und Ml88tzL

Nr. 231

Mittwoch den 4. Oktober

Jahrgang 1933

I^arlsr'uIiSi'

Stadt im Herbst Ins herbstliche Albtal Verkündung

des Winterhilfswerks Weitere Arbeitsbeschaffung

Das Badische Armeemuseum Der letzte Postillon Theater und Film

Wenn draußen aus dem Lande die abendlichen Feuer auf Len Kartoffeläckern brennen, die Luft nach frischgebrochenem Obste riecht, der Fuß im Walde durch die gelben Blätter streift und die Weißen Frühnebel Wiesen und die Dächer im Dorf mit einem grauen Silberhauch belegen, dann weiß man: der Herbst ist da. Aber wir hier in der Stadt, wir leben eigent­lich naturlos. Daß der Herbst da ist, merken wir kaum. Die gelben Blätter von den Bäumen in den städtischen Anlagen sind morgens schon längst von den nächtlichen Reinigungs- kölonnen weggefegt, bis wir aufstehen. Nur wenn die Buben mit ihren reifen Kastanien in den Hosentaschen ihren Schaber­nack mit uns treiben, dann merken wir, daß da wieder ein Zeitabschnitt in der Natur eingetreten ist. Darum heißt es auch am Sonntag, hinaus in die herbstliche Waldung, um den letzten Glanz der Sonne noch voll zu genießen. In richtiger Voraussicht hat die Albtalbahn wieder zu ermäßigten Preisen Sonderzüge nach unserm herrlichen Idyll: Herren- alb fahren lassen. Nach Ankunft standen dort, vom Schwarz­waldverein organisiert, Führer für gemeinsame Bergwande­rungen ins Gaisbachtal, nach der Plotzsäge, Teufelsmühle bereit. Das ist großzügige Fremdenwerbung, und wir Karls­ruher werden es auch zu schätzen wissen, wenn auch die letzten Sonntage für Ausflüge etwas ungeeignet waren. Es ist bei uns zur Zeit Großbetrieb. Die 1. Nationalsozialistische Grenz- landknndgebung, mit großer Gewerbeausstellung, Landwirt­schaftlicher Ausstellung, Gau-SA.-Appell, zogen Zehntausende von Menschen in unsere schöne Stadt herein. Dazu kam der gestrige Erntetag mit über dreißig Getreidewagen, ein ungewohntes Bild auf unfern Asphaltstraßen. Man kann und will sich da auch nicht aus die Seite stellen und bleibt so in der Stadt zurück. Darum mögen auch die Sonderfahrten nicht die sonst gewohnte Teilnahme erfahren haben.

Am Samstag mittag wurde die feierliche Verkündnng des Winterhilfswerks von Oberbürgermeister Jäger vom Balkon des Rathauses herab vorgenommen. Sämtliche Glocken der Stadt läuteten; die Sirnen aller Anlagen und Fabriken heulten: kurz vor 12 Uhr war der weite Platz vor dem Rathaus voll von Menschen. In dem glückverheißenden Zusammentreffen des Beginns der Winterhilfe mit dem Erntedankfest war das Rathaus reich geziert. Tannengirlanden ziehen sich von Fenster zu Fenster, mit roten Astern besteckt, daneben als Zeichen des deutschen Erntefestes mächtige gold­gelbe Garben, umflattert von dem farbigen Gewoge der Reichsflagge. Neben Oberbürgermeister Jäger waren noch eine Anzahl geladener Ehrengäste vom Winterhilfswerk aus dem Balkon erschienen. Er verlas dann den Aufruf des Statt­halters, der nochmals alle Volksgenossen zur Pflicht bei der Hilfe an ihren notleidenden Brüdern und Schwestern er­mahnte, da ein nationales und christliches Gewissen nicht dulden darf, daß abwendbare Not nicht abgewendet werde.

Weitere Mittel find der Stadt aus dem Reich sar- beitsbeschaffnngsprogramm für die Kanalisation der Hauptstraßen in Rüppurr bewilligt worden. Noch dieses Jahr soll die Arbeit begonnen werden. In der Beseitigung der Abwässer fällt ein öfters beklagter Mißstand für diesen als schönes Wohngebiet so beliebten Stadtteil. Zu begrüßen ist es, daß die Bezahlung der Beitragskosten vom Äürgeraus- schuß in ganz günstige Staffelungen gesetzt wurde, eine Härte den Anlieger somit nicht treffen kann.

Schon seit Jahren war es ein sehnlicher Wunsch aller Angehörigen der alten Garnison Karlsruhe, ein badisches Armeemuseum zu gründen. Nunmehr hat Reichsstatt­halter Wagner die Direktion des hiesigen Landesmnseums be­auftragt, die Vorarbeiten dafür vorzunehmen. Die entschei­dende Besprechung fand bereits die letzte Woche im ehemaligen Marstall am Schloßplatz statt. Dabei trug Prof. Dr. Rott, der derzeitige Direktor des Bad. Landesmusenms, das Ergeb­

nis der bisher durchgeführten Beratungen vor. Das Armee- Museum soll darnach so in die drei Gebäude des Marstalls untergebracht werden, daß der nördliche Teil die Sammlung der badischen und elsässischen Truppen einschließe, der süd­liche Flügel die Geschichte des Weltkrieges umfassen und der Mittelbau für eine Ehrenhalle der Fahnen des 11. und 15. Armeekorps Vorbehalten bleibe. In voller Zustimmung gab der Reichsstatthalter den Auftrag zum sofortigen Beginn der Ausführung dieser Vorschläge.

Wer kennt sie nicht, die gelben Postwagen, von einem braven Amtsgaul gezogen, den Postillon hoch auf dem Bock. Sechs waren es noch an der Zahl im Karlsruher Post­betrieb. Alle andern haben dem Autobus Weichen müssen. Wie so ein Spielzeug haben sie sich neben den massigen Kästen der Kraftpostwagen ausgenommen, wenn sie allmorgendlich aus dem Hofe der Paketstelle ausgefahren sind, vollbeladen mit Schätzen. Mit ihrer Gemütlichkeit, neben ihrem rasenden und knatternden Rivalen, haben diese Pferdepostwagen noch ein Stück Alt-Karlsruhe getragen. Die alte längst versunkene Poesie der früheren Zeiten war immer noch auf einige Augen­blicke wach, wenn gerade um die Weihnachtszeit oder zu Ostern diese alten Kutschen noch durch die Straßen fuhren. Aber Schluß mit allen wehmütigen Erinnerungen. Eine neue Zeit braucht neue Mittel. Und so werden die sechs letzten Rößlcin irgendwo im städtischen Fuhrpark ihre alten Tage beschließen und die sechs letzten Postillone bei einer andern Dienststelle der Reichspost Unterkommen finden.

Im Konzerthaus hat das Staatstheater die Winterspielzeit der leichteren Muse mit dem Lustspiel:Die große Chance" von Möller und Lorenz begonnen. Das Lust­spiel gibt ein Stück guten gesunden deutschen Humors zum ^ besten, gewürzt mit so einem Quentlein pfeffrigen Ernstes, so daß die leichte Unterhaltung gar nicht so leise plätschernd wieder aus dem Gedächtnis der Zuhörer heransguellen kann. Daß ein intelligenter junger Schlosser seine umwälzende Er­findung'nicht an die Industrie heranbringt, bloß weil er infolge seiner armen Herkunft nirgends Zutritt findet, das giht dem Spiel die Tragik, die jedem von uns ein hissel nahe­geht, da wir ja fast alle auch mit einem Bindeseil am Bein durchs Leben ziehen. Aber mit Kraft und Selbstvertrauen und dank des Lustspiels glücklicher Zufallslaune schneidet unser schneidiger Schlosser das Bindefeil durch. Alles geht in Glück und Wonne aus daß er zur sichern Existenz als großer Erfinder auch noch die Tochter des Großindustriellen durch imponierend? Männlichkeit sich erobert, das läßt den Glückstopf vollends überlaufen. Eine Reihe köstlicher Typen umrahmt diese Geschäfts- und Liebesgeschichte; Ulrich von der Trenck hat das Spiel, namentlich in den Aktschlüssen, flott und sicher aufgebaut; Lola Ervig und Alfons Kloeble als hin- und hergczerrtes Liebespaar waren in prächtiger Spielfrische und sicherten dem Stück einen ungewöhnlich star­ken Beifall.

In den Lichtspielen hat der Gloria-Palast mit der Pre­miere des Ufa-Lustspielfilms:Saison in Kairo" einen ganz beachtenswerten Film an den Anfang des Winter- spiclplans gesetzt. Die Naturaufnahmen als Hintergrund der Handlung zeigen prächtige Bilder aus dem Lande der Pyra­miden von einem oft märchenhaften Stimmungsgehalt: Re­nate Müller und Willi Fritsch spielen zum erstenmale zu­sammen, was dem Film allein Zugkraft gibt. -jo.

Aus WS8L UNLi l-Sbsn

Menschenfreundliche Bakterien. Bisher sah man in den

Bakterien nur die dem Menschen schädlichen Krankheits­erreger. Daß viele aber auch heilsame Wirkungen haben, hat Professor A. Nißle, Freiburg nachgewiesen. Er stellte nämlich fest, daß man durch Zuführung bestimmter 'Bakterien Gelenk- krankheitcn günstig beeinflussen und heilen kann. Eine Reihe von Gichtkranken z. B. wurden mit Hilfe eines Erzeugnisses, das aus zahlreichen Kolibazillen besteht, geheilt. Die Koli­bakterien gehören zn denHaustieren" des gesunden Men­schen. Wenn sie im Darm in ungenügender Menge vorhanden sind, kann es zu schweren körperlichen Störungen kommen. Aehnliche Erfolge wie bei der Gicht wurden bei schweren an­

dauernden Gelenkmißbildungen erzielt. Wenn es hierbei auch nicht zu vollständiger Heilung kam, so wurde der Krankheits­prozeß doch aufgehalten und der Zustand des Kranken weit­gehend gebessert. Aus den Entdeckungen Prof. Nißles geht hervor, daß unser Körper die Neigung zu bestimmten Krank­heiten usw. nicht zuletzt von der Anwesenheit und der Zu­sammensetzung der Darmbakterien abhängig macht. Aehnlich wie mit den verschiedenen Hormonen unseres Körpers, dis immer in einem bestimmten Mengenverhältnis vorhanden sein müssen, verhält es sich auch mit den Bakterien. Durch die neuen Forschungsergebnisse weiß man, daß eine Reihe von Krankheiten, deren Wesen bisher nicht aufgeklärt werden konnte, mit solchen bakteriellen Störungen zusammenhängt: das gilt, wie Prof. Nißle gezeigt hat, vor allem für Gelenk­erkrankungen, aber wahrscheinlich auch für andere Leiden wie die Migräne und die Urtikaria, eine lästige Hautkrankheit. Durch Zufuhr der fehlenden Bakterien kann man hier ganz ausgezeichnete Erfolge erzielen.

Ter Kupfergehalt im menschlichen Körper ist neben an­dern organischen Metallen sehr bedeutend. Er ist jetzt von zwei Forschern, Kleinmann und Klinke, bestimmt worden. Sie fanden im Herzen 2,19 ML, in der Skelettmuskulatur 1,80 ms, im Blut 1,101,71 ML und in der Leber durch­schnittlich 27,5 ML Organkupfer auf jeweils 1 IcL Trockensub­stanz. Sie untersuchten auch die Beziehungen Kupfergehalt und krankhafte Veränderungen. Bei der krankhaften Leber (Hämochromatose) war eine sehr große Erhöhung (133 mx) festzustcllen, bei der Lebercirrhose zeigte sich keine Steigerung des Kupfergehaltes. Das Interessanteste ist, daß Kinder bis 'zu einem Alter von drei Tagen einen elffach größeren Gehalt an Kupfer in ihrer Leber haben als Erwachsene. Aber schon zwischen der 13. Woche und zwei Jahren fand man Werte, die den bei den Erwachsenen ergründeten entsprechen. Wo­durch die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß dieses Organ- kupfer für das keimende und Wohl auch für das Leben kurz nach der Geburt von besonderer physiologischer Bedeutung sei.

Uebcr gewaltige Auswanderungen chinesischer Arbeiter berichtet dasArchiv für Wanderwesen". Aus dem brodelnden Vulkan des chinesischen Völkerbeckens, der Jahrhunderte hin­durch erloschen schien, bricht seit der Jahrhundertwende im Norden über dieGroße Mauer" und im Süden über die riesigen Gebirgssperren der hinterindischen Halbinsel und über die Wassersperren des Malaiischen Archipels der Lava­strom der chinesischen Auswanderer. Im Süden ist es der vielgeteilte, aber zähe Strom der chinesischen wohlhabenden Händler und Geldwechsler und der armen Kulis der Hafen­städte, der anfangs nur wenig beachtet wurde, heute jedoch eine Position, eine Stadt nach der anderen erobert und be­reits vernehmlich an die verschlossenen Tore des australischen Kontinents klopft. Im Norden ist es der elementare Durch­bruch der nordchinesischen Banernmassen in die menschen­armen, aber fruchtbaren.Ebenen der Mandschurei. Die stän­digen Bürgerkriege im Innern Chinas, die gerade die arme Landbevölkerung am härtesten treffen, lösten sogar die festen religiösen Bindungen des chinesischen Bauern und Handwer­kers an die'Wohnstätten und die Gräber ihrer Ahnen. Diese Völkerwanderung im wahrsten Sinne des Wortes ist die stärkste, die innerhalb einer so kurzen Zeitspanne bisher ver­zeichnet wurde. Wanderten noch nach verbürgten Schätzungen allein im Jahre 1927 über zwei Millionen Chinesen in die Mandschurei ein. Der Strom hat während der letzten Jahre unvermindert angehalten. Das vor zwei Menschenaltern teil­weise säst menschenleer Gebiet der drei Ackerbauprovinzen be­herbergt heute über dreißig Millionen Chinesen. Auf die Bedeutung dieser Bauernwanderung als einer wirklichen Landeroberung weist das Archiv für Wanderungswesen nach­drücklich hin mit der Bemerkung, daß der siedelnde Bauer unbeeinflußt von der politischen und kapitalistischen Beherrsch­ung eines Landes durch ein fremdes Volk dochGder endgül­tige Eroberer einer Landschaft bleibe.. Diese Erkenntnis bestimmt auch unsere gegenwärtig in Aussicht genommenen Siedlungen im Osten.

LerEnzMer'SMtWch WM «de»

Das hohe Spiel.

^ Roman von August Frank.

NrhebEeMsschutz durch Verlagsanstalt Manz, Regensburg. 52. Fortsetzung. ^ - Nachdruck verboten.

Der Gefangene schwieg einen Augenblick und richtete seinen verwundeten Fuß zurecht, dann fuhr er fort:

Der Hans und der Michel haben ihn dann zurückge- schleift. Ich Hab mir gedacht, wo oaner ist, find auch zwei und Hab erst ein bissel abgewartet. Nix is kemma. Dann bin ich ein Stück vor und Hab geguckt. Wieder nix. Ich gehe noch weiter und horche. Aus einmal ruft mich einer auf fran­zösisch an. Fast war ich auf ihn treten. Da Hab ich halt zuaghaut, das zweitemal hätte ich besser getroffen. Da hat Mich der Herr", er zeigte auf Eugen,ins Bein geschossen. lLch trags ihm nicht nach, denn ich hätt ihn Verschlagen, wenn er nicht geschossen hätte."

l. Ganz gemütlich kam es heraus, als handle es sich um eine belanglose Sache.Das andere kennen Sie ja."

Griffon atmete tief auf, als der Dolmetsch übersetzt hatte. So sehr er Fabre vermissen würde, er war wenigstens irr Sicherheit; auch Eugen war froh darum. ^--

Die sich überstürzenden Ereignisse sowie die heitere Vernehmung des wackeren Waldlers ließen in Eugen rn dieser Nacht keine Depression wegen des Scheiterns sei­nes Planes aufkommen. Erst im Hellen nüchteren Lichte des folgenden Morgens wurde er sich seiner Lage bewußt. Nicht nur sein Plan war mißglückt, sondern er hatte noch dar­über hinaus auf einen Landsmann geschossen und war Sa)uld, daß derselbe in Gefangenschaft kam. Er selbst war aus Wochen durch den Schlüsselbeinbruch aktionsunfähig, an ein Überlaufen war nicht zu denken, solange er in der Gebrauchsfahigkeit seines linken Armes behindert war.

Dabei schritten die Arbeiten im Vauquois rasch vorwärts. Man war schon tief unter der feindlichen Stellung. Eugen

hörte zeitweise deutlich in den Minierstollen das Klopfen und Hämmern in den Unterständen der Deutschen. Mit den feinen Eeräuschmeßapparaten konnte man feststellen, daß diese mit ihren Gegenminierarbeiten auch schon unter der französischen Stellung waren. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis hüben oder drüben gesprengt wurde. Es war eine Art Wettrennen darum, wer zuerst fertig war. Der Gedanke war ihm unerträglich, daß seine Kameraden durch sein Werk umkommen sollten. Er mußte es auf jeden Fall verhindern, selbst um den Preis seines Lebens.

Einige Tage nach dem mißglückten Fluchtversuch traf der Befehl ein, die Arbeiten so zu beschleunigen, daß am zehn­ten nächsten Monats die Sprengung vorgenommen werden konnte. Es blieb demnach nur noch eine Frist von drei Wo­chen. In Eugens Hirn kreisten die tollsten Gedanken. Ein­mal wollte er sich vom Graben aus sich den Deutschen zu erkennen geben, sie warnen und das Werk der Franzosen verraten. Das hätte natürlich zu seiner Entlarvung ge­führt, aber er wollte den sicheren Tod auf sich nehmen um die Kameraden zu retten; ein anderesmal hatte er vor den französischen Stolleneingang zu sprengen und zu zerstören. Dabei wäre ein Teil der französischen Stellung mit in die Luft gegangen, den Deutschen wäre aber nichts passiert. In ihm würde man sicher nicht den Attentäter gesucht haben. Dieser Plan gewann allmählich feste Form in ihm, jedoch konnte er sich zu Vorbereitungen nicht entschließen, weil er immer noch auf einen Zwischenfall, auf ein Wunder hoffte. Dabei verflossen die Tage und Nächte, Stunden wurden Mi­nuten, Minuten zu Sekunden.

Da traten zwei Ereignisse ein, die eine endgültige Wen­dung herbeiführten.

Beim Bataillon wurde von der Division angefragt, ob man nichts Näheres über die Personalien des Gefangenen Alois Huber habe feststellen können. Er sei im Lazarett an Wundstarrkrampf gestorben. Wie ein Keulenschlag traf Eugen diese Nachricht, die der Bataillonskommandeur beim Mittagessen mitbrachte. Das war der härteste Schlag, der ihn je getroffen. Er war schuld an dem Tod seines deutsche»

Kameraden, dieses unerschrockenen Prachtmenschen! Sein Gesicht wurde aschfahl, alles Blut drängte zum Herzen und drohte ihn zu ersticken. Seine Hände zitterten, daß er kaum Messer und Gabel halten konnte. Den Herren fiel fein ver­störtes Wesen auf, sie fragten ihn nach der Ursache. Mit Gewalt zwang er ein verzerrtes Lächeln in sein Gesicht um sie zu beruhigen. Hastig würgte er ein paar Bissen hinunter, dann stand er vorzeitig auf und wankte seinem Unter­stände zu.

Dort brach er völlig zusammen. Lange saß er dumpi brütend da und stierte vor sich hin. Er merkte es kaum, daß der Abhörtelephonist ihm einen Bericht auf den Tisch legte, auch dessen verwunderte Blicke sah er nicht. Endlich raffte er sich auf. Nur ein Gedanke und Wunsch lebte noch in ihm: Tod, rascher Tod!

Mechanisch trat er an den Tisch und las den Bericht des Telephonisten, ohne den Sinn zu verstehen Plötzlich stutzte er, gewaltsam sammelte er seine Gedanken und las noch­mals. Es fand sich in dem Bericht folgende Eintragung:

Gespräch zwischen zwei deutschen Offizieren; -

XTag--4.

X Zeit 9.10 vormittags.

Eugen wurde wach und überlegte.

X-Tag war sicherlich der Tag, an dem ein größeres Er­eignis stattfinden sollte. Es war klar, am vierten dieses Mo­nats sollte es vor sich gehen, heute war der erste. Am Vau- yuois konnte es nur die Sprengung sein, es bestand kein Zweifel. Dieser Bericht durfte auf keinen Fall an die Di­vision abgehen, man würde sonst den Deutschen zuvorkom­men. Schon wollte er ihn verbrennen, da hielt er inne, ein neuer Gedanke war ihm gekommen. Seine Züge strafften sich, seine Augen wurden wieder hell und hart. Er nickte mehrere Male mit dem Kopfe, dann setzte er vor die Vier eine Eins. Vierzehn stand nun statt vier. Das Papier faltete er nach nochmaligem Durchlesen zusammen und brachte es selbst der Befehlsordonnanz. Jetzt würde fran- zösischerseits der festgesetzte Termin eingehalten werden. Gr lag ja vier Tage vor dem deutschen. (Fortsetzung folgt.)