Die Finanz- und Wirtschaftslage Polens

Eine Unterredung mit dem polnischen Kinauzminister.

TU Berlin, 27. April. Der Berliner Börsencurier bringt eine Unterredung seines polnischen Korrespondenten mit dem polnischen Finanzminister Ezcchvwicz über Polens Finauz- uud Wirtschaftslage. In dieser Unterredung mies der Mini­ster darauf hin, daß die letzten Haushaltsjahre wohl mit einem Ueberschnß abgeschlossen hätten, daß aber die polnische Handelsbilanz im Jahre 1927 wieder ein Defizit von über 220 Millionen Goldzloty gebracht habe. Eine AnSfnhrsteige- rnng sei für Polen dringend notwendig, doch zur Förderung der Erzeugung sei großer Mangel an Betriebs- und An­lagekapitalien. Im Geldumlauf stehe Polen an einer der letzten Stellen unter den europäischen Staaten,' während im Jahre 1927 der Banknotenumlanf pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland 20,9 Dollar betragen habe, hätte derselbe in Polen nnr 3,9 Dollar erreicht. Selbst Rumänien habe einen zweifach so hohen Geldumlauf wie Polen. Kredithilse aus dem Ausland sei besonders für Polen eine zwingende Not­wendigkeit. Ausländische Anleihen seien für die polnische Landwirtschaft wie für die Verbesserung des polnischen Eisenbahnwesens im Osten des Landes für die Besserung der polnischen Wirtschaftslage von besonderer Bedeutung. Erst kürzlich anfgenommene Anleihen polnischer Städte wür­den der pol». Kreditpolitik günstige Aussichten gewähren.

Poincares Dispositionen für das neue Kabinett

LU. Paris, 27. April. Wie in gut unterrichtete» Pariser Kreisen versichert wird, hat Poincare die Absicht, in dem neuen Kabinett, falls er mit der Leitung desselben beauftragt wird, den Posten des Finanzministers nicht mehr anzn- nehmen und sich mit den schweren Aufgaben des Minister­präsidenten zu begnügen. Als Finanzminister wird der bis­herige Minister für öffentliche Arbeiten, Tardien, und der vorletzte Präsident der französischen Kammer und jetzige Senator Perret genannt. Die von derHnmanite" ge­brachte Mitteilung, daß Poincarö die Absicht hätte, die L e i - tung des Außenministeriums in einem zukünfti­gen Kabinett zu übernehmen, wird auf das energischste de­mentiert.

Der Marsch auf Peking

Tsinans« von de« Südtruppe« kampflos besetzt.

TU. Schanghai, 27. April. Die Truppen des Generals Fcng haben Tsinanfu, die Hauptstadt der Provinz Schan- tung kampflos besetzt. Die Nordtruppen ziehen sich in Un­ordnung zurück. An verschiedene» Stellen ist eS zu Plün­derungen gekommen. Nach Meldungen aus Nanking haben die Südtruppen bei der Einnahme von Tsinanfu 18 000 Ge­wehre und 110 Geschütze erbeutet.

Nach der Einnahme von Tsinanfu, der Hauptstadt vvn Schantuug befindet sich die Südarmee nunmehr auf dem Marsche nach Tsitschan, dem Schlüssel zu Peking, wo die größte Entscheidungsschlacht im chinesischen Bürgerkriege er­wartet wird. Dieie Scblacht wird znm erstenmal ein Zu-

General Nobile bei tzindenburg

TU Berlin, 27. April. Amtlich wird mitgeteilt: Reichs­präsident von Hindenburg empfing gestern den Führer' des italienischen Polarluftschiffes, General Nobile. Im Laufe der längeren Unterhaltung sprach General Nobile dem Herrn Reichspräsidenten seinen Dank für die Unterstützung und den Empfang aus, den er und sein Luftschiff in Deutschland gefunden haben. Der Herr Reichspräsident beglückwünschte General Nobile zu seinen bisherigen großen Erfolgen und gab in herzlichen Worten der zuversichtlichen Erwartung Ausdruck, daß auch sein Nordpolflug von Gelingen und Er­folg gekrönt sein werde. Dem Empfang wohnten der Königl. italienisch« Botschafter Conte Aldovandia MareScotti, sowie Staatssekretär Dr. Meißner bei.

General Nobile begibt sich heute wieder nach Stolp zu­rück, wo er biS zur Abfahrt seines Schiffes verbleiben wird.

Die Erdbebenschäden in Bulgarien

TU Berlin, 27. April. Nach Abendblättermeldunge» aus Sofia hat sich die Zahl der bei den Erdbeben in Bulgarien

sainmentreffen der Bereinigten Armeen Tschiangkaischeks und Fengyühsiangs mit den gefürchteten Mnköentrnppeu Tschangtsolins bringen.

Räumung der chinesischen Lriegszone durch die amerikani­schen Staatsangehörigen.

TU. London» 27. April. Nach Vlättermcldungen aus New­port erwägt man in amerikanischen Rcgiernngskreisen ge. genwärtig wieder die vollständige Räumung der chinesischen Kriegszone durch alle amcrikan. Staatsangehörigen. Etwa 2500 Amerikaner befinden sich zurzeit in den Provinzen Tschili und Schantung. Man rechnet mit der Möglichkeit eines star­ken Auflebens des Bandenwesens, das zum Zusammenbruch der Schantungregicrnng führen könnte.

Wie aus Tschifn gemeldet wird, wurde dort der ameri­kanische Staatsangehörige Dr. Walter Seymour von einem chinesischen Soldaten auf der Straße erschossen.

Kleine politische Nachrichten

DieKölnische Zeitung" zum Rot-Frontkiimpferverbot. DieKölnische Zeitung" bemerkt zu dem vom Neichsinnen- minister gewünschten Verbot des Rot FrontkämpfcrbundeS, daß Herr von Kendcll seine Pflichten auf das gröbste verletzt habe. Dem Reichskanzler selbst müsse der Vorwurf gemacht werden, daß er den Absichten seines Innenministers keinen stärkeren Widerstand entgegengesetzt habe. Verbote in Wahl­zeiten würden das Gegenteil des beabsichtigten Zwecks er­reichen und sie würden die offene Gefahr in ein unangreif­bares Dunkel verscheuchen.

Verurteilung von Ingenieuren iu Sowjetrußland. Die Berliner Blätter geben eine Meldung der MoskauerJs- vestija" wieder, wonach sechs Ingenieure, die die Wasserlei­tung der Schachtywerke gebaut haben, wegen Verwendung untauglichen Materials und wegen unnötiger Bestellungen zu 3 bis 10 Jahren Gefängnis verurteilt worden sind.

Mussolini Schiedsrichter im polnisch-litauischen Streit? Aus gut unterrichteten Kreiseji erfahren dieBaseler^ Nach­richten", daß der polnische Außenminister Zaleski während, seines Besuches in Rom Mussolini ersucht haben soll, in der polnisch-litauischen Auseinandersetzung die Rolle eines Schiedsrichters zu übernehmen. Mussolini soll zugestimmt haben. Das Blatt teilt ferner mit, daß der Hauptzweck der Nejse Zaleskis nach Rom gewesen wäre, eine neue Anleihe bei der italienischen Negierung zu tätigen.

Massenverhaftunge« in Italien. Im Verlauf der Unter­suchung deö Mailänder Bombenanschlags sind 560 Personen verhaftet worden, von denen jedoch über 300 wieder frei gelassen worden sind. Dem Sondergerichtshvf sind 42 Ver­haftete wegen staatsfeindlicher Umtriebe zur Aburteilung überwiesen worden.

Unruhen in Indien. Im Puirdschabgebiet ist nach Mel­dungen ans Lahsre eine Verschwörung gegen den Staat aufgedeckt worden, lieber 200 Personen sind verhaftet wor­den. Das Hauptquartier der Verschwörer war das Städtchen Kothala. Starke Polizei- und Truppeuabteilungen unter Leitung des GencraliuspektorS der Polizei, die dorthin ent­sandt wurden, stießen auf bewaffneten Widerstand. Bei den Kämpfen wurden zwei Offiziere und zwei Soldaten ver-

I Getüteten auf 103, die der Verletzten auf 700 erhöht, lieber 20 000 Häuser sind entweder zerstört oder unbewohnbar ge­worden. Die Zahl der Obdachlosen beträgt 200 000. Der Sachschaden wird auf 2,5 Milliarden Lewa geschätzt.

Englische Erdbebcnhilsc für Griechenland.

TU London, 27. April. Wie ans Athen gemeldet wird, haben die nach dem Korinther Erdbebengebiet entsandten englischen Kriegsschiffe mehrere hundert Zeltbahnen und 100 Zentner Brot unter die Erdbebengeschädigten verteilt. In Korinth wurden auch gestern mehrere leichte Erdbeben ver­spürt.

Aus aller Welt

Schweres Grubenunglück in Oderbayern.

Das Landesbergamt in München teilt mit: Am 25. April mittags sind auf der Kohlengrube Marienstein in Ober­bayern bei Benutzung einer für Mannschaften nicht zugelas­senen Fördereinrichtung infolge Seilbruches 6 Mann tödlich verunglückt. Ein Mann wurde schwer verletzt. Die behörd­liche Untersuchnng ist im Gange.

Das schwere Unglück ist infolge Ncberlastung eines von Bergarbeitern vorschriftswidrig benutzten Förderkorbes entstanden. Es konnte festgestellt werden, daß das unregel­mäßig gewickelte Förderseil den Korb 3040 Meter springen ließ, wodurch der Scilbruch entstand. Das Fahrgestell sauste 80 Meter in die Tiefe, svdaß 6 Bergleute sofort getötet wurden. -

Ein Polizcianto mit 19 Mann verunglückt.

Iu Berlin geriet ein mit 10 Mann besetztes Polizeiauto des Uebcrfallkommandos Lichtcrfeldc, als cs einer Antv- droschke ausweichen wollte, ins Schleudern und rannte ge­gen einen Gaskanöelaber. Der Wagen schlug vollkommen um und begrub die Beamten unter sich. Bier Polizeibeamtc wurden schwer und 5 leichter verletzt. 2 Züge der Feuerwehr richteten den ganz auf dem Kopf liegenden Wagen auf nnü brachten die Verwundeten ins Krankenhaus.

Uebcrschwemmnngsnnglttck in Aserbeidschan.

Nach einer Meldung ans Moskau ist in Aserbeidschan der Fluß Kura aus den Ufern getreten. Durch die Ucbcr- schivemmungen sind 17 Dörfer von der Außenwelt abge- schnitten, wobei 350 Bauernwirtschaften vernichtet wurden.

Aus den Parteien

Der Reichstagsmahlvorschlag der DVP. iu Württemberg.

Die Deutsche Volkspartei in Württemberg hat zum Reichstag nunmehr folgenden Kreiswahlvorschlag cinge- reicht: Theodor BickeS-Stuttgart, Syndikus Otto Keinath- Berlin W. 30, Verbandssekretär Philipp Groß-Stuttgart, Malermeister Heinrich Rendle-Heilbronn, Frau Marie Port- Ulm, Hofkammerrat Anton Uberle-SHgmaringen, Oekono- mierat Benno Haakh-Waiblingeu, Postinspektor Christian Hartmanu-Stnttgart.

Die Wahlvorbereitungen in Württemberg

Sicherung der Bersammlnngs- und Redefreiheit.

Die bevorstehenden Wahlen geben dem Ministerium des Innern Anlaß, hinsichtlich der polizeilichen Behandlung von Versammlungen, sowie von Druckschriften und Plakaten auf die bestehenden Vorschriften ausdrücklich hinzuweisen. In einem Erlaß an das Polizeipräsidium Stuttgart, sowie an die Obcrämter und die Ortspolizeibehörden wird im wesent­lichen ausgeführt: Die Bezirks- und Ortsbehörden werden angewiesen, dafür zu sorgen, daß die durch die Reichsverfas­sung gewährleistete Versammlnngs- und Redefreiheit allen politischen Parteien gesichert und insbesondere die münd­liche Berichterstattung der Abgeordneten vor ihren Wählern nicht gehindert wird. BiS znr Beendigung der Wahlhand­lung sind auch öffentliche Versammlungen etwaiger bisher beanstandeter Hilfsorganisationen politischer Parteien grundsätzlich zngelassen. Nach tz 14 Abs. 1 des Repnblikschntz- gcsetzcs können Versammlungen sowohl unter freiem Him­mel, wie in geschlossenen Räumen verboten werden, sofern in den Versammlungen Erörterungen stattfinden, die die Besorgnis rechtfertigen, daß sie eine der in den 88 1 bis 8 des Repnblikschutzgcsctzes bezeichnet«:» strafbaren Handlungen bilden. Diese Vorschriften finden keine Anwendung u. a. auf Versammlungen der Wahlberechtigten znr Betreibung der Wahlen des Reichstags, des Reichspräsidenten und der Volksvertretung eines Landes vom Tage der amtlichen Be­kanntmachung des Wahltages an bis zur Beendigung der Wahlhandlung. Für Wahlzeiten bedarf die Verteilung von Stimmzetteln und Druckschriften zu Wahlzwecken bei der Wahl zu gesetzgebenden Körperschaften in der Zeit von der amtlichen Bekanntmachung des Wahltages bis zur Beendi­gung der Wahlhandlung auch dann keiner Erlaubnis, wenn die Verteilung gewerbsmäßig ist.

Würlt. Landtag

Ter Landtag hielt am Donnerstag eine Dauersitzung ab und nahm zunächst den Jnitiativgesetzciitwurf an, durch den die Bestimmung des Landtagswahlgesetzes, wonach den Wäh­lern die Stimmzettel in die Wohnungen geschickt werden müssen, aufgehoben wird. Dann wurde die zweite Beratung des ersten Nachtrags znm Staatshaushalt für 1928 fortgesetzt, die sich ziemlich rasch und im Sinne der Ausschußanträge ab­wickelte. Im Anschluß an die gestrige Rede ^>es Finanz­ministers Dr. Dehlinger gab es dann noch längere Aus­einandersetzungen über Stencrfragen. Der Abg. Roth (Dem.) hatte einen Antrag auf Ermäßigung der Gewerbesteuer ge­stellt und erklärte, daß der Vorschlag der Regierung, auch den Umsatz als Maßstab zur Veranlagung für die Gewerbe­steuer herauzuzichen, in der gesamten Industrie einen Sturm der Entrüstung hervorgerufcn habe. Der Abg. Winker (Soz.) übte an der Verwaltung der.Regierung Bazille scharfe Kritik und warf dem Finanzminister vor, daß er fortgesetzt mit falschen Zahlen operiere. Der Abg. Bock (Z.) erklärte, daß es sich hier nur darum handle, eine Regelung für die sog. Dreißig-Mark-Vetriebe zu finden, um sie besser zur Gewerbe­steuer heranziehen zu können. Der Abg. Rath (DVP.) ver. trat die Auffassung, daß man so schwerwiegende Steuer­fragen dem neuen Landtag znr endgültigen Regelung über­lassen solle. Finanzminister Dr. Dehlinger erklärte, im Jahre 1929 werde durch bas Stcuervereinheitlichnngsgesetz eine neue Steuerregelnng Platz greifen. Die verlangte Steuersen­kungsaktion zu Gunsten des Handwerks sei sachlich nicht be­gründet. Alle diese Anträge seien nur ein Wcttlauf der Op­positionsparteien um die Gunst der Wähler. Nachdem dann noch die Abgg. Albert Fischer (Komm.), Henne (Dem.) und Dr. Wider (BB.) gesprochen hatten, wurde die Weiterbera» tung vertagt.

wundet und sieben Eingeborene getötet.

Baron o. Hünefeld, Comm. Fitzmaurice, Hauptmann Köhl.

Die erfolgreichen Ozeanflieger

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