einer Turnhalle erzielt werden. Zum Schluß wandte sich Niko­laus nochmals an die Jugend, dem Verein durch Fleiß und Gehorsam alle Ehre zu machen, darin überreichte er jedem aus seinem Sack ein Geschenk. Die Dtabübungen, das Pferdchen­spiel, sowie die Partner-Uebungen der Turnerinnen waren sehr gut gelungen, ein Beweis, welch technisches Können Frauenturnwart Heydt besitzt. Das TheaterstückHeimkehr an Weihnachten" zeigte ernsten Charakter. Das SingspielGretel vom Erlengrund", von guten Kräften gespielt, verfehlte seine Wirkung nicht. Das humoristische TheaterstückZwei Mucka uff ein Schlag", löste große Heiterkeit aus. Gymnastische llebungen der Turner und Sportler, sowie das Reckturnen und Kunstfreiübungen zeigten, daß der Verein turnerisch wie sport­lich auf der Höhe ist. Auch die Männerabteilung bis zum Alter von 55 Jahren tat im Reckturnen wieder ihr Bestes, sie turnten trotz manchem Jungen und sind immer ein Vorbild und ein neuer Ansporn für die Jugend. Der Verein hatte die Ehre, 9 seiner Mitglieder für 25jährige treue Mitgliedschaft zu Ehrenmitgliedern zu ernennen. Vorstand K. Rentschler überreichte ihnen mit herzlichen Dankesworten für ihre Treue zum Verein den Ehrenbrief. Wilh. Faas, Karl Dürr und Friedrich Bott wurden für aktive Mitgliedschaft zu Ehren turne rn ernannt, G. Nicht, H. Döttling, Wilh. Seyfried, Wilh. Barth, Gust. Kübler, Chr. Zündel für passive Mitgliedschaft zu Ehrenmitglie­dern. Wilh. Faas, Fabrikant, dankte im Namen der Jnbi- lare für die Ehrung. Darauf schilderte Gauobertunwart G r o ß ma n n - Höfen, welcher der Einladung Folge leistete, in großen Ilmrissen den Wert des Turnens und machte Mit­teilungen über das Wachsen der Deutschen Turnerschaft. An­schließend gab er bekannt, daß er im Auftrag von Gau und Kreis die Ehre habe, einige bewährte Männer und Leiter des Turnvereins Calmbach zu ehren unter Ueberreichung des Gau-Ehrenbriefs an Wilh. Barth l, Wilh. Faas, Karl Jäger, Chr. Kübler, Jak. Kappler, Wilh. K i r- cher und Herrn. Treiber; den K re i s - E h re n b r ie f überreichte er an Adolf Heydt und Jak. Kuppler mit herzlichen Dankesworten für langjährige Treue. Leider muß­ten wir von dem Scheiden unseres Ehrenmitglieds Chr. Stro­bel, Pol.-Wachtmstr. Kenntnis nehmen, der durch seine Ver­setzung nach Eningen bei Reutlingen als Pol.-Kommissar am 1. Januar von uns scheidet. .Herr Strobel war stets ein eif­riger Förderer unseres Vereins und wir rufen ihm ein herz­liches Lebe wohl! zu. Gut Heil! I.

- Calmbach, 2S. Dez. Im Staatswald Abt. Eiberg traf Forstmeister Schauwecker gestern ein Rudel Wildschweine an. Er erlegte ein altes Tier im Gewicht von etwa 150 Pfund; auch ein Junges wurde angeschossen und wird noch gesucht.

Württernverg

Stuttgart. 28 Dez. (Von der Landesunioersüät.) Der Staats­präsident hat die Wahl des Professor Dr. LIttmann an der philo­sophischen Fakultät zum Rektor der Universität Tübingen für das Amtsjahr 1930/31 bestätigt.

Plochingen» 28. Dez. (Ein freudiges Ereignis.) Ein Plochinger Bürger erhielt auf Weihnachten von einem sehr wohlhabenden Ver­wandten aus Amerika die Nachricht, daß dieser beabsichtige, für die Plochinger Vereine eine größere Stiftung zu machen. Die Stiftung soll in der Erstellung eines neuzeitlich eingerichteten Vereinshauses bestehen und soll für alle Zwecke verwendbar sein. Das Bereinshaus soll derart gestaltet werden, daß täglich zwei Vereine üben können und auch für die größten Festlichkeiten Raum genug bietet. Bedin­gung des Spenders ist, daß die Gemeinde einen schönen ausreichenden Platz unentgeltlich zur Verfügung stellt.

Neuhausen a. E-, 28. Dez. (Todesfall) Gemeindepfleger Fritz Flad ist im Aller von 31 Jahren infolge eines Schlaganfalls ge­storben. Flad gehörte als Abgeordneter und Mitglied der Demokra­tischen Partei der württembergischen Landesoersammlung an. Den Neckar-Neuffen-Gausänqecbund leitete er 21 Jahre lang.

Pfullingen, OA Reutlingen, 28. Dezdr. (Von Hunden gehetzt.) Gestern gegen Mittag wurde von Hunden ein Reh bis an die Häuser der Stadt hergetrieben. Da das Tier, eine Geiße, erheblich verletzt war, mußte es nach eingeholter Zustimmung des Iagdpächters ge­tötet werden. Es wäre sonst wohl dem Raubwild zum Opfer gefallen.

Dußlingen OA. Tübingen, 29. Dez. (Wilderer-Razzia.) Am zweiten Weihnachtsseiertag wurden in den Waldungen mehrere Döb­linger mit zwei geschossenen Rehen beobachtet. Daraufhin wurde am Freitag früh um >/, 4 Uhr im Mühlacker in Dußlingen durch Land­jäger und Schutzpolizei eine Razzia vorgenommen, wobei das ge­schossene Wild, sowie mehrere Jagdgewehre, viel Munition und sonstige Wilderergeräte aufgefunden wurden. Insgesamt wurden 11 Personen festgenommen und ins Amtsgerichtsgesängnis nach Tübingen einge­liefert. Es handelt sich dabei teilweise um solche, die bereits wegen Wilderns vorbestraft sind.

Schramberg, 28. Dez. (26 Prozent Umlage.) Der Gemeinderat hatte eine Umlage von 26 Prozent festgesetzt, dabei zur Deckung des Abmangels einen Staatszuschuß von 100000 Mark, einen Staats­beitrag für die Schullasten von 30 OM Mark und eine Schuldaus­

nahme von 30M0 Mark für Fürsorgezwecke vorgesehen. Dieser Haushaltsvoranschlag wurde von der Ministerialabteilung wiederholt abgelehnt, sie verlangte eine Erhöhung der Gas- und Wasserpreise, sowie einen höheren Gemeindebettrag zur Gebäudeentschuldungssteuer. Der Gemeinderat beschloß sodann infolgedessen die Beibehaltung der Umlage, die Heranziehung des Erneuerungsfonds des Schlachthauses mit 40M0 Mark ohne Ersatz, die Erhöhung der Gebäudeentschul- dungssteuer von 3 aus 3,6 Prozent und die Erhöhung des Gas­preises von 20 auf 23, sowie des Wasserzinses aus 24 Pfennig.

Oberhöfen, OA. Äiberach, 28. Dez. (Vom Rodeln in den Tod.) Am ersten Wethnachtsseiertage vergnügten sich hier Kinder aus der Steige, die zur Landstraße führt, mit Schlittenfahren. Da geschah es, daß im gleichen Augenblick, als ein Rodelschlitten, mit zwei Kin­dern besetzt, die Landstraße berührte, ein Personenauto angesahren kam und der Schlitten unter das Auto geriet. Der acht Jahre alte Franz Ebenhos wurde dabei unter das Fahrzeug geschleudert und erheblich verletzt. Er mußte ins Krankenhaus nach Btberach überge- führt werden, wo er den Verletzungen alsbald erlag. Das andere Kind kam noch glimpflich davon.

Ravensburg, 28. Dez. (Mit der Kasse durchgebrannt.) Der Kassier des hiesigen Arbeitsamtes, Ktrsinger, ist am Heiligen Abend mit 18 MO Mark Arbeitslosenunterstlltzungsgelder flüchtig g» gangen. Der unge­treue Beamte benützte die Feiertage, um einen Vorsprung für seine Flucht zu gewinnen, deren Spuren anscheinend nach der Schweiz sühren. Kirfingers Frau lebt in Brasilien, wo auch er sich bereits einmal längere Zeit aufhielt. Es ist wohl nicht von der Hand zu weisen, daß der Flüchtling versuchen wird, Brasilien zu erreichen. Der günstig gewählte Zeitpunkt der Flucht deutet auf einen raffiniert ausgeheckten Fluchtplan hin. Die Leitung des Arbeitsamts trifft keine Schuld.

Tettnang, 28. Dez. (Dammbruch.) Ueber Weihnachten entstand wahr­scheinlich wegen des Tauwetters ein Dammriß in der Böschung des Stauweihers der Obermühle. Die Wasjecmassen überschwemmten die benachbarten Straßen des Stadtbaches, der den einzigen Abfluß des Weihers bildet. Die Keller der Graben- und Dobelstraße standen unter Wasser, die Wiesen waren mit Schlamm überzogen. Durch das Ein­greifen der Feuerwehr wurde ein größerer Schaden verhütet. Gegen 3 Uhr nachmittags war der ganze Wether ausgelaufen, wodurch ein größerer Schaden an dem Flschbestand entstand. Die durch das Aus­treten des Stadtbaches in Mitleidenschaft gezogenen Anwohner erleiden zum Teil großen Schaden.

Leutktrch, 28. Dez. (Das Geständnis des Mörders Heinrich). Der unter dem Verdacht, den Landwirt Becherer von Frauenzell er­mordet zu haben, verhaftete Dienstknecht Josef Heinrich hat ein Ge­ständnis abgelegt. Er will die Tat zusammen mit einem Unbekannten begangen haben. Zunächst habe er ausgekundschastet, daß Becherer Milchgeld abgeholt habe. Dann habe er ihn nachts aus der Wohnung gelockt mtt der Angabe, daß am Wald ein Motorrad stehe, er solle rasch zur Reparatur kommen. Die tödlichen Schüsse seien von dem Unbekannten abgegeben worden. Gemeinsam mit diesem habe er die Taschen des Toten nach Geld durchsucht. Becherer hatte aber das Milchgeld vor seinem Fortgang verwahrt. Von dem Verbleib der Uhr will Heinrich nichts wissen. Es ist festgestellt, daß Heinrich das Jagdgewehr, mit dem die Tat ausgesührt wurde, eine Woche vorher in einer Wirtschaft in Urlau gestohlen hat.

Bavert

Pforzheim, 26. Dez. Hier wurden 3 Personen wegen Falschmünzerei verhaftet. Eine stellte falsche Fünfmarkstüüe her, die beiden anderen brachten sie in den Verkehr.

Ettlingen, 26. Dez. Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Textilindustrie des Albtals haben am Freitag vor dem Schlichter in Karlsruhe folgende Vereinbarung abgeschlossen: 1. Die bisherigen Abkommen über die sogenannteAlbtal- znlage" gelten als erloschen. 2. Die bestehenden Arbeitsverhält­nisse gelten als unter den bisherigen Bedingungen auf 1-1 Tage über den ausgesprochenen Kündigungstermin hinaus verlän­gert. 3. lieber die sogenannteAlbtalzulage" wird innerhalb dieses Zeitraumes vom Schlichtungsgusschuß Karlsruhe als vereinbarter Schiedsstelle entschieden werden. Der Schlich­tungsausschuß gilt durch diese Vereinbarungen als angerufen.

Ettlingen, 26. Dez. Ein schwerer Raubüberfall wurde heute nacht 2 Uhr in der Sedanstraße, hier, verübt. Die Musiklehreriu Töhlmaun kehrte mit dem letzten Zug von Karlsruhe nach Hause zurück. Kurz vor ihrer Wohnung wurde sie von einem jüngeren Mann überfall, der ihr die Handtasche mit Inhalt, Geld, Uhr usw., entriß. Nach dem Täter wird eifrig gefahndet.

Freiburg i. Br., 26. Dez. Der Blumenhändler Gustav Hambrecht, der bei dem Großfeuer in der vorigen Woche sein Kind aus dem brennenden Hause retten wollte, und dabei schwere Brandwunden erlitt, ist in der vergangenen Nacht ge­storben. Der Zustand des Kindes ist zufriedenstellend.

SermtWtetz

Münchens Weihnachtsverkehr. Der Münchener Haupt- bahuhof hatte in den Vorweihnachtstagen und an Weihnachten selbst trotz der Ungunst der Witterung einen Riesenverkehr zu bewältigen. Vom 22. bis 26. Dezember wurden rund 520 OM Fahrgäste gezählt. Ueber 30 OM Sportler fuhren in die ver­

schiedensten Wintersportgebiete. Ueber 50 Mo Sonntagsfahr­karten wurden gelöst. Im Münchener Hauptbahnhof wurden über 3000 Züge abgesertigt, davon 177 autzerfahrplanmäßige und Bedarfszüge. Große Anstrengungen erforderte der Rück­strom der Reisenden. Am zweiten Tag von nachmittags 5 Uhr ab bis in die Mitternachtsstunden rollte Zug um Zug in die Hallen des Hauptbahnhofs. Insgesamt wurden am zweiten Weihnachtsseiertag 657 Züge im Hauptbahnhof abgefertigt, davon 67 Sonderzüge. Der ganze riesige Verkehr wickelte sich, abgesehen von verschiedenen Verspätungen, ohne Unfälle und ziemlich glatt ab. Wie der Personenverkehr hat auch der Ge­päckverkehr einen außerordentlichen Umfang angenommen. Hauptsächlich aus Norddeutschland, nach der Schweiz und ganz besonders in die Gegend von Garmisch mußten viele Gepäck- beiwageu eingereiht werden. Der Expreßgutverkehr, der heuer- später einsetzte, ließ sich in den letzten Tagen derart an, wie er in den ganzen Jahren noch nie verzeichnet worden ist. Es wurden über IM OM Gepäckstücke im Expreßgutverkehr be­fördert. Zur Bewältigung des ungeheuren Verkehrs mußte die Reichsbahn 200 Hilfskräfte einstellen.

Der Ausbau des Münchener Hauptbahnhofs. Der Ausbau des Münchener Hauptbahnhofs, der nach den schweren Zug­unglücken in Angriff genommen worden war, ist bereits weit fortgeschritten. Nach einer Mitteilung von der Reichsbahn­direktion München wurden in den letzten Wochen die neuen Sicherungsanlagen des Hauptbahnhofs zum Teil in Betrieb genommen. Auch die übrigen neuen Sicherungsairlagen wer­den bis zum Sommer kommenden Jahres dem Verkehr über­geben werden, und damit wird das Sicherungsprogramm für den Münchener Hauptbahnhof abgeschlossen sein. Sämtliche Stellwerke sind Kraftstellwerke mit elektrischem Antrieb der Weichen und Signale nach der Bauart Siemens u. Halste.

Die Münchener Mordaffäre. Das Gerücht, die Mutter des einen Mädchenmörders, Walpurga Kräutler, sei an Kum­mer gestorben, entspricht nicht den Tatsachen. Allerdings ist sie schwer zusammengebrochen. Der Mörder Kräutler und auch der andere Mörder, Lüttgens, zeigen in der Haft ein erstaunlich gleichgültiges Benehmen.

Verbrannt aufgefunden. In der Nacht zum Heiligen Abend wurde auf der Landstraße von Ernsdorf nach Sröstorff bei Passau ein etwa 70jähriger, wohlhabender Mann aus der Ernsdorfer Gegend verbrannt ausgesunden. Herz und Lunge waren vollständig blohgelegt, verschiedene Körperteile völlig verkohlt. Der Mann soll vorher noch etwa 400 Mark Bargeld bei sich gehabt haben. Es steht noch nicht fest, ob ein Ver­brechen oder ein eigenartiger Unfall vorliegt. Die Unter­suchung ist im Gange.

Wieder eine Giftmörderin verurteilt. Am Freitag nach­mittag verkündete der Gerichtshof das Urteil gegen Frau Maria Csabai. Sie wurde des Mordes für schuldig erklärt und zu 15 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust ver­urteilt. Sowohl die Angeklagte, als auch der Staatsanwalt legten gegen das Urteil Berufung ein. Auf Antrag des Staatsanwalts bleibt die Verurteilte in Haft.

R. 1V1" wirb vergrößert. DieTimes" kündigen an, daß außer den kleinen Aendcrungen an dem englischen Luftschiff R. 101", die schon vor einiger Zeit gemeldet wurden, jetzt auch beschlossen ist. das Schiff in zwei Teile zu teilen und einen wetteren Gasbehälter von 500 OM -Kubikfuß Kapazität ein­zufügen. Mau hofft dadurch den Auftrieb des Schiffes um 6 Tonnen erhöhen. Die Länge .des neuen Schiffes soll ungefähr 600 Fuß mit einem Fassungsvermögen von 5.MO MO Kubikfuß werden. Da außerdem das Netz, das innerhalb der Hülle die Gasbehälter umspannt, fortgelassen werden soll, darf man mit einer Gesamtzunahme des Auftriebs um etwa 15 Tonnen rechnen.

Handel, Verkehr und Volkswirtschaft

Stuttgart, 28. Dez. lSchlachtoiehmarkt.) Dem, wegen der Feiertage am Samstag abgehobenen Schlachtviehmarkt, würben zugeführt: 25 (unverkauft 5) Ockfen, 27 Bullen, 300 (12) Iunqbullen, 250 (80) Iung- rlnder, 148 (9) Kühe, 1553 (20) Kälber. 1415 (200) Eckweine. 8 Schafe. Erlös aus je 1 Ztr. Lebendgewicht: Ochsen r, 5256 (letzter Markt:), b 4550 (). Bullen a 5052 (50-51), b 4548 (4748), Iungrinder a 5357 (unv.), b 4650 (4751), c 4345

Doppelt ist cker Oeriuk mit Vyderl» cker Kacken ist vor llntrünäurm kescbütrt, cier ^tem rem!

In äpotd. v. vrox. n». 1,25 v. 70 ?ks>

Kinder der Berge.

10g Roman vou Aut. Andrea Barel.

Bethl", sagte dieser mit einer Stimme, schwer von Bewegung,das Leben is 'kommen, um dir a neue Auf­gabe z'stell'n."

Ein paar Worte und sie hatte alles begriffen. Einen Augenblick breitete die Blässe des Schnees sich über ihr Gesicht, das die Frühlingsluft vorhin warm und rot ge­weht hatte.

Ich komm'!" sagte sie, ohne sich zu besinnen; dennoch war es, als könnte sie sich nicht vom Fleck rühren und tausend unsichtbare Hände hielten sie fest. Ihr Blick suchte die Bäuerin. Die saß steif und verschlossen auf der Bank mit eingekniffenen Lippen und verschlungenen Händen.

Joa, Muattele, von dir muaß i Abschied nehmen für a Weil. Brauchst nimmer z'denken, i käm' nit wie­der! Vielleicht nit mehr als a Magd aber allmoal als dane Tochter, guats Muattele von meiner Seel'."

Heftig schüttelte die Bäuerin den Kopf. Aber die Bethl legte ihr die Hand auf die Schulter.Doa, wohin i g'rufen werd', bin i auch a Tochter: die Amely von der Frau Bahnmeister. Arg Via! Kummer und Sorg' hat's wegen meiner g'habt. Does muß i guat mach'n."

Kannst gehen!" sagte die Bäuerin, weiter nichts.

Das Mädchen bückte sich und küßte sie auf beide Wangen.

Behüt di Gott a tausend-, tausendmal!" Dann ging sie ins Haus, um ihre wenigen Habseligkeiten zu packen. Als sie zurückkam, war die Bäuerin schon wieder auf dem Acker beim Kartoffelpflanzen. Amely winkte mit der Hand hinüber, doch keines von den Dreien achtete darauf. So ging sie fort, wie sie einst im Sturm und Regen ge­kommen war, den Wettermantel über dem schäbigen, schwarzen Kleidchen, das hier ihr Fest- und Feiertags-

gewand gewesen war, oen Rucksack auf oen Schullern uuo , den Bergstock in der Hand. Aber heut war sie nicht allein. Ihr voran schritt der Lehrer und führte sie den Weg zu I Tal. Sie sah sich nicht mehr um. Still schritt sie auf den steilen Pfaden hinter ihm, und während des ganzen Weges wechselten sie kaum ein Wort miteinander...

32.

In ihrem -Schlafzimmer, wo alles von peinlichster Ordnung und Sauberkeit zeugte, lag die Frau Bahnmeister und horchte auf das Leben, das draußen vorbeisauste in I)-Zügen. Schnellzügen und Lokalzügen. Sorgfältig ge­waschen und zurecht gemacht, die Helle neueMatinee" über dem Nachthemd, das Haar mit allen Haarnadeln und Kämmen aufgesteckt anders tat sie es selbst auf ihrem Krankenlager nicht. Eben war die Trud Hofmair gegangen, die den größten Teil des Tages um sie blieb. Zur Nacht wollte sie noch einmal nach ihr sehen.

So lieb der Frau Bahnmeister auch sonst die Braut ihres Fred war, sie blieb gern mal eine Weile allein, wie abseits von allen Dingen, und ließ das Leben, das ihr so­viel zu schaffen gemacht hatte, vorbeirasen und -brausen, wohin es wollte.

Das Fenster stand halb offen, die Vorhänge waren zurückgezogen. Es schaute über die Strecke hinweg auf das Kaisergebirge. Dort lag die Abendsonne hoch und golden und sandte feurige Reflexe herüber.

Die Frau Bahnmeister achtete nicht darauf. Sie lag mit geschlossenen Äugen, und während sie hinauslauschte, dachte sie:Wann die Amely kommt."-

Ja, dann wurde sie wieder gesund. Dann kamen ihre guten Tage. Mit Ruhe und Vorsicht wollte sie sie ge­nießen. sie dem Leben, wenn es nicht anders ging, ab­schmeicheln und abschmuggeln, denn sie kamen ihr eigent­lich zu.

Wenn die Amely nur erst käme!

Vom Kaiser herüber sandte die Sonne Fluten gol-

oeueu Feuers, Sie ganze Stube war voll davon, so daß die Frau Bahnmeister ihre müden Augen weit aunat.

Jesses," dachte sie,wie ist das schön! Gelt, liabs Leben, du hast's halt 'raus, dich z'schmücken und an­ziehend z'machen- so arg fein, wie nimmer a Weibl mit all sauer G'fallsucht."

Ein kleines, ironisches Lächeln huschte um die blassen Lippen der Frau Bahnmeister; dachte sie daran, daß auch sie ernst die Schönheit getragen hatte, stolz und sorglos zugleich, ein junges Mädchen voll freudiger Zuversicht auf Glück und Liebe?

Sie horchte hinaus.

Die Tür zwischen ihrem Schlafzimmer und der Wohnstube stand offen. Seitdem sie der unfreiwilligen Ruhe im Bette pflegte, lagen ihre Ohren beständig aus der Lauer.

Die Frau Bahnmeister vergaß fast zu atmen, so ge­spannt horchte sie. Mit einem Male begann ihr Herz ein rasendes Hämmern und Laufen. Es war zum Ersticken. Sie machte eine verzweifelte Anstrengung, sich aufzurich­ten, wenigstens den Kopf in die Höhe zu bringen; aber es endete in einer Todesangst, als wäre es ihr Letztes. Doch das Leben hielt sie noch immer umklammert. Ihr Bewußtsein kehrte wieder. Was hatte sie nur gewollt? Sie saß ja aufrecht, ganz hoch. Ihre Kopfkissen bildeten eine weite, bequeme Lehne, und dann nein, sie irne sich nicht. Um ihren Nacken lag ein warmer, feiner Arm. Eine Hand, klein, wenn auch nicht zum Weichsten, strich ihr über das Gesicht, blieb auf ihm liegen.

Mama mei arm's, guat's Mama! Does bin i. deine Amely. Hast mich noch a biss'! liab?"

Freili," murmelte die Frau. Es erschien ihr alles so einfach und selbstverständlich.Und arg g'freut Hab' i mich, daß du wiederkommen tuast. Jetzt werd' i g'sund,

jetzt geht's in die Höh'-

lFortletzuu« folgt.)