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irr. 43 Samstag den 21. Februar 1831 89. Jahrgang
AegieruMSantworien auf Meine Anfragen im Landtag.
Stuttgart, 20. Febr. In der gestrigen Sitzung des Landtags wurden von dem Regierungskommissar zahlreiche Kleine Anfragen beantwortet. Aus den Antworten ist folgendes her- vorznheben:
In Saulgau und Rottweil hatten die Nationalsozialisten Kränze an den Kriegerdenkmälern niedergelegt, die dann entfernt wurden. Nach Ansicht der Regierung sind die Anordnungen der Stadtvorstände in Saulgnu und Rottweil nicht beanstandet.
Die Verbesserung und der Umbau der Staatsstraße Nagold—Altensteig wird von der Staatsstraßenverwaltung angestrebt, es ist jedoch zur Zeit nicht zu überblicken, wann die erforderlichen Mittel verfügbar gemacht werden können.
Mit Rücksicht auf die Finanzlage des Staates und der Gemeinden war eine mäßige Erhöhung des Schulgeldes bei den höheren Schulen, den höheren Handelsschulen und den Frauenarbeitsschulen nicht zu umgehen; bei den Pflicht-, Gewerbe- und Handelsschulen und den Mittelschulen wurde voir der Erhöhung des Schulgeldes abgesehen. Auch nach der Erhöhung bleibt das Schulgeld immer noch hinter den Schulgeldsätzen der meisten Länder zurück. Auf die kinderreichen Familien nimmt die Schulgeldordnung weitgehende Rücksicht; das Schulgeld ermäßigt sich (für jedes der Geschwister) beim Besuch von 2 Geschwistern um 26 Prozent, von 3 Geschwistern um 40 Prozent, von 4 Geschwistern um 60 Prozent und von 5 und mehr Geschwistern um 80 Prozent. Außerdem können die Kinder solcher Familien, wenn sie bedürftig und würdig sind, auch ganze und halbe Freistellen erhalten.
Die möglichst weitgehende Nerweirdung inländischer Erzeugnisse in den Haushaltungen ist vom Standpunkt der deutschen Volkswirtschaft dringend erwünscht. Nach Auffassung des Staatsmiuisteriums muß überall, wo es sich um öffentliche Mittel handelt, also in Reich, Staat und Gemeinde, diesem volkswirtschaftlichen Gebot Rechnung getragen werden.
Das Staatsministerium ist bereit, den Präsidenten des Landesarbeitsamts um eine Anweisung an die Vorsitzenden der Arbeitsämter zu ersuchen, in allen Fällen, in Lenen Bedürftigkeit nachgewiesen wird, auf die Rückerstattung der zur Beschaffung von Arbeitsausrüstung aus Mitteln der Reichsanstalt vorgestreckten Beträge durch die Erwerbslosen ganz oder teilweise zu verzichten.
Die von kommunistischer Seite gegen die Polizei wegen ihrer Maßnahmen gegen die „Süddeutsche Arbeiterzeitung" erhobenen Vorwürfe werden für unbegründet erklärt. Die gegen das Verbot des Blattes eingelegte Beschwerde hat das Reichsgericht am 23. Januar 1031 verworfen.
Das Wirtschaftsministerium hat bei der Reichsbahngesell- schaft beantragt, die Frachterleichterung, die der Ausnahmc- tarif I db für Las niederschlesische Windbruchholz gewährt, mindestens in der Zeit bis 31. Dezember 1931 auch für Württemberg einzuräumen. Me Entschließung der Hauptverwaltung steht noch aus.
Die Ministerialabteilung für Len Straßen- und Wasserbau hat die Vorarbeiten für den Umbau der BilDechinger Steige bei Horb so gefördert, daß vom technischen Standpunkt aus die Bauarbeiten in Angriff genommen werden könnten, sobald die Grunderwerbungen durch die Stadtgemeinde Horb vollzogen sein werden. Der Zeitpunkt für die Vornahme der Bauarbeiten hängt von der Gestaltung des Haushaltplans ab-
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30. Fortsetzung.
Das war Hauptmann Jarovitzkis Geschichte. Als er schwieg, erzählte ich ihm ganz kurz über meinen Aufenthalt in Amerika. Ich fagte ihm nicht viel mehr, als daß ich mich als Geschäftsmann in Detroit niedergelassen hätte und nun aus einer Geschäfts- und Erholungsreise in Europa sei.
Ich hatte mich entschlossen, Vera vorläufig nicht zu erwähnen, aber bevor er mich verließ, nahm ich dem Hauptmann das Versprechen ab, daß weder er noch seine Frau irgendjemandem gegenüber etwas von der Begegnung mit mir erwähnen. Ich sagte ihm, daß ich wegen meiner Nachforschungen nach den Diamanten vorläufig nicht wünschte, daß meine Anwesenheit in Paris bekannt würde.
Als Jarovitzki gegen ein Uhr das Hotel verließ, hatten wir zusammen ein paar Flaschen alten Portweins geleert und die Mißstimmung des Hauptmanns war vollständig ver- schwundcn.
23.
Die beiden Photographien.
Der Hoteldiener war beauftragt, mich am nächsten Morgen um neun Uhr zu Wecken und mir das Frühstück und die Post zu bringen. Da kam ein ganzes Paket Briefe aus Amerika.
Jetzt kamen mir die Erlebnisse des vergangenen Tages sonderbar unwirklich vor. Diese Menschen, die vor zehn Jahren aus meinem Gesichtskreis verfchwunden waren und jetzt plötzlich wieder auftauchten, waren wie von einem Schleier der Unwirklichkeit umhüllt. Dagegen brachten die Briefe aus Amerika Mitteilung von einer gesunden Wirklichkeit, von Freunden, von Arbeit und Werktag.
So kam es mir im ersten Augenblick vor, aber bald wurden in meinem Bewußtsein sowohl Amerika als auch die Ereignisse des vorigen Tages vollkommen von dem Gedanken an das, was jetzt geschehen sollte, beiseite geschoben: meine Begegnung mit Vera. Pünktlich um halb zwölf Uhr stand ich auf dem Boulevard Flandrin vor Veras Wohnung. Ein weißhaariger Alter in Dienertracht öffnete. Ein kleiner Flur führte in eine große Halle. Im Kamin brannte ein lustiges Feuer.
Mir ging ein Stich durchs Herz. In einem solchen Heim batten Vera und ich all diese Jahre lang leben können, wenn nicht das Schicksal oder vielleicht ein böser Wille alles so ganz anders hätte kommen lassen. Aus meinen Träumen weckte wich der alte Diener. „Wen darf ich melden?" fragte er auf französisch Ich hatte russische Dienerschaft erwartet. Am
Die Gemeinden sind verpflichtet, die Schlachtvieh- und Fleischbeschaugcbühreu der durch Beamtengehaltskürzung bedingten Kostenverminderung entsprechend herabzusetzen.
Nach dem derzeitigen Stand des Bauspavwesens ist die Regelung der Aufsicht über die Bausparkassen zweckmäßiger als die Kontrolle durch eigene Revisionsverbände der Bausparkassen.
Eine Vereinfachung gegenüber der bisherigen Regelung der Rralbesteuerung bedeutet das SteuervereiuhcitlickMngs- gesetz für Württemberg nicht, vielmehr wird diese Bestimmung höchstwahrscheinlich umständlicher und die Vcrwaltuugsarbeit vermehrt. Das unerwünschte Ergebnis der Steuervereinhcit- lichung für Württemberg wird eine ganz erhebliche Verschiebung der Steuerbclastung sein, die in der heutigen an Gegensätzen ohnedies überreichen Zeit äußerst nachteilig wirken muß. In der Hauptsache hat die Geltendmachung der württ. Bedenken keinen Erfolg gehabt; in einzelnen Punkten wurde den württembergischen Wünschen Rechnung getragen, lieber etwaige weitere Schritte gegen die Durchführung der Steuer- Vereinheitlichung sind Entschließungen im Staatsministerium noch nicht gefaßt worden; da die Reichsregierung weitere Verhandlungen mit den Ländern in Aussicht gestellt hat.
Brief aus Pforzheim
Pforzheim, den 20. Februar lS3I.
Karneval-Reminiszenz.
Nun hat er ausgelitten und ausgetobt! Wenn es auch nickst so hock) her ging wie einst „in der guten alten Zeit", so Loch immerhin:
„Der letzte Tag im Karneval,
Der letzte Tag, der machte es —
Am letzten Tag im Karneval Auf allen Straßen lachte es..."
Der Nachmittag und die frühen Abendstunden gehörten der Jugend. Das Zentrum der Stadt sah dichtgedrängte Straßen, viele Neugierige und wenig Masken. Und unter diesen wieder noch seltener die, die Beachtung verdienten. Der Abend und die Nacht gehörte den Alten, die wieder einmal „jung" sein wollten. Im Kehraus der Bälle und den Lokalen verschiedener Art war Betrieb und Besetzung gut. Vorbei... Geblieben ist ein schwerer Kopf und allenthalben leere Portemonnaies. Doch die können sich ja beide wieder erholen, schön war es doch! Und die Heiterkeit gehört zum Erunst wie zum Gewitter der Sonnenschein; im Gegensatz liegt die Erkenntnis des Wertes: Darum:
„Seid fröhlich mit den Fröhlichen,
Mit dem Griesgram inögt. ihr brmnmen. —
Aber vor allem rat ich euch.
Ja dumm zu sein mit den Dummen!"
Wer nach all der Ausgelassenheit der letzten Tage Len Weg zum Ernst, zum Ernst der Zeit, nicht findet, der sehe sich einmal die Prozession der Arbeitslosen an, die täglich zur Kontrolle beim Arbeitsamt die Wege zum „Devisenfriedhof" füllt. Vielleicht bekehrt ihn das zur Nüchternheit des Tages. — Im Schauspielhaus hat man den „leichten son" noch nicht verloren. Zu hoffen bleibt, daß Kolbenhehers „Jagt ihn — ein Mensch" die andere Seite zeigt. Die Seite des Suchens und Mühens um Menschheitsproblemc von gestern und heute.
L a m P i o o n.
Tonfall hörte ich zu meiner Befriedigung, daß dieser Diener Franzose war.
Es mag kindisch wirken, aber ich war sehr gespannt darauf, ob Vera mich gleich wiedererkennen würde und vor allem, oh sie im Augenblick des Erkennens Freude zeigen, oder unangenehm berührt sein würde. Ich konnte ihre Gefühle am besten durchschauen, wenn ich sie ganz unvorbereitet traf. Darum ließ ich mich jetzt nicht unter meinem eigenen Namen melden.
,Mitte, melden Sie Herrn Iwanow aus Moskau," sagte ich zu dem Diener, der die Tür zuzog, um Wort- und lautlos wie eine Marionette zu verschwinden.
Kurz darauf kam er zurück. „Die gnädige Frau bittet Sie, einen Augenblick zu warten," sagte er. Nachdem er mir aus dem Pelz geholfen hatte, führte er mich in ein kleines Zimmer, das an die Halle grenzte. Dort ließ er mich sofort allein.
Solange der Diener noch im Zimmer war, hatte ich auf einem Stuhl gesessen, aber ich erhob mich sofort und ging aufgeregt hin und her, sobald er mich allein gelassen hatte. Ich wünschte jetzt aufrichtig, daß ich mein Vorhaben weniger aufregend ins Werk gesetzt und Vera lieber vorher von meinem Hiersein benachrichtigt hätte. Mir fiel ein, daß ich nur an mich gedacht hatte. Mir war gar nicht bewußt geworden, daß Vera ganz einfach einen Schock bekommen könnte, wenn sie plötzlich einem von den Toten Auferstandenen Auge in Auge gegenüberstände. Wenn Vera jetzt gekommen wäre, würde sie mich in einer Weichen, schuldbewußten Stimmung gefunden haben. Ich bedauerte meine Rücksichtslosigkeit aufrichtig.
In diesem Augenblick machte ich jedoch eine Entdeckung, die mich sofort kalt und mißtrauisch stimmte. Ganz zufällig fiel mein Blick auf einen Tisch, ein kleines, gebrechliches Möbelstück im Empirestil, so einen richtigen Damenschreibtisch, auf dem fast keine Papiere zu finden waren, dafür aber um so mehr Nipp sackst n un d Bilder.
Zunächst richtete sich mein Augenmerk auf ein großes Kabinettbild Gromows. Ich mußte dieses regelmäßige Gesicht mit dem großen, malerischen schwarzen Bart genau Üctrachten und ließ meinen Blick dann zu einem danebenstehenden Bild weiter- gleitcn. einer vergilbten Liebhaberaufnahme, die auf der Terrasse vor Veras väterlichem Gut im Regierungsbezirk Kiew ausgenommen war. Es war ein Gruppenbild voll von ländlichem Sommersrieden mit einem Textisch im Freien und frohen, hellgekleideten Menschen: Veras Vater, Gäste, Diener und Vera selbst und etwas hinter ihr ein ganz junger Mann mit regelmäßig geschnittenen Gesichtszügen und einem kleinen Bart.
Diesen jungen Mann erkannte ich sofort wieder.
Ich entdeckte in ihm denselben, der auf der großen Aufnahme abgcbildet war. Nur war er zehn Jahre älter geworden und hatte sich einen großen Vollbart wachsen lassen. Der Mann, der jetzt mit Vera verheiratet war und sich Iwan Gro- mow nannte, war der Sohn des Gutsverwalters bei Veras Vater. Gromows richtiger Name lautete: Iwan Wolkow.
Vermischtes.
Der fünfte bis sechste Teil der Geisteskranken Trinker!
Die amtliche badische Gesundheitsstatistik (Smrderabdruck aus dem Statistischen Jahrbuch für das Land Baden, 1930) enthält auch einen Abschnitt „Alkoholiker". Danach befanden sich unter den in den Jahren 1927 und 1928 wegen Geisteskrankheit in Krankenanstalten ausgenommenen 5111 bzw 5241 Personen nicht weniger als 919 bzw. 916 mit Säuferwahn, akuten alkoholischen Sinnestäuschungen, sonstigen trunkverursachten Geistesstörungen und gewohnheitsmäßiger Trunksucht — somit je ein Fünftel bis ein sechstel der Gesamt-Geisteskrankenzahl. Dabei ist noch zu Rächten, Laß drei große einschlägige Universitäts- Kliniken in Freiburg und Heidelberg, ein sonstiges großes städtisches Krankenhaus und eine Anzahl kleinerer Anstalten hierbei noch nicht erfaßt sind. Man beachte auch die Steigerung von einem Jahr zum andern!
Wer hat das Gold?
Die sogenannten monetären Goldbestände der Welt, das heißt diejenigen, die nicht der gewerblichen Verarbeitung unterliegen, betrugen Ende Dezember 1930 etwa 50 Milliarden R.M. und sind damit gegen das Vorjahr um mehr als 1,5 Milliarden gestiegen. Ueber die meisten Goldbestände der Welt verfügen heute Amerika und Frankreich, die im Jahre 1930 das meiste Gold an sich gezogen haben, denen aber, wie die Weltwirtschaftskrise zeigt, dieser Goldregen nicht zum Goldsegen geworden ist. Die Goldreserve der Bank von Frankreich beträgt heute mehr als 9 Milliarden Mark und ist gegenüber 1929 um 2 Milliarden gestiegen. Frankreich besitzt heute rund ein Sechstel des gesamten Goldvorrats der Welt, da es das ganze aus Südafrika, dem wichtigsten Goldproduktionsland, auf den englischen Goldmarkt gelangte Gold angekauft hat. Die deutsche Rcichsbank mußte an die Zentralnotenbanken von Frankreich und Holland (für Frankreich) Gold im Betrag von mehr als einer halben Milliarde Mark abgeben. Der Goldstock der Vereinigten Staaten ist um 1,3 auf 19,25 Milliarden Reichsmark gestiegen. Zusammen mit Frankreich verfügten die Vereinigteil Staaten Ende 1930 über mehr als 56 Prozent der Goldbestände der Welt. Die Goldreserve der Bank von England ist bis Mai 1930 bis auf 3,4 Milliarden Mark gestiegen. Infolge der im Aoungplan vorgesehenen Reparationsschulden hat Paris große Goldmengen aus London abgezogen. Interessant ist auch, daß der Goldstock Rußlands sich innerhalb des vergangenen Jahres von 617 auf 1045 Millionen R-M. erhöht hat, ein Beweis, daß noch erhebliche Goldmengen in Form von Juwelen in Rußland Vorhanderl sind, da Rußland nicht imstande ist, große Goldmengen anzukaufen.
Humoristisches.
Der Sprachlose. .Ein Bauersmann kommt in München zum Friseur, und dieser bemüht sich krampfhaft um ein Gespräch während des Haarschneidcns. Er fragt nach der Ernte, nach den Kartoffeln, nach allem möglichen, bekommt aber keine Antwort. Schließlich fragt er: „Sie haben gewiß im Felde die Sprache verloren?" Da deutet der Bauer wortlos auf das Telefon, wo angeschrieben steht: „Jedes Gespräch 50 Psg."
Die Preise sinken. Me Heringe kosten zwei Kopeken mehr als die letzte Woche..„Ja, das ist, um die Kosten des neuen Autos zu decken!" „Was für ein Auto?" „Das des Kontrolleurs!" „Wozu braucht er ein Auto?" „Bist du beschränkt! Verstehst Lu denn nicht?' Natürlich, um die Geschäfte zu kontrollieren, ob die Preissenkungen durchgeführt sind...
Ich erinnerte mich, daß Vera mir während der ersten Jahre unserer Ehe anvertraut hatte, daß der Sohn des Verwalters, Iwan, lvährend ihrer Jugend ihr Spielkamerad gewesen sei. „So im Alter von fünfzehn bis sechzehn Jahreil hat er sich gewaltig in mich verliebt," hatte sie gesagt. War dies nun die volle, ganze Wahrheit oder war die Verliebtheit gegenseitig gewesen? Und wann hatte Las Liebesverhältnis zwischen Vera und ihrem jetzigen Mann begonnen? Nach meiner Verhaftung oder vorher?
Meine Gedanken gingen weiter. Ich Lachte daran, wie sich damals im Jahre 1918 die Lebensformen anders gestalteten. Es war eine Zeit, in der die Menschen plötzlich ihrer früheren Anschauungen vielfach verlustig gingen. Ein Umsturz schafft gewöhnliche Menschen zu Helden um, aber er kann auch Diebe und Mörder aus ihnen macheu Wenn Iwan Gromow Veras Geliebter war und sie ihm eines Tages erzählt hatte. Laß ihr Mann das Land verlassen wolle und sie selbstverständlich mitzunehmen gedenke, was hatte Wolkow ihr da geantwortet? Vielleicht hatte er da gesagt: „Wähle zwischen uns". Vielleicht hatte sie geantwortet: „Lieber, ich habe ja schon gewählt. Wir beide werden reisen und er bleibt hier."
So weit war ich in meinen bitteren Ueberlegungen gekommen, als mir plötzlich klar wurde, daß ich Vera in diesem Moment unmöglich gegenübertreten könnte, da ich außerstande sein würde, meine Ruhe zu bewahren, aber ich wünschte auch nicht, sie mit Anklagen zu überfallen, für die ich nicht den geringsten Beweis besaß. Vor allem fürchtete ich, mich selbst lächerlich zu macheu Lautlos schlich ich darum aus dem Salon hinaus. Die Halle war leer. Im Flur fand ich Pelz und Hut. Leise öffnete ich die Türe und lief wie ein Dieb die Treppe hinab und aus der Gartentür auf die Straße.
24.
Die Stimme im Fernsprecher.
Als ich wieder in mein Hotel kam, war ich fest entschlossen, meine Nachforschungen nach dem Verkäufer von Gräfin Schn- walows Stirnreif nicht aufzugeben. Mit dem Diebe fand ich vielleicht auch die Lösung einer anderen, mir viel wichtigeren Frage.
Derjenige, der 1918 meine Diamanten gestohlen hatte, mußte bei diesem Diebstahl mit meiner Verhaftung gerechnet haben. Es war darum eine einigermaßen folgerichtige Vermutung, daß derjenige, welcher meine Abwesenheit während der Haft wahrgenommen hatte, möglicherweise auch ihr Veranlasser war. Hatte der Dieb selbst die anonyme Anzeige an die Tschcka gesandt und die belastenden Briefe in meinen Pelz eingenäht? Kurz, war meine Verhaftung in die Wege geleitet, um freies Spiel zu bekommen, und zweitens: wenn nun Denunziant und Meb ein und dieselbe Person waren, stand dann Gromow in irgenwelcher Verbindung mit dem Diebstahl und hatte er etwa darum einen neuen Namen angenommen? Und zum dritten fragte ich: Wieviel von alledem wußte Vera?
(Fortsetzung folgt.)