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Matt.
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Blatt.
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7.
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89. Jahrgang.
(Sonett.)
Latz die Gemeinheit der gemeinen Seelen.
Die gern lxssudttn, was sie nicht begreifen.
Und'durch den Staub sogar das Heilige schleifen, Dir nicht den Glauben an die Menschheit stehlen:
Mcht erst die arge Zeit schuf ihr Verfehlen Und ließ die Schlechtigkeit der Schlechten reifen: Sie wagen nur. die Scheu jetzt abzustreifen.
Ihr wahres Antlitz zeigend ohne Hehlen,
Wer gut ist. bleibt auch gut in schlimmen Tagen, Ja, wird noch besser: leichter zu ertragen Die Not der Zeit, dran alle schnell erkranken.
Du aber halte zu den wenigen Guten.
Wärm dich an ihres edeln Herzens Gluten.
Steh stolz und aufrecht, wenn die andern sanken.
Richard Zooznrann.
Württemberg.
Stuttgart, 9. Jan. (Festnahme eines flüchtigen Stuttgarter Polizeibeamtcn.) Zu der Meldung über die Feschahme eines Angehörigen der württ. Polizeibereitschaft in Stuttgart durch die Paßkontrolle in Kehl erfährt man aus Polizei- üeamtenkreisen folgendes: „Die Meldung ist irreführend. Jeder Polizeibeamte kann auf Grund der bestehenden Gesetze eigenmächtig vom Dienst sich entfernen. Er zieht sich dadurch die strafweise Dienstentlassung zu. auf Grund deren er seiner sämtlichen Anwartschaften und seiner Versorgung verlustig geht. Er kann aber aus diesem Grunde niemals verhaftet werden. Vielmehr ist ausdrücklich in Artikel 171 des württ. Beamtengesetzes festgelegt, daß bei einem Dienststrafverfahren weder eine Verhaftung noch eine Festnahme oder Vorführung des Beschuldigten erfolgen darf. Die Verhaftung kann also nur aus strafrechtlichen Gründen erfolgt sein. Im übrigen haben Feststellungen bis jetzt ergeben, daß ein Stuttgarter Be- reitschHtsPo-lizeibeamter nicht abgängig ist."
Winzeln, OA. Oberndorf. 8. Jan. (Notlandung.) Am Montag kurz nach 11 Uhr vormittags landete in der Nähe des -Ortes das Klemmflugzeug l) 1713. Wie sich herausstellte, war das die Afriiafliegerin Fräulein Elli Beinhorn. Eine große Menge Schaulustiger, besonders Kinder, hatten sich in kürzester Zeit eingefunden. Die Notlandung mußte infolge Verölung der Zylinder vorgenonnnen werden. Werkmeister Hezel konnte raschestens die Hemmung beseitigen. Bis die angeforderte Hilfe kam, war das Flugzeug schon wieder auf dem Weiterflug nach Villingen,
Blaubeuren, 8. Jan. (Aus der Schule) Im zweiten Schuljahr wird über die Nachsilben unterrichtet und es werden Wörter mit den Silben „nis" und „keit" aufgesucht. Die Wörter sollen in Sätzen angewendet werden. Da schreibt nun so ein kleiner Junge: Ich keir (gehöre) dem Vater und der Mutter. Was du krist (bekommst), das keit dir. In das Haus keit reinkeit (gehört Reinlichkeit). Die Kinder kleit (kleiden) sich an. Einige Mädchen haben Nis (Nisse). Aber Buben haben
keine Nis- Die Kinder essen gerne Nis (Nüsse). Aber die großen essen keine Nis. Lille Leute müssen nis (nießen).
Mm, 8. Jan. (Widerwärtige Wetten.) Widerwärtige Wetten werden bedauerlicherweise immer noch getätigt. L>o verschlang in einem kleinen Wirtshaus außerhalb der Stadt ein nickst mehr nüchterner Bauernknecht einige Dutzend Laiten- würste. Mehrere .Krüge Bier mußten gereicht werden. Solche unsinnige Fresserei ist in Ansehung der allgemeinen Not geradezu unverantwortlich, auch von seiten solcher Leute, die derartigen Unsinn dulden. Hunderte betteln täglich von Tür zu Tür um den Notpfennig. Andere verprassen Speise und Trank in Unvernunft.
Vermischtes.
Kaiser und Turnier auf dem Mmer Münster. Wenn Fremde auf den Münsterturm zu Ulm kommen, so wird eine Inschrift an der Nordseite des achteckigen Turmes gezeigt, nach der Kaiser Maximilian 1192 auf dem Turm gewesen ist und in seiner bekannten Verwegenheit an die äußerste Spitze des Turnus sich gestellt und den einen Fuß frei in die Luft hinausgestreckt hat. Dies machte ihm 1680 Ulrich Rommel, ein Ulmer Bürger, nach, der sich aus Len Kranz gestellt und mit einem Fuße in freier Lust sich herumgeschwungen hat. Er wurde auf dies Kunststück hin zum Münsterwächter bestellt.
Geheimsender im Keller. Nach langer Beobachtung ist die Kölner Postüberwachung dahintergekommen, daß in der Altstadt ein Geheimsender in Betrieb war. Peinlich hat man Haus für .Haus abgesucht und kam dabei auch in die Wohnung eines Ingenieurs. Als die nachforscheivden Beamten der Postüberwachung den Arbeitsraum des Ingenieurs betraten, fiek ihnen eine große Zahl Postkarten aus aller Welt auf, die mit Reißnägeln an die Wand geheftet waren. Die Karten enthielten zumeist in englischer Sprache Mitteilungen über empfangene Funksprüche und stellten offensichtlich die Bestätigung dar, um die der Inhaber des Funkseuders gebeten hatte. Ohne jede Einschränkung gab der vernommene Ingenieur zu, daß er sich aus reinem Sport einen eigenen Sender im Keller gebaut habe. Als die Beamten sich im Keller umschauten, waren sie geradezu verblüfft über die sinnreiche Einrichtung, die der Ingenieur zurechtgebastelt hatte. Nun interessierte sich auch die politische Polizei für Len Erbauer der Anlage. Sie konnte jedoch ebenfalls nur feststellen, daß den Inhaber des Senders keine unlautere Absicht beseelt hatte. Sender und Hilfsgeräte wurden beschlagnahmt.
Einen entsetzlichen Tod fand die 69jährige Ehefrau Luise Falkenhagen in Schwerin. Die Frau hatte sich zu kurzem Mittagsschlummer an den Ofen gesetzt. Durch aus dem Ofen herausgefallene Kohlen hat wahrscheinlich das Kleid der Schläferin Feuer gefangen. Plötzlich stand die Unglückliche in Hellen Flammen. Auf ihre Hilferufe eilte der Ehemann aus dem Garten herbei. Es gelang ihm noch, die Flammen zu ersticken. Tie Schwerverletzte mußte sofort dein städtischen Krankenhaus zugeführt worden, wo sie ihren Verletzungen erlegen ist.
Die Flöte Friedrich des Großen wird versteigert. Das an der Havel gelegene Schloß Glienicke, das sich im Besitz des Prinzen Friedrich Leopold von Preußen befindet, soll verpachtet werden. Geplant ist die Verwendung des Schlosses als Wochenendhotel. Die Vermögensverwaltung des Prinzen siebt
bereits mit Reflektanten in aussichtsreichen Verhandlungen. Inzwischen wird aber das gesamte Inventar des Schlosses veräußert werden. Das Prinzenpaar, das gegenwärtig seinen Wohnsitz in Lugano hat, wo es sich mit einen: Kostenaufwand von vielen Millionen ein Schloß errichten ließ, war vor einigen Wochen in Berlin und hat einen bekannten Auktionator beauftragt,^ das gesamte Inventar an Möbeln, Teppichen. Knnstgegenstnnden meistbietend zu versteigern. Es handelt sich um die Einrichtung von etwa 70 Zimmern und Möbeln, darunter prachtvolle Stücke aus der Zeit des Großen Kurfürsten, ferner aus dem Rokoko, sowie um Möbel, die Schinkel entworfen hat. Besonders wertvoll sind die antiken Sammlungen, die in der ersten Hälfte des 19.- Jahrhunderts Prinz Friedrich Karl von Preußen znsammengetragen hat. Unter den vielen Stücken von hohem historischem Wert befindet sich auch die Flöte Friedrich des Großem Das Schloß Glienicke, das zum Bereich von Berlin gehört, liegt in einem großen Park, den Prinz Friedrich Leopold von. Preußen 1890 vom Fiskus für 7000 Mark erwarb. Er zahlte für das 31 Hektar große Gelände einen Preis von zwei Pfennig für den- Quadratmeter. Als die Stadt Berlin im vorigen Jahre den Beschluß faßte, einen Teil des Parkes als Freifläche zu erklären, verlangte der Prinz nicht weniger als 3,1 Millionen Mark Entschädigung für den verhältnismäßig kleinen Teil seines Parkbesitzes. Dem Prinzen Friedrich Leopold verbleibt nach dem Verkauf von Glienicke seine große Besitzung Krojanke im Kreise Flatau. Illach dem Umsturz reklamierte der Fiskus dieses Gut. Prinz Friedrich Leopold behauptet aber, daß die Herrschaft Privatbesttz seiner Familie sei und hat auch tatsächlich ein obsiegendes Urteil über den preußischen Fiskus erstritten.
Der todbringende Hochzeitstrunk. Bei einer Hochzeit in Gerhardsfelde bei Tilsit brachte ein Postbote ein Glückwunschtelegramm. Die Braut reichte ihm ein gefülltes Schnapsglas. Kaum hatte der Bote das Glas an die Lippen gesetzt und geleert, als er zusammenbrach. Unter den Hochzeitsgästen entstand eine große Aufregung. Man stellte fest, daß der Bote airstelle von Likör Karbol getrunken hatte. Das Unglück ist darauf zurückzuführen. Laß eine Likörflafche, die zur Aufbewahrung von Karbolsäure diente, irrtümlich unter die Hochzeitsgetränke geraten war. Es gelang nicht, den Mann am Leben
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(64. Fortsetzung)
16 .
Sperk senior hatte sich gelb gefärbt. . .
beit Sonntag abend lag er zu Bett. Sanstätsrat Werner stellte fest, daß dem Patienten nicht wenig Galle in d»e Llur- «ege gedrungen sei.
Aber heute, Montagmittag, war er doch schließlich auf- zestanden, und lief im Schlafrock, übellaunig und von allen gemieden, durch die Gemächer. Nur Inge versuchte, ihm etwas Kräftigendes zu reichen. Er wies alles von sich.
Ad und zu blieb er auf seinen Märschen vor einem Spiegel stehen, betrachtete prüfend sein quittengelbes Gesicht und rannte dann um so grimmiger weiter. Jetzt stand er wieder vor dem großen Trumeauspieael im Salon
Da räusperte sich jemand. Als er sich umüreht«. stand Heinz von Erlbach vor ihm.
«Natürlich steckt Inge dahinter!" war Spsrks erster Gedanke.
Cr murmelte etwas wie Entschuldigung bezüglich seines Anzuges und zog die Schnur des Schlafrockes enger an:
„Was wünscken Sie?"
„Herr Sperk. ich ... ich komme, um nochmals um die Hand Ihrer Tochter Inge anzuhalten und Ihnen mitzuteilen, daß ich eine Stellung an der Universität Greifswald in sicherer Aussicht habe!"
„Meinen herzlichsten Glückwunsch! Doch die Hand meiner Tochter bekommen Sie nicht!"
„Herr Sperk! Dann werden mir eben ohne Ihr Einverständnis heiraten!"
. . und möbliert wohnen . . . Von mir kriegt Inge keinen roten Heller!"
„Das müßten wir dann eben in Kauf nehmen. Es befremdet mich nur. daß Sie nicht zu Ihrem Worte stehen!"
„Wie meinen Sie das. mein Herr?" Specks gelbes Gesicht «hm rötliche Tönung an.
„Ja, Vater!" sagte Inge, die ins Zimmer trat, „wir müssen dich schon bei dem Versprechen halten! Wenn der Herr Major von Erlbach durchfiele, hast du gesagt, dann wolltest du nicht mehr gegen unsere Heirat sein!"
„Mein Vater ist durchgefallen!" bestätigte Heinz und vlictt? -sperk durch dis große Hornbrille durchdringend an.
.. -h aber auch!"
-der. Vater! Tragd.-m besteht doch deine Znttcherung «euer."
„Das wäre ja noch schöner!"
„Aber Heinz hat dich doch so unterstützt! Denke doch nur an seine Artikel!"
„Ach was. Artikel! Nischt genützt haben sie! Einen Sitz haben diese vermaledeiten Demokraten verloren, und ich als vierter auf der Liste falle glatt durch! Ist ja unerhört!"
„Aber warum sprichst du auf einmal so verächtlich von deiner Partei? Willst du etwa austreten?"
„Da fragst du mich noch? Nicht nur austreten ... deutschnational werde ich!" rief Sperk in der Wut seines gekränkten Ehrgeizes.
Heinz und Inge sahen sich sprachlos an. —
Zur gleichen Stunde hatte sich Gerhard, ebenfalls in hohem Hut und Besuchsanzug auf dem Stadtgute eingefunden. Kurz und entschlossen wollte er den Major um Rücksprache bitten
Es war keine Zeit zu verlieren. . . Oldenbrook konnte ihm jede Stunde zuoorkommen.
Das Mädchen kam zurück:
„Herr Major ist noch in der Flur, und gnädige Frau bedauern, nicht empfangen zu können Gnädige Frau haben noch Migräne. — Herr Major ist auf der Dreieckswiese, unten am Flusse, wo doch die Wonna alles überschwemmt hat."
Also auf zur Dreieckswiese!
Koste es, was es wolle, die Entscheidung mußte fallen!
Kalter, scharfer Wind hatte sich aufgemacht, und der Feldweg war in einen Morast verwandelt, durch den jetzt Gerhard mit seinen neuen Lackschuhen trotzig dahinwatete. Immer schlimmer wurde der Pfad. Mit finsterer Entschlossenheit krempelte Gerhard seine Hosen hoch . . War
denn noch immer nichts von dem Landwirt zu sehen? . . Diese glitzernde Wasserfläche dort mußte die Dreieckswiese sein.
Richtig! Da hielt ja der Jagdwagen mitten im Wasser. Zentimeterhoch standen die Räder in der Flut, die bei dem immer mehr auffrischenden Winde richtige kleine Wellen schlug. Und in dem Wagen stand ja auch der Major und wetterte auf einige Arbeiter ein. die neben dem Wagen hin und her wateten . . -
Gerhard setzte seinen Zylinder fester auf und stapfte mit zusammenaebissenen Zähnen auf den Jagdwagen zu. Das Wasser quietschte in seinen Schuhen und ging ihm über die Knöchel.
Endlich bemerkte ihn der Major.
„Haben Sie schc: einmal eine solche Schweinerei erlebt?"
„Nein. Herr Major!" bestätigte Gerhard und sank in einen tückischen, unterseeischen Maulwurfshügel «:n.
Als er sein Gleichgewicht wieder hatte, segelte sein Zylim- der, den Deckel nach unten, den wirbelnden Wassern der Wonna zu
Ein wohlgezielter Stoß des einen Arbeiters mit einer Heugabel machte der Eskapade ein Ende.
„Aber kommen Sie doch herauf!"
Aufatmend stieg Gerhard auf den Wagen. Im Bewußtem des offiziellen Charakters der Rücksprache, schlug er eine lehmbeschmutzten Hosen über die traurig blinden Lackschuhe.
„Ich komme in der Ihnen bekannten Privatangelegenheit!"
„Ach so!"
Der Freier saß dem verwunderten Major gegenüber und drehte verlegen seinen Hut. Das Wasser sprang in kleinen Kaskaden aus den von der dreizinkigen Heugabel herrührenden Löchern. Der schmutzige Strahl spritzte auf die Knie der Majors.
Dieser ergriff kurz entschlossen den Zylinder, hielt ihn «der den Wagenrand und drehte ihn um.
„Ich danke Ihnen . . und erlaube mir die Anfrage, ob ich Ihr Fräulein Tochter . . ."
Der Major schüttelt« den Kopf:
„Das kommt mir denn doch zu plötzlich!"
„Aber Herr von Erlbach. Sie hatten doch versichert, daß nach dem Durchfall meines Vaters die Angelegenheit zwischen uns noch einmal besprochen werden sollte! Mein Later ist durchgefallen!"
„Ich aber auch!"
„Ist nicht meine Schuld Ich habe für Sie getan, was ich konnte!"
„Ganz wurscht! Ich bin durchgefallen!"
„Was kann ich dafür. Herr Major? Ein derartiges Kon»° vlott konnte ich nicht ahnen!"
Es war schon richtig, was Gerhard vermutete. Offenbar hatte der nicht ganz taktfeste Bermögensstand des Majors die Wähler abgeschreckt.
Gerhard klapperte vor innerer Empörung und vor Frost mit den Zähnen:
„Herr von Erlbach, ich möchte Sie an Ihr Wort erinnern!"
„Es ist doch wohl selbstverständlich, daß meine Wiederwahl eine oonckitio sine qa» von war. Jetzt bin ich aber durchgefallen! Verstehen Sie denn das gar nicht?"
„Aber wenn ich Ihnen nun mitteile, daß mein Dat-r entschlossen ist, sich bei den Deutschnationalen eintragen z» lassen?"
«Was . . . Ihr Vater . . . deutschnational?! . . . Dann trete ich aus der Partei aus! . .. Eie paßt mir sowieso nicht mehr."
„Aber. Herr Major!"
„Karl! . . . Nach Hanse fahren!'
(Fortsetzung salzig ?