84. Amts- und ÄnzeLgeblatt für den Sezirk Calw. 81. Jahrgang.

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Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag, Sonntag, Jnsertionspreis lO Psg. pro Zeile für Stadt und Bezirlsorte; außer Bezirk IS Pfg,

Amtliche Bekanntmachungen.

An die Gemeindebehörden,

Amtskörperschaftsumlage betr.

In Gemäßheit des Art. 55 des Gesetzes vom 8. August 1903, Reg.-Bl. S. 417, und des 8 65 der Vollzugsverfügung vom 22. September 1904, Reg,-Bl. S. 295, (Schümm, Steuerrecht S. 358) ergeht der Auftrag, der Amtspflege spätestens vis 1. August -s. Js. anzuzeigen.

s) den Betrag des Grund-, Gefall-, Gebäude- und Gewerbekatasters, welcher entweder die Grundlage der Gemeindeumlage tatsächlich bildet oder, falls eine solche stattfinden würde, zu bilden hätte, also unter Berücksichtigung der Zuschläge und der Abzüge am Grund­kataster und im Falle der Erhebung einer Gemeindeeinkommensteuer auch der Abzüge am Gewerbekataster;

d) der steuerbare Kapitalertrag ;

e) die Summe der für die Gemeindeeinkommen- fteuer in Betracht kommenden Einheitssätze.

Calw, 26. Mai 1906.

K. Oberamt.

Voelter.

Tagesneuigkeiten.

* Calw 28. Mai. Das Wohltätigkeits­konzert in der Stadtkirche für die Verunglückten in Nagold bot des Guten und Schönen außer­ordentlich viel. Es war eine Aufführung, wie man sie selten hier hören kann. Sowohl die einheimischen wie die auswärtigen Kräfte wirkten zusammen, um den Zuhörern nur Gediegenes vor­

Dienstag den 29. Mai 1996.

zuführen. Seminaroberlehrer Schüsser-Nagold spielte eine Phantasie v«s-l)u>' für Orgel und die Orgelsonate v-inoll Satz I von Rheinberger, sowie ll'oeeLt», v-woll für Orgel von I. S. Bach. Sein tongewaltiges Spiel, seine außerordentlich technische Fertigkeit wie die plastische Ausgestaltung der prächtigen Tonwerke waren von großer Wirk­ung, namentlich war die Poeeats, von großartig packender Darstellung, Die übrigen Kräfte sind hier schon längst vorteilhaft bekannt: Konzertsänger Sauter-Ludwigsburg war bei sehr guter Stimme und sang mit hinreißendem Gefühl und bestricken­dem Vortrag mehrere Lieder, darunter die vor­trefflich durchgeführteKirchenarie" von Gabe und das rührend schöne LiedSei still" von Raff. In einerTräumerei" für Violine von Schumann und einem^.näunt«" von Spohr bewies Musik­direktor Höfer hier aufs neue seine große Meister­schaft auf der Violine. Der ev. Kirchengesang­verein trug 2 wirkungsvolle gediegene Chöre vor: Sei getreu bis in den Tod" von Feyhl und Fürchte dich nicht" von Mendelssohn. Das Konzert war leider nur schwach besucht, in An­betracht des guten Zwecks und der vorzüglichen Leistungen wäre eine kräftigere Unterstützung des Konzerts angezeigt gewesen.

* Calw 27. Mai. Die Apfelblüte ist jetzt an allen Bäumen vorüber. Die Aussichten lassen sich daher einigermaßen übersehen. Es ist leider zu konstatieren, daß die naßkalte Witterung und die zahlreichen Nebel den Blüten sehr viel geschadet haben; insbesondere haben die Nebel den Blüten übel mitgespielt. Eine überaus große Anzahl von Blüten ist abgefallen oder in der Entwicklung zu Grunde gegangen; auch ein weiterer Feind der Blüten und Blätter ist auf­

Abonnememspr. in d. Stadt pr. Viertelj. Mk. 1.10 inel.Trägerl. ^ Dierteljährl. Pofrbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Orrs- u. Nachbar- ^ Ortsverkehr 1 Mk.. f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg. s

getreten: die Raupen. In unheimlicher Menge sind diese schadenstiftenden Tiere auf den Bäumen zu finden, überall zerstörend und verheerend, namentlich die Zwetschgenbäume haben unter dem Raupenfraß zu leiden, so daß in unserer Gegend nicht viel Zwetschgen zu holen sein werden. Birnen und Aepfel werden dagegen in Aussicht genommen werden dürfen, nur nicht in solcher Menge, wie man sie in einem sehr reichen Obst­jahr gewohnt ist.

Wildbad 27. Mai. Ein Italiener überfiel 2 Arbeiter und stach sie mit seinem Stilet- mefser nieder. Einer derselben erhielt einen tiefen Stich in die Brust.

Nagold 25. Mai. Das Areal des ein­gestürzten Gasthofsz. Hirsch" nebst 2 Neben­gebäuden wurde heute im 2. Aufstreich um die Summe von 30000 ^ verkauft.

Stuttgart 26. Mai. Die Kammer der Abgeordneten hat heute in einer eineinhalb­stündigen Sitzung Petitionen beraten und zwar zu­nächst eine Bitte des Landesverbands württem- bergischer Gemeindeunterbeamten um Er­richtung einer gesetzlichen Pension und Hinterbliebenenversorgung für die Ge­meindeunterbeamten. Der Berichterstatter Prälat v. Braun betonte die Notwendigkeit, für diese Beamten, die Wichtiges für das Gemeindewesen leisten, durch Schaffung von Unterstützungskassen im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung besser als bisher zu sorgen, wo sie auf Almosen gleichkommen­den Gratialien der Gemeinden angewiesen sind. Minister v. Pischek erklärt sich mit dem Antrag der Kommission auf Uebergabe der Petition an die Regierung zur Berücksichtigung einverstanden, be­zeichnte es aber als notwendig, zunächst für Pensionen der Staatsunterbeamten zu sorgen und

Das Wrack des Grosvenor.

Roman aus dem Engl scheu von Clark Rüssel,

(Fortsetzung.)

Um meine Ecke zu erreichen, hatte ich mich beinahe an allem sesthalten müssen, was mir in den Weg kam, und ich mußte die Beine mit aller Gewalt anstemmen, um nicht wie ein Klotz aus meinem Winkel heraus an die andere Seite des Decks geschleudert zu werden.

Die Mannschaft war beschäftigt, das Fockleesegel und seine Spiere einzuziehen. Kein Lüftchen war mehr zu spüren, außer dem Zuge, den das Schlappen der Segel auf dem Deck erzeugte. Sogar wo ich stand, konnte ich das Klirren der Ruderkette und das Knarren und Stoßen des Ruders hören, wenn die Dünung dagegen schlug. An dem trüben Himmel flackerten nur wenig Sterne hier und dort. Die See war schwarz und ölig und schimmerte stellenweise von phosphoreszierendem Licht, welches unter der Oberfläche leuchtete; wir fühlten die Macht der lang hinrollenden Dünung, Ausdehnung und Umfang derselben konnten wir aber bei der Dunkelheit nicht erkennen.

Fast unausgesetzt hörte man Ducklings rauhe Stimme die Leute bei der Arbeit antreiben. Ihre Gesänge machten in der Finsternis einen ganz eigenen Eindruck. Von ihren Gestalten war nichts zu erkennen, kaum daß man die Umriffe der Segel zu unterscheiden vermochte. Nach einer Weile befahl Duckling das Einnehmen der Vor- und Groß-Oberbram-Segel; als dies geschehen war, wurden die Vorbram- und Kreuzbram-Segel beschlagen. Nachdem somit nach und nach fast alle leichteren Segel sestgemacht waren, ging es an das Bergen der großen Leinwandstücke. Zunächst wurde die ganze Wache angestellt, das Gaffelsegel auszugeien. Da ich wußte, daß diese eine Wache nicht hinreichte, um die noch übrig bleibenden Marssegel

wegzunehmen, mithin meiner Meinung nach auch bald die Mannschaften meiner Wache aufgerufen werden mußten, so steckte ich meine Pfeife in die Tasche und arbeitete mich aus das Hüttendeck. Hier befand sich auch Duckling. Er hielt sich an einer der Kreuzwanten fest und dirigierte von da aus unter ewigem schimpfen und rohem fluchen die Arbeiten. Um nicht gar zu sehr in seiner Nähe zu sein, begab ich mich nach dem Kompaß und fand, daß das Schiff keine Fahrt machte. Seine Spitze war nach Westen gerichtet, aber jede der langen Wogen die es hob, brachte es in einer pendelartigen Bewegung vier bis fünf Striche seitwärts. Der Kapitän, der in meiner Nähe stand, nahm keine Notiz von mir, und so ging ich auch dort wieder weg und nahm meinen Standpunkt an der Ueberdachung der Kajütentreppe.

Die tiefe Stille in der Natur, die unheimlich geräuschlose, das Schiff so furchtbar schwankend machende Wellenbewegung und die fast undurchdring­liche Dunkelheit, wirkten in gewissem Maße beängstigend und geradezu schauerlich war es, wenn plötzlich zwischendurch einmal die, hinter dem Hauptmast hängende Schiffsglocke einen vereinzelten Ton von sich gab.

Es war wie eine Erleichterung, wenn man den Blick zeitweilig von dem schwarzen Wasser abwandte und aus dem schwachen Lichtschein haften ließ, der durch das Oberlicht auf das Deck drang. Dies hatte ich kaum getan, als ich bemerkte, wie Duckling auf mich zukam; er stach mir mit seiner Naie beinah ins Gesicht, um zu erkennen, wer ich wäre und sagte dann:Warum treiben Sie sich denn hier oben herum, anstatt zu schlafen, solange Sie Zeit haben."

Ich dachte, meine Wache würde bald auf Deck gerufen werden, und da zog ich es vor, mich nicht erst niederzulegen."

Wir werden die noch stehenden großen Segel erst um acht Glasen aufholen," bemerkte er kurz und ging weiter.

Dies war eine Rücksicht, die er auf die Leute nahm, denn es bedeutete,