T Vom Tübinger Schwurgericht wurde der Dieustknecht Christian Schnaufer von Unterreichenbach wegen Meineids in einer AlimentattonS- klage zu 14 Monaten Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust verurteilt.
Pfullingen, 22. Dez. Zu welchen Unzuträglichkeiten eS führen kann, wenn die Wähler bei Streichungen auf den Stimmzetteln die zu wählenden nicht ganz genau angeben, hat fich hier bei den Gemeinderaiswohlen wieder an einem eklatanten Fall gezeigt. Da außer dem Gemeinde- rot und Bauer Jakob Schwarz hier noch ein Bauer Namens Jakob Schwarz existiert, mußten etwa 100 Zettel, die nur die Bezeichnung Jakob Schwarz, Bauer, enthielten, als ungiltig erklärt werden, sodaß Gemeinderat Schwarz infolge des Verlustes dieser Stimmen nicht mehr gewählt worden ist, während er, falls die Stimmen gegolten hätten, an dritter Stelle gekommen wäre. Er beabsichtigt nunmehr, die Wahl anzufechten, und man darf auf den Ausgang dieser in prinzipieller Hinsicht wichtigen Angelegenheit gespannt sein.
Göppingen, 22. Dez. Gestern Nacht brachen in eine Schafherde mehrere Hunde ein. Die Herde stieb auseinander. Die Hunde jagten derselben nach und zerfleischten eine große Menge Schafe. Zwei Schafen und einem Lamm wurde der Leib derart aufgcrissen, daß sie tot aufgefunden wurden. 15 weitere Schafe wurden derart zugerichtet, daß sie alle geschlachtet werden mußten. Eine groß; Anzahl Schafe sind leichter verletzt. Man hofft, fie am Leben zu erhalten. Der Schaden ist um so größer, als der größte Teil der Herde hochträchtig war. AIS Missetäter hat man bis fitzt 2 Hunde hi-s. Gärtner entdeckt. Der hiesige Oberamtstierarzt machte denselben Injektionen, daß fie fich erbrechen mußten, wobei im Auswurf verschluckte Schafswolle gefunden wurde. Der Schaden ist ein sehr großer, jedoch läßt er fich noch nicht vollständig überblicken.
Zuffenhausen, 22. Dez. Vorgestern abend versuchte der seit 1. August d. I. in der Eisenmöbelfabrik Lämmle u. Co. beschäftigte 19jährige ledige Schlosser Joses Zöllner uns München, welcher nach Feierabend in der Fabrik zurückblieb und fich ins Cowpioir schlich, den Kassenfchrank zu sprengen; jedoch ohne Erfolg. Gestern früh wurde der Schaden entdeckt und fiel der Verdacht auf den Betreffenden, welcher die Tat nach anfänglichem Leugnen auch eingestand. Er wurde verhaftet und steht seiner Eiulieferung ans Amtsgericht entgegen.
Heilbronn, 22. Dez. Der 29 Jahre alte Htlfswärter Karl Leonhard Jlzhöfer in Jagpfeld, welcher am 18. d. M., während er fich in der Nähe des Bahnhofs Jagstfeld im Dienst befand, die nach Durchfahrt eines Zuges wegen eines alsbald hierauf nachfolgenden Zuges geschlossen zu haltende Schranke auf die Bitte eirus mit einem Einspännerfuhrwerk heranfahrenden Händlers öffnete, um diesen durchzulassen, obwohl der Zug bereits in Sicht war, hatte fich vor Gericht zu verantworten. Durch sein leichtfertiges
Handeln, und dadurch, daß er, nachdem das Pferd mitten auf dem Gleis stehen geblieben war, anstatt dem herannahenden Zug das Haltesignal zu geben, versuchte, das Pferd rückwärts zu treiben, hatte er den Zug einer großen Gefahr ausgesetzt. Der Zug stieß mit dem Fuhrwerk zusammen, wodurch der Fuhrmann herabgeschleudert, überfahren und getötet wurde. Das Gericht erkannte gegen den Angeklagten wegen eiues Vergehens der fahrlässigen Tötung, zusammentreffevd mit einem Vergehen der Gefährdung des Eisenbahntrank Ports ous eine Gefängnisstrafe von 1 Monat 15 Tagen, sowie auf Tragung der Kosten des Verfahrens.
Forst i. d. L.. 22. Dez. Ein Ballon der Berliner Luftschiffer-Abteilung, der gestern nachmit:ag hier niedcrging, geriet beim Landen in die Nähe der Hochspannungsleitung der Förster Holzwollwerke, wodurch er explodierte und in Flammen aufging. Den drei Insassen gelang es, fich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, sodaß fie keinen Schaden litten.
Berncastel, 22. Dez. Ein Automobil, das einem Fuhrwerk ausweicheu wollte, fuhr mit voller Gewalt gegen eine Tklegrophenstange. Der lenkende Besitzer des Automobils flog infolge des Anpralles durch das Fenster des Wagens und erlitt schwere Verletzungen. Dis drei anderen Insassen trugen leichtere Verletzungen davon.
Hamburg, 22. Dez. Ein neuer Truppen-Transport in Stärke von 28 Offizieren, 2 Aerzten, 2 Vetcrträrcn und 12 Unteroffizieren, sowie 685 Mannschaften werden am 18. Januar auf dem Postdampfer Erna Wöcmann nach Deutsch - Südwestafrika abgehen.
Hamburg, 22. Dez. Eine in Altona wohnhafte Witwe und ihre 24jährige Tochter vergifteten sich mitLysol, weil ein Verwandter ihr gesamtes Vermögen verspekuliert hatte. Mutter und Tochter wurden tot in ihren Betten gefunden.
Moskau, 22. Dez. Der über die Stadt verhängte Zustand des außerordentlichen Schutzes, ist mit dem Kriegszustände gleichbedeutend. Der Generalstreik ist hier verwirklicht. Die Stadt war abends in Finsternis gehüllt, da die Elektrizitätswerks nicht arbeiten. Vom Gas brennen schon die letzten Vorräte. Sämtliche Geschäfte find geschlossen. Fenster und Türen find mit Brettern vernagelt. Alls Betriebe feiern, Zeitungen gibt es nicht. Die Verwaltung der Eisenbahnen ist an das Streikkomiiö übergegaugen. Der Personen- und Warenverkehr stockt gänzlich. Nur Spezialzüge werden befördert.
Petersburg, 22. Dez. Der Generalstreik ist hier noch nicht ansgebrocheu, da der Rat der Arb-iter den jetzigen Zeitpunkt als nicht günstig betrachtet und befürchtet, daß die Volksmassen durch den Streik zu Feinden der Freiheitsbewegung werden könnten.
Mailand, 22. Dez. In den jüngsten Tagen ist auch in ganz Oberttoltcn der bisher uu- giwöhnltch milde Winter plötzlich sehr streng ge
worden, sodaß die kleineren Seen in der Nähe von Mailand zugefroren find und Schlittschuhläufern als Tummelplatz dienen.
Nerrmschies.
— Gouverneur von Linde gut st hielt am 27. November seinen Einzug in Windhuk, begrüßt vondergesamteuBevölkerung,OffizierenundBeamten. Auf bewillkommnende Ansprachen erwiderte er, daß in Südwestafrika jetzt ein neues Gebäude errichtet werden müsse, aber nicht aus Fachwerk, sondern ein massiver Bau mit festem Fundament, zu dem die Deutschen ganz Südafrikas als zu einer Hochburg des Deutschtums in diesem Erdteile emporblicken sollen. Der Deutsche habe sich als Kulturpionier in allen Teilen der Welt bewährt und werde in vielen Gebieten um seine Erfolge beneidet. Was er aber in fremden Landen erreicht habe, das sollte er erst recht vollbringen können unter seiner eigenen Regierung. Der Gouverneur hoffe, daß alle an dem Wiederaufbau getreulich Mitarbeiten werden, und es sei sein Wunsch, daß in Südwestasrika jeder Weiß; sich als freier Bürger fühle. Der Dank der Versammelten gebühre in erster Linie dem Kaiser, der durch die Nachsendung immer neuer Truppen die Niederwerfung des Feindes ermöglicht, und dem teuren Vaterland, das durch feine Opferwilligkeit dieses Land dem Deutschtum erhalten habe. Dank gebühre nicht minder den Ansiedlern, die mit zäher Tcpferkcit ihre neue Heimat verteidigt, und den Offizieren und Soldaten, die ihr Leben für dos Schutzgebiet in die Schanze geschlagen haben. „Die Wolken beginnen fich zu zerteilen, ein naher Friede ist zu erhoffen, und dann wollen wir mit voller Kraft vereint eine blühende deutsche Kolonie schössen." Ein brausendes Hoch auf den Kaiser schloß die feierliche Begrüßung.
Ostafrikanisches. Unter Len Opfern der ostafrikanischen Unruhen war auch der Ansiedler Pfüller genannt worden, der bei dem Ueberfall auf Liwale ermordet worden sein sollte. Jetzt hat fich ergeben, daß Psüller fich noch vor dem Ueberfall auf Ltwale nach der Station Ssongca gerettet hat, von wo er an seine in Lauster (Sachsen) lebende Gattin einen Bericht gesandt hat. Er schreibt u. o.: Mein Trost ist, daß ich doch Recht hatte mit meinen Mahnungen an die Bezirksämter Kilwa und Ssongea, die cs aber nicht glauben wollten. Nun haben fie den Schaden davon. Leider find die Herren von der Station noch immer zu sehr Optimisten und trauen den Schwarzen zu viel. Alle bisherigen Verluste an Europäern find zum größten Teil durch eigenen Leichtsinn oder Vertrauensseligkeit verschuldet. Die Verluste find fast alle durch Giftpfeile hervorgcrufev, und wenn man bedenkt, daß die Pfeile um auf eine Entfernung von 30 bis 40 Schritte abgeschossen werden können, so wundert man fich, wie ein Schwarzer erst soweit herankommen kann. Dieses Gift tötet auf der Stelle. Nach hiesigem Brauch werden die Opfer geschlachtet und das Herz u. s. w. gegessen, damit fie ogrivi (Kcafi) und akili (Verstand) eines Europäers bekommen. Wehe dem, der lebend in ihre Hände
.Nein, ich fürchte mich vor ihr!*
»Mich dauert die arme Frau; empfangen Sie sie recht herzlich, F äulein Fernande!"
Fernande sah ihn einen Augenblick staunend an, dann sagte sie kühl:
»Ich glaube, ich weiß selber, was ich der Gattin meines Bruders schuldig bin.* Linden schwieg. Im nächsten Augenblick soh er sie forschend an.
»Gestatten Sie mir, daß ich eine Frage an Tie richte?* LindenS Stimme war tief ernst; der spöttisch« Zug, der gewöhnlich um seine L ppen spielte, war verschwunden.
„Gewiß, weshalb nicht?*
„Weshalb Haffen Eie mich?*
Dunkle Glut stieg einen Augenblick in FernandeS Wangen, im nächsten Moment war sie ebenso bloß wie vorder
„Wir kommen Eie auf diesen G-danken?*
„Es ist nicht schwer darauf zu kommen, ich brcuche nur einmal in Ihre Augen zu blicken, um dort den Ausdruck unüberwindlicher Abneigung zu l-sen. Ich möchte nur wissen, was ich Ihnen getan.*
Fernande erhob sich.
„Ich bkdaure, daß Sir solch einen falschen Begriff aufgefoßt haben. Sie sind mir vollständig gleichgültig * Dann schritt sie an chm vorüber und dem Kami« zu.
»Ich glaube, es ist die höchste Zeit, daß wir Damen uns umkleiden oehen.*
Noziedda erhob fich sogleich. Noch ein strahlendes Lächeln ließ sie dem jungen Russen zurück, dann nahm sie Fernande« Arm und schritt der Türe zu. Die übriaen Damen folgten. Linden sah den Beiden nach.
„Wir find quitt, schöne Nazicdda, Du hast Dich bitter gerächt für den Strich, den ich Dir durch Deine Rechnung gemacht, doch ist noch nicht aller Tage Abend und Haß verwandelt fich leichter in Liebe als vollständige Gleichgültigkeit.*
Während Noziedda ihren kleinen Wortkampf mit Linden gekämpft hatte, rollte den breiten Fahrweg, der vom Bahnhofe nach dem Schloß führte, ein Wagen rasch entlang. DaS Dach war vorgeschlagen, denn ein feiner, kalter Regen fiel vom Himmel herab. Nordheim lehnte, in seinen Pelz gewickelt, eine Zigarre zwischen den Zähnen, in seiner Ecke, Viola saß aufgerichtet neben ihm und versuchte bet der hereinbrecheuden Dunkelheit die verschiedenen Gegen
stände zu ei kennen, an denen fie vorüberkamen. Endlich bog der Wagen um eine Ecke nrd rollte im nächsten Augenblick auf dem Kiesweg des Parkes. Einen Moment sah man die erleuchteten Fenster des Torwächterhauses blitzen, dann wurde alles wieder dunkel wie vorher. Nordheim warf seine Zigarre fort und richtete fich empor.
„Nun find wir gleich am Ziel, kaum fünf Minuten noch und wir fahren in den Schloßhof. Ich hoffe, Mama allein erwartet uns und wir fallen nicht in einen mit Gästen angefüllten Salon."
„Das hoffe ich auch." Viola sah einen Augenblick erschreckt nach ihm hin, es blieb ihr aber nicht viel Zeit, denn schon rollte der Wagen unter den Torbogen und hielt vor einer hellerleuchteten Treppe. Nordheim sprang aus dem Wagen und wandte fich dann, seiner Gattin behilflich zu sein. Verschiedene Diener waren herbeigeeilt und nahmen Fußsäcks, Pelze und so weiter aus dem Wagen.
Viola war, aus der Dunkelheit kommend, vollständig geblendet. RailoS stand sie da. La fühlte fie fich von zwei weichen Armen umschlungen und ein herzlicher Kuß wurde auf ihre Wange gedrückt. Frau v. NordheimS Stimme schlug an ihr Ohr:
„Willkommen, liebes Kind, mögest Tu Dich unter uns glücklich fühlen!"
Sie erwiderte die Liebkosung nicht. Wie in einem Traume ließ fie eS geschehen, daß ihr Gatte ihre Hand ergriff, fie auf seinen Arm legte und dabei wie enischuldigend bemerkte:
„Viola ist sehr müde, Mutter; die Reis« ifi doch anstrengend."
„Selbstverständlich, Du wirst gleich auf Dein Zimmer wollen, liebes Kind?" Viola nickte bloß und bald darauf stand fie allein in einem hellerleuchteten, durchwärmten, traulichen Salon. Frau v. Nordheim hatte ste hierhergeführt.
„Dies find Deine Zimmer, Kind, Du wirst allein sein wollen, ich komme später wieder". Damit hatte fie die Tür hinter sich ins Schloß gezogen und Viola fich selbst überlassen. Ihre Kammerfrau war gekommen, hatte ihr Hut und Mantel abgenommen.
„Gnädige Frau sollten etwas auSruhen, Sie sehen etwas elend aus, soll ich einen Tee bringen, der Kammerdiener hat gefragt?"
„Nein, danke, um sechs Uhr kommen Sie wieder, Louise, bis dahin will ich ungestört sein". (Fortsetzung folgt.)