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verantwort!. Schrifileitung: Friedrich Hans Scheele
Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckeret
Nr. 100
Montag, den 30. April 1928
101. Jahrgang.
Der Empfang der Ozeanflieger
Große Begeisterung in Newyork
TU. Newyork, Sü. April. Die Ozcanslieger sind, da die anhaltenden schweren Negenstiirme den Flug nach Ncw- york verhinderten, Samstag mittag «m 12 Uhr amerikanischer Zeit mit dem fahrplanmäßigen Schnellzug von Washington nach Newyork aSgcfahrc«. Der Flieger Balchen, der sie von Washington abholen wollte, hatte wegen der äußerst schlechte« Witterungsverhältnisse auf State« Island landen müssen. Ans dem Washingtoner Bahnhof hatte sich eine ungeheure Menschenmenge bei der Abfahrt der Flieger eingcsnnden.
Da die Flieger den nichtvfsiziellen Charakter ihres Washingtoner Besuches wahren wollten, machten sie dem Präsidenten Coolidge noch keinen Besuch. Er soll Mitte nächster Woche stattfinden. Da die Flieger sich am Sonntag erst ausrichen wollen, werden die Newyorker Empfangsfeierlichkeiten erst am Montag beginnen
Fahrplanmäßig kurz nach 6 Uhr trafen die Ozcanslieger Köhl, von Hünefcld und Fitzmanrice mit dem Washingtoner Erprcßzug in Newyork ein. Zu ihrem Empfang hatte sich das ganze offizielle Newyork auf dem Bahnhof cingesnnden. Bürgermeister Walker schritt auf die Flieger, die dem Zug entstiegen, zu und richtete an sie, ihnen herzlich die Hand schüttelnd, Worte des Willkommens. Diese gingen selbst sür die nächste Umgebung des Bürgermeisters in den sich immer wiederholendes Hochrufen der Empfangsgäste «nd der Menge draußen vor dem Bahnhof verloren. Besonders herzlich war die Begrüßnng zwischen den gefeierte« Fliegern und ihren Kameraden Balchen, Chamberlin und Schiller, die auch aus dem Bahnhof erschiene« waren. Durch die sahnengelchmückteu Straßen, die von dichten Menschrnmasscn «msäumt waren, wurden die Flieger in Antomobilcn z» ihrem Hotel, dem Ritz Carlton Hotel, gebracht. Die Auto
mobile mußte« wiederholt halten, da die begeisterte Menschenmenge die Polizeiketten durchbrochen und sich den Automobile» in den Weg gestellt hatte.
In der fahnengefchmückten Vorhalle des Hotels stellte der Ozeanfliegcr Chamberlin, der gerade vor einem Jahre nach Deutschland hinnbergeflogen war, die deutschen Ozeanflieger und ihren irische» Kameraden den offiziellen Persönlichkeiten Newyorks vor. Bürgermeister Walker hieß die Ozcanslieger in Amerika willkommen und fügte in seiner Ansprache hinzu, daß sie den besten Beweis dafür gebracht hätten, daß der amerikanische nnd der europäische Kontinent auch durch das Flugzeug zn verbinden seien. .Hauptmann Kühl gab in deutscher Sprache seiner Freude über die ehrliche sportliche Begeisterung der Amerikaner Ausdruck und bedankte sich im Namen seiner FIngkameraden für den begeisterten Empfang in den Vereinigten Staaten. Er betonte, daß er für den herzlichen Empfang im Namen des gesamten deutschen Volkes spreche. Fitzmaurice und von Hünefeld dankten in englischer Sprache für den begeisterten Empfang in Newyork. Die Worte der drei Ozeanflieger fanden lebhaftesten Widerhall. Hauptmann Köhl erregte besondere Ucberraschnng, als er erklärte, daß ihm wie seinen Kameraden sehr daran liege, in etwa 10 Tagen mit der „Bremen" nach Newyork zu kommen, um von hier ans de» Flng über den Ozean nach Dentschland z« unte en.
Die Beisetzung Bcunetts.
TU. Newyork, 30. April. Die sterblichen Ueberrcstc des Nordpolflicgers Bennctt sind am Freitag gegen 20 Uhr lM.E.Z.) in Washington eingetroffen und nnter großen Feierlichkeiten auf dem Nationalfriedhof in Arliugton in der Nähe der Ruhestätte des NordpolentdeckerS '"? iry beigeseht worden.
Die Stichwahlen in Frankreich
Ein starker Rechtsruck
TU. Paris, SO. April. Nach den bisherigen Ergebnissen der Wahlen beziffern sich -re gewählte« Kandidaten auf 114, «nd zwar 38 Rcchtsrcpnblikaner sGrnppe Marin), 1K Linksrcpnblikaner sGrnppe Bokanowski), 12 Radikale (Her- riot), 7 Unabhängige Republikaner sLouchcur), 8 Unabhängige Sozialisten sBriand), 18 S.S. J.O., 10 Kommunisten.
Allgemein ist die Anschauung verbreitet, daß, soweit die Wahlen sich znr Stnnde übersehen lassen, die Rechte und insbesondere die Gruppe Marin immer noch stark im Anwachsen find. Gewählt wurden «. a. Franklin Bouillon, Bokanowski nnd Lonchenr.
Kriegsminister Painleve wurde in seinem Wahlkreis Gex-Nantes mit 242 Stimmen Mehrheit gewählt. Der Führer der radikalsozialistischen Partei »und Kammcrgrnppe Daladier ging ebenfalls mit Mehrheit in seinem Wahlkreis durch. In Paris wurden bisher gewählt: 0 Kommunisten, 4 Sozialdemokraten, 2 republikanische Sozialisten, 1 Radikalsozialist, 8 Linksrepublikaner, einer von Ser republikanisch-demokratischen Union, 9 Nationalunionisten, 2 unabhängige Republikaner nnd 1 unabhängiger Radikaler. Wie verkantet, ist der bekannte Kommunist Vaillant-Cou- t u r i e r geschlagen, während der Führer der kommunistischen Partei, Cachin, anscheinend die besten Aussichten hat. Weiterhin soll der Sozialistenfiihrer Leon Blmn geschlagen worden sein.
Deutschlands Haltung in der Kriegsverzichtspaktsrage
Verstimmung in Paris.
TU. Berlin, 90. April. Die deutsche Antwort auf den Vorschlag des amerikanischen Staatssekretärs Kellogg zwecks Abschluß eines Kriegsächtungsvcrtragcs wird am Dienstag, den 1. Mal, veröffentlicht werden.
Die grundsätzliche Annahme des amerikanischen KricgS- verzichtpaktvorschlages durch die deutsche Negierung hat in französischen diplomatischen Kreisen einen ungünstigen Eindruck hervorgerusen. Man hatte mit Bestimmtheit damit gerechnet, daß Deutschland wie auch die anderen Großmächte den amerikanischen Entwurf erst nach einem Gedankenaus
tausch mit der französischen Regierung über die beiden Paktvorschläge bentworten würde. Man hatte auch damit gerechnet, daß die Außenminister der Großmächte aus der Junitagung in Genf darüber eine besondere Rücksprache nehme» würden. Deutschlands schnelle Antwort an Amerika wird daher als übereilt erklärt, umsomehr, weil weder Japan noch England, noch Italien ihre Stellungnahme zn Kelloggs Paktvorschlag ausgesprochen haben.
Die Einschränkung des Luftverkehrs im besetzten Gebiet
Protest gegen die Haltung der Nheinlandkommission.
TU. Koblenz, 30. April. Fast zn der gleichen Zeit, in der die Kunde von der Ucbcrgncrung des Ozeans durch ein deutsches Flugzeug durch die Presse ging, mußte gemeldet werden, daß die Verhandlungen mit der Rhcinlandkommissivn wegen Zulassung des freien Luftverkehrs im besetzten Gebiet ergebnislos verlaufen sind. Seit Jahren wartet die Wirtschaft des besetzten Gebietes auf die Freigabe des Luft. Verkehrs, der sowohl für die Personen, wie für die Güterbeförderung von immer größerer Bedeutung wird. Sie hat nun nach Abschluß des Pariser Luftfahrtabkoinmens vom 21. Mai 1926 geglaubt, daß die Benachteiligung des besetzten Gebietes ein baldiges Ende finden werde. Statt dessen begannen langwierige Verhandlungen mit der Nhcinlandkom- mission, die sich auch heute nach fast zwei Jahren als vollkommen ergebnislos erwiesen haben. Die Wirtschaft des setzten Gebietes soll also weiterhin ans die Vorteile eines für die wirtschaftliche Entwicklung so wichtigen Verkehrsmittels verzichten müssen.
Der Wirtschaftsausschuß für die besetzten Gebiete Hält sich daher für verpflichtet, mit Nachdruck-darauf hinzuweisen, daß der einzige Bezirk auf der ganzen Erde, der sür die Luftfahrt verschlossen bleibt, das besetzte Gebiet im Westen des Deutschen Reiches ist und nunmehr auch geraume Zeit noch bleiben wird. Er legt gegen dieses Verhalten der Rhcinland- kommission, das durch keinerlei sachliche Gründe — auch nicht mit dem Hiniveis auf die gefährdete Sicherheit der Besatzungstruppen — begründet werden kann, aus das nachdrücklichste Protest ei»
Tages-Spiegel
Die deutschen Ozcanslieger sind am Samstag abend von Washington kommend in, Newyork cingetrosfen, wo ihnen ei» begeisterter Empfang znteil «nrde.
Die gestrige« Stichwahlen in Frankreich haben, soweit sich das Ergebnis übersehen läßt, einen starke» Rechtsruck gebracht.
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In Elsaß-Lothringen habe» die Autonomisteu und die Linksparteien den Hauptteil der Mandate gewonnen.
Marschall Pilsudski soll nach ««bestätigten Warschauer Meldungen einen Schlaganfall erlitten haben.
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Wie aus Moskau gemeldet wird, hat Tschitscheri« den deutsche» Botschafter zur Besprechung des Falles der verhafteten Ingenieure empfangen.
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lieber die Bergstraße gingen am Sonntag schwer^ Wolken» brüche nieder. 100 Jahre alte Bäume wurden entwurzelt nnd mehrere Landstraße« waren stundenlang gesperrt. Der Hagel, der mit de» Wolkenbrüche« verbunden war, vernichtete eine« großen Teil der Obsternte.
Die Durchführung
des landwirtschaftlichen Notprogramms
TU. Berlin, 30. April. Der RcichStagsausschuß zur Überwachung der Durchführung deZ landwirtschaftlichen Notprogramms beriet die Richtlinien über HilsSmaßen des Reiches für Umschuldungskrcüite. Ministerialrat von Quassowski erläuterte die Gefahr der sogenannten eingefrorenen Kredite. Die Bewegung gehe dahin, die kurzfristigen Personalkredite durch langfristige Kredite möglichst unter Ermäßigung des Zinsfußes zu ersetzen. Die Verhandlungen znr Vorbereitung der Umschuldung mit den Ländern. Banken und Organisationen, seien bereits in die Wege geleitet. Die Beschlüsse des ReichSrats brächten keine grundsätzlichen Abweichungen von dem Zieje der Regierung.
Der Ausschuß genehmigte nach längerer Aussprache die Richtlinien für die Umschuldung. Angenommen wurde dazu eine Entschließung, wonach darauf Bedacht zu nehmen sei, daß die Kredithilfe znr Umschuldnng möglichst gleichmäßig auf bas ganze Reich verteilt wird.
Der Ausschuß beriet dann die Richtlinien zur Ratio, n allster» ng des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens weiter. Die Richtlinien wurden angenommen. Durch eine Reihe von Anträgen wurde in die Richtlinien hineingearbeitet, daß jede Verwendung von Mitteln für eine finanzielle Sanierung einzelner Genossenschaften aiksgefchlosse« sei» soll. Der Zusammenschluß der in den Ländern und Provinzen nebeneinander bestehenden Verbände zu einem Landes- oder Provinzialverband soll unbedingt angestrebt werden. Die Mittel sollen nur zur Deckung der Kosten, die den genossenschaftlicben Organistionen durch Rationalisierung entstehen, Verwendung finden. Endlich darf die Bewilligung der Mittel nur mit Zustimmung des Län- derauSschusses erfolgen.
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Eine Hilfsaktion sür Ostpreußen.
TU. Berlin, 30. April. Wie der amtliche Preni iswe Pressedienst mitteilt, hat die preußische Staatsregieruug für in Ostpreußen entstandene Notstände den Betrag von 600 000 Reichsmark als Kredithilse zur Beschaffung von Saatgut unter der Bedingung vcrwilligt, daß dgs Reich die gleiche Summe als Darlehen gewährt und daß weiterhin Provinz und Reich sich zusammen mit der gleichen Snm>' iligen.
Landiagswahlen in Schaumburg-Lippe
Tll. Detmold, 30. April. Die Wahlen sind gestern im ganzen Land in Ruhe verlausen. Es haben sich keinerlei Ausschreitungen ereignet. Das Wahlergebnis ist folgend' ' Sozialdemokraten 12 265 il925: 12 096), Landvund und Dcnrsch- nationale Bolkspartei 4111, Deutsche Volkspartet 4132 (9 222), Handwerker 1797 (2 228). Demokraten 1993 (1940), Kommunisten 928 (533), Nationaler Landbund (völkische Richtung) 1 699 (661).