wirken, dag von einem Abbau der Kriegsteilnehmer und unter Men besonders der Kriegsbeschädigten sowie auch der Krie- aerhmterbliebenen soweit möglich Abstand genommen wird. Wir sind uns durchaus bewußt — so schließt das Schreiben des Deutschen Reichskriegerbundes „Kyffhäuser" — daß die Erfüllung unserer Bitte in manchen Fällen Schwierigkeiten bereiten wird- Aber bei gutem Willen werden sich viele Härten vermeiden lassen. Denn wo ein Wille ist, hat sich immer nock ein Weg gefunden."
Der Leonberger Mord vor dem Schwurgericht
Stuttgart, 1. Okt. Am 20. Juni d. I., vormittags gegen 11 Uhr, wurde in Leonberg die 42 Jahre alte Schlossersehe- srau Margarete Koch von dem 36 Jahre alten Hilfsarbeiter Mul Beutelspacher von Leonberg ermordet. Das Motiv der furchtbaren Tat ist darin zu erblicken, daß Beutelspacher, der M heute vor dem Schwurgericht Stuttgart zu verantworten batte und seine Brüder das elterliche Anwesen an den Mann tzer Ermordeten verkauft hatten. Der Angeklagte war nun der Meinung, daß ihm Zeit seines Lebens ein Wohnrecht in dem Anwesen zukomme. Als die Ermordete ihrem Ehemann, der im Jahre 1929 nach Kanada ausgewandert war, nachfol- M wollte und das Anwesen zu verkaufen suchte, geriet der Angeklagte in einen solchen Haß gegen die Frau, daß er ohne Mn Anlaß diese mit zwei Selbstladepistolen niederschoß. Insgesamt wies die Leiche 21 Schußöffnungcn auf. Der Angeklagte gab vor dem Schwurgericht die Tat zu, bestritt aber, mit Üeberlegung gehandelt und Tötungsabsicht gehabt zu haben. Von den Sachverständigen wurde der mit einem körperlichen Leiden behaftete Angeklagte als außerordentlich reizbarer und explosiver Mensch geschildert.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Vertreter der Anklage, Erster Staatsanwalt Dr. Autenrieth, der Ansicht, daß der Angeklagte Beutelspacher vorsätzlich und mit Üeberlegung die Tat begangen habe. Er beantragte auch als einzig dafür in Frage kommende Sühne die Todesstrafe. Nach längerer Beratung verneinte jedoch das Schwurgericht den Vorsatz und die volle Üeberlegung nud verurteilte den Angeklagten lediglich wegen eines Verbrechens des Totschlages zu 12 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust.
Ein jugendlicher Schwerverbrecher zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt
Göppingen, 1. Okt. Unter reger Anteilnahme der Bevölkerung verhandelte gestern das Schöffengericht Göppingen gegen den 19 Jahre alten Fürsorgezögling Albert Himmler von Nesselbach, Gem. Gerabronn, und seinen gleichaltrigen Kameraden Karl Graf aus Eßlingen a. N. wegen teils gemeinschaftlich begangenen schweren Einbruchsdiebstahls in Verbindung mit zwei Verbrechen der versuchten Notzucht. Der Anklage lag folgender Tatbestand zugrunde: Beide waren im Försorgeheim „Wilhelmshilfe" in Göppingen untergebracht und flohen von dort am Abend des 13. Juli d. I. In einem in der Nähe des Heims gelegenen Klubhaus eines Göppinger Sportvereins brachen sie anschließend gemeinsam ein, um sich dort für die weitere Flucht Kleidungsstücke und Lebensmittel zu beschaffen. Insgesamt fielen ihnen hier für etwa 100 Mark Wertgegenstände in die Hände. Während sich nun Graf anderen Morgens auf die Reise machte, trieb sich Himmler den ganzen Tag in der Gegend herum und überfiel am Hellen Tag im Stadtwald „Oberholz" eine mit ihrem Kinde von Hohenstaufen kommende verheiratete 36jährige Frau aus Göppingen, die er zu Boden warf, mit einem Messer bedrohte und zu vergewaltigen versuchte. Sein Vorhaben mißlang und als Spaziergänger auf die Hilferufe der Frau in die Nähe kamen, verschwand er im Dickicht des Waldes. Am Abend des gleichen Tages wiederholte er denselben Ileber- fall auf ein von Göppingen nach Hohenstaufen unterwegs befindliches 17jähriges Mädchen, zerrte sie vom Fahrrad und warf sie zu Boden, wobei er ihr die Kleider buchstäblich vom Leibe riß. Die energische Gegenwehr des Opfers zwang ihn, von ihm abzulassen und, um sich vor der sofort einsetzenden polizeilichen Verfolgung zu schützen, brach er in einem bei Bartenbach gelegenen Wochenendhaus ein und ließ dort alles, was nicht niet- und nagelfest war, mitlaufen. Die Verhandlung bot ein typisches Bild moralischer und sittlicher Verwilderung beider Angeklagten. Besonders Himmler, der schon wiederholt wegen ähnlicher Delikte vorbestraft ist, ließ es Lei den beiden überfallenen Frauen in Bezug auf Roheit und Bestialität an nichts fehlen. Weder er noch Graf konnten einen Plausiblen Grund für die begangenen Taten, die sie in vollem Umfang zugaben, nennen, so daß das Gericht beiden die Zubilligung mildernder Umstände versagte und Himmler zu der Gesamtzuchthausstrafe von 2ZH Jahren verurteilte, während sein Spießgeselle Graf, weil er nur an einem Einbruch beteiligt war, mit 3 Monaten Gefängnis davonkam.
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Pforzheim, 1. Oktober. Eine schreckliche Tat verübte in der vergangenen Nacht ein verheirateter Straßevbakmwagenführer in der Mahlbergstratze. Au? bisher unbekannten Gründen griff der lebensmüde Mann zum Rasiermesser und durchschnitt sich die Kehle. Er ist verblutet.
Nsnrlel uncl Verkekr
Stuttgart. 1. OKI. (Schlachtolehmarkt.) Dem Donnerstaamarkt am Stäüi. V eh. und Schlachthof wurden zugesührt: 6 Ochsen, 2 Bullen. 2g Iunabullen (unverkauft 10), 4 Kühe, 123 (70) Rinder, 182 Kälber, 700 (10) Schweine. Erlös aus j: 1 Ztr. Lebendgewicht: Ochs n Bullen a 26-28 ('etz'er Markt: 27-28), b 23-25 (uno), Kühe — , Rinder a 40-44 (41-45), d 33-38 (34-39). - 28-32 (unv.). Kälber b 43-46 (vno), c 35-40 (35—41). ck 30 dis 34 (unv.), Schweine a feite über 300 Psd. 60—6t (61), b voll- Mi-bige von 240-300 Psd. 59-60 (60-61), c von 200—240 Psd. N-58 (56-58), ck von 160-200 Psd. 53-54 (53-55). e fleischige von 120-160 Psd. 50-52 (unv ), Sauen 38—50(unv.)Mk. Marktverlaus: Großvieh schleppend, Ueberstmd, Kälber ruhig, Schweine -uhrg, Mangel an Fetischweinen.
Donaueschingen, 1. Okt. (Böser Markt.) Der Mtchaclismork mar für dis Landwirte der Ostbaar eine große Enttäuschung. Ein dawes Tausend Stück Großotrh war aufqetrteben, kaum der fünfte -"il konnte abgesctzt werben. Auf dem Schweinemarkt war cs ein m nig besser, aber nur deshalb, weil die Landwirte ihre Schweine nahezu verschenkten. Da sie kein Geld etnnahmen, so hatten sie auch aeins, um den Krammarkt zu besuchen. Es war dies seit langen Pahren der schlechteste Michaelismarkt.
ADAC, gegen untragbare Treibstoffpreise
-„München, 29. Sept. Der Allgemeine Deutsche Antomobi ^«b, Reichsverband der Kraftfahrzeugbesitzer Deutschland r,, Denkschrift zum Bcimischungszwang von Spirit: A Treibstoffen herausgebracht, die den der breiten Dessen ckkert vielfach nicht im vollen Umfange bekannten Frage: Awex des Spritzwanges eingehend behandelt und die Vo ustetznngen angibt, unter denen der Spritzwang für d verkehrswirtschaft erträglich und gleichzeitig zur Sani "vg der Spritwirtschaft und Unterstützung der Landwir
schaft dienlich sein kann- Bekanntlich bezeichnet kürzlich der Reichsernährungsmittister eine weitere Erhöhung der Spritbeimischungsquote als notwendig, um den Spritabsatz zu steigern. Die Denkschrift des ADAC, weist mit Recht darauf hin, daß der Reichstag zwar am 12. 3. ds. Js. beschlossen hat, im Hinblick auf die hohe öffentliche Belastung des Kraftverkehrs, die damals schon neben der Pauschalbesteuerung fast die Hälfte des Treibstoffpreises erreicht hatte, jene weitere Verschärfung des Spritbeimischungszwanges abzulehnen. Inzwischen wurden durch die Notverordnung vom 5. Juni ds. Js. die Kraftstoffpreise durch eine weitere Zollerhöhung von 10 auf 16 Reichsmark pro 100 Kilo empfindlich gesteigert und eine abermalige Erhöhung des Spritzwanges von 3,5 ans 6 Prozent muß die schon in den letzten Wochen zu beobachtenden katastrophalen Einschrumpfungen der deutschen Kraftfahrt weiter steigern. Die Denkschrift fordert, daß die Kraftverkehrswirrschaft Deutschlands, die im Jahre 1929 einen Umsatz von 4,46 Milliarden aufwies und damit als einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren erhellt ist, nicht einer uferlosen Ausbeutungs- und Sonderinteressenpolitik preisgegeben wird. Die Jnteressenvertreter der Kraftverkehrswirtschaft können sich aus Feststellungen neutraler Wissenschaftler stützen, welche bekunden, daß (Lei einer Beimischungsquote von 3,5 Prozent) als Jahresmittel nur 3,5 Prozent der deutschen Kartoffelernte, in Süddentschland gar nur etwa 1,3 Prozent zur Spritgewinnung verwendet werden und somit keineswegs die Interessen der Sprithersteller mit Venen der Landwirtschaft schlechthin verquickt werden dürfen. Die heute übersehbaren Folgen des Spritzwanges lassen klar erkennen, daß der Spritzwang tatsächlich eine wirtschaftsfeindliche Maßnahme darstcllt und daß auch eine weitere Erhöhung der Bei- mischnngsquote nur erneute Belastungen der Kraftverkehrswirtschaft, nicht aber eine Sanierung der Reichsmonopolver- waltnng bringen kann, was übrigens eine befremdliche Privilegierung eines relativ engen Kreises von Kartoffelbrennereibesitzern bedeuten würde- Der gegenwärtige Spritbestand der Reichsmonopolverwaltung beträgt nicht weniger als 2,4 Millionen Hektoliter mit einem Wert von 140 Millionen RM. Im letzten Rechnungsjahr hatte die Reichsmonopolverwal- tnng 33,83 RM- Millionen RM. Unkosten. Bei einem Gesamtumsatz von 2,4 Millionen Hektolitern Sprit ergibt dies eine Unkostenquote Pro Liter von 14 Pfennig. Dieser Betrag entspricht dem Preis des Benzins Eis Hamburg. Stärker als lange Erörterungen beweisen diese Zahlen, daß die Reichsmonopolverwaltnng ein Gebilde darstellt, dessen weitere Erhaltung in Zeiten der Not nicht mehr länger gerechtfertigt werden kann. Nur eine sofortige Reorganisation kann verhindern, daß deutsches Volksvermögen unter den Angen der Regierung verschleudert wird. Die Kraftfahrer wenden sich nicht gegen den Spritzwang schlechthin, sondern gegen die Abgabe des Sprites zu einem Preis, der ein Mehrfaches des Benzinpreises beträgt. Der ADAC- schlägt deshalb vor, erhebliche Spritmengen zu normalen Benzinpreisen abzugebcn und erklärt diese Maßnahme als das einzige Mittel, in der Spritwirtschaft günstigere Verhältnisse zu schaffen, ohne die Kraftverkehrswirtschaft empfindlich zu schädigen.
Berlin, 1. Okt. In dem schlesischen Kurort Wölselsgrund im Glatzer Gebirge hat der 59jährige Besitzer und leitende Arzt des Sanatoriums Wölselsgrund, Sanitätsrat Dr. Rich. Saemisch, seine schwerkranke S3jährige Frau erschossen und ist ihr dann in den Tod gefolgt. Dr. saemisch litt seit Jahren seelisch schwer unter dem Gedanken, daß seine Frau ein unheilbares Leiden hatte und furchtbare Qualen erdulden mußte. Man muß daher annehmen, daß Sanitätsrat Dr. Saemisch seine leidende Frau auf ihren Wunsch von ihrem qualvollen Leben befreit hat.
Meißen, i. Okt. Der Versorgungsanwärter Erich Wagner, der gestern einen Raubüberfall in der Meißener Stadtbank verübt hatte, jedoch sofort nach der Tat festgenommen werden konnte, hat in der Nacht zum Donnerstag in der Gefängniszelle Selbstmord verübt. Er riß sein Hemd in Streifen, die er zu einer Leine zusammenknüpfte, an der er sich erhängte. Wagner hat sich nicht in wirtschaftlicher Notlage befunden. Er ist im September vorigen Jahres nach 12- jähriger Dienstzeit vom Artillerieregiment Nr. 4 in Dresden entlassen worden und hat seither Uebergangsgebühren bezogen.
London, 30. Sept. Nach einer Meldung aus Tokio sollen südlich von Mulden 3000 chinesische Soldaten 400 koreanische Farmer niedergemetzelt habeir. Japanische Truppen aus der Mandschurei sollen zur Hifleleistung entsandt worden sein.
Die Selbstverwaltung erledigt?
Warum ein Oberbürgermeister um Zuruhesetzung ersucht
Recklinghausen, 1. Okt. Oberbürgermeister Hamm-Rcck- linghausen hat am Donnerstag dem Magistrat sein Pensionsgesuch eingereicht. Er begründet diesen Schritt mit seiner Ueberzeugung, daß die Selbstverwaltung in Deutschland erledigt und daher das Wirken eines Bürgermeisters, wie er es auffasse, zur Erfolglosigkeit verurteilt sei. Er habe sich in aufreibender Arbeit bemüht, der Stadt Recklinghausen in ständiger Not Abhilfe zu schaffen, habe sich jedoch davon überzeugen müssen, daß die Zentralstellen in Berlin die Städtenot ins Untragbare steigerten. In diesem Kampfe habe er seine Kräfte nutzlos vertan. Er ertrage es nicht mehr, daß seine Warnungen und Mahnungen, die durch die eingetretenen Folgen als richtig bewiesen seien, ungehört verhallten. Im Gegenteil, weil die Stadt Recklinghausen sich früher geholfen habe, werde sie heute benachteiligt. Schließlich leite ihn auch noch der Gedanke, seine Kräfte nicht weiterhin nutzlos aufzureiben, wobei er an die unrichtigen und unsachlichen Angriffe denke, denen er bei seiner Wiederwahl in einem Teil der Presse und auch bei einem Teil der Stadtverordneten ausgesetzt gewesen sei. Er habe sich aus allen diesen Gründen genötigt gesehen, sein Gesuch auf Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit einzureichen.
Unruhen im Ruhrgebiet
Duisburg, 2. Okt. Vermutlich als Auswirkung der auch im Duisbnrg-Hamborner Bezirk angeregten wilden Streikbewegung kam es am gestrigen Abend an verschiedenen Stellen der Innenstadt zu größeren Zusammenrottungen. Mit lautem Gejohle bewegten sich starke Trupps durch die Straßen. Polizei mußte zur Aufrechterhaltung der Ordnnng aufgebo- ten werden. Im Verlaufe der Krawalle kam es an verschiedenen Stellen zu regelrechten Stürmen auf verschiedene Geschäftslokale, wobei mehrere Fensterscheiben zertrümmert wurden. In den späten Abendstunden kam es auch in entlegeneren Stadtteilen zu Tumulten. Gegen Mitternacht war die Ruhe noch nicht völlig wieder hergestellt.
Wuppertal, 1 . Okt. Die Straßcnbahngleise wurden hier in der vergangenen Nacht während der Betriebspause von noch nicht ermittelten Tätern mit einer aus Zement bestehenden Masse aufgefüllt, um die Straßenbahnwagen zum Entgleisen zu bringen. Bis zur Aufnahme des StraßenLahnver
kehrs war aber glücklicherweise die Masse noch nicht ganz erstarrt, so daß die Bahnen über das Hindernis ungefährdet hinwegfahren konnten. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, die Täter zu ermitteln.
ZugsuugMck i« Dortmund — Acht Verletzte
Dortmund, 1. Okt. Auf dem Güterbahnhof Lütgen- Dortmund entgleiste heute mittag 13.55 Uhr infolge Schienenbruches vor einer Weiche ein von Dortmund-Süd über Dorstfeld kommender Güterzug. Die Lokomotive stürzte um und mit ihr vier Güterwagen. Bei dem Unglück wurden vier Personen schwer und vier leicht verletzt. Unter ihnen befindet sich der schwerverletzte Zugführer und der Zugschaffner, der leicht verletzt wurde. Bei den übrigen Verletzten handelt es sich um Rottenarbeiter, die mit Gleisarbeiten beschäftigt und beim Herannahen des Zuges beiseite getreten waren. Me umstürzenden Wagen sielen auf einen Umfriedungszaun der Zeche „Germania". Durch die herumfliegenden Eisenteile wurden die Rottenarbeiter verletzt. Der Materialschaden ist ziemlich bedeutend.
Senkung der Treibstoffpreise beabsichtigt
Berlin, 1. Okt. Mit Rücksicht auf die starken Unterbietungen in den deutschen Grenzgebieten von den benachbarten Ländern aus und mit Rücksicht auf die sehr starken Unterbietungen gegenüber der Markenware durch zahlreiche Verkäufe kleiner Betriebsstoffmengen (Garagen und ähnliches) sind zurzeit Besprechungen im Gange, die möglicherweise einen nicht unerheblichen Preisnachlaß für Markenbetriebs- stosfe zur Folge haben werden.
Warum nicht Zehnpfennigporto?
In dem veröffentlichten Aufruf von 11 Spitzenverbänden der Wirtschaft wird u. a. auch verlangt, daß die Reichspost ihre Tarife senken solle. Bekanntlich nahm sie im August 1927 eine SOProzentige Portoerhöhung vor, um den durch die Besoldungsordnung erhöhten Aufwand auszugleichen. Die deutsche Wirtschaft wurde durch diese Maßnahme der Reichspost jährlich mit rund 250 Millionen Reichsmark belastet. Inzwischen aber sparte die Deutsche Reichspost durch die jüngsten Gehaltssenkungen jährlich etwa 125 Millionen Reichsmark. Wenn die Reichspost seinerzeit wegen der Gehaltsaufbesserung das Porto erhöhte, müßte sie jetzt schleunigst wieder zum 10 Pfcnnigporto zurückkehren und nicht mit lächerlichen Tarifsenkungen diese Forderung sollte umgehen.
Die Pensionkaffe der Rordwolle stellt ihre Zahlungen ein
Bremen, 1. Okt. Wie wir hören, hat der Gläubigeraus- schnß alle Zahlungen und Zuwendungen an die Pensionäre und Unterstützungsberechtigten aus der Pensionskasse der Nordwolle abgelehnt. Vor dem Arbeitsgericht Bremen kommt demnächst der ganze Fragenkomplex über die Pensionskasse zur Verhandlung. In diesem Prozeß soll festgestellt werden, ob das Vermögen der Pensionskasse ausgesondert werden muß, oder ob es tatsächlich, wie der Gläubigerausschutz behauptet, in die Masse gehört.
In einer Angestelltenversammlnng beschloß die Angestelltenschaft der Zentrale der Nordwolle, unter allen Angestellten eine Sammlung für die Pensionäre und Unterstütznngsberech- tigten zu veranstalten, von deren Erlös in erster Linie diejenigen bedacht werden sollen, die durch den Beschluß des Gläubigerausschusses vor einem Nichts stehen.
Englische Vorlage gegen Lebensmittelwucher
London, 1. Okt. Das Unterhaus nahm in erster Lesung die Vorlage gegen Lebensmittelwucher an. Diese ermächtigt das Handelsamt, gegebenenfalls außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen, um einen Mangel an Lebensmitteln oder eine unvernünftige Steigerung der Preise gewisser Lebensmittel und Getränke zu verhindern. Die Schuldigen sollen mit Gefängnis bis zu 3 Monaten oder einer Geldstrafe von IM Pfund Sterling bestraft werden bzw. zu Geldstrafe und Gefängnis verurteilt werden. Ferner erfolgt Beschlagnahme der Ware.
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Eine fliegende Festung
Das neue amerikanische Riesenluftschiff „Akron" absolviert in diesen Tagen seine ersten Probeflüge.
Wenn die Amerikaner sich nach der Fertigstellung ihres neuen — nach seinem Heimathafen getauften — Riesenluftschiffes „Akron" rühmen können, nunmehr den größten Zeppelin der Welt zu besitzen, so werden sie hoffentlich nicht vergessen, daß es deutsche Pionierarbeit war, die ihnen dieses technische Wunderwerk überhaupt erst ermöglicht hat. Deutsche Ingenieure haben seinen Bau geleitet, mit deutschen Motoren ist es ausgerüstet.
Der neue Zeppelin, der durch seine Birnenform von der Zigarrenform der bisher gebauten starren Luftschiffe abweicht, ist 240 Meter lang; der Unterschied gegenüber unserem „Graf Zeppelin" in dieser Beziehung beträgt also kaum 5 Meter. Im übrigen aber sind die Ausmaße des neuen Zepp geradezu gigantisch. Sein größter Durchmesser beträgt 40 M^xx, sein Inhalt ist mit 190 000 Kubikmetern beinahe doppelt so groß wie der unseres Zeppelins; die Maschinenleistung seiner acht Maybach-Motoren beträgt 4480 P.S. Der Aktionsradius wird mit 17 OM Kilometer angegeben. Die Höchstgefchwinoigkett von 136 Stundenkilometer ist interessanterweise kaum größer als die des „Graf Zeppelin". Infolge ihrer Heliumsüllung ist die „Akron" unverhrennbar; das ist natürlich ein großes Plus, vor allem auch dann, wenn das neue Riesenluftschiff als Kriegswaffe benutzt werden soll.
Die „Akron", deren Bau nach Angaben des Chefs der amerikanischen Luftflotte rund 25 Millionen Mark gekostet hat, ist auf Veranlassung des Marinedepartements der USA. gebaut worden. Sie gleicht mit ihren Geschützen und Ma- scknnengcwehren einer fliegenden Festung. Im Ernstfall läßt Nch das neue Luftschiff durchaus als „fliegendes Mutterschiff für Flugzeuge" benutzen, die don ihm aus starten und dann auch wieder auf ihm landen können. Die „Akron" wird nach den Angaben ihrer Erbauer drei große bezw. sieben kleine Flugzeuge mit sich führen können. Diese würden im Kriegsfall für das sehr viel weniger wendige Luftschiff einen nickt unwesentlichen Schutz bedeuten.
Man hat aber bereits den Plan gefaßt, die „Akron" möglicherweise für den zivilen Luftverkehr freizugeben; es wird dann mit Hilfe der auf dem Zeppelin „stationierten" Flugzeuge möglich sein, Fahrgäste an jedem beliebigen Ort abholen und absetzen zu können.
Theoretisch eröffnet der neue Lnftriese also geradezu phantastische Möglichkeiten; ob er sich freilich praktisch in demselben Matze bewähren und die großen Hoffnungen der amerikanischen Luftfahrtkreise erfüllen wird, darüber wird man kaum eher etwas sagen können, als bis die Resultate der ersten 'längeren Versuchsfahrten vorliegen.