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Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Neuenbürg

irr. 230_Freitag den 2. Oktober 2831

Verkürzung der verllchermmSdauer

Arbeitslosenunterstützung

Berlin, I. Okt. Der Vorstand der Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung hat am Donnerstag nachmittag beschlossen, die Unterstützungsbauer hon 26 auf 20 Wochen herabzusetzen, bei Saisonarbeitern aus l« Wochen. Diese Maßnahme erfolgte bei einer Annahme eines Höchstsatzes von Arbeitslosen von 6,5 Millionen.

Die Mitteilung der Reichsanstalt

Die Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung teilt mit:

Durch die Verordnung des Reichspräsidenten vom 5. Juni 1931 ist der Vorstand der Reichsanstalt für Arbeitsver­mittlung und Arbeitslosenversicherung ermächtigt und ver­pflichtet, den Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben der Reichsanstalt sicherzustellen. Alls Grund dieser Verord­nung hat der Vorstand in seiner Sitzung vom 1. Oktober d. I. beschlossen, die Höchstdauer der versicherungsmäßigen Ar­beitslosenversicherung von 26 Wochen auf 20 Wochen, für be­rufsüblich Arbeitslose auf 16 Wochen zu kürzen.

Der Vertreter der Reichsregierung stimmte dem Beschluß des Vorstandes zu. Die Neuregelung tritt am 5. Oktober in Kraft.

Die durch den Beschluß des Vorstandes erzielte Einspa­rung soll die finanziellen Anforderungen sicherstellen, die bei einer Höchstzahl von 6X- Millionen Arbeitslosen im kommen­den Winter für Unterstützungsleistungen in der Arbeitslosen­versicherung erwachsen werden. Die Entwicklung der Arbeits­losigkeit hat sich bisher so gestaltet, daß im laufenden Jahre in der Zeit zwischen dem Tiefstand des Sommers und dein 15. September die Zahl der Arbeitslosen um rund 370000 ge­stiegen ist, d. h. nicht erheblich stärker als in der entsprechenden Zeit des Vorjahres, wo die Zunahme rund 348 000 betrug. Am 15. September d. I. belief sich die Zahl der Arbeitslosen aus rund 4,3 Millionen. Ein abschließendes Urteil über die weitere Entwicklung ist zurzeit nicht möglich."

Die Verarungen des Aeichskabirretts

Berlin, 1 . Okt. Auch heute wieder waren die Beratungen des Reichskabinetts in den späteren Abendstunden noch im Gange. Diese Dauersitzungen zeigen deutlich das Bestreben der Reichsregierung, mit dem Herbstprogramm nun so schnell wie möglich zum Abschluß zu kommen. Ob das heute nacht

nur 20 statt 26 Wochen

noch gelingt, ist schwer zu sagen. Aber man rechnet in unter­richteten Kreisen doch weiter mit der Wahrscheinlichkeit, daß das Programm noch in dieser Woche veröffentlicht werden kann.

Forderungen der gewerkschaftlichen Spitzenverbünde

Berlin, i. Okt. Die Führer des Allgemeinen Deutscher: Gewerkschaftsbundes, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Allgemeinen Freien Angestelltenbunds und des Gewerkschafts­ringes deutscher Arbeiter- und Angestelltenverbände sind am Donnerstag zusammengetreten, um gegen die bekannte Denk­schrift der deutschen Wirtschaft Stellung zu nehmen. Als Er­gebnis dieser Besprechungen veröffentlichen die gewerkschaft­lichen Spitzenverbände eine Erklärung, die mit folgenden For­derungen schließt:

1. Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung aller Arbeitslosen.

2. Verkürzung der Arbeitszeit insbesondere durch Ein­führung der Vierzigstundenwoche zum Zwecke der Mehr­beschäftigung von Arbeitskräften.

3. Erhaltung und Steigerung der Kaufkraft der Löhne und Gehälter, Sicherung des Tarifrechts und des staatlichen Schlichtungswesens.

4. Senkung der Zölle mit dem Ziel der stärkeren Anpas­sung der deutschen Preise und Lebenshaltungskosten an das gesunkene Preisniveau des Weltmarktes, Druck auf überhöhte Handels- und Verarbeitungsspannen.

5. Auflockerung der monopolistischen Preisbindungen in allen Gebieten der Wirtschaft bei gleichzeitigem Ausbau der öffentlichen Kontrolle.

6. Oeffentliche Bankenaufsicht mit dem Ziel der Verhütung von Fehlleitungen des Kapitals und Sicherung volkswirt­schaftlicher Kapitalverwendung.

7. Rücksichtslose Kürzung der überhöhten Spitzengehältcr und Pensionen in Wirtschaft und Verwaltung.

Die Durchführung dieser wirtschaftspolitischen Richtlinien muß verbunden sein mit der Abwehr aller die Währung be­drohenden Experimente, ferner mit zielbewußter Förderung der internationalen Verständigung, die gerichtet sein muß auf Konsolidierung der schwebenden Schulden Deutschlands, auf internationale Zusammenarbeit zur Sicherung gesunder Ka­pitalverteilung und auf dauernde Lösung der Frage der inter­nationalen Kriegsverschuldung und der Reparationen.

Besprechungen -er nationalen Opposition

Berlin, 1. Okt. Das von dem deutschnationalen Partei- flihrer Dr. Hugenberg angekündigtc gemeinsame Vorgehen der nationalen Opposition nach dem Wiederzusammentritt des Reichstags wird, nachdem die Zustimmungserklärung der Na­tionalsozialisten vorliegt, zustande kommen. Die gemeinsame Besprechung darüber wird aber wahrscheinlich erst unmittel­bar vor dem Wiederbeginn der Reichstagsverhandlungen statt- sinden. Außer den in Betracht kommenden parlamentarischen Parteien, also den Deutschnationalen, den Nationalsozialisten und den aus der Landvolkfraktion ausgeschiedenen Abgeord­neten werden auch außerhalb der Parteien und des Parla­ments stehende nationale Kreise an der Besprechung beteiligt sein. Fest steht bereits, daß diese Verhandlungen die Einbrin­gung eines gemeinsamen Mißtrauensantrages gegen das Ka­binett Brüning durch die parlamentarischen Vertreter der Opposition zur Folge haben werden. Die Nationalsozialisten haben auch ein Mißtrauensvotum gegen den Außenminister Dr. Curtius angekündigt. Bei den Deutschnationalen ist eine Entscheidung über diese Frage noch nicht gefallen. Ob die Deutschnationalen sich an einem besonderen Mißtrauens- antrag gegen Dr. Curtius beteiligen, wird sich erst in der ge­meinsamen Besprechung der nationalen Opposition entscheiden.

Berlin, 2. Okt. Wie von unterrichteter Seite bekannt "urd. wird Reichspräsident v. Hindenburg seinen heutigen

Geburtstag, wie schon in früheren Jahren, außerhalb Ber­lins verleben.

Bulgarien zahlt keine Tribute

Sofia, 1. Okt. Die Regierung hat gestern abend in einem lamisterrat, der bis Mitternacht dauerte, beschlossen, die ge- aern fällig gewesene Repärationsrate Bulgariens an die vorläufig nicht einzuzahlen. Dieser Beschluß wird da­mit begründet, daß gegenwärtig in Athen zwischen Bulgarien uno Griechenland direkte Verhandlungen über die Wieder- Mmahme der Zahlungen seitens Griechenlands auf Grund

Ertrages Kaphandaris-Molow stattfinden. Dieser Bc- Mu>; der Regierung wurde der BIZ. in Basel telegraphisch Mitgeteilt.

Aufruhr gegen Tfchaughfueliang

8 1- O)kt. Aus Mulden wird gemeldet, daß russische

Kavalleriepatrouillen und Panzerwagen Manschuli, die

Grenzstation auf chinesischem Gebiet, besetzt haben. Aus den Einspruch der Chinesen antwortete der russische Konsul, daß die russischen Truppen nur nach den bolschewistenfeindlichen Weißrussen suchten, von denen sie einen Angriff auf die rus­sische Grenze befürchteten. Man glaubt jedoch, daß der Zweck der militärischen Maßnahme darin besteht, auf die Chinesen einen besonderen Druck auszuübem

Die drei Provinzen der Mandschurei befinden sich, wie aus Tokio gemeldet wird, in vollem Aufruhr gegen Tschangh- sueliang. Außer in Kirin ist auch in Tsitsikar eine vor­läufige Regierung gebildet worden. In Charbin hat der frühere Chef der Stadtverwaltung einen Ausschuß zur Er­haltung des Friedens gebildet, der die Regierung übernehmen soll. Kirin gilt als die Hauptstadt der Aufständischen. Die noch verbleibenden Anhänger Tschanghsueliangs haben ihr Hauptguartier rn Tschintschaufu, etwa 150 Kilometer südlich von Mukden, aufgeschlagen. Dorthin haben sich viele ehe­malige Beamte der alten Mukdener Regierung geflüchtet.

Die Kirin-Regierung wirft Tschangksucliang vor, daß er sich an den dortigen Silberbeständen, die die Notenausgabe hätten decken sollen, bereichert habe und behauptet auf Grund von Untersuchungen der Bücher zweier Banken, daß er sich auch sonstige finanzielle Unregelmäßigkeiten habe zuschulden kommen lassen. Die Gewölbe der Banken, in denen das Sil­ber aufbewahrt wird, sind von den Japanern versiegelt worden.

In Hongkong dauern die Wirren trotz der Anwesenheit der englischen Behörden an. In der Nacht zum Dienstag überraschten chinesische Demonstranten einige Japaner, von denen sie 6 nicdermetzelten und 3 andere schwer verletzten. Die Polizei bat nunmehr Befehl erhalten, sofort von der Schuß­waffe Gebrauch zu machen, falls sich die Bevölkerung zu Kundgebungen zusammenrotten sollte. Die in Hongkong lebenden Japaner fordern zu ihrem Schutz die sofortige Ent­sendung eines japanischen Kriegsschiffes nach Hongkong.

Verhandlungen zwischen Nanking und Kanton

Paris, 1 . Okt. Die Agentur Indo Pacisique meldet aus Hongkong, daß die zwischen Nanking und Kanton geführten Verhandlungen vorbehaltlich der Zustimmung Tschiangkai- scheks folgendes Ergebnis hatten: Tschiangkaischck oemtfsis- niert, ebenso die Nankingregierung. Wang-Tsching-Wei werde in einer Botschaft an das Volk seine künftige Politik natio­naler Einigung auseinandersetzen. Eine Besprechung hierüber werde in Schanghai stattfinden.

89. Jahrgang

Würtlembergischer Landta«

Stuttgart, 1. Okt. Der Rechtsausschuß des Landtags setzte gestern die Beratung des Ausführungsgesetzes zum B.G.B. fort. Erledigt wurden die Artikel 1013. Ein Ab­geordneter des Bauernbundes anerkannte die Vorzüge der Bezirksnotare, erhob aber doch auch mancherlei Bedenken, vor allem im Hinblick auf die große Zahl von Juristen, die keine Anstellung finden könnten, und fragt, ob man nicht zu deren Gunsten die Befugnisse der Notare etwas beschneiden oder zum Teil akademisch gebildete Beamte anstellen könne. Ju­stizminister Dr. Beherle rechtfertigte demgegenüber die bis­herige Regelung, die auch im neuen Gesetz beibehalten sei. Das württembergische Verfahren habe sich durchaus bewährt. Er glaube nicht, daß man überzählige Juristen in den Be­zirksnotariaten unterbringen könne. Ein sozialdemokratischer Redner wendet sich gegen die Heranziehung von Akademikern, die nur zu einer Verteuerung führen. Abgeordnete des Zen­trums, der VolksrecHjjpartei, des Ehr. Volksdienstes und der Demokraten sprechen'sich ebenfalls für die bisherige Organi­sation aus. Folgender Antrag wurde angenommen: Das Justizministerium ist ermächtigt, einem Bezirksnotariat auch Gemeinden eines anderen Amtsgerichtsbezirks zuzuteilen. Vor Aenderung eines Notariatsbezirks sollen die Gemeinderäte der beteiligten Gemeinden gehört werden.

Der öfteeeeichMe SAMwehrputtch sse dem MttormSrat

Die Interpellation der österreichischen Sozialdemokraten

Wien, i. Okt. Im österreichischen Nationalrat wurde heute eine sozialdemokratische Interpellation über das Vorgehen der Regierung gegen die Verantwortlichen am Heimwehr­putsch vom Abgeordneten Dr. Eisler begründet.

- Bundeskanzler Dr. Buresch antwortete mit einer Erktä- < rung, in der es heißt, daß die Regierung im vollen Bewußt­sein ihrer Pflicht, die staatliche Autorität jederzeit zu wahren, schon in den ersten Morgenstunden des 13. September alle Vorkehrungen getroffen habe, die zur Liquidierung der Heim­wehraktion notwendig erschienen. Dank der einheitlichen Zu­sammenarbeit aller staatlichen Organe sei es der Regierung auch gelungen, bereits in den Abendstunden desselben Tages die Ordnung überall wieder herzustellen.

Innenminister Winkler gab eine genaue Darstellung der Vorgeschichte des Putsches. Dieser sei bereits im August vor­bereitet worden und hätte sich über ganz Oesterreich erstrecken sollen. Aus den vom Innenminister vorgelesenen Briefen und Dokumenten ging hervor, daß die Aktion mit der Verhaftung des Landeshauptmanns von Nicderösterreich, des Innenmini­sters und des Heeresministers beginnen sollte. Der strategische Plan sei gewesen, daß die obersteierische Heimwehr zuerst los­zuschlagen gehabt hätte; ihr hätten dann die Heimwehren der anderen Länder folgen sollen. Diese Strategie sei von der Regierung erkannt und mit Erfolg bekämpft worden. So operettenhaft jedoch der Putsch aufgebaut gewesen sei, so ernst sei er in der Zielsetzung gewesen und die Aktion gegen Staat und Verfassung hätte zu namenlosem Unglück führen kön­nen. Nach dem Putsch seien 34 Maschinengewehre, 2217 Mannlicher-Gewehre, mehr als 1000 Stahlhelme, 500 Bajo­nette und zahlreiche Munition beschlagnahmt worden. Die Auflösung des steierischen Heimatschutzes hätte keine befrie­digende Lösung gegeben. Eine einseitige Auflösung der Heim­wehr würde in weiten Kreisen der Bevölkerung als tenden­ziös und ungerecht empfungen werden. Der Minister erklärte: Ich vertrete aber den Standpunkt, daß sämtliche bewaffneten Selbstschutzverbände ausgelöst werden müssen und bin daher nicht in der Lage, der Forderung der Sozialdemokratie nach einseitiger Auflösung des steierischen Heimatschntzes zu ent­sprechen.

Nachdem Bundeskanzler Dr. Buresch und Innenminister Winkler ihre Erklärungen abgegeben hatten, schilderte Heeres­minister Vaugoin das militärische Vorgehen des Wundesheeres am 13. September. Justizminister Dr. Schürff, der nach ihm sprach, erwähnte in seiner Rede, daß 2300 Anzeigen wegen des Heimwehrputsches erstattet worden seien, 150 Personen seien dem Gericht eingcliefert worden. 36 von ihnen befänden sich noch in Haft. Dr. Schürff gab dann vergleichende Ziffern über das gerichtliche Vorgehen anläßlich der Wiener Juliereig­nisse des Jahres 1927 ab, wo 308 Personen in Haft genommen wurden. Gegen 163 sei damals die Anklage erhoben worden, die mit der Verurteilung von 100 Personen geendet hätte. Schon bei seinen Ausführungen kam es zu Lärmszenen auf den sozialdemokratischen Bänken, die sich steigerten, als der Landeshauptmann von Steiermark, Rinteln, das Wort er­griff, um seine Haltung vom 13. September darzulegen. Als auch er auf den 15. Juli 1927 zu sprechen kam, brach auf der sozialdemokratischen Seite ein Sturm der Entrüstung aus, in dem die Worte des Redners ungehört blieben. Der Vertreter des Heimatblocks, Huebcr, hatte seine Ausführungen auf den Grundton:Der Feind steht links". Der folgende Redner, der Abgeordnete des Landbundes, Thoma, der selbst am 13. September verhaftet worden war, verlangte strenge Bestrafung jener Heimwehrclute, die für den Putsch verantwortlich seien. Die Debatte wurde schließlich mit der Erklärung des sozial­demokratischen Abgeordneten Morawetz geschlossen, die besagt, daß die Sozialdemokratie von den ministeriellen Erklärungen nicht befriedigt sei und daß sie auf den Vorschlag einer all­gemeinen Auflösung der Selbstschutzverbände nicht eher ein- gehen könne, ehe nicht ihre Forderung nach Auflösung und Entwaffnung der steierischen Heimwchr erfüllt worden sei.