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Amtsblatt für den GberamtsbezirkNeuenbürg
Kr. SS Freitag den 2S. April 1S32
Internationale MrMastStonserenz
zur Senlung der 3olltariie?
Ein Schritt der Mächte in Kowno
Washington, 28. April. Das Repräsentantenhaus hat die von den Demokraten eingebrachte Vorlage über dte Zolltarife angenommen, die dem Präsidenten die Vollmacht nimmt, die Sätze der Einfuhrzölle abzuändern. Diese Vollmacht soll wieder dem Kongreß verliehen werden. Die Vorlage ersucht ferner den Präsidenten Hoover, sich für die Einberufung einer internationalen Wirtschaftskonferenz einzusetzen, die vor allem eine Senkung der Zolltarife herbeiführen soll. Man nimmt an, daß Präsident Hoover sein Veto gegen diese Vorlage einlegen wird.
Der Verband britischer Industrien gegen Verleihung engl. Kapitalien ans Ausland
London, 28. April. Der Verband britischer Industrien, der schon immer für die Idee einer Autarkie des britischen Reiches eingetreten ist, veröffentlicht eine Broschüre über die neue Währungs- und Jndustriepolitik Englands. In dieser Veröffentlichung wird u. a. erklärt, daß jetzt der Augenblick gekommen sei, wo mit der engl. Politik, britische Kapitalien an andere Volkswirtschaften zu verleihen, gebrochen werden müsse. Englische Kapitalien seien nur der englischen Industrie im Empire zur Verfügung zu stellen oder höchstens den fremden Ländern, deren Industrien mit der englischen Produktion nicht in Konkurrenz stehen.
Kreuger macht Schule
London, 28. April. Paul Richard Kuehnrich, ein früherer Direktor der Firma Darwind limited, der eine führende Persönlichkeit in der Stahlindustrie von Sheffield ist, wurde in seinem Hause Hollh Court in Sheffield erschossen aufgesunden. Am Mittwoch war mitgeteilt worden, daß Kuehnrich eine Urkunde unterzeichnet hatte, wonach er seine Aktiven an seine Gläubiger überlassen hat. Er hatte schwere Verluste in der Universal-Stahlkorporation erlitten.
Kein österreichisches Moratorium
Wien, 28. April. Wie die amtliche Nachrichtenstelle mitteilt, entbehrt die Meldung, Oesterreich sei im Begriff, ein Moratorium zu erklären, jeder tatsächlichen Grundlage. Die Meldung sei besonders deshalb falsch, da sie mit den schon wiederholt abgegebenen Erklärungen der maßgebenden österreichischen Stellung in offenem Widerspruch stehe.
Kowno, 28. April. Die Vertreter Frankreichs, Großbritanniens und Italiens setzten heute den Minister des Aeußern von der Auffassung ihrer Regierungen hinsichtlich der Wahlen zum Memeler Landtag in Kenntnis, die folgende Punkte betrifft:
1. Die Ernennung und die Tätigkeit der Wahlausschüsse mutz unter gerechten Bedingungen gewährleistet werden.
2. Das Recht der Abstimmung darf nur Personen gewährt werden, die einen festen Wohnsitz im Gebiet von Memel haben.
3. Während der Wahlen ist Gewähr für Presse- und Versammlungsfreiheit gegeben.
Der Minister des Aeußern erklärte, die litauische Regierung stimme mit der Auffassung der Signatarmächte vollkommen überein. Er habe schon vorher alle Maßnahmen ergriffen, die er für nötig halte, um die Freiheit und Unver- fälschtheit der in einigen Tagen stattfindendrn Wahlen zu gewährleisten.
In Berliner politischen Kreisen hat die Erklärung des litauischen Außenministers, wie WB. dazu bemerkt, Erstaunen hervorgerufen. Bis jetzt ist nicht beobachtet worden, daß den Forderungen der Signatarmächte im voraus durch irgendwelche Maßnahmen litauischerseits Rechnung getragen worden sei. Die Wahlausschüsse (Wahlkommissionen) sind nach wie vor vorwiegend einseitig mit großlitauisch eingestellten Personen besetzt und üben auf dieser Grundlage ihre Tätigkeit aus. Die Einbürgerung von Litauern ans Grund der bekannten ad hoc erlassenen Verordnungen, welche n. a. die Voraussetzung des einsähriaen Wohnsitzes zur Erlangung des Bürgerrechts abgeschafft haben, sind nicht rückgängig gemacht worden und geeignet, das normale Wahlbild künstlich zu verändern. Zur Illustrierung der angeblich gewährleisteten Versammlungsfreiheit genügt es, auf die Vorfälle hinzuweisen, die in den letzten Tagen in Schmalleningken und Memel sich bei den Wahlversammlungen deutscher memelländischer Parteien abgespielt haben.
Berlin, 28. April. Wie wir erfahren, hat die Reichsregierung die durch die britische Botschaft übermittelte Einladung Wr Lausanner Konferenz am 16. Juni angenommen. Die Reichsregierung hat sich gleichzeitig damit einverstanden erklärt, daß die Einladung der kleineren Staaten durch die britische Regierung erfolgt.
Der Reichskanzler vor der Weltpreise
Genf, 28. April. Reichskanzler v. Brüning empfing heute abend die Vertreter der Weltpresse, um sich vor ihnen über seine Genfer Besprechungen zu äußern. Er erklärte einleitend, er sei nach Genf gekommen, nicht, um in die öffentliche Debatte des Hauptausschusses der Abrüstungskonferenz einzugreisen, sondern um mit den führenden Staatsmännern der verschiedensten Nationen sich über die schwebenden wichtigen Fragen zu unterhalten. Er verspreche sich von solchen Unterredungen immer außerordentlich viel, und auch diesmal sei der Boden für eine ganze Anzahl von Fragen geklärt worden. Er habe außerordentlich bedauert, daß der französische Ministerpräsident erkrankt sei, zumal durch diese Erkrankung die Besprechungen in dieser Woche nicht fortgesetzt werden können.
Die deutsche Stellung in der Abrüstungsfrage habe sich nicht verändert. Deutschland halte an seinem Standpunkt der Gleichberechtigung und an der Notwendigkeit einer tatsächlichen Abrüstung fest. Darüber sei sich das deutsche Volk durchaus einig, so groß auch sonst die Parteiunterschiede sein mögen. Der Reichskanzler betonte den Zusammenhang der Politischen und wirtschaftlichen Fragen, die gegenwärtig die Belt bewegen und wies darauf hin, daß man auch in der Reparationsfrage den Tatsachen ins Gesicht sehen müsse. Es handle sich nicht nur um wirtschaftliche und technische Dinge, sondern darum, die psychische Grundlage für ein größeres Vertrauen der Völker zu schaffen. Man sollte sich nicht dadurch entmutigen lassen, daß die Dinge nicht so schnell gelöst Werden können, wie man es wünschen möchte. Die Tatsachen hätten ein ganz außerordentlich schnelles Tempo angenommen «nd ihm müsse sich auch das Tempo der Beratungen anpaffen, Wenn die Lösungen nicht zu spät kommen sollten.
Der Reichskanzler warnte vor einer zu langsamen und nicht völligen Lösung der angedcuteten Fragen. Deutschland wisse, daß die Probleme nicht allein von Deutschland gelöst werden können, und daß eine internationale Zusammenarbeit And insbesondere die Mitarbeit Frankreichs heute notwendiger m denn je. Man müsse heute Schluß machen mit dem Zwischenzustand zwischen Krieg und Frieden und zu einem wirklichen, auf freier Verständigung beruhenden Frieden gelangen. Man dürfe nicht vergessen, daß die erregte Politische «timmung in Deutschland zu einem ganz großen Teil zurück- Mge auf die wirtschaftliche Not, die aus dem deutschen Volk wstet und daraus, daß Deutschland in allgemeinpolitischer Umsicht allzuviele Enttäuschungen zugemutet worden sind. Das deutsche Volk, so betonte der Reichskanzler zum Schluß, wi in jeder Beziehung ein friedliebendes Volk und von der Notwendigkeit der internationalen Zusammenarbeit überzeugt. Diese Haltung werde ihm aber erleichtert werden, wenn man
ihm Gerechtigkeit widerfahren lasse und ihm in schwierigen Augenblicken Hilfe leistet. Dann werde Deutschlad ein starker Garant des Weltfriedens sein.
Wiederaufnahme der unterbrochenen Genfer Besprechungen nach Pfingsten?
Gens, 28. April. Aus Konferenzkreisen verlautet, daß man auf englischer Seite mit einer Wiederaufnahme der jetzt unterbrochenen Staatsmännerbesprechungen über die Abrüstungsfrage nach Pfingsten, und zwar am 18. Mai, rechnet.
Die NSDAP, arbeitet im Reichstag mit
München, 28. April. Laut Mitteilung der Nationalsozialistischen Korrespondenz wird sich die nationalsozialistische Reichstagsfraktion am 9. Mai an allen Arbeiten des Reichstages, auch an den Ausschutzarbeiten, beteiligen.
Auszug der Natioualfozialisteu aus dem Thüringer Landtag
Weimar, 28. April. Der Thüringer Landtag nahm heute mit der ersten Lesung des Haushaltsplanes die Plenarsitzungen wieder auf. Die Nationalsozialisten beantragten vor Eintritt in die Tagesordnung die sofortige Beratung ihres Antrages auf Auflösung des Landtages. Der Antrag wurde aber abgelehnt, worauf die nationalsozialistische Fraktion geschlossen den Sitzungssaal verließ. Die Sitzung verlief im übrigen ruhig.
Italiens Luftwaffe
Rom, 28. April. Der Zukunftskrieg in der Luft wird sich in Höhen von über 10 MO Metern abspielen und es gilt, sich entsprechend vorzubereiten; so erklärte Lnftfahrtminister Balbo in der Kammer bei der Beratung des Haushaltes für die Luftfahrtwaffe. Die letzten italienischen Jagdflugzeuge erreichten bereits die Geschwindigkeit von 325 Kilometern bis zu 5000 Meter Höhe und darüber hinaus bis zu 360 Stundenkilometer. Man hält in italienischen Fliegcrkrcisen die Möglichkeiten, die sich aus der Ueberwindung dünner Luftschichten ergeben, für so gewaltig, daß Prämien an Flieger in Italien überhaupt nur noch verteilt werden, wenn sie ihre Flüge in Höhen von über 10 OM Metern und mit über 500 Stunden-Kilometer Geschwindigkeit durchzuführen imstande sind. Balbo verglich das Budget der italienischen Fliegerei von 751 Millionen Lire mit dem der Franzosen, das über 3X Milliarden Franken verschlinge, und forderte das Parlament auf, die „vom Faschismus aus dem Nichts geschaffene Flugwaffe" nicht wieder in Zerfall geraten zu lassen.
SV. gabraang
Japans Fiele
Aus dem Fernen Osten erhalten wir von gut unterrichteter Seite nachstehende interessante Ausführungen über die weltpolitisch so bedeutsamen Vorgänge in Ostasien.
i8- Schon im Jahre 1930 hatten die Japaner den Plan fertig, den sie jetzt mit der ihnen eigenen Folgerichtigkeit ins Werk setzen. Dieser Plan sah Folgendes vor:
Die Besetzung der Mandschurei und deren Umwandlung in einen Pufferstaat mit dem früheren chinesischen Kaiser an der Spitze, der ein gefügiges Werkzeug der Japaner ist. Seine Diktatur ist nur eine Scheindiktatur. Er soll außer der Mandschurei auch die Mongolei regieren, d. h. er tut es schon. Durch die Ergreifung dieser Gebiete vergrößern die Japaner nicht nur ihre Kolonisationsmöglichkeiten, sondern sie bilden auch ein Bollwerk gegen die bolschewistische Propaganda in Korea und Japan.
Durch den Ueberfall aus Schanghai und dessen Hinterland haben die Japaner die Aufmerksamkeit der ganzen Welt, namentlich aber der Vereinigten Staaten, von ihren eigentlichen Plänen ab gelenkt. Sie hoffen dadurch ohne Lärm ihre Angelegenheiten in der Mandschurei und Mongolei zu Ende zu führen. Außerdem konnten sie dadurch am besten die Einstellung der europäischen Staaten Japan gegenüber ergründen. Auch die Kriegsbereitschaft der Vereinigten Staaten muß sich setzt offenbaren. Die Affäre von Schanghai war nur ein Manöver, das die wirkliche Arbeit Japans in der Nordmandschurei und der Mongolei, sowie Sowsctrutzland gegenüber verschleiern sollte.
Durch die Schaffung eines mandschurischen Staates und die Erregung von Konflikten längs der russisch-chinesischen Grenze will Japan die Sowjetregierung zwingen, ihm den Krieg zu erklären. Zu diesem Zweck fordert es Sowjetrußland auch noch dadurch heraus, daß es die ostchinesische Eisenbahn zum Teil der Verwaltung der Weißen russischen Abteilungen im Fernen Osten anvertraut, diese Emigranten- Abteilungen in jeder Weise unterstützt und deren Partisanenausfälle gegen die Bolschewisten fördert.
Der Plan ist ferner, einen großen Pufferstaat vom Baikal bis zum Ozean zu gründen, der den Weißen russischen Abteilungen unter japanischem Protektorat überlassen werden soll. Infolgedessen wird jedenfalls in ganz Sibirien ein allgemeiner Aufstand gegen die Sowjets ausflammen und möglicherweise der Sturz der Bolschewisten erfolgen. Dadurch entfällt für Japan die große Gefahr der bolschewistischen Propaganda im Osten und in Japan selbst.
Dies ist das vollständige Programm. Die beiden ersten Punkte sind schon zur Ausführung gekommen. Eben wird die Ausführung des dritten Punktes vorbereitet, die für diesen Sommer vorgesehen ist. Sie kann sich aber auch verzögern. Aber daß die Japaner darnach streben, Wladiwostok zu besetzen, kann keinem Zweifel unterliegen.
Eine noch entschiedenere Fassung der Entschließung des Neunzehner-Ausschuffes
Genf, 28. April. Der Neunzehner-Ausschuß, der sich mit dem fernöstlichen Konflikt beschäftigt, ist heute nachmittag zu einer nichtöffentlichen Sitzung einberufen worden. Wie verlautet, steht jetzt die Tatsache zur Erörterung, daß die japanische Regierung, obwohl sie die Kompromißsormel des britischen Gesandten in Schanghai angenommen hat, den Entschließungsentwurf, der die gleiche Formel enthält, ablehnt und zwar mit der Begründung, daß der Neunzehner-Aus- schuß sich nicht in die Einzelheiten des Waffenstillstandes einzumischen habe. Andererseits hat die chinesische Regierung mitgeteilt, daß sie die Wassenstillstandsverhandlungen in Schanghai unterbrochen habe, da sie den Waffenstillstand nur annehmen könne, wenn die Entschließung des Neunzehner- Ausschusses gleichfalls von der japanischen Regierung angenommen werde. Angesichts dieser Lage, die seit Wochen aus einen Fortschritt einen unerwarteten Rückschlag in den Verhandlungen des Völkerbundes mit der japanischen Regierung folgen läßt, besteht bei einer Anzahl von Delegationen die Neigung, eine noch entschiedenere Formulierung, als sie die gegenwärtige Entschließung Vorsicht, vorzuschlagen.
Dölkerbundsverfammlung für Samstag einberufen
Gens, 28. April. Die heutige Sitzung des Neunzehner- Ausschusses für den chinesisch-japanischen Konflikt hatte das überraschende Ergebnis, daß die Völkerbundsbersammlung auf kommenden Samstag vormittag zur Annahme der Entschließung über die Schanghaier Waffenstillstandsverhandlungen einberufen wurde.
Wie verlautet, hat sich Japan nunmehr einverstanden erklärt, daß die Schanghaier Kompromißformel über die Befugnisse der Gemischten Waffenstillstandskommission in der Räumungsfragc auch in den Text der Entschließung ausgenommen wird, sodaß deren einstimmiger Annahme nichts mehr im Wege stehen dürste.
Stürmische Szene« im irischen Parlament
Dublin, 28. April. Im irischen Parlament kam cs heute bei der Debatte über den Gesetzentwurf zur Abschaffung des Treueides zu überaus stürmischen Auftritten. So erklärte der Abgeordnete der Republikanischen Partei, Danbreen, bei einer Anspielung auf die Wirren der irischen Revolution, daß sein Bestreben gewesen sei, wenn möglich, den Marschall French zu töten, um auf diese Weise den Bruch mit Großbritannien herbeizuführen. Wenn sich ihm Gelegenheit böte, fügte er hinzu, würde er sofort diese Tat begehen.