Zweites
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Der Gruliiler
Samstag, de» 21. Mai IS32
Zweites
Vlatt.
Sv. Jahrgang
SMnende Wirtschaft
Wirtschaftliche Wochenschau
(Nachdruck verboten!)
,8- Die Weltkrise hat sich mehr und mehr auf die Tributfrage bezw. die Politischen Schulden zugespitzt. Aus Frankreich vernimmt man heute verständnisvollere Worte als ehedem. Der „Matin" (Paris) legte dar, daß Frankreich auf die Forderungen nach Tributerlaß nicht mit einem schroffen Nein antworten solle. Es sehe sich vielmehr gezwungen, „vom Buchstaben der Verträge abzusehen". Caillaux, der im kommenden französischen Kabinett einen bedeutsamen Platz einnehmen wird, erklärte, Frankreich sei bereit, „nützliche Opfer" zu bringen, „da sonst das Ende der Zivilisation nahe sei". Schließlich trat noch Prof. Gaston Jeze im „Journal des Finances" für völlige Streichung der Reparationen ein. So erfreulich diese neuesten Stimmen auch sind, so müssen wir uns doch auf einen harten Endkampf gefaßt machen. In einer Versammlung in London sprach sich der Konservative S. R. Horne recht pessimistisch über Lausanne aus.
Der Hilferuf Oesterreichs an Len Völkerbund veranlaßt den „Daily Telegraph" (London) zur Feststellung, daß Frankreich an dem heutigen Zustand Oesterreichs schuld sei. England zieht sich von einer Hilfsaktion zurück und stellt nun seine Wirtschaftspolitik mehr auf sein Imperium ein. Wahrscheinlich wird es in Lausanne versuchen, unter angelsächsischer Führung eine einheitliche Währungs- und Preispolitik zu finden. Gelingt das nicht, dann will England sein Imperium auf der Konferenz von Ottawa durch den Ausbau eines großen „Sterling-Clubs" enger zusammenketten.
Wenn auch der Goldbestand der Bank von Frankreich vom 29. April bis 6. Mai. um 477 Mill. Fr. auf 78,3 Milliarden Fr. auschwoll, so weiß Frankreich nur zu gut, daß sein wachsender Goldschatz ihm eher zum Fluche als zum Vorteil gereicht.
All diese Vorgänge sind für unsere Wirtschaft nicht gleichgültig. Es ist sehr bedauerlich, daß die deutsche Produktion seit dem letzten Höchststand um fast 50 Prozent zurückfiel und nur mehr 7,6 Prozent der Weltproduktion beträgt (gegen 10,6 im Jahre 1928). England und Frankreich konnten dagegen ihren Anteil an der Welterzeugung steigern. Allerdings ging im April die französische Ausfuhr auf 1,7 Milliarden Fr. (Vorjahr 2,8) zurück, sodaß sich ein Einfuhrüberschuß von 1,1 Milld. Franken ergibt.
Der deutsche Außenhandel nimmt nach der Abriegelung Englands und dem Ausfall Rußlands die längst befürchtete Entwicklung: Die Ausfuhr sank nämlich im April von 516 auf 472 Mill. RM. Dabei ging gerade die Ausfuhr der Fertigwaren zurück. Leider ist die Einfuhr von 363 auf 367 Mill. RM. angestiegen. Daß wir um 32 Mill. RM. mehr Rohstoffe benötigten, mag auf die leeren deutschen Lager zurückzuführen sein. Unverzeihlich ist dagegen die Mehreinführ von Kaffee und Südfrüchten (4- 6 und 2,4 Mill.). Auch die um 3,3 Mill. erhöhte Einfuhr von Küchengewächsen ließe sich doch durch den Ausbau unserer Gartenkulturen ausschalten. Von den 64 Mill. Mehreinfuhr erscheinen rd. 15 Prozent als durchaus überflüssig.
Der deutsche Binnenmarkt hat leider den Ausfall des Weltmarktes nicht ersetzt. Die geringe Belebung am deutschen Maschinenmarkt, der z. Zt. nicht einmal ein Drittel seiner Anlagen beschäftigt, wird längst durch die stockende Bautätigkeit ausgeglichen. So ist die Bauleistung in den ersten 3 Monaten von 1932 um mehr als die Hälfte geringer als im Vorjahr. Wenn auch im März die Zahl der Baubeginne höher lag als im Februar, so blieb sie doch gegen denselben Vorjahrsmonat um rd. 65 Prozent zurück. Unter solchen Umständen wird die Reform der Arbeitslosenhilfe immer dringender. Für 1932/33 brauchen wir für die Arbeitslosen rd. 3,6 Milliarden RM., wobei ein Fehlbetrag von rd. 4M Mill. RM. offen bleibt. Im günstigsten Falle ließen sich durch vorübergehende Suspendierung der Versicherung und durch „Dezentralisation" rd. 300 Mill. einsparen, sodaß noch rd. 200 Mill. zu decken wären.
Die Lähmung der Ausfuhr muß sich natürlich auch auf den Devisenstand der Reichsbank auswirken. Die Reichsbank hat trotzdem nach ihrem letzten Ausweis einen Zuwachs von 6 Mill.
deckungsfähiger Devisen und von 0,4 Mill. RM. Gold aufzuweisen. Die Devisenbilanz mutz sich aber durch die schrumpfende Ausfuhr weiterhin verschlechtern und wird ohnehin durch Stillhaltungen, Devisenzwangswirtschaft gestützt.
Produkten markt: Die Produktenmärkte waren bei stillem Geschäft kaum verändert. Auch in Futtermitteln und Kartoffeln ist dasJnteresse allgemein gering. An der Berliner Produktenbörse notierten Weizen 277 (— 1), Roggen 207 <4- 5), Futtergcrste 185 (— 1), Hafer 169 RM. je Tonne und Weizenmehl 36,5 (unv.) und Roggenmehl 27,75 (4- 0,25) RM. pro Doppelzentner. An der Stuttgarter Landesproduktenbörse blieben Wiesenheu und Stroh mit je 4,25 RM. Pro Doppelzentner unverändert.
Warenmarkt: Die Großhandelsindexziffer liegt gegen die Vorwoche mit 97,7 unverändert. Von einer saisonmäßigen Belebung ist noch nicht viel zu merken. Die Zahl der Insolvenzen nimmt gleichfalls nur langsam ab. Dabei ist eine Erleichterung beim Großhandel und in der Landwirtschaft überhaupt nicht zu spüren. Die Kaufhäuser melden ein unvermindertes weiteres konjunkturelles Äbgleiten des Umsatzes. Der Aprilumsatz an Ruhrkohle zeigt die schlechtesten Ziffern seit der Stabilisierung der Mark überhaupt. Nach einer Zusammenstellung liegen die Verkaufswerte bei städt. Grundstücken bei 50—60 Prozent des Vorkriegswertes, für ländliche Grundstücke bei 61 und in Zwangsversteigerungen sogar nur bei 39 Proz.
Vieh markt: Die Schlachtviehmärkte hatten nach dem Pfingstgeschäft ruhigen Verkehr. Mit der wärmeren Witterung geht der Fleischabsatz ohnedies etwas zurück. Die Preise waren gegenüber der Vorwoche wenig verändert.
Holzmarkt: Bauholz ist wieder etwas mehr gefragt, doch kann von einer Marktbelebung keineswegs gesprochen werden. Das Geschäft am Brettermarkt ist immer noch ungenügend.
Konkurse und Vergleichsverfahren. Neue Konkurse: Fa. Bühl und Fischer, Bankgeschäft in Leutkirch; Schwab. Jungborn e. Genossenschaft m. b. H-, Eßlingen in Nürtingen; Nachl. d. Weinwirts und Küfermeisters Friedrich Beutel in Stuttgart; Karl Mozer, Baugeschäft in Reutlingen; Friedrich Vollmer, Schuhsabr. in Fellbach. Vergleichsverfahren: Heinrich Kircher, Schuhgeschäft in Hall; Württ. Spar- und Hypothekenverein ÄG. in Künzelsau; Fa. Karl Rembold AG., graphischer Großbetrieb in Heilbronn; Ernst Nagel, Papiergroßhandlung Stuttgart.
Oedanlren SUin DreieiMA^eiskest
Das Dreieinigkeitsfest ist das Fest des Gottesgeheimnisses. Denn nichts anderes Will der Tag uns lehren, als daß wir Gottes Wesen nie erkennen können, wie er ist, und darum versuchen sollen, ihn wenigstens von drei Seiten her zu betrachten, von den drei Offenbarungen aus, die in den Namen Vater Sohn Geist beschlossen liegen. „Haushalter über Gottes Geheimnisse" nennt sich deshalb voller Stotz der Apostel, und man erwarte von einem solchen Haushalter nur, daß er treu erfunden werde; mehr nicht: er kann eben darbieten, was er seinerseits empfangen hat.
Sollte man nun nicht denken, daß unsere Zeit solchem Anerbieten mit besonderer Begierde sich zuwende. Denn der Name „Gottsucher" ist ja geradezu eine Lieblingsbezeichnung unserer Zeitgenossen geworden. Sich selber etwas bemitleidend — er hat es nötig! — bekennt sich der moderne Mensch zwar nicht zum Christentum, nicht einmal zur Religion, kaum zur Frömmigkeit, aber er ist „Gottsucher". Sucht er Gott? O nein! Das fällt ihm gar nicht ein; er bewundert nur sich selber im Prophetenmantel und kokettiert mit einer frivolen Gottlosigkeit, der man den fadenscheinigen Schleier des Gottsuchertums umhängte. Wie wird Gott einmal diesen Schleier zerreißen und solcher Scheinheiligkeit ein Ende bereiten! Hat denn Christus umsonst gelebt? Wer den Sohn siehet, der siehet den Vater. Haben denn die Apostel umsonst gewirkt? Ich bin ge
wiß, daß nichts mich scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem Herrn. Ist das Zeugnis der Märtyrer, das Wort der Reformatoren die Tat unserer Helden umsonst? Soll diese Hartherzigkeit, diese Bequemlichkeit, dieser Mangel jeglichen Ernstes, soll diese schleckige und ungeschlachte Art weiteres Zeugnis empfangen? Es wird ihnen kein anderes Zeichen gegeben werden denn das Zeichen des Propheten Jona!
Es gab Zeiten, da ernste und tiefgründige Menschen Gott suchten; das waren die Philosophen des alten Indien und China, des späteren Aegypten und Griechenland. Ergreifend bohrten sie sich in die Geheimnisse der Schöpfung und Erlösung ein und suchten zu sehen, was ihnen versagt ward. Aus der Natur, aus der Geschichte, aus der Mathematik und ihrem ewigen Gesetzen hofften sie die Konturen der göttlichen Erscheinung herauslesen zu können; umsonst. Das waren Gottsucher. Wenn aber heute einer mit einer gewissen Absichtlichkeit an Jesus vorbeigeht, um Gott zu „suchen", obwohl er ihn heute noch finden, ihm heute noch Nachfolgen könnte, dann ist das ein Spielen mit dem Heiligen, vor dem wir nur erschrecken können. Das sind künstliche Heiden, die vor der Offenbarung des Vaters im Sohne die Augen verschließen, weil sie ihn nicht erkennen wollen; sie gefallen sich darin, Gott nicht zu beachten, aber ihres „Gottsuchens" sich zu brüsten. Die Heiden sind Menschen, die Gott zwar ahnen, aber noch nicht haben. Ihr ehrliches Suchen hat etwas Ergreifendes an sich. Wer sucht, obwohl er haben könnte, der ist Schauspieler oder Narr. Und unser Urteil über derartiges Getue kann nicht scharf genug sein.
Gott hat sich der ganzen Menschheit geofsenbart als der Vater Jesu Christi: ein Paulus, ein Petrus, ein Johannes haben geistesgewaltige Zeugnisse davon abgelegt; Hunderttausende von Missionaren sind seit 1900 Jahren nicht müde geworden, diese Offenbarung unter Einsatz auch ihres Lebens der ganzen'Menschheit zu verkündigen. Und das Neue Testament, dieser unversiegbare Jungbrunnen seelischer Erneuerung und Festigung und Erlösung, ist das billigste und erhältlichste Buch geworden. Und es ist so recht das „Buch des Sohnes", das „Buch der Offenbarung des Vaters". Und dieser Vater Jesu Christi ist auch unser Vater, denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit!
Ja, in einem Verstände müssen auch wir alle Gott suchen: nicht in dem Getändel des modernen Menschen, auch nicht des heutigen Gebildeten, sondern mit dem glühenden Eifer Jakobs: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!" Mit dem ganzen Ernst, der immer wieder erfahren muß, Laß er noch nicht so des Herren ist, wie er sein möchte; und daß ihn eigene Sünde immer wieder trennt von der ganzen Erkenntnis Gottes.
Denen, die solcherweise suchen, gilt auch auf diesen schwierigsten Forschungswegen das tröstliche Wort des Herrn: „Suchet, so werdet ihr finden! Klopfet an, so wird euch aufgetan!"
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OS/-//77S/7/
17. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
„Aber wie kam denn überhaupt die Rede aus mich?" wollte Leo wissen.
„Durch Miß Keßlers Plan, eine Pferdezucht anzulegen. Doktor Paulsen hörte davon — Sie wissen ja, daß auch er ein Pferdefanatiker ist! — und hatte nichts eiligeres zu tun als der Gutsherrin zu empfehlen, sich in dieser Sache an Sie, den Rennstallbesitzer, zu wenden, ein Vorschlag, der um ein Haar den ungeteilten Beifall der jungen Dame gefunden hätte, wenn — ja, wenn da nicht der Medizinalrat mit seinen Klatschgeschichten auf den Plan getreten wäre!"
l „Aha! Und die Räubergeschichten, die er durch sein Söhnchen über meine Wenigkeit bezieht, hat er schleunigst aufgetischt!"
Graf Brendnitz nickte. „Es ist anzunehmen, daß es so gekommen ist, denn seit Rüttmayers Besuch auf Holden- bach waren Sie bei der Miß sozusagen unten durch!"
Leo sprang auf und eilte aufgeregt hin und her.
„Zum Teufel!" schrie er. „Wäre dieser Rüttmayer nicht gewesen-"
„— so säßen Sie heute aus Gut Holdenbach als der Hahn im Korbe!" ergänzte Brendnitz lächelnd; „denn alles, was mit Pferden zusammenhängt, ist Fräulein Keßlers Leidenschaft. Ich glaube bestimmt, sie hätte sogar ihre Männerseindschaft etwas zurückgesteckt — der Gäule wegen, die Sie ihr besorgt hätten!"
In Leo kochte es.
O. jetzt dieses Bürschchen von Zahnarzt hier haben!
„Warum haben 8 i e denn nicht meine Partei ergriffen?" rief er, Brendnitz verzweifelt anstarrend.
Der zuckte die Schultern. „Ich habe getan, was ich tun konnte, lieber Freund, aber Sie dürfen nicht vergehen, daß Miß Keßler einen Kopf von Eisen hat — und was sich
in diesem Eisenkops festsetzt, das sitzt! Und wenn tausend Brendnitz« kämen! Mein Töchterchen hat Sie sogar in Schutz genommen und ihr gesagt, Sie, der Baron, seien sicher nicht so schlecht, als wie es der Medizinalrat erzähle. Aber da hat ihr Miß Keßler das Wort vom Munde abgeschnitten und gesagt, sie wisse genug — und wenn nur ein Drittel von dem wahr sei, was Doktor Rüttmayer ihr von dem Bummelbaron erzählt habe, so genüge das doppelt und dreifach!"
Leo stampfte mit dem Fuße auf. Sein Gesicht glühte in einer dunklen Röte.
„Noch in dieser Stunde reite ich hinüber!" preßte er zwischen den Zähnen hervor.
„Sie sind unklug!"
„Soll ich das alberne Gewäsch auf mir fitzen lasten? Soll ich in ihren Augen tatsächlich nichts anderes als eine Drohne, ein Bummelbaron sein? Nein — ich werde ihr beweisen, wer ich bin!"
Ein wolgefälliger Blick war es. mit dem Brendnitz die Gestalt des erregten Sprechers in ihrer gereizten Gestrafft- heit streifte. Dennoch sagte er: „Beschlafen Sie sich die Geschichte erst noch einmal und vergessen Sie nicht, daß die Herrin von Holdenbach Ihr Kommen — erwartet!" „Der Vummelbaron wird es nach Ankunft auf seinem Eul für seine allererste Pflicht halten." sagte sie wörtlich, „seine Nachbarn, also auch mich, durch einen Neugierbesuch von der Arbeit abzuhalten!" — Diese Aeußerung, Baron, mußte Ihnen zu denken geben! Miß Keßler ist auf Ihren Besuch vorbereitet und hält unter Garantie eine Unzahl von Demütigungen für Sie bereit, denn Sie erblickt eben in dem Vummelbaron nichts anderes als einen ewig liebegirrenden. faden. Komplimente schmiedenden, arbeitsscheuen und nur auf Frauenverführung ausgehenden Lebe-
Heller Zorn flackerte in Leos Blicken auf. „Und zu alledem soll ich schweigen? Das kann ich einfach nicht!"
„Wer verlangt denn von Ihnen, daß Sie diese — hm — diese falsche 'Einschätzung auf sich sitzen lasten sollen? Ich qanz gewiß nicht. Meine Mahnung klingt nur so: Hüten Sie sich vor Miß Evelyne Keßler! Sie ist eine eben
so kluge wie eigensinnige Frau! Wollen Sie trotz alledem
den Kampf mit ihr um Ihre Rehabilitierung aufnehmen, so ziehen Sie nicht zornerfüllt und gekränkt ins Gefecht, sondern zielbewußt und nach wohldurchdachtem Plan. Freilich — das Wie? ist Ihre Sache; aber ich nehme an, daß es Ihnen auf diese oder jene Weise eines Tages gelingen wird, ihr eine bessere Meinung von dem „Bummelbaron" beizubringen."
Wie im Traum ritt Leo von Heigel ein Viertelstündchen später den Weg zurück, den er gekommen.
Vummelbaron!
Seine Hände ballten sich zu Fäusten. So einer war er also in ihren Augen! So einer! Aber er dachte nicht daran. das auf sich sitzen zu lasten! Brendnitz hatte Recht: die Suppe mußte kalt gegessen werden, sollte sie bekommen.
Allmählich wurde er ruhiger und versank in ein dumpfes Brüten, so daß er den heranbrausenden Kraftwagen erst beobachtete, als sein Pferd kerzengerade in die Höhe stieg und ihn eine undurchsichtige Staubwolke vollkommen einhüllte.
„Chausteeflöhe, infame!" schimpfte er — ein Ausruf, den er aber gewiß etwas zartvoller geformt hätte, wäre ihm bekannt gewesen, daß das Brendnitzsche Automobil diesen „Chausteefloh" verkörperte —.
Es war wirklich der gräfliche Wagen, der von der Bahnstation kam und nun. von Johann gesteuert, in haarsträubendem Tempo seinem Ziele zujagte. Mehr als einmal sah sich Tante Elisa während dieser Fahrt bereits mir verstümmelten Gliedmaßen im Straßengraben liegen, und so kam es, daß sie das Auftauchen des alten Vrendnitzer Parkes als eine wahre Erlösung aus Folterqualen betrachtete.
Auf der Freitreppe hatte sich Graf Hugo eingefunden. Anscheinend vermißte er jemanden, denn seine Blicke schossen nervös nach rechts und links. Als sein Forschen jedoch ergebnislos verlief, nahm er höchst eigenhändig den herrlich duftenden Strauß frischgeschnittener, langstieliger Rosen aus den Händen des neben ihm stehenden Gärtners entgegen und eilte damit auf die soeben dem Gefährt entsteigende Schwester zu. (Fortsetzung folgt.)
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