790

ich würde mich für einen nicht ernst zu nehmen­den Menschen Hallen, wenn ich die Erinnerungen an die Intimität mit ihm ausplaudern würde. Was ich von ihm zu sagen hatte, habe ich klar und deutlich gemalt. Bismarck hat möglicherweise hier und da einmal Unrecht gehabt, aber niemals wird man ihm die Ehre nehmen können, daß er der unvergleichliche Typus eines Deutschen gewesen ist. Ich nenne einengroßen Mann" ein privi­legiertes Wesen, das mit den Eigenschaften begabt ist, vorauszusehen und danach zu handeln und durch seine Initiative die allgemeine Initiative hervorzurufen. Fast alles, was in der Welt ge- schieht, ist die Frucht eines einzigen Willens, der lange im Dunkeln blieb. Bismarck ist für das moderne Deutschland dieser fruchtbare Wille ge­wesen. Diese Wahrheit glaube ich in meinen Bismarckbildnissen proklamiert zu haben." Nur einmal soll Lenbach diese Verschwiegenheit ge­brochen haben, als ihm nämlich eine Aeußerung Richard Wagners berichtet wurde, die dieser gegen­über französischen Freunden getan im Sinne einer scharfen Verurteilung Bismarcks wegen der Ein­verleibung von Elsaß-Lothringen. Da habe Len­bach lebhaft gesagt:Wagner irrt. Bismarck hat die Annexion nicht gewollt, Moltke hat sie im militärischen Interesse verlangt. Bismarck hat sich gesträubt, so lange er konnte. Dem Wunsch, ja dem Befehl des Kaisers mußte er sich fügen. Das ist Wahrheit." Dieser Lenbachsche Ausspruch dessen Echtheit übrigens kein Quellen­hinweis des französischen Verfassers verbürgt ist aber, trotz des sicheren Tones, nicht die Wahr­heit, sondern birgt höchstens ein Körnchen von ihr. Wahr ist nur, daß Bismarck zeitweise darüber im Zweifel war, ob Metz mit seinen französischen unverdaulichen, meinte er damals Elementen unbedingt in die deutschen Forderungen mit ein­bezogen werden müsse, und vielleicht hätte Thiers wenigstens das geschleifte Metz retten können, wenn er als Unterhändler den genügend starken Eindruck auf Bismarck zu erzielen verstanden hätte. Aber die Kriegsentschädigung hätte eine Milliarde höhex sein müssen und wir Hütten uns davon eine Festung ein paar Meilen weiter zurück angelegt.

Der dänische DampferTexas" brachte nach Kopenhagen einen jungen deutschen Matrosen mit, der zu der Mannschaft eines amerikanischen Schoners gehörte, der am 9. September im At­lantischen Meere zugrunde gegangen ist. Der junge Matrose war, als man ihn auffischte, 108 Stunden, auf einer Planke sitzend, im Wasser gewesen. Er zeigte Spuren von Leben, war aber bewußtlos und blieb in diesem Zustande noch zwei Tage nach seiner Rettung. Jetzt ist er vollständig wied erhergestellt und hat sich nach seiner Ankunft in Kopenhagen sofort wieder nach Amerika ein­geschifft. Er heißt Hoeck, ist 25 Jahre alt und stammt aus der Provinz Hannover. Er erzählt,

er sei in stetem Kampf mit den Haien gewesen. Hunger und Durst plagten ihn, und die sengenden Sonnenstrahlen brannten ihm aufs Gehirn. Erst wenn die Nacht kam, wurde sein Zustand ein wenig erträglicher, aber die Furcht vor den Haien ließ ihm keinen Augenblick Ruhe. Seine Ton­pfeife hatte er allmählich in Stücke zerkaut, um das Hungergefühl zu lindern. Einen Versuch, einige getrocknete amerikanische Aepfel, die vorüber­trieben, zu essen, mußte er aufgeben, da sie von Salzwasser durchtränkt waren.

Gemeinnütziges.

Neugeborene Hunde und Katzen. Nur die wirklich schönen und kräftigen Tierchen lasse man leben und auch nur die, für welche man sicher einen guten Abnehmer weiß. Nicht wahllos fortschenken! Dadurch schafft man nur tierisches Elend, dem man bei Tötung hätte Vor­beugen können. In vielen Fällen sind die Tiere den neuen Besitzern bald eine Last und dann haben sie es schlecht, werden vernachlässigt, herum­gestoßen und geschlagen. Aber das Töten darf nicht durch Ersäufen oder Lebendig-Eingraben oder auf sonstige quälende Weise geschehen. Ein tüchtiger Schlag auf das Köpfchen, und das un­angenehme Werk ist getan. Kinder und roh veranlagte Erwachsene soll man mit dem Töten nicht betrauen.

Rettung vonPferden aus Feuers- gesahr. Es ist sehr schwer, die Pferde zum Verlassen ihres Stalles zu bewegen, wenn ihnen Feuerschein entgegenleuchtet. Man hat aber die oft bestätigte Erfahrung gemacht, daß sie gesattelt oder angeschirrt sich ohne Schwierigkeit hinaus­führen lassen. Leichter in der Verwirrung ist aber ein anderes Verfahren, daß man nämlich den Kopf der Pferde mit einem nassen Sack oder Decks einhüllt, so daß sie den Feuerschein nicht sehen.

Hebt diegrünen Schalen derWal- nüsse auf! Als gutes Mittel zur Abwehr der Fliegen dient bei Pferden im Sommer eine Einreibung der vom Schweif nicht erreichbaren Stellen mit frischen Nußblättern. Noch wirksamer ist das abgekochte Wasser aus den grünen Nuß­schalen, die man im Herbst achtlos wegwirft, aber im Sommer so gut brauchen könnte. Sammelt also die Schalen! Zum Gebrauch in der Hitze stellt man sich dann nach Bedarf einen Aufguß her. (Eine Handvoll Walnußschalen auf einen Liter kochendes Wasser.) Mit der erkalteten Flüssigkeit reibe man die empfindlichen Stellen ein. Der bittere Geruch und Geschmack wehrt die Fliegen ab. Das vielfach gebräuchliche Ein­reiben mit Fett, Oel, Petroleum u. s. w. schützt zwar auch, aber die fette Substanz verstopft die Hautporen, verhindert das wohltätige Schwitzen und befördert das Anhasten des Staubes.

Herbstnachrichten.

Brackenheim, 17. Okt. Weitere Weinkäufe zu 155 Noch einige gute Reste feil. Käufer erwünscht. Neipperg 16. Okt. Die Lese geht morgen zu Ende. Verkäufe zu 155 und 160 Noch ziemlich feil. Beschaffenheit gut. Käufer erwünscht.

Besigheim 17. Okt. Käufe von 140 bis 150 ^ pro 3 Hektl. Vorrat noch ca. 100 Hektl.

Heilbronn 17. Okt. Die allgemeine Lese hat am Montag begonnen. Die Menge schlägt nach der Schätzung ganz bedeutend zurück; der Sauerwurm, die Staren und das durch verschiedene Umstände veranlaßte Eindorren der Trauben ver­minderten in letzter Zeit den Ertrag noch zu­sehends. Die Beschaffenheit des Weins ist eine mittlere, in begünstigten Lagen eine gute. Noch kein maßgebender Kauf. Kleinere Posten können sofort, größere erst Ende der Woche gefaßt werden.

Stuttgart 18. Okt. Mostobstmarkt auf dem Nordbahn. Heute stehen im ganzen 190 Wagen zum Verkauf, von welchen neu zu­geführt sind: 8 Wagen aus Frankreich, 3 aus Belgien, 8 aus Oesterreich, 1 aus Bayern, 20 aus der Schweiz, zusammen 40 Wagenladungen Mostäpfel. In der Auktionshalle Robert Hall­mayer kamen heute 28 Wagen zur Versteigerung.

Gottesdienste.

IS. Son«tag nach Hrinll., (Kirchweihe) 21. Okt. Vom Turm: 208. Predigtlied 204 : Ich lobe dich, mein Auge schauet. Uhr: Vormitt.-Predigt, Dekan Wurm. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen. 2 Uhr: Missionsstunde im Vereinshaus, Missionar Härter. Das Opfer ist für die Bremer Mission bestimmt.

Montag, 22. Okt. 9 Uhr: Predigt zur Eröffnung der DiözesamSynode, Stadtpfarrer Schmid.

Aonnerstag, 25. Okt. 8 Uhr abends: Bibelstunde im Vereinshaus, Dekan Roos.

Sieklametett.

Manche Mütter glauben, ihren Säuglingen eine kräftige Nahrung zuzuführen, wenn sie ihnen schon im stützen Alter unverdünnte oder nur wenig verdünnte Milch geben, ohne zu bedenken, daß dieselbe so von den Kindern nicht verdaut werden kann, also nicht kräftigend, sondern als Ballast wirkt und dadurch den Appetit beeinträchtigt. Will man die Kuhmilch kräftiger machen, so muß man ihren Nährwert er­höhen und dieses erreicht man, wenn man zu der dem Alter des Kindes entsprechend verdünnten Kuh­milch Kufekes Kindermehl hinzusngt, das durch seinen Gehalt an Eiweiß- und Mineralstoffen nicht nur den Nährwert der Mich erhöht, sondern auch die Kuhmilch durch Herbeiführung einen feinflockigen Gerinnung im Magen des Kindes leichter ver­daulich macht.

Spuren an der Mauer, die darauf hindeuteten, und einen Strick, an dem er sich aus dem Fenster gelassen hatte, auch waren alle seine Sachen noch da."

Er wurde also nicht verfolgt?"

Nein, wir mußten schweigen es sei alles in Ordnung, sagte Mr. Bolton und reiste gleich darauf ab. Wir erfuhren auch nichts mehr und zerbrachen uns nicht weiter die Köpfe über Mr. Wellers Verbleib. Später kam dann unser neuer Herr her und übernahm die Anstalt."

Es war klar, daß Mr. Bolton keinen Versuch gemacht hatte, sich seines Patienten zu bemächtigen und sogar dessen Flucht vertuscht hatte. Daß ihm nach dem Vorgang nicht geheuer zu Mute war, bewiesen der Verkauf der Anstalt und sein Fortzug. Ueber den wirklichen Weller war hier nichts weiter zu erfahren.

Hat Ihnen," fragte Ellinghaus noch,Mr. Weller nie gesagt, daß er ein Deutscher sei und Hohenthal heiße?"

Das hat er anfangs, als er herkam, aber was sagen die Kranken nicht alles, hernach war er ganz still davon."

Es ist gut, ich danke Ihnen."

Der Wärter ging, und Ellinghaus, der sich sagte, daß er im schlimmsten Falle von dem jetzigen Leiter der Anstalt nichts für die Entwicklung der dunklen Angelegenheit zu fürchten habe denn daß der Direktor von Towertown durch Bolton von allen Vorgängen in Marylodge unterrichtet worden sei, setzte er als selbstverständlich voraus teilte jetzt Mr. Harding die tragische Geschichte seines Freundes mit.

Ernst hörte der Doktor zu.

Derartige Vorgänge habe ich bis jetzt in das Reich der Fabel ver­wiesen," sagte er darauf,Jrrtümer sind ja bei dem besten Wollen und Können nicht zu vermeiden, das wissen Sie als Arzt wie ich, Mr. Elling­haus. Aber Verbrechen wie das, von dem Sie mir berichten, habe ich in

einem so geordneten Staatswesen wie das unseres Landes für unmöglich gehalten. Ich nehme in der ärztlichen Welt der Vereinigten Staaten eine hinreichend geachtete Stellung ein, um Ihnen gelegentlich von Nutzen sein zu können, und ich bin gern bereit, Ihnen und Ihrem Freunde zu helfen, wenn ich kann."

Hocherfreut dankte Ellinghaus für diese erkennbar aufrichtig gebotene Unterstützung und trennte sich in herzlicher Weise von Mr. Harding.

Am anderen Morgen nahmen Hohenthal und Ellinghaus Abschied von dem biederen Wilke. In Memphis vervollständigte Hohenthal seine Garderobe, von dem, was in Marylodge zurückgeblieben war, wollte er nichts mehr wissen, und beide fuhren nach Stanley, in dessen Nähe Towertown lag.

Ellinghaus wandte sich zunächst an einen ihm von dem Hotelwirt bezeichneten Advokaten, in dem er einen alten Mann fand, der auf ihn den Eindruck des Ehrenhaften und Entschlossenen machte.

Er weihte diesen auf jede Gefahr hin in Hohenthals Verhältnisse ein.

Der Advokat lauschte seinen Auseinandersetzungen mit tiefem Ernste und nicht ohne Erstaunen.

Das ist absonderlich," äußerte er dann,hier müssen gewaltige Kräfte im Spiel gewesen sein, um solche Verbrechen zu ermöglichen. Ich will Ihnen beistehen. Die Identität Ihres Freundes ist ja nicht schwer nachzuweisen aber hm ich will mit dem Sheriff sprechen, und wir wollen morgen gemeinsam nach Towertown hinausfahren. Des Sheriffs bedürfen wir, um uns die Türen dort zu öffnen."

Am andern Morgen fuhren Ellinghaus und Hohenthal in Begleitung des Sheriffs, eines sehr würdigen Mannes, und des Advokaten nach Towertown hinaus. Auf dem Bocke hatte noch ein Konstabler in Zivil neben dem Kutscher Platz genommen.

(Fortsetzung folgt.)