Vas war -as Ende
Vom Waffenstillstand bis Versailles
II. Von kruno krekm
Lopzni'gbt bz? Verlag ?>per, Nüncben
Mit einer Handbewcgung nimmt der rosige Prediger diesem Land da nuten alle Schiffe fort, nur sein Land — seht ihr es da nnten im schäumenden Meere schwimmen — nur sein Land darf soviel Schisse haben. Denn sein Land umspannt ^,.e ganze Eroc — seht ihr, da und dort — ja, dort weht überall seine Flagge. Des Predigers Volk ist nicht mir den it-lnssen gekommen, sondern ans den Meeren. Dar? von den Flüssen versteht es nicht, das sind ihm zu kleine Wässerchen — cs sind Salzwassermenschen. Die Bauern da nuten an den Flüssen im Innern der Länder aber sind Süß- wassermenschen.
Niemand darf eine gleich große Flotte haben — auch der Professor nicht, diesem wird sehr eindringlich geraten, keine weitern Schiffe aufznlcgen und mit den allsgelegten ein wenig zu warten.
Der Doktor mit dem Mongolenkopf, der Tiger, der will wieder nur einen Fluß, aber der Professor erlaubt eS nicht und erhebt den Finger. Wieder lauscht ihm die Erde, die Bauern an den Flüssen, die Bürger in den Städten, aber die Arbeiter in den Fabriken, die wollen nicht mehr recht hinhören. Zn denen dringt aus dem nebclverhülltcu Land im Osten ei» roter Feuerschein herüber, dorthin spähen sie jetzt.
Wieder kann der hagere Professor zu keinem Worte kommen, der rosige Prediger lind der wilde Tiger flehen ihn an, zu schweigen.
Er schweigt aber nicht, denn er ist doch znm Reden hier heraufgekommen — ans einem Lande drüben, fern über dem Meere. Da springen denn die andern drei ans. der schweigsame Italiener als letzter, und verlassen die Bühne. Jetzt steht der Professor eine Weile ganz allein, zu ihm heraus brandet, wie zu einem Gott, der Jubel und das Jauchzen der Welt - er breitet die Arme aus, sein Gesicht will sich ans seiner Starre lösen — das ganze Drahtlich, das über die Erde geworfen ist, wird von der Neugierde fester angezogen. Nachrichteil werden über die ganze Welt hin geklopfi, dann läßt der hagere Professor die Arme sinken und geht mit schleppenden Schritten zu den drei andern hinter den grauen Vorhang. .
Nun steht die Bühne leer. Die ganze Welt sicht cs. Nun rauschen in allen Ländern die Musiken des Krieget? noch einmal auf. Dann wird ec- atemlos stille. Brandgeruch liegt in der Luft und Bangen. Jetzt beginnt wieder ein kleiner Lärm, es ist das Gehämmer der Schreibmaschinen, ans denen nette, ehrgeizige Mädchen schreiben müssen, was ihnen streitsüchtige alte Männer diktieren. Fünfhundert Leute von den Zeitungen schleichen um die überfüllten Hotels und schnappen nach Nachrichten, starren zur leeren Bühne Hinalls, eilen hinter den Leuten drein, die von einer Kommission zur andern rennen, lieber Ungarn steht eine Rauchwolke, über Irland, über Bayern und der ganze weite Osten ist rot von Glut. Der Himmel vernnstert sich, die Menschen schreien, die Menschen fürchten sich. ,
Die vier Männer blieben unsichtbar, der Vorhang, hinter dem sie verschwunden sind, bewegt sich manchesmal, aber die vier Richter treten nicht mehr hervor.
In den zerstörten Gebieten graben, bauen, keuchen lind räumen den Schutt ab die Gefangenen des einen Volkes in zersetzteil Kleidern und zerfurchten Gesichtern. Schwarze bringen sie zähnebleckend zur Arbeit, treiben sie morgens durch die zermalmten Ortschaften und an den zertrümmerten Kathedralen vorbei. Abends sinken die bleichen Gefangenen geschlagen, gestoßen und gepeinigt, krank ans ihrem Lager zusammen lind, wenn es die schwarzen Posten nicht sehen, reichen ihnen die Witwen der Feinde Brot durch den Stackdl- draht des Lagers. Ans weiter Ferne klingt ein Wort herüber, ein geschlossenes Buch tut sich auf und entläßt es: „Aber des Pharaos Herz war verstockt und er ließ das Volk nicht ziehen."
Die Welt lebt nicht, die Welt wartet. Das Nene mich doch kommen. Das Blut des Krieges war doch kein Abendrot — unter sülchen Schmerzen wird doch nur Neues geboren! Das Nene wird doch w ganz und gar einfach sein, einfach wie die Grenzen der Völker, einfach wie die Züge der Gebirge, einfach wie die Kammern der Länder. Aber, was wird denn dort geschehen, wo sich Gebirge und Völker überschneiden? Wo die Völker nickt an den Flüssen Halt gemacht haben? Das werden die vier dort oben entscheiden. Die Erde wird neu verteilt ihr habt es gehört! Warum kommt der Hohe Rat nicht wieder? Ruft doch nach ihm! Schreit doch nach Gerechtigkeit!
Alles schreit durcheinander, die kleinen Völker, deren Zeit ja gekommen ist, am lautesten.
Nur ein Paar Völker sind stumm - die Besiegten; man hört sie nicht an, man will von ihnen nichts wissen. Zwar läuten noch im Westen von Kirche zu Kirche die Glocken, aber dieses alte, große Netz von Volk zu Volk, von Turm zu tvnrm geknüpft, scheint zerrissen. Der Papst in Rom hat zu schweigen — denn nun spricht die neue Zeit, seine Tage, die Tage der Kaiser und der großen Einheit über die Sprachen hinweg, die ist vorbei. So wird es verlangt, so wird es befolgt. Aus dem Nebel des Ostens dringt auch kein Glockenton mehr, nur Feuer, nur Qualm. Ein Schauer geht durch die Welt, O Gott, o Gott, wenn sie nur wüßte, ob dies der Abendwind oder der Morgenwind ist.
Attentat auf Clemenceau
Mittwoch, den 19. Februar, bestieg Clemenceau um nenn Uhr vormittags vor seiner Wohnung in der Rue Franklin das Auto, um in das Kricgsministerinm zu fahren. Er saß allein im Wagen, der von einem Soldaten gelenkt wurde, neben dem sich vorne eine Ordonnanz niedergelassen hatte. Wilson war nun schon vor fünf Tagen über den Ozean abgedampft, nachdem er unter Ach und Krach seinen verdammten Völkerbundpakt dnrchgedrückt hatte. So — jetzt mußte er sich dafür als Strafe in Washington vor den Kongreß stellen und den Herren Senatoren Rede und Antwort stehen
— ja, so klein sind diese Selbstherrscher von Volkes Gnaden
— wahre Pantoffelhelden am häuslichen Herd, großmäulig nur in der Fremde! Den Amerikanern schwante scheinbar nichts Gutes, sic hatten alle in der letzten Zeit so alberne Gesichter geschnitten. Nun und der Schullehrer war auch ein wenig sanfter gewesen. Lloyd George saß in London und
! dachte nach, wie er es anstellen sollte, von Holland den Kaiser i heranSznbekommen, um diesen znm Vergnügen der lieben j Londoner anfznhängcn. Viel Zeit hatte er für diesen Herzenswunsch wohl nicht, da in England immer von neuem Streik? ausbrachen und die Soldaten aus den Regimentern davonliefen. Auch die französische Flotte in Odessa hatte wahrhaftig gemeutert und sich mit den Bolschewiken verbrüdert. Foch, der eben von der dritten Verlängerung des Waffenstillstandes ans ^rier znrückgekommen war, hatte berichtet, daß die Deutschen allen Forderungen nachgeben würden, wenn man diese rechtzeitig stelle. Erzbcrger sei ganz klein, er rede der Regierung zu, unter allen Umständen nachzu- gebcn. Die deutsche Regierung fürchte sich derzeit mehr vor den Spartakisten als vor den Friedensbedingungen.
Der Tiger rieb sich die Hände: also los! Also vorwärts! Bis Wilson zurück ist, muß man über alles einig sein. Mit Oberst Honse wird man schon fertig werden.
Vor allem mußte man jetzt einmal für Frankreichs Sicherheit und für die Wiedergutmachung des Schadens sorgen. Früher war an kein Weiterkommen zu denken.
Eben bog das Auto aus der Rne Franklin in den Boulevard Delessert, als ein Mann aus einer Bedürfnisanstalt heranssprang und gegen den Wagen feuerte. Der Chauffeur gab Gas, der Wagen sprang, die nächsten Schüsse, die Elementen» nachgefencrt wurden, durchschlugen die Rückwand. Das Auto steuerte dem Trocadero zu, Clemenceau klopfte gegen die durchschossene Windscheibc: „Rasch — nach Hause."
Er sah noch die blindwütend auf den Attentäter und auf die diesen verhaftenden Polizisten losdreschende Menge, dann lehnte er sich weit zurück und schloß die Augen.
Ein Fliegeroffizier sprang zu Clemenceau in den Wagen und fragte, ob dem Ministerpräsidenten etwas geschehen sei. Clemenceau wehrte mit der Hand ab: „Er hat schlecht gezielt."
Vor Clemenceaus Hans hielt das Auto, ans den Chauffeur und den Flieger gestützt, schleppte sich der neunnnd- sicbzigjährige Mann wie ein Wesen ans der Fabel, leicht wankend und mit grimmigen Angen blickend, über den Hof. „Geben Sic doch ein wenig acht", sagte er zu dem Chanffenr, „Sie tun mir weh."
Oben, in der Wohnung, bettete der Kammerdiener den Tiger in einen Lehnstuhl. Aerzte kamen und untersuchten ihn und stellten eine tiefe Wunde an der Hinterscite des rechten Schulterblattes fest. „Ich bitte um eine kollegiale Behandlung", tagte Clemenceau, „wenn ich auch Internist war, gehen Sie schonend mit mir um."
Seinen herbeieilenden Sekretär empfing der Tiger: „Das ist ei» Ereignis, das mir noch gefehlt hat. Ich war noch nie ermordet worden."
Märtet mußte lachen: ja, das hatte in dieser überreichen Sammlung von Ereignissen noch gefehlt, Clemenceau, der vom Lehrer an einer amerikanischen Töchterschule angefangen
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Ei« Leicht-Flugzeug für 1400 Mark
Die Vorführung des neuen englischen Leichtflugzeuges in Feltham bei London.
Der winzige Motor, der eine Leistung von nur 6 PS. hat, befindet sich über den Tragflächen. Die Flugversuche
mit diesem leichtesten aller bisher gebauten Flugzeuge verliefen zur vollen Zufriedenheit. Sein Preis beträgt nur UM Mk., d. h. also weniger als der des billigsten Kleinautos.
so ziemlich alle Stufen des Lebens überschritten hatte, hinter der Schwelle des Todes fast — wie diesmal — war er noch nie gestanden.
Der Sekretär mußte an das Telephon, ganz Paris klingelte an, fuhr vor, schrieb, telegraphierte und erkundigte sich, Sarah Bernhard ließ als sehr dringend eine Visitenkarte mit ihren Initialen und einer tragischen Maske zwischen Dolch nnd Narrenpritsche abgeben: „Bitte, bitte, geben Sie mir Nachricht, nur für mich, für mich allein. Herzlichen Dank."
„Junge Schwärmerin", sagte Clemenceau, „für sich allein, nur für sich/ Ende nie!" Nnd dann — nach einer durchröchelten Panse: „Märtet, immerhin sehr höflich gegen einen solchen Antifeministen wie mich, sehr höflich. Schreiben Sie nur für sie, für sie allein: „der Tiger lebt".
(Fortsetzung folgt.)
Kurrki-unkprosrsmm
Stuttgart (Mühlacker) 833 KK 36» m Freiburg i. Br. 527 kst 56» m
Abkürzungen: a. Ffm. — aus Frankfurt a. M., a. Fbg. — aus Freibnrg im Breisgau, a. Karlsr. — aus Karlsruhe,
а. Mhm. — aus Mannheim, Sendungen ohne Ortsangabe sind aus Stuttgart; Z. — Zeitangabe, N. — Nachrichten,
W- — Wetterbericht, L. — Laydwirtschaftsnachrichten.
Mittwoch, 7. Dezember. 6.15 a. Ffm.: Z., W-, Gymnastik;
б. 15 Gymnastik (Glncker); 7.15 W-, 3k.; 7.20—8.00 Frühkonzert auf Schallplatten; 10.00 N.; 10.05 Soldatenleben; 10.30 aus Karlsruhe: Bratschen-Sonaten; 11.05 Z., W.; 12.00 a. München: Mittagskonzert; 13.15 Z., 3k-, W.; 13.30 Heiteres in Wort und Ton (Schallplatten); 15.00 Kinderstuude; 16.00 Hermine Daniel spricht über „Photographische Wcihnachtsarbeiten";
16.25 a, London: Fußball-Länderkampf Oesterreich—England, 2. Halbzeit; 17.10 a. Köln: Nachmittagskonzert; 18.15 W., L.;
18.25 Wiederholung ans dem Dienstag-Programm: Ans dem Wirtschaftsleben unserer Heimat: 12. Erzbergbau; 18.50 Prof. Dr. I. L. Wilser spricht über „Forschungsreisen in Transkan- kasien"; 19.15 Z., N.; 19.30 a. Mhm.: Arien für Koloratursopran mit obligater Flöte; 20.00 Orchesterkonzert; 20.30 Reineke der Fuchs, Hörspiel; 2!.30 Tänze ans aller Herren Länder; 22.20 Z., W-, N.; 22.35—24.00 a. Köln: Nachtmusik, dazwischen: Hörbericht vom Sechs-Tage-Rennen.
Donnerstag, 8. Dezember. 6.15 a. Ffm.: Z., W-, Gymnastik; 6.45 Gymnastik (Glncker); 7.15 W., 3k.; 7.20—8.00 Früh- konzcrt auf Schallplatte»; 10.00 3k.; 10.05 a. Mhm.: Kammermusik; 10.35 Ans französischen Opern; 11.05 Z., W.; 12.00 a. München: Mittagskonzcrt; 13.15 Z., N., W.; 13.30 a. Köln: Mittagskonzert; 14.30 Spanischer Sprachunterricht; 15.00 Englischer Sprachunterricht für Anfänger; 15.30—16.30 a. Ffm.: Stunde der Jugend (für Kinder vom 12. Jahre ab); 17.00 a. Darmstadt: V- Akademie-Konzert; 18.15 W., L.; 18.25 a. Fbg.: Vortrag von Prof. Dr. Witkop: Björnstjerne Björnson; 18.50
а. Fbg.: Sieg nnd Untergang des Krenzergeschwadcrs „Graf Spee" in den Seeschlachten bei Coronel und bei den Falklandinseln; 1945 Z., 3k.; 19.30 Besuch beim Schallplattenfreund, Eine bunte Stunde: 20.30 „Die Musterweiber". Operette in 3 Akten: 22.15 Z., W., 3k.; 22.40—23.40 a. Köln: Nachtmusik; 23.40—040 a. Köln: Schluß des Kölner Sechs-Tage-Rennens.
Freitag, b. Dezember. 6.15 a. Ffm.: Z., W., Gymnastik;
б. 45 Gymnastik (Glncker); 7.15 W., N.; 7.20—8.00 Frühkonzert auf Schallplatte»; 10.00 3k.; 10.05 a. Mhm.: Trio op. 40 von Brahms; 1035 Lieder von Schubert und Brahms; 11.05 Z., W.; 11.55 W.; 12.00 Dachs Bela spielt (Schallplatten); 13.15 Z., 3k., W.; 13.30 a. Köln: Mittagskonzcrt; 14.30—15.00 Englischer Sprachunterricht für Fortgeschrittene; 17.00 a. München: Nachmittagskonzert; 18.15 W., L.: 18.25 „Soll man, oder soll man nicht — nämlich Bücher verleihen"; 18.35 „Schrei der Steppe" — Tönende Bilder ans dem afrikanischen Busch; 18.50 Aerztevortrag: Strahlenwirkungen auf die Haut des Menschen; 19.15 Z., 3k.; 19.30 Unterhaltungsmusik auf Schallpl.; 204 5 Die Jagd nach dem Gold des Kapitäns Kid, 2. Teil; 21.15 a. Mhm.: Orchester-Konzert; 22.15 Z., W„ N., SpoUvor- bericht; 22.45 Klaviermusik; 2345—24.00 Neue Tanzmusik.
Samstag, 1». Dezember. 6.15 a. Ffm.: Z., W., Gymnastik; 6.45 Gymnastik (Glncker); 7.15 W., 3k.; 7.20—8.00 Frühkonzert auf Schallplatte»; 10.00 N.; 10.05 Violinmnsik fremder Nationen, Slawische Violinmnsik; 11.05 Z., W.; 12.00 W.; 12.20 Liederstunde: 12.50 Nene Tanzmusik (Schallplatte») 13.15 Z., N., W.; 13.30 a. Karlsruhe: Unterhaltungskonzert; 14.30 Feierstunde, dargeboten von der Bezirksgruppe Stuttgart des Württ. Blindcnvereins; 15.30 Stunde der Jugend (für die 14- bis 17-Jährigen); 16.30 a. Mhm.: Tanzsymphonien für 2 Klaviere: 17.00 Nachmittagskonzert; 1845 Sportbericht; 18.25 „Warum Krisis der bildenden Kunst?"; 18.50 Z., W., N.; 19.00 Vom Blasbalg zur Aetherwellenmnsik, Schallplattenplauderei; 20.00 a. Münster: Lustiger Abend; 22.00 Lustiger Hörbericht
vom Fußballwettspiel: Südfnnk.Landestheater; 22.20 Z., W.,
N.; 22.45—24.00 Nachtmusik.
Ei« 5 Millionen Fahre alter Baum
Auf dem Hartauer Braunkohlenbergwerk bei Zittau wurde der Stumpf einer Sumpf-Zypresse ausgegraben, deren Alter auf etwa fünf Millionen Jahre berechnet wurde. Der Baum, der in der Tertiärzeit im Torfmoor versank, ist natürlich völlig versteinert und wiegt etwa 100 Zentner.
„Ser EnzlSler" darf i» Mer Familie scljle»