da er sie zu volkswirtschaftlich gerechtfertigten Zwecken gebraucht. Wer seinen Verpflichtungen zur Ablieferung nicht nachkomnit, wird streng bestraft. Auskunft erteilen die Reichsbankanstalten und die Devisenbanken.
Brünings Besprechungen mit den Sozialdemokraten
Berlin, 1. Sept. Am Dienstag abend empfing Reichskanzler Dr. Brüning die Abgeordneten Dr. Hilferding und Ar. Hertz als Vertreter der sozialdemokratisclwn Reichstagsfraktion zu einer Besprechung über das Winterprogramm der Reichsregierung. Da jedoch die Regierung selbst über die Einzelheiten dieses Programms noch keine Entscheidungen gefällt hat, so konnte auch die heutige Besprechung noch zu keinem Ergebnis führen, zumal die von den Sozialdemokraten verlaiigten Abänderungen der Juni-Notverordnung in die neuen Pläne der Regierung hineingearbeitet werden sollen. Am Ende dieser Woche oder Anfang nächster Woche werden die Verhandlungen fortgesetzt werden. Daher ist nicht damit zu rechnen, daß schon am Freitag im Aeltestenrat eine Entscheidung über die vorzeitige Einberufung des Reichstags fallen wird, da die Sozialdemokraten ihre Stellungnahme zur Parlamentseinbe- rufung von der Erfüllung ihrer Wünsche abhängig machen dürften. Eine Entscheidung ist jedoch spätestens vor der für den nächsten Dienstag angesetzten Fraktionssitzung der Sozialdemokraten im Reichstag zu erwarten.
Die Frage des französischen Miniskeebesuches in Berlin
Genf, 1. Sept. Die Frage des französischen Ministerbesuches in Berlin ist in diesen Tagen auch hier in Genf zwischen Dr. Curtius und dem französischen Delegierten Francois Poncet besprochen worden. Das Datum ist noch nicht endgültig festgelegt. Vorläufig ist der 26. September in Aussicht genommen. Bis dahin wird auch die Völkerbundstagung abgeschlossen sein. Man rechnete zwar bestimmt damit, daß die Tagung schon einige Tage früher zu Ende geht. Der französische Außenminister Briand, der erst Anfang der kommenden Woche hier in Genf eintrifft, wird nicht während der ganzen Dauer der Tagung hier bleiben, sondern so frühzeitig nach Paris zurückkehren, daß er rechtzeitig die Reise nach Berlin antreten kann. An der Berliner Reise wird außer dem französischen Außenminister Briand der französische Ministerpräsident Laval teilnehmen Beide Herren werden nur von ihren engsten Mitarbeitern begleitet sein. Es handelt sich um einen Besuch in der Art des ersten Besuches der deutschen Minister in Chequers und Paris. Die bisherige Vorbereitung des Berliner Besuches scheint aber bereits zu der Hoffnung zu berechtigen, daß voraussichtlich. Positive Verabredungen und zwar wirtschaftlicher Art das Ergebnis dieses Berliner Besuches sein werden.
Voncets Berliner Ausgabe
Genf, 1. Sept. Wie von maßgebender französischer Seite bekannt wird, betrachtet der neue französische Botschafter Francois Poncet als Hauptziel seiner Berliner Mission die Festlegung der Richtlinien für einen sog. politischen Waffenstillstand, dessen Dauer auf fünf Jahre angesetzt werden soll. Poncet hält die Verständigung über folgende deutsch-französische Fragen für notwendig:
1. politische und wirtschaftliche Verständigung über mittel- und osteuropäische Probleme;
2. Ausgestaltung des deutsch-französischen Handelsvertrags im Rahmen der Kartellierung und Jndustrieententen;
3. eine Verständigung über vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Politischem Gebiet, sei es zwischen den Regierungen, sei es im Völkerbundsrat;
4. eine Verständigung in der Abrüstungsfrage; Frankreich würde Abänderungen des Konventionsentwurfs, den Deutschland in seiner jetzigen Gestalt abgelehnt hat, zubilligen;
5. Prüfung außereuropäischer Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland.
Direkte Rüftrrrrgswntrolle?
Amerika lehnt eine Dölkerbundsarmee ab
Newhork, 1. Sept. Der Vorschlag des Präsidenten des Auswärtigen Ausschusses der französischen Kammer, Paul Boncour, der in einem Zeitungsartikel die Kontrolle des Völkerbundes über sämtlicl-e Armeen verlangt hatte, ist in Washington recht kühl ausgenommen worden. Die amtlichen Kreise glauben darin die alte Pariser Lieblingsiüee von der internationalen Sicherheitsbürgschaft in neuer Form wieder zu erkennen. Es besteht keine Aussicht, daß Amerika den Vorschlag berücksichtigt, da die Vereinigten Staaten nach wie vor ein enges Zusammenarbeiten mit dem Völkerbund ablehnen, abgesehen davon, daß auch der Kongreß einem derartigen Plan niemals zustimmen würde.
Die »Germania- zu den Borschlügen Doueours
Berlin, 1 . Sept. Die „Germania" beschäftigt sich in ihrer heutigen Abendausgabe mit den Aeußerungen des frairzösischen Aufrüstungsspezialisten und langjährigen Genier Vertreter Frankreichs, Paul Boncour. Das Blatt schreibt dazu: lieber eine Verstärkung der Befugnisse des Völkerbundes auf der Basis vollster, wirklicher Gleichberechtigung würde Deutschland gewiß mit sich reden lassen. Es muß aber beachtet werden, daß Paul Boncour mit keiner Silbe von einer Parität dieser Völkerbundsarmeen und einer entsprechenden französischen Abrüstung spricht. Die Erweiterung der Genfer Machtbefugnisse soll also offensichtlich auf dem Boden der heutigen unhaltbaren Rüstungsungleichheit erfolgen, und die französische Armee würde unter der Genfer Flagge offiziell jene
Llsrll unü I-anti
Lehrsatz
Aus der Vergangenheit Lehre nehmen.
Sich der Gegenwart anbeguemen,
Vertrauensvoll in die Zukunft schauen —
Das heißt, sich ein gutes Leben bauen.
Richard Zoozmann.
(Wetterbericht.) lieber Mitteleuropa liegen schwächere Tiefdruckgebiete, die aber in der Ausfüllung begriffen sind. Für Donnerstag und Freitag ist aufheiterndes, wenn auch noch nicht beständiges Wetter zu erwarten.
Herrenalb, 2. Sept. Acht llhr abends. Während strömenden Regens Tirenen-Signal vom Elektrizitätswerk. Nicht Brand- sondern Wassersnot. An der Gartenmauer der Villa Lina hat der angeschwollene Gaisbach die Grundlagen unterspült, und mehr als 12 Meter sind in die reißenden Fluten an ziemlich enger Stelle gestürzt. Es bildete sich ein kleiner Stausee, der seine Wasser bis in das Haus Laistner trug. Die Feuerwehr hatte eine Stunde harter Arbeit; einzelne Männer standen bis an die Schultern in den Fluten, um die schweren Steine zu entfernen. Wegen weiterer Einsturzgefahr mußte ein Teil der Mauer gestützt werden.
Herrenalb, 31. Aug. (Benefiz- und Ehrenabend für die Mitglieder der Kurkapelle.) Der Besuch war etwas beeinträchtigt durch die schweren Regetrgüsse, die am Sonntag von 17 llhr ab so vielfache Störungen verursachten. Wir hätten der gediegenen Veranstaltung stärkste Teilnahme gewünscht. Mit dem Krönungsmarsch aus „Prophet" von Meyerbeer und der Ouvertüre zu „Rienzi" bot das kleine aber künstlerisch hochstehende Orchester einen glänzenden Beginn, der nicht nur der vorzüglichen Führung durch Kapellmeister Fried König sondern auch dem ausgezeichneten Zusammenspiel der Künstler zuzuschreiben ist. Eine vielseitig begrüßte Zugabe war die Mitwirkung der jugendlichen Tänzerin Frl. Lucienne Glaser aus Brüssel, deren beide Solonummern „An den Frühling" und „Orientalischer Tanz" so stürmischen Beifall fanden, daß sie zu mehreren Wiederholungen und Einlagen veranlaßt wurde, wofür sie prächtige Blumen- und andere Spenden erhielt. Die Solovorträge der Mitglieder der Kurkapelle standen auf gleicher Höhe: der Cellist Franz Reuß Notturno von Goldermann (Zugabe „Der Schwan" von Saint Saens), der Pianist Heinz
Polizeilichen Befugnisse in Europa ausüben, die es heute j, Widerspruch zu den geschlossenen Verträgen beansprucht. Durck eine Verwirklichung dieser Pläne würde die europäische moniestellung Frankreichs, die bereits heute überragend üt solut und unkorrigierbar werden, und Deutschland würde alle Zukunft darauf verzichten, die ihm gebührende und M gestandene politische Gleichberechtigung wieder zu erlaub« Am Schluß seiner Ausführung wendet sich das Matt geae« die Bestrebungen, die Abrüstungskonferenz zu verschon Trotz aller Ereignisse, welche sich seit den letzten Ratsbeschlüssx» vollzogen hätten, erscheine eine weitere Hinausschiebung dieser Konferenz politisch und Psychologisch gleich untragbar.
Keine Geschäflsbelebung ohne Revision
Aus dem Bericht der National City Bank
Newhork, 1. Sept. Der Septemberbericht der National City Bank, der soeben veröffentlicht wurde, erregt hier grofes Aufsehen, weil Amerikas führende Bank in diesem Bericht offen erklärt, daß die Wiederbelebung des Gesäugtes ohne Ach. rung der Reparationsfrage unmöglich sei. Die durch ^ Zahlungsmoratorium gewährte Atempause müsse um ein» Zeitraum verlängert werden, der groß genug sei, um dir Neuregelung des Schüldenproblcms zu ermögliäien oder u„ der Wirtschaft Gelegenheit zu geben, eine Besserung der La« ' zu erzielen. Die Leistung der Zahlungen würde dann, dm Schuldnerländern nicht so schwer fallen. Es wäre ein Wunder so heißt cs weiter, wenn der Hooverplan sich tatsächlich sch^ innerhalb Jahresfrist auswirken würde. Tie National Nth Bank betrachtet auch die Verbesserung der deutsch-französische» Beziehungen als eine Frage von größter Wichtigkeit.
Schüten Phantasiestück op. 12 von Schumann (ZiWbe Polonaise cis moll von Chopin), der Violinist Walter König Romanze von Svendsen (Zugabe Perpetua mobile von Bohm) und der Solist für Xylophon und Tubaphon Hermann Oelschlegel Konzertphantasie von Bode (Zugabe Gebet aus „Lohengrin" für gr. Glocken). Sie alle fanden ungeteilte Anerkennung und wurden durch eine Fülle von Blumenspenden: ausgezeichnet. Ein Ball schloß den genußreichen Abend. Vom 1. September ab konzertiert noch ei» Quintett unter seitheriger trefflicher Leitung.
Altweibersommer
An klaren Tagen sieht man sie, die Weißen Geisterfäden, wie sie durch die Lüfte segeln, oder von unsichtbarer Hand über Gebüsch und Gras gelegt sind. Die alten Germanen glaubten, daß Frau Holle die Fäden webe. Auch verimriete» sie, daß die Mondspinnerinnen das bleiche Gewebe bei ihrem nächtlichen Reigen zurückgelassen hätten. Andere wieder sahen in den Fäden das Werk der geheimnisvolleil Zwerge oder der Schicksalsgöttinnen.
Als das Christentum seinen Einzug hielt, wurden die alten Kobolde und Götter verjagt und die Legende wußte, daß Maria, die Gottesmutter, die Fäden webe. Man nannte sie darum auch Mariengarn, Marienfäden und die Jahreszeit Maricnsommer. Boshafte Zungen aber verglichen den Spätsommer mit der Liebe älterer Frauen und Witwen. Darum spricht man heute allgemein vom Altweibersommer.
Die Weißen Spinnfäden, die schon mancher als lästig empfand, als sie sich im Haar oder im Gesicht verfingen, werden von den jungen Spinnen gewoben, die sich auf ihren Fäden durch die Luft tragen lassen um geschützte Winterquartiere zu suchen.
Der Holder reift
Während in den langen Augustwochen ein Regenschauer nach dem anderen durch Feld und Wald zog, reifte ganz unauffällig der Holder. Die Dolden neigen sich unter der Lait ihrer zahlreichen schwarzen kleinen Beeren, die im Regen wie dunkle Tautropfen glänzen. Die Amseln und das übrige Wik der gefiederten Gäste ist nun häufig beim Holunder zu Gaste und verspeist mit großem Wohlbehagen seine schillernden Früchte. Von den vielen Bäumen und Gebüschen, die unsere Heimaterde beleben, ist Wohl kaum ein Strauch im Volke so beliebt, wie der Holunder. Das Lied weiß vom „Holder- blüh'n" zu singen und die Sage hat einen reichen Kranz von Erzählungen um ihn geflochten. Unter den alten Hausmitteln nimmt der Holder einen Ehrenplatz ein. Der Tee aus
Der Weg der Brigitte Andreas.
Roman von O tf r i d v o n H a n st e i n.
Oop^rixcht 1927 Hy Karl Köhler L Co., Berlin-Zehlendorf.
16> ^Nachdruck verboten.)
Sie war ganz blaß geworden, ihre Hände zitterten.
„Er war wohl selbst noch nicht im Bilde", meinte Viktor. „Er wird wohl erst heut nachmittag erfahren —"
„Von Ihrer Schwester?"
„Von seinem Vater und Herrn Zedewih. Meine Schwester ist heute nicht in der Fabrik."
„Und nach Bolivien will er mich schleppen?" sagte sie und schob die Unterlippe vor . . .
„Ich weiß allerdings nicht," antwortete Viktor, — „immerhin, es ist ein schönes Land, aber — ich glaube, es handelt sich nur um Monate. Ich würde Ihnen raten, in Berlin zu bleiben. Es wird mir stets eine Freude sein, wenn Sie mir gestatten. Ihnen aff, Mentor zu dienen."
„E zählen Sie mir von Bolivia, bitte."
Vikwr wußte selber nicht allzu viel von dem fernen Land. Nur etwas von dem alten Reiche der Inka fiel ihm ein, von seiner Schulzeit her . . .
In dem Revuetheater hatte Viktor eine Loge bestellt. Hilma hatte merkwürdig schnell ihre Beherrschung wiedergefunden und ^ Iazzweisen der Kapelle ertönten und der Vorhang sich über den ersten, glanzvollen Bildern hob.
Roberts Platz stand leer. Gegen Ende der Revue, deren "rächt die Wendtlands begeistert hatte, kam er. Viktor lächelte unwillkürlich, als er die fast ängstliche Miene sah, mit der er Hllma begrüßte, und dann aufatmete, als er sie in guter Laune n Sre soupierten dann noch schnell, aber sie waren müde von allem Erlebten.
„Wir danken Ihnen wirklich für all das Schöne. —"
Viktor küßte Hilma die Hand. E
„Ich denke, wir werden noch viel schönere Tage zusammen verleben. Ich bin überzeugt, Gnädigste, Sie werden m diesem Winter die Königin der Berliner Gesellschaft."
Im Hotel zogen sich Hilma und Robert in ihr Zimmer zuruck. Hilma schwärmte von dem Nachmittag.
„Dieser junge Chef ist ein reizender Kavalier. An dem solltest du dir ein Beispiel nehmen!" rief sie aus. „Er war so begei- strt von mir. Und du? Wenn ich gewollt hätte, wenn ich nicht so rasch ja gesagt hätte — wenn ich Herrn Andreas früher gekannt hätte —"
Sie sah ihn, wie sie es so gern tat, mit etwas zusammengekniffenen Augen an, in denen Lüsternheit und ein wenig Grausamkeit standen.
Viktor lachte. „Den Vergleich mit diesem Herrn Viktor Andreas scheue ich wahrlich nicht. Uebrigens ist er nicht Iuniorchef, er ist vielmehr wegen seiner Oberflächlichkeit und seines Leichtsinns von seinem Vater enterbt und genießt sozusagen bei seiner Schwester das Gnadenbrot."
„Wer hat dir das gesagt? Das ist nicht wahr!"
„Das hat mir mein Vater gesagt. Uebrigens ist mir dieser Herr recht gleichgültig."
„Mir vielleicht nicht," sagte sie leichthin.
Er schloß sie lachend in seine Arme.
„Hilma, Liebes, jetzt willst du mich eifersüchtig machen. Ich weiß ja doch, daß du mich liebst."
„Weiß du das so gewiß?"
Wieder war das Blinzeln in ihrem Auge.
„Ich muß dir etwas sehr Schweres sagen, Hilma," begann nun Robert, „ich soll nach Bolivien, soll dort den Bau der großen Stromregulierung leiten. — Es sind immerhin viele Monate — aber, denk dir, wenn ich als junger Ingenieur solche Aufgabe de- komme! Welche Zukunft sich mir eröffnet. Ich bin geradezu ein gemachter Mann. Das wirst du auch einsehen."
Sie hatte ein seltsames Lächeln um den Mund.
„Dann mußt du natürlich gehen."
„Und du? Es wäre so herrlich, wenn du mitkämest. Diese Reise, das wunderbare Land."
„Danke!" wehrte sie ab. „Ich weiß, die alte Heimat der Inka, ein wildes Bergland, ein Indianerstaat — ein Leben in Zelten und Bretterbuden."
„Das wohl. Hilma, willst du mich wirklich allein fahren lassen?"
Sie sprach jetz« so sachlich und ruhig wie nie. „Herrgott, ich bleibe eben hier mit den Eltern. Ich richte mir eine kleine Wohnung ein und warte auf dich. Du wirst mich schon nicht Not leiden lassen."
Robert hate vor diesem Augenblick gezittert — und nun sagte sie ihm alles das, was er selbst als das allein Mögliche erkannt hatte. Und doch hatte er eine andere Antwort erwartet.
„Aber wie soll ich es ertragen, ohne dich zu sein, Hilma?"
Er umschlang sie und küßte sie, und sie ließ sich ohne Wider- streben küssen.
* *
Das Schiff sollte übermorgen Bremen verlassen, heute sollte Rodert abreisen, um sich an Bord zu begeben. In den letzten Ta
gen hatte Brigitte ein Gefühl der Erniedrigung. Nie hatte sie H so wenig nach Robert gesehnt als jetzt, da sie Hilma kennengrlmt hatte. Sie hatte mit Robert geschäftlich gesprochen. Gewiß, er war voller guten Willens, aber bisweilen faßte sie doch die W> Er war so ungeschickt. War er fähig, das Werk zu leiten? War er fähig, mit den Regierungen zu verhandeln? War es nicht gewagt, ihn allein gehen zu lassen? War sie selbst eigentlich die einzige, die vollkommen das Ganze ihr eigenstes Werk, beherrschte?
Sie saß mit Minus und Schubert zusammen und hielt ihre Gedanken nicht zurück.
„Denken Sie daran, selbst mitzugehen?" fragte Aßmus.
„Ich weiß nicht", erwiderte sie zögernd.
Schubert war fast erschrocken, aber der Blick, mit dem sie m ansah, war so abweisend und stolz, daß er seine Besorgnis unterdrückte.
„Ich möchte nur tun, was für das Werk am besten ist", !<O sie voll Ernst. „Ich habe heute nochmals eine Einladung der Präsidenten bekommen."
Aßmus nickte.
„Gewiß. Ich habe auch schon daran gedacht", meinte er. Reise würde Ihnen sicher gut tun. Sie sind abgearbeitet, Klimawechsel, die schöne Seefahrt — dann — ich verhehle daß es von Nutzen sein würde, wenn Sie selbst wenigstens « Anfang an Ort und Stelle sind."
Er sah ihr erstelltes Gesicht und fuhr fort: .
„Hier würde ja auch alles gut weitergehen. Herr Schube« und Herr Zedewitz sind auf ihren Posten, und ich bin auch noch da. Glauben Sie nicht, daß Ihr Herr Vater auch zuerst mitge- reist wäre?"
„Sie meinen also, ich soll?" fragte sie rasch und wurde rot dabei.
„Wenn Sie sich wirklich stark genug dazu fühlen
„Was soll das heißen, Herr Kommerzienrat?"
Sie erschrak unwillkürlich. Was wußte er denn?
„Nicht übelnehmen, bitte. Ich meine, Sie haben bisher di» Werk sechs Monate vortreflich geleitet. Hier, aus Ihrem o>"s' mer, von Ihrem Schreibtisch aus, aber — wenn Sie seht n» Frau, allein, im fremden Lande der Oeffentlichkeit gegenüber«-' ten sollen —"
Sie schüttelte sehr energisch den Kopf.
„Ich weiß, daß ich kann, was ich will."
„Sie sind eine Frau!"
„Ich setze mich dennoch durch." ^
„Wenn Sie davon überzeugt sind, dann — ressm Sie Gottes Namen!"-
(Fortjetzung solgt.)