wasser- und Elektrizitätswerks wird vor­beraten. Ob und welche Tarifänderungen angebracht und möglich sind, wird der Beschlußfassung der nächsten Sitzung Vorbehalten.

Das Gesuch der Gebrüder Ruff um Nachlaß von Stra­ßenbaukostenersatz wird antragsgemäß entschieden, ein Gesuch um Dispensation von der ministeriellen Spülabortverfügunq wird an die Aufsichtsbehörde befürwortend weitergeleitet, des­gleichen zwei Wirtschaftskonzessionsgesuche und ein Gesuch um Sportelermäßiguug bei Tanzveranstaltungen während der Saison.

Ein Gesuch auf Erbreiterung der Akazienstraße wird bis zur Beratung dM Voranschlags der Stadtpflege zurückgestellt

Einem weiteren Gesuch um Vergnügungssteuererlaß wird aus Billigkeitsgründen entsprochen.

Einer Anregung der Mietautobesitzer entsprechend wird Ergänzung der hiesigen Droschkenordnung zugestimmt und als Anfstellplatz für die Mietwagen der vordere Teil rechts der Klostcrstraße vorgesehen.

Anerkannt werden die vom Straßen- und Wasserbauamt Calw übergebenen Vorschriften für die Erlaubnis zur Herstel­lung und Unterhaltung einer Zu- und Ausfahrt von der Staatsstraße Nr. 112 EttlingenHerrenalb bei Km. 0,800 zum Schuttplatz der Stadtgemeiude.

Bezüglich des Einzugs der Steuerrückstände werden die entsprechenden Verfügungen getroffen.

Minderwichtige Verwaltnngsanlegenheiten bildeten den Schluß der Sitzung.

Herrenalb, 31. Mai. (Süddeutsche Trachten- schau.) Als eine eindrucksvolle und hochwichtige Kund­gebung für artbewußtes Volkstum bezeichnet die Pressestelle des badischen Staatsministeriums die Süd­deutsche Trachtenschau in ea. 100 Modellen, die vom 23. Mai ab in den Räumen der KarlsruherEintracht" zu bewundern war. Wir freuen uns, Mitteilen zu können, daß diese künstlerisch hervorragende Kundgebung über die Pfingst- feiertage (Samstag bis Montag) auch hier in Herren- alb und zwar in den Neüenräumen des Kursaales aus­gestellt wird. Unsere werten Kurgäste, die Einwohnerschaft von hier und Umgebung seien angelegentlich auf diese Aus­stellung hingewiesen, die nicht nur eine seltene Augenweide verspricht, sondern auch eine überaus lehrreiche Veranschau­lichung badischer und württembe'rgischer Eigenart im Gesamt­schwarzwald darbietet, Trachten, die es Wohl verdienen, er­halten zu werden. Von Frau Irmgard Lauffer - Zirk nach eingehendem Studium in mühevoller Arbeit vollendet, zeigt diefe zu reizvollen Szenen zusammengefaßte Schau alle Trach­ten des badischen und württembergisLen Schwarzwaldes, echt und bodenständig bis ins Kleinste, sowohl Frauen- als Män­nertrachten. Als bemerkenswert fügen wir noch an, daß fast durchweg die Trachten aus evangelischen Gebieten dunkel und einfach erschienen, diejenigen aus katholischen dagegen farben­freudig und sehr reich verziert. In der Nummer 111 des Karlsruher Taqblatts" vom 28. Mai ist eine eingehende Be­schreibung der Trachten zu lesen; ersprießlicher jedoch ist die unmittelbare Anschauung, für die wir wärmsteus werben möchten. Kein Geringerer als I. P. Hebel hat die ganze An­mut und zierliche Pracht in herzigen Versen besungen, z. B. die alte Markgräflertracht:

Wienes sie jez freut, nnd wie's in zimpfere Schritte Tänzelet, und meint, es sei d' Frau Vögtene selber,

Wie 's sie Chöpfli hebt, und jeden Augeblick z'ruck schielt, Oeb me's echt au b'schaut, und ob men em ordele noluegt! Jo, de bisch jo hübsch, und jo, du Närli, mer luege,

Du Marggröver-Maidli, mit diner goldige Chappe,

Mit de lange Zupfen und mit der längere Hoorschunr, Mittem vierfach z'semmeg'setzte flattrige Halstuech!

Wildbad, 30. Mai. (Landeskurtheater Wildbad.) Wie wir hören, wird die Direktion Steng-Krauß vom Stadttheater Heilbronn auch in diesem Jahre die Leitung des Landeskur- theaters Wildbad übernehmen. Die offizielle Spielzeit beginnt Mitte Juni. Zur Aufführung kommen wieder Schau- und Lustspiele, sowie Operetten. Für die erste Junihälfte sind ver­schiedene Gastspiele vorgesehen. So wird die Stuttgarter Kammeroper am Pfingstsonntag den 1. Juni anläßlich des

Vas Kreuz des Kilian Unruh

Von Rudolf Utsch

Nachdruck verboten. dx ^.Ikreck vseütolä, LraunsednsiZ.

(26. Fortsetzung.)

Unten im Dorf aber, im Hause Ringleins, herrschte ein Chaos. Der Alte tobte, die Söhne lärmten, aber am meisten schrie die Bärbel. In der Wirtsstube ging alles drunter und drüber. Dort schimpfte die Verwandtschaft des Wirtes über das skandalöse Betragen Kilians. Fäuste donnerten auf die Tischplatten. Da keiner da war, der bediente, machte man sich zuletzt selbst über Fässer und Krüge her. Man wollte sich doch nicht so ganz umsonst an cüesem verwünschten Morgen den besten Rock angezogen haben. Sie, die Gäste, konnten doch nichts dafür, daß die Hochzeit so elendiglich scheiterte. Diejenigen aber aus der näheren Verwandtschaft des Wirtes, die auch etwas von dessen Geiz im Blute trugen, klopften mit stillem Lächeln auf ihren Geldbeutel, in dem sie die Taler trugen, mit denen sie dis junge Frau hatten beschenken wollen. Jetzt blieb das Geld un Beutel. Auch ein Trost in diesen schweren Zeiten...

Der Schulze und sein Sohn Gustav machten Sprünge vor Entzücken, als sie von der Flucht des Bräutigams hör­ten. Auch sie ergatterten sich einen Platz in der Wirts­stube, schimpften nicht wenig auf den ruchlosen und pflicht­vergessenen Bräutigam und tranken bis in den späten Nachmittag hinein.

8. Kapitel.

Daß Kilian Anruh seine Braut kurz vor der Trauung noch im Stich gelassen hatte, erregte nicht nur im Dorf, sondern auch in der Nachbarschaft das größte Aufsehen. Selbst in der Stadt Siegen belachte man die Tat des Bauern, der so kurz vor dem Hafen der Ehe noch so viel Mut aufgebracht, um schnell entschlossen die Segel zu wen­den und frisch und kühn sein Schiff wieder hinaus ins offene Meer des Hagestolzentums zu steuern. Man spottete viel über die nicht gerade rühmenswerte Diplomatie der Braut, die so meinte man ihren Zorn wenigstens noch einige Stunden, bis nach dem Trauakt, hätte unterdrücken müssen. Sonst seien Frauen gerade in diesem Punkt so unübertrefflich klug und könnten einen Aerger solange für sich behalten, oder angeborene kriegerische Veranlagung so­lange bezähmen, bis der Mann in Ketten liege und nicht

mehr imstande sei, sich so leicht zu befreien, wie es dieser, sicherlich nicht dumme Bauer getan hatte. Die Sympathien der Männer waren meistlich für Kilian nur nicht die, wie leicht denkbar, von Peter Ringlein und seinen Söhnen.

Denn die Vorbereitungen zur Hochzeit hatten ihn eine kleine Stange Gold gekostet. Aber der Verlust des Geldes ärgerte ihn noch weniger als das höhnische und schaden­frohe Lächeln vieler Dörfler, die sich höchlich darüber freu­ten, daß der Kilian dem alten Geizkragen und seiner jäh­zornigen und etwas hochnäsigen Tochter einen derartigen Streich gespielt hatte. Der Instinkt des Kaufmanns sagte ihm, daß es Kilian in seinem Leben noch zu etwas brachte. Der junge Bauer war ein tatkräftiger, schöpferischer Mensch, davon zeugten all seine Handlungen. .Es war gut, solche Menschen in der Familie, nicht aber als Konkurrenten zu haben. Nun waren alle feine Hoffnungen und Pläne ver­nichtet. Er kroch die ersten Tage nach dem Geschehnis im Hause herum wie ein geschlagener Mann.

Mit der Bärbel war kein vernünftig Wort mehr zu reden. Die meiste Zeit des Tages vervrachle sie in ihrer Kammer. Fremden zeigte sie sich überhaupt nicht. Während der Wirt sich schließlich damit tröstete, daß er die Taler be­halten konnte und auch die Kuh und das Pferd im Stalle blieben, brütete die Bärbel in dumpfer Melancholie vor sich hin und sann auf Rache. Manchmal tuschelte sie mit ihren beiden Brüdern, raunte ihnen zu, daß sie eine solche Schmach, wie sie der Kilian ihr und der ganzen Familie Ringlein angetan, nicht ungerächt lassen dürften. Die Bärbel kannte ihre Brüder und sie wußte, daß solche Worte bei ihnen nicht auf schlechten Boden fielen.

Doch noch ein anderes Unglück traf den Wirt. Eines Morgens kam der Knecht mit Gebärden des Schreckens aus dem Stall und verkündete dem Herrn, daß zwei Kühe auf dem Boden lägen und kein Glied mehr rührten. Dem geizigen Wirt war es, als ob ihn der Schlag treffe. Eilig hastete er in den Stall. Wirklich, da lagen zwei seiner besten Kühe auf der Seite. Aus den Mäulern hing schlaff die Zunge. Peter Ringlein trat sie in die Seiten, zog die Köpfe an den Hörnern in die Höhe und klopfte ihnen tüchtig aufs Fell. Die Kühe gäben kein Lebenszeichen mehr von sich: sie waren maufetot.

Jetzt fing er noch jämmerlicher an zu lamentieren als an dem unglückseligen Morgen, als der Kilian davonlief. Er gestikulierte mit den Armen in der Luft herum, nannte sich wohl zehnmal den ärmsten Mann des Dorfes, dem das Unglück folge wie dem Blitz der Donner. Er jchimpfte die

Knechte aus, schalt die Mägde ja, er haderte sogar mit Gott, nannte ihn unbarmherzig und grausam, weil er es geschehen lasse, daß ihm, dem armen Peter Ringlein, diese zwei schönen Tiere auf einen Scblaa davongingen, ohne vorher auch nur ein kleines Zeichen davon abgegeben -,1t haben, daß ihnen das Leben gar nicht mehr behage. Er war untröstlich. Den ganzen Tag über und trank er nichts, und ein Knecht meinte sogar, Peter Ringlein habe beim Tode seiner seligen Frau nicht so getrauert wie jetzt beim Tode dieser beiden Kühe...

Auch die Bärbel sah sich die zwei Toten an. Sie fand- daß die Augen der Tiere so entsetzlich weit aufgerissen, daß sie die buschigen Schwänze so grad und steif wie Besen von sich streckten.Das ist nicht mit rechten Dingen zu­gegangen". sagte sie zu ihren beiden Brüdern die auch die Toten umstanden.Natürlich nicht mit rechten Dingen" brummte der ältere, ..das kann ich mir senken Sie werden etwas Giftiges gefre'sen haben."Ach was", meinte die Bärbel,hier ist Hexerei im Spiel! Nur Hexerei, sonst nichts! Die Brüder streiften die Schwester mit einem scheuen Blick.Wer sollte die Tiere behext haben?" fragte einer.

Die Bärbel stemmte die Hände in die Seiten.Wir haben noch nie eine Hexe im Dorf gehabt... aber vielleicht ist jetzt eine da."

Eie drehte den Brüdern den Rücken hin und verließ den Stall. Die beiden Brüder sahen sich verdutzt an Sollte ihre Schwester die Wahrheit gesagt haben? Zwei Kühe

auf einen Schlag-das wir wirklich sonderbar. Dann

ohne eine Spur von Krankheit in einer Nacht ga«) plötzlich. Das war wirklich etwas rätselhaft . . .

Und der Gedanke an Hexerei bohrte sich bald in dev Kopf eines jeden Hausbewohners dann sprang er uve in die Gehirne der Nachbarn und eilte durchs ganze Don-

Schon meldete sich eine Magd, die am Abend vorher einen sonderbaren Vogel um die Giebel des Hauses Han fliegen sehen. Ein Knecht hatte in der Nacht ein noch n- gehörtes und durchdringendes Pfeifen vernommen, bei de es ihm eiskalt über den Buckel gelaufen sei und er unwi - kürlich ein Krenzzeicbsn gemacht habe. Sollten die -me wirklich verb".rt werden sein'' ^wei Kühe auf einmal..- Das war wirklich kaum zu glauben.

' (Fort!, folgt.)