Zweites
Vlatt.
Der Gnrtälcr
Zweites
Vlatt.
m. 272 Samstag de« 19. November 1932 9V. SadravW
...^
veutscder Oeäenkstein suk 6em Solcistenlrieijkak in Montdiclier (Nrnnlcreick)
Die Mahnung öer Toten
Aum Totensonntag
Wenn sich die Natnr zur Ruhe begibt, die Blüten und Blätter verwelkt sind, und die Erde ihre Früchte für die Tafel der Menschheit abgeliefert hat, kommen die ruhigen, besinnlichen Tage, in denen wir der Toten gedenken. Rings um uns die Spuren der Vergänglichkeit, der farbenbunte Schmuck des Todes.
Wir haben die Besinnung nötiger denn fe. Schwer lastet das Leben auf unseren Tagen. Mit welcher Sorglosigkeit haben die älteren unter uns in ihrer Jugendzeit gelebt. Damals war alles noch leicht und beschwingt, fast jeder fand Arbeit, das Volk lebte in behäbigem Wohlstand. Nun müssen wir durch die enge Gasse der Verarmung hindurch. Wir brauchen darum nicht zu verzweifeln; denn Reichtum allein macht nicht glücklich, im Gegenteil, er birgt große Gefahren für die innere Kraft des Volkes upd seine seelische Beschaffenheit. Die Ucberzüchtung unserer Lebensbedürfnisse hat eine materialistische Auffassung geschaffen, die von erschrecken
der Oede war. Wir sind heute ärmer an Hab und Gut, aber wir wissen das, was wir haben, höher zu schätzen, und jeder kleine Erfolg, jeder Lichtstrahl vermag uns zu beglücken. Wir müssen tapfer sein, unermüdlich tapfer sein, aber diese seelische Anstrengung veredelt uns, sie stählt uns, und sie übt einen tausendfältigen Zauber aus auf unser Gemüt. Darum wollen wir uns in diesen Tagen besinnen und darüber Nachdenken, daß diese schwere Zeit eine Epoche der Erneuerung ist, der Umwertung der Begriffe von einem glücklichen und zufriedenen Leben. Wenn jetzt, beim Abschied der Natur, unsere Gedanken sich freimachen aus den engen Fesseln des Tages und in die Ewigkeit gleiten, wollen wir uns über die Steine und Dornen des Weges hinwegsetzen, den Zorn und Aerger abschütteln und den festen Glauben fassen, daß diese Prükung zu einem guten Ziele führt.
Vor unseren Augen tauchen die endlosen Züge der Toten auf, die für Heimat und Volk gefallen sind. Sie gaben ihr Leben in der gläubigen Zuversicht, ihrem Vaterland zu einer gesicherten und glücklichen Zukunft zu verhelfen. Haben wir dieses Testament, das sie hinterließen, geheiligt, haben wir ihren letzten Willen vollstreckt? Tiefe Beschämung muß uns ergreifen, wenn wir uns dieser heiligen Pflicht erinnern. Gewiß, unsere Feinde draußen haben uns gedemütigt und zu knechten versucht, umsomehr wäre es unsere Aufgabe, uns zusammenzuschließen und durch Einigkeit stark zu machen. Wenn wir uns weiterhin bekämpfen und beschimpfen, wenn wir weiterhin in jedem, der eine andere Anschauung hat, einen Dummkopf und Verbrecher wittern, wenn wir weiterhin die Politik nur als Mittel für Sonderinteressen betrachten, können sich nicht die Hohen Begabungen und fruchtbaren Kräfte der deutschen Nation entfalten, für Hie unsere Brüder auf dem Schlachtfeld gefallen sind. Solange wir uns nicht von den Verführern abwenden, die in Wort und Schrift das Volk gegeneinanderhetzen, um daraus für sich selbst Vorteil zu ziehen, solange wir nicht einmal die Kraft auf- Lringen, uns eine auf breiter Grundlage ruhende Regierung zu schaffen, versündigen wir uns in schwerster Weise gegen das Testament unserer Toten.
Wir wollen in diesen Tagen in unserem Denken und Fühlen mit allen denen vereinen, die mit uns gelebt haben, denen unsere Freude und Sorge galt. Die Menschengenera- tiouen reihen sich aneinander wie Ketten, eine erwächst aus der anderen, jede hat nur eine zeitlich begrenzte Aufgabe. Aber alles Gute und Schöpferische, das sich aus einer Generation heraus entwickelt, bleibt verwurzelt, wird zum ewigen Quell neuen Glückes. Wir wollen uns an den Gräbern des vergangenen Lebens nicht im Schmerz aufwühlen und unser Dasein beweinen. Wir haben in dieser Sekunde der Ewigkeit, in der wir das Sonnenlicht erblicken, unsere Pflicht zu erfüllen, die Pflicht gegen uns und unser Anrecht auf ein frohes Lebensgefühl und die Pflicht gegen die, die vor uns waren und die, die nach uns kommen werden. Wir wollen uns bei allem, was wir tun, prüfen, ob wir diese Pflicht erfüllen, und ob wir nützliche Glieder der menschlichen Gesellschaft sind. Dann wird das Gedenken an die Token uns mit einer stillbeglückenden Besinnung erfüllen.
warr-erer, bleib' stehen unö lies!
Zum Totensonntag ein Kriegserleben von L. Steinbach
Weit drunten in der Walachei, etwas abseits von der Heerstraße Bukarest—Ploesti (Plojescht), liegt nicht weit von der Hauptstadt enkfernt das armselige Dörflein Baneassa. Langsam und behaglich schlängelt sich unter Weidenbüschen die Colentina daran vorbei. Im Dezember 1916 dehnte ich meine Spaziergänge nach der einsam gewordenen „Chaussee" gern noch bis zu diesem Dörflein aus, wobei ich mich mit den „Prekupetz" unterhielt, welche in der ersten Zeit nach der Einnahme Bukarests noch regelmäßig Buttermilch (lapte batut) und Joghurt (Jaurt) in den Doppelkörben auf der Schulter hereinbrachten.
Als dann an Kaisersgeburtstag 1917 der große Schneefall einsetzte und das Gehen beschwerlich machte, hielt ich einfach den ersten besten Bauernschlitten an, welcher aus der Stadt hinaus wieder der Heimat zustrebte, setzte mich neben den Lenker, und stieg dann am Straßenkreuz bei Baneassa ab. Hier kontrollierte die Wache den Eingangs- und Ausgangsverkehr, und da gab es immer viel zu sehen.
In langer Reihe warteten die mit Brennholz, Mais, Weizen und anderen Erzeugnissen beladenen Pferde- und Ochsenschlitten, und man konnte die Landleute in ihrer malerischen Tracht in aller Muße betrachten, bis die Durchsicht der Ausweise erledigt war. Das rumänische Volk ist ja un- gemein kunstsinnig, und so viele Bauernmäntel und Blusen der Bäuerinnen ich auch hier und anderswo musterte, nie habe ich auch bei Bauern aus dem nämlichen Dorf ein und dasselbe Motiv des bunten ornamentalen Schmuckes im einfachen Kreuzstich entdeckt.
Da sah ich eines Sonntags, als der Schnee so hoch war, daß man sich auf dem Fußweg beinahe in einem Schützengraben wähnte, aus Baneassa heraus einen Leichenzug kommen. Auf einem Handschlitken lag eine kleine Holzkiste ohne Anstrich und darin, offen sichtbar nach altem rumänischen Brauch, der kleine bleiche Erdenbürger. Dem im Dorf wütenden Typhus war er Wohl zum Opfer gefallen. Dahinter kamen wehklagend die barfüßige, in Lumpen gehüllte Mutter, der ernste, bärtige Papa und zwei oder drei männliche Leidtragende.
Wäre ich jetzt allein gewesen, so hätte ich mich dem Trauerzug angeschlossen, wie ich es 13 Jahre zuvor einmal bei der Beerdigung einer blutjungen Zigeunerbrant in der Bukarester Mahalla (Vorstadt) getan habe. Allein ich stellte gerade für einen mir befreundeten Oberleutnant besonders malerische Bauerntypen zum Photographieren zusammen. Ein paar freundliche Worte und ein paar Zigaretten bestimmten die oft weither Gekommenen stets zum Verweilen. Natürlich wollten sie alle auch einen Abzug des Bildes haben, den ich stets im Namen des Photographen versprochen habe, ohne leider unser Versprechen erfüllen zu können. Beim Rückzug sind mir auch jene Schneebilder alle verloren gegangen.
Wie dann im Mai die Akazien blühten und das Dörflein mitten in Blütenpracht und Klütenduft lag, suchte ich den Friedhof auf, wo im Winter die Beerdigung stattgefunden hatte. Er sah so dürftig aus wie das Dörflein selbst. Allein die Maiensonnc liebkoste den stillen Platz, und die Akazien woben auch ihr Grün und Blütenweiß um ihn.
Viele frischaufgeworfene Grabhügel waren in dem kleinen
Raum, rührend nur mit einem Holzstück ohne Namen kenntlich gemacht. Das rumänische Bauernvolk kann weder lesen noch schreiben. Dann wieder Primitive kleine Kreuzzeichen, von ungeübter Hand gefertigt.
Doch dort, ganz links hinten in der Ecke, heben sich ein paar Leichensteine und größere Kreuze ab von diesen Ruhestätten der Aermsten. Da stehen Namen und Jahreszahlen darauf, und auf einem Kreuz lese ich den Spruch: Trecato- rule, 8tai cie loc 8> scitemi I Le e8ti, am kv8t, ce 8ant, vei ti. (Wanderer, bleib' stehen und liest Was du bist, bin ich gewesen; was ich bin, wirst du sein.)
Die Mahnung befolgend, blieb ich nachdenklich stehen. Ein altes römisches Wort fand ich hier zum erstenmal aus diesem rumänischen Kreuz. Ein Wort, das so eindringlich wie kaum ein anderes an diesem Ort die Vergänglichkeit alles Irdischen predigt. Dem das Kreuzzeichen aber doch seine Bitternis nimmt, indem es auf ein besseres Leben in einem besseren Lande tröstend und triumphierend hinweist.
So mancher Kamerad von mir war in Frankreich gefallen und ruhte im Waldfriedhof unter Buchen und Eichen aus. von der entsetzlichen Mühsal des Kampfes, während ich jetzt weit vom Schuß in der Etappe war und mich jeden Abend aus- ziehen und ins Bett legen konnte. Gute und Böse, Selbstlose und Selbstsüchtige, Barmherzige und Unbarmherzige fällt der altböse Feind Krieg. Allein ich hatte von keinem der Toten auch nur den leisesten Gedanken, daß es mit ihm nun gänzlich aus sei. Wir haben hier keine bleibende Statt, die zukünftige suchen wir.
Auf dem Heimweg kam ich an dem hübschen Haus des Dr. Mincoviei vorbei. Es dämmerte, und der leise Abendhauch bewegte die vielen silbernen und bronzenen Glöcklein unter dem Dach zu wunderlieblichen Melodien. Lieder, wie aus einer andern Welt, aus dem unbekannten und dem Christen doch bekannten Land:
Nein! Sterben ist nicht Vergehen und Untergehen im Ungewissen. Sterben heißt Leben.
Daran mahnt uns der Totensonntag.
IVIsislsrnovellsn üsulseksr
Gustav Adolfs Vage
8. Fortsetzung. Von Conrad Ferd. Meyer.
Gustav lächelte. Er mochte sich denken, daß der großartige Emporkömmling jetzt, da er durch seinen ungeheuerlichen Pakt mit dem Habsburger das Reich des Unausführbaren und Chimärischen betreten hatte, mehr als je allen Arten von Aberglauben huldigte. Den innern Widerspruch durchschauend zwischen dem Glauben an ein Fatum und den Versuchen, dieses Fatum zu entkräften, wollte der seines lebendigen Gottes Gewisse mit keinem Worte, nicht mit einer Andeutung ein Gebiet berühren, wo das Blendwerk der Hölle, wie er glaubte, sein Spiel trieb. Er ließ das Gespräch fallen und erhob sich, dem Herzoge für sein loyales Benehmen dankend. Doch griff er dabei nach dem Handschuh, welchen der Friedländer nachlässig auf ein zwischen ihnen stehendes Tischchen geworfen hatte, aber mit einer so kurzsichtigen Gebärde, daß sie dem scharf blickenden Wallenstein, der sich gleichfalls erhoben hatte, seinerseits ein unwillkürliches Lächeln abnötigte.
„Ich sehe mit Vergnügen", scherzte der König, den Friedländer gegen die Türe begleitend, „daß die Hoheit um mein Leben besorgt ist."
„Wie sollt ich nicht?" erwiderte dieser/ „Ob sich die Majestät und ich mit unfern Armaden bekriegen, gehören die Majestät und ich" — der Herzog wich höflich einem „wir" aus — „dennoch zusammen. Einer ist undenkbar ohne den andern und" — scherzte er seinerseits — „stürzte die Majestät oder ich von dem einen Ende der Weltschaukel, schlüge das andere unsanft zu Boden."
Wieder sann der König und kam unwillkürlich auf die Vermutung, irgendeine himmlische Konjunktur, eine Sternstellung habe dem Friedländer ihre beiden Todesstunden im Zusammenhänge gezeigt, eine der anderen folgend mit verstohlenen Schritten und verhülltem Haupte. Seltsamerweise gewann diese Vorstellung trotz seines Gottvertrauens Plötzlich Gewalt über ihn. Jetzt fühlte der christliche König, daß die Atmosphäre des Aberglaubens, welche den Friedländer umgab, ihn anzustecken beginne. Er tat wieder einen Schritt gegen den Ausgang.
„Die Majestät", endete der Friedländer fast gemütlich seinen Besuch, „sollte sich wenigstens ihrem Kinde erhalten. Die Prinzeß lernt brav, wie ich höre, und ist der Majestät an das Herz gewachsen. Wenn man keine Söhne hat! Ich bin auch solch ein Mädchenpapa!" Damit empfahl sich der Herzog.
Noch sah der Page, welchem das belauschte Gespräch wie ein Gespenst die Haare zu Berge getrieben hatte, daß Gustav sich in seinen Sessel warf und mit dem Handschuh spielte. Er entfernte das Auge von der Spalte, und in die Kammer zurückwankend, warf er sich neben dem Lager nieder, den Himmel um die Bewahrung seines Helden anflehend, dem seine bloße Gegenwart — wie der Friedländer meinte und er selbst nun zu glauben begann — ein geheimnisvolles Unheil bereiten konnte. „Was es mich koste", gelobte sich der Verzweifelnde, „ich will mich von ihm losreißen, ihn von mir befreien, damit ihn meine unheimliche Nähe nicht verderbe."
Da er ungerufen blieb, schlich er sich erst wieder zum Könige in jener Freistunde, welche dann zu ihrer größer» Hälfte in gleichgültigem Gespräche verfloß. Wenn nicht, daß der König einmal hinwarf: J,Wo hast du dich heute gegen Mittag umgetrieben, Leubelfing? Ich rief dich und du fehltest." Der Page antwortete dann der Wahrheit gemäß: er habe mit dem Bedürfnis, nach den erschütternden Szenen des Morgens freie Luft zu schöpfen, sich auf das Roß geworfen und es in der Richtung des wallenstcinischen Lagers, fast bis in die Tragweite seiner Kanonen, getummelt. Er wollte sich einen freundlichen Verweis des Königs zuziehen, doch dieser blieb aus. Wieder nahm das Gespräch eine unbefangene Wendung, und jetzt schlug die zehnte Stunde. Da hob Gustav mit einer zerstreuten Gebärde den Handschuh aus der Tasche und ihn betrachtend sagte er: „Dieser ist nicht der mcinige. Hast du ihn verloren, Unordentlicher, und ich ihn ans Versehen eingesteckt? Latz schauen!" Er ergriff spielend die linke Hand des Pagen und zog ihm das Weiche Leder über die Finger. „Er sitzt", sagte er.
Der Page aber warf sich vor ihm nieder, ergriff seine Hände und überströmte sie mit Tränen. „Lebe Wohl", schluchzte er, „mein Herr, mein alles! Dich behüte Gott und seine Scharen!" Dann jählings aufspringend, stürzte er hinaus wie ein Unsinniger. Gustav erhob sich, rief ihn zurück. Schon aber erklang der Hufschlag eines galoppierenden Pferdes und — seltsam — der König ließ weder in der Nacht noch am folgenden Tage Nachforschungen über die Flucht und das Verbleiben seines Pagen anstellen. Freilich hatte er alle Hände voll zu tun; denn er hatte beschlossen, das Lager bei Nüremberg aufzuheben.
Leubelfing hatte den gestreckten Lauf seines Tieres nicht angehalten, dieses ermüdete von selbst am äußersten Lagerende. Da beruhigten sich auch die erregten Sinne des Reiters. Der Mond schien taghell, und das Roß ging im Schritt. Bei klarer Ueberlegung erkannte jetzt der Flüchtling im Dunkel jenes Ereignisses, das ihn von der Seite des Königs Vertrieben hatte, mit den scharfen Augen der Liebe und des Hasses seinen Doppelgänger. Es war der Lauenburger. Hatte er nicht gesehen, wie der Gebrandmarkte die Faust gegen die Gerechtigkeit des Königs geballt hatte? Besaß der Gestrafte nicht den Scheinklang seiner Stimme? War er selbst nicht Weibes genug, um in jenem fürchterlichen Augenblick die Kleinheit der geballten fürstlichen Faust bemerkt zu haben? Gewiß, der Lauenburger sann Rache, sann Mord gegen das geliebte Haupt. Und in dieser Stunde unheimlicher Verfolgung und Äeschleichung seines Königs hatte sich Leubelfing aus der Nähe des Bedrohten verbannt. Eine unendliche Sorge für das Liebste, was er besessen, preßte ihm das Herz zusammen und löste sich bei dem Gedanken, daß er es nicht mehr besitze, in ein beklommenes Schluchzen und dann in unbändig stürzende Tränen. Eine schwedische Wacht, ein Musketier mit schon ergreistem Knebelbarte, der den schlanken Reiter weinen sah, verzog den Mund zu einer lustigen Grimasse, fragte dann aber gutmütig: „Sinnt der junge Herr nach Hause?" Leubelfing nahm sich zusammen und langsam weiterreitend entschloß er sich mit jener Keckheit, die ihm die Natur gegeben und das Schlachtfeld verdoppelt hatte, nicht ans dem Lager zu Weichen. „Der König wird es abbrechen", sagte er sich, „ich komme in einem Regiment unter und bleibe während der Märsche und Ermüdungen unbekannt! Dann die Schlacht!"
Jetzt gewahrte er einen Oberst, welcher die Lagerstraßen wachsam abritt. Das Licht des Mondes war so kräftig, daß man einen Brief dabei hätte entziffern können. So erkannte er auf den ersten Blick einen Freund seines Vaters, denselben, welcher dem Hauptmann Leubelfing in dem für ihn tödlichen Duell sekundiert hatte. Er trieb seinen Fuchs zu der Linken des Schweden. Der Oberst, der in der letzten Zeit meist auf Vorposten gelegen, betrachtete den jungen Retter aufmerksam. „Entweder ich irre mich", begann er dann, „oder ich habe Euer Gnaden, wenn auch auf einige Entfernung, als Pagen neben dem Könige reiten sehen? Wahrlich, jetzt erkenne ich Euch wieder, ob Ihr auch etwas mondenblatz und schwermütig ausschaut." Dann, plötzlich von einer Erinnerung überrascht: „Seid Ihr ein Nüremberger", fuhr er fort, „uud mit dem seligen 'Hauptmann Leubelfing verwandt? Ihr gleichet ihm zum Erschrecken, oder eigentlich seinem Kinde, dem Wildfang, der Gustel, die bis in ihr sechzehntes Jahr mit uns geritten ist. Doch Mondenlicht trügt und he^t. Steigen wir ab. Hier ist mein Zelt." Und er übergab sein Rotz und das des Pagen einem ihn erwartenden Diener mit plattgedrückter Nase und breitem Gesichte, welcher seinen Gebieter mit einem gutmütigen stupiden Lächeln empfing.
(Fortsetzung folgt.)