Zweites

Vlatt.

M.S«I

Der GmtSIer

Donnerstag den 24. Dezember I S31

Zweites

Vlatt.

8S. Jahrgang

W»WW!U

MV

MM

In Sethlehems Stall

Das Oechslein spricht zum Eselein:

Woher nur mag es kommen,

Daß ein so Heller Himmelsschein In dieser Nacht entglommen?"

Der Esel spricht:Ein seltner Fall,

Nie sah ich solch Gefunkel.

Sonst blieb es doch in unserm Stall Zur Nachtzeit immer dunkel?"

Und währerrd Ochs und Esel sich Noch Wundern Übermaßen,

Da klingt und singt es freudiglich Schon draußen auf den Straßen.

Drei Männer treten still herein.

Das Kindlein zu begrüßen.

Und Wersen sich im Sternenschein Der heiligen Frau zu Füßen.

Sie bringen Weihrauch, Myrrhen, Gold.

Die frommen Hirten singen

Das Jesukindlein lächelt hold Zu all den schönen Dingen.

Das Oechslein spricht zum Eselein:

Heut ist der Herr geboren."

Der Esel schaut verwundert drein Und schüttelt seine Ohren.

Er ruft:Laß uns auch singen dann"

Und Ochs und Esel schreien.

Das Kindlein hört sich lächelnd an Die seltnen Melodeien.

Richard Zoozmann

»Wodl ruderhalbenllacht"

Feiertagsgedauken

-r.Wohl zu der halben Nacht", in die Wegmitte der dunklen Jahrhälfte haben sich die Menschen holdselige Feier­tage in den Kalender gesetzt. Das Licht, das uns Wohl mitten in der Nacht leuchtet, das so Hellen Freudenschein, so heimlich warmen Schimmer in unser Leben gibt, ist gefaßt in eine lange Reihe goldener Feierstunden. Wie wunderfein ist das!

O Mensch, sieh einmal den Himmel über dir bei Tage an, im Strome seines Licht! Wie fern ist er! Wie klein ist auch das Stück deiner Erüenwelt, in das du sehen kannst! Der Blick ist so vielfach gehemmt von den Dingen, La unser Auge nicht durchdringen kann: hier unten die Bergfalten der altern­den Erde zwischen unten und oben aber das Gewoge der

Wolken. ....

Im Dunkel der Nacht versinkt jede Schranke. Unendlich weit wölbt sich der Himmel, die Sterne leuchten aus grenzen­losen Welträumen her. Sie leiten den träumenden Denker rn unermeßliche Fernen, in Fernen, die dem hellsten Licht des Tages verschlossen bleiben.

Ist das nicht alles ein Gleichnis für unseren inneren Menschen, für unser Geistesleben und das Leben unserer Seele?

Der laute Tag der Hastenden Arbeit ein gleißend Blend­werk ist er. Noch in die Dunkelheit des Abends und der Nacht wirft er aus Millionen glühenden Augen eine sinnbetörende Lichtflut. Bezaubernd schön sind oft die nachttagen Straßen der Städte. Dennoch umschränkt ihr Licht unseren Geist und lastet auf der Seele. Mitleuchtenden" Ketten binden sie die Kräfte aus der oberen Welt in uns an die irdischen Dinge. Wie sehr lastet der Alltag dieser Welt auf ihren zarten Flügeln. , .

Voll Sehnsucht schweift der Blick in die Höhe und lucheud in die Weite. Er sieht keinen Stern mehr leuchten aus der unendlichen Welt. Das Licht der Erde blendet die feinen Seelenaugen. Müde und verzagt wenden sich Geist und Seele hin zu den nahen, schillernden Dingen des wertlosen Alltags und verzehren in Leid und Not ihre Kräfte. Der Mensch aber wird nur noch ruhloser im Suchen nach seinem Ziel, von dem er noch tiefe Ahnung in sich trägt. Es wird immer nächtiger um ihn.

Aber je mehr es nachtet mir ihn, umso mächtiger erwacht in ihm die Sehnsucht nach Licht, nach Ruhe und Frieden. Mit roten Zeichen malt sich der Mensch seine Feiertage in den Kalender, nicht einen nur, sondern mehrere.Wohl zu der halben Nacht!" Ja! Mitten in der Nacht müssen diese Frie­denstage stehen. Ohne das grelle Licht der Erdentagc, ohne den Lärm, mit dem der Alltagfeiert".

So nur wird es Licht in uns. So nur vermag der Geist in die Weite des Alls zu dringe» und die Seele sich zu er­heben über Zeit und Raum.

Unsere Feiertage müssen wieder leere Tage werden nach außen hin,dunkle" Tage, dann erst weiten sie sich nach inner: und werden Tage des Herrn, Tage des Herzens. Nur irr der

Stille werden unsere Seelenaugen sehend für die Dternen- pracht der inneren Welten. Dann spüren wir, wie ein Mäch­tiges zu urrs herabsteigt und uns berührt mit belebender Hand. Ein wundersamer Friede kommt über uns. Nichts, kein Leid der Zeit, kann uns mehr schrecken. Die Ewigkeit neigt sich uns zu.

Das ewig' Licht geht da herein, gibt der Welt ein' neuen Schein!"

Wohl sollte jeder Sonntag ein solcher Feuer-Tag sein! Aber er ist zu kurz, um zwischen der Abend- und Morgendämmerung des lärmenden Tages durch die Tiefe der Nacht zu führen.

Umsomehr müssen wir uns freuen an der weihnächtlichen Feiertagsreihe. Immer noch zwingen sie uns, sie als die still­sten Feiertage des ganzen Jahres zu feiern. Der heimelige Schimmer der Kerzen bannt die Menschen noch immer in die Verborgenheit des traulichen Heims, er lockt sie noch immer aus der Welt Zerstreuung hinein indie Nacht" der häus­lichen Einsamkeit.

Inder Nacht" zu bleiben in der allen Menschen eine Seherstunde wird, in der sie ihren höchsten Wert, ihr Wesen entdecken, von einer Ewigkeit hergekommen und für eine Ewig­

keit gegeben, das ist für viele Menschen so schwer. Sie fürch­ten die Feiertage in ,cher Nacht", weil sie sich selber fürchten. Denn in dieser Dunkelheit versinkt aller Schein, alles Unechte. Da tritt kein anderer für ihn ein!" Und kein anderes.Aus sich selber steht er da ganz allein". Aber eben da naht sich ihm die große Gnade. Da findet er plötzlich die kostbare Perle, den vergrahenen Schatz im Acker seine Seele. Leise erst, dann immer mächtiger quillt dann das Brünnlein des ewigen Lebens aus der aufgebrochenen Tiefe der Herzens und leuch­tende Augen künden von seliger Erneuerung.

Wenn der Mensch einmal gelernt hat, imDunkel" stiller Feiertage glücklich zu sein, dann hat er eine Kraftquelle für alle Verhältnisse des Lebens und alle seine Beziehungen. Er ist dann selber eine Christkerze geworden mit Hellem, wärmen­dem Schein, ein Licht, das friedvoll leuchtet um und um für eine Gemeinschaft stiller, hochgemuter Menschen, die das Ewige bindet und trägt gleich ihm, und die es hinaustragen zu den Menschen, die noch irren im Blendscheinr des Tages.

O du Mensch, freue dich deiner FeiertageWohl zu der halben Nacht!" Mache sie zu Weihenächten, daß du Träger wirst des Ewigen Lichtes und ein Friedefürst in der friede­losen Finsternis dieserlichterfüllten" Zeit.

Lin kaum trennt aut äem keläe

Eine Weihnachtslegende von Will Vesper

Es ist eine kalte, nordische Winternacht. Seit Tagen und Nächten fällt der Schnee und fällt immer noch. Ein kalter östlicher Wind reißt ihn in schrägen grauen Strichen vom tiefen Himmel herab gegen die Erde. Zwei Wanderer schlep­pen sich langsam über das Weiße Feld durch die beginnende Dämmerung. Der vorderste der beiden einsam Schreitenden, der mühsam die Bahn tritt, ist, wie man an dem schmalen, aus den umwickelten Tüchern blickenden Gesicht sieht, ein jüngerer Mann. Noch mehr als er ist sein Gefährte in ein sackartiges Tuch ganz eingehüllt. Ein paar lange weiße Haare wirbelt der Wind über seine Stirne. Sein Bart hängt voll Eis und Schnee. Aber unter den buschigen weißen Brauen blicken zusammengekniffen ein paar junge kecke und fröhliche Augen hervor. Der Jüngere aber schreitet wie im Schlaf mit festgeschlossenen Augen unermüdlich vorwärts.

Es war schon ganz dunkel und tiefe stöhnende Nacht, als die beiden an den Bauernhof kamen. Aus einigen Fenstern kam Licht.

Die beiden verschnauften einen Augenblick in der Wind­stille hinter der Hauswand. Der Jüngere setzte sich ganz er­mattet auf einen verschneiten Karrenbaum in der: matten Lichtschimmer, der durch die Fenster kam. Der Aeltere ging auf die Türe zu.

Sie werden dir nicht aufmachen," sagte der Junge mit einer seltsam wohllautenden Stimme.Sie sirrd so veräng­stigt und erbost durch das viele Kriegsvolk."Aber wohin sollen wir denn?" sagte der andere.Sie müssen uns öffnen. Es ist auch Heiliger Abend. Ich.werde sagen: um Christi Willen." Er stand schon an der Türe und schlug heftig da­gegen. Im Innern wurde sogleich alles Licht verlöscht und niemand antwortete dem Klopfen. Aber der Alte gab nicht nach.He, holla!" rief er,macht auf. Zwei verirrte Wan­derer. Habt keine Furcht! Üm Jesu Christi willen macht auf! wir erfrieren!"Um so besser!" sagte ein struppiger Bauer, der das Gesicht aus einer Stallucke steckte, mutig geworden, als er sah, daß er nur die beiden vor sich hatte.Um so besser. Hier kommt niemand herein und wir haben selbst nichts."

Um Christi willen", sagte der Mte noch einmal.Ihr Werder es bereuen, wenn ihr uns nicht einlaßt."Oho!" rief der Bauer.Ihr wollt noch drohen? He, Hannes, daß die Hunde heraus!" Man hörte eine Stalltüre gehen. Hunde bellten wütend und kamen schnaufend um die Hausecke. Der Alte sprang zurück und auch der Junge stand langsam von seirrem Sitz und beide verschwanden in der Finsteriris. So­gleich wurden die Hunde ftill. Der Bauer verwunderte sich Der Wind schwieg mit einem Male und von oben drangen ein paar Helle Sterne Lurch die Nacht, von erhellter: Wolken überweht. Der Bauer wartete mit seinen Knechten noch eine Weile an den Fensterluken und wagte nicht Licht zu machen, aus Furcht, es möchte eine Gefahr vor: draußen hereinkom­men. Da sah er plötzlich gar nicht weit vom Haus eine Helle Flamme aufschlagerr.Feuer!" schrie er,die Lumpen haben den Heustall in Brand gesteckt." Eine Mistforke in der Hand stürzte er hinaus, und Knechte und Mägde, ja Frau und Kinder hinter ihm her. Plötzlich aber blieb er stehen und erstarrte, die Forke vor sich in die Luft haltend. Auch alle anderen kamen, blieben stehen und starrten auf das seltsame Schauspiel.O, Jesus Christus," rief die Bäuerin und sank in die Knie und bekreuzigte sich, und die Kinder und die Mägde knieten neben ihr.

Nicht weit von ihnen in eirrer Senkung des Bodens stand eine Tanne, die alle Wohl kannten, nicht viel mehr als manns­hoch, und brannte in Hellen, himmelanstrebenden Flammen, doch so, daß sie davon keineswegs verzehrt wirr de, sondern unbeschädigt stand sie, nur vom Schnee befreit, in ihrer grünen Pracht, vom Feuer wie von einem goldenen und doch gläser­nen Mantel umkleidet. Und neben ihr am Boden, im Schein des Lichtes und die Hände hebend nach der Wärme, die offen­bar von dem Feuer ausging, saßen die beiden Fremden. Der Schnee war ringsum drei oder vier Schritte weit rvegge­schmolzen. und weiches Wiesengras, wie von Frühlingswärme

hervorgelockt, bedeckte die Erde; Blumen blühten. Die beiden Hunde, die sorrst ein Fremder nur von ferne ansehen durfte, lagen neben den beiden und hatten den Kopf auf den Schoß des Jüngeren gelegt, der mit den Härchen freundlich über ihre Schnauzen fuhr. Mäntel und Tücher hatten die beiden ab­gelegt. Ihre Gesichter leuchteten von dem Hellen Schein und waren von einem Glanz umgeben wie vor: himmlischer Glorie. Und alle erkannten nun wohl, wer das war. Dem Bauer war seirr Gerät aus der Faust gefallen, und mit gefalteten Händen ging er langsam näher.O Herr," sagte er,verzeiht einem armen Knechte, der Euch nicht gut empfing. Wir sind so oft bei nächtlicher, Weile yon den Landsknechten geplagt worden." Ja," sagte seine Frau und krriete eben dem Manne nieder, erbarme dich unser und sei uns gnädig." Aber der Jün­gere, von dem nun alle sahen, daß cs Christus der Herr selbst war mit Petrus, seinem Kriecht, stand auf und nahm die Kinder des Bauern, die auch am Boden knieten, bei der Hand und winkte allen, auch den Knechten urrd Mägden freundlich. Kommt her," sagte er,daß euch auch warm werde." Und er führte die Kinder arr den Baum- Der war voll Wunder. Da saßen kleine bunte Vögel in der Glut, unverbrannt und sangen. Da hingen wahrhaftig Aefel und Nüsse und leuch­teten golden. Da blühten Rosen auf tannenen Zweigen. Da saßen am Boden seltsame Hasen, Füchse und Eichhörnchen wie aus bunten Kuchen und wackelten mit der: Ohren. Und Bauer und Bäuerin, Knechte und Mägde knieten mit ab­gezogenen Kapper: und gefalteten Händen um das Wunder urrd wärmten sich außen und innerlich.

O Herr-," sagte zuletzt der Bauer,welch ein Trost für uns arme Leute, daß du noch lebst und nicht für immer ge­storben bist, wie wir schon meinten." Aber der Herr reichte ihnen beider: die Hände.Ihr Lieber:", sagte er,ich will überall da bleiben und auferstehen, wo eirr Herz mich sucht und sich nicht verstecken läßt von allein Leid der Welt." Wolltest du nicht," sagte der Bauer,gern vorliebnchmen und heute nacht bei uns in unserer Hütte cinkehren?" Bleibt ihr nur bei mir zu Gaste," sagte der Herr,und ver­sucht meine Speise und unser Nachtmahl." Und er griff nach den Vögeln und Eichhörnchen und der: kleinen Hasen unter dem Baum, da waren sie wirklich aus süßem Kuchen und wie Brot in seiner Hand, und er zerbrach es und gab allen, und sie nahmen und waren fröhlich.

Nach einer Weile aber stand der Herr auf und nahm seinen Mantel urrd Petrus mit ihm.Geh noch nicht von uns, Herr", bat der Bauer.Laß es dir genügen", sagte der Herr,und behalte mich irr deinem Innern. Ick) muß noch weit wandern in dieser Nacht. Es sind noch viele erkaltete und verhärtete Herzen, die der Wärme und des Lichtes be­dürfen." Urrd damit nahm er Abschied. St. Peter aber zog den Bauern ein wenig auf die Seite.Und wenn wieder jemand an deine Haustür in solcher Nacht pocht," sagte er, "so handle menschlich arr ihm und sei nicht aus Furcht wie solch ein Teufel."Wer konnte es denn wissen, Herr?" sagte der Bauer.Das ist es eben," sagte St. Peter.Du kannst es nie wissen, wer da an deine Türe pocht und wen du davon- jagst. Nicht inrmer läßt es sich wiederfinden, wie wir heute." Damit brachen sie auf. Und der Baum erlosch langsam, Flamme für Flamme. Alle blickten in das vergehende Licht, und als sie aufsahen, war wieder tiefe Nacht über das Feld gekommen. Aber oben, sehr hoch oben, standen viele Lichter, und der Himmel öffnete sich zu eirrer klaren schönen Winter- sternennacht-

-»

Oie ^oten ver8Ötinen

Bayerische Weihnachts-Kurzgeschichte

Sie waren schon lange einander feindlich gestirnt, die Geschwister Kreuzhofer in Z. Der ewige Verdruß begann zu einer regelrechter: Feindschaft auszuarten, als die Mutter die