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Berlin, 19. April. Die Berliner Stadtverordnetenversammlung labm heute'den Etat mit den Stimmen der Boikspartci, der Demokraten des Zentrums und der Sozialdemokraten an. Die Deutsch- nationalen. die Wirtschafispartei und die Kommunisten stimmten dagegen Die Balanziernng des Eints ist dadurch möglich geworden. Lak Verkehrsbetriebe weitere 2,5 Millionen Mark an die Käm- Mereikassc absühren sollen und zwar soll diese Summe aus Ersparnissen der drei Berliner Verkehrsunternchmungen entnommen werden. Der Berliner Etat schließt in der Endsumme seiner Einnahmen und Ausgaben mit dem Betrage von rund 1,170 Milliarden Mark.
Bremerhaven. 19. April. Die Gattin des Ozeanfliegers Köhl iras heute vorm, in der Lioydhaüe in Bremerhaven ein, wo sie von Kapitän Zander im Namen des Nordd. Lloyd begrüßt wurde. An Bord der „Dresden" wurde sie vom Kapitän empfangen, der sie unter dem Kreuzfeuer zahlreicher Kino-Operateure und Photographen nach der Kapitänskabine zum Abschiedstrunk geleitete. Kurz nach 11 Uhr ging die „Dresden" in See. In Southamton wird dann auch die tzaitin des Majors Fitzmaurice au Bord gehen.
Kopenhagen, 19. April. Fischer-schleppten heute ein mit Wasser Miltes Rettungsboot nach Noenne ein, in dem ein toter Seemann lag. Sie hatten das Boot auf See treibend aufgefunde». Das Boot trug die Aufschrift „Bob Oslo". Man befürchtet, daß das Schiss mit zwölf Mann Besatzung im Sturm untergegangen ist.
Warschau, 19. April. Auf dem Polygon bei Thorn explodierte gestern während artilleristischer Uebungen ein Geschütz. Zwei Soldaten wurden getötet, zwei andere verwundet, einer davon schwer.
Rom, 19. April. Ein Riesenbrand brach auf dem Obst- und Kemllscmarkt aus. Der «ngerichtctc Schaden wird auf drei Millionen Lire geschätzt.
Paris, 19. April. In Riocsaltes (Südsrankrcich), wo seit Anfang Zanuar unter kommunistischer Führung landwirtschaftliche Arbeiter streiken, wurden' von der Polizei große Mengen von Sprengstoffen entdeckt, die in der dortigen Gasfabrik und an verschiedenen anderen Orten versteckt worden waren.
Amsterdam, 19. April. Julius und Henry Barmat sind gestern abend hier eingetroffen.
London, 19. April. Reviers Büro meidet aus Sidney: Das Tafelsilber der Offiziersmessen der deutschen Kreuzer „Scharnhorst" und „Leipzig", die im Jahre 1914 bei den Faikiand-Fnseln sanken, wird der deutschen Regierung durch den hiesigen Generalkonsul als ein besonderer Akt des Entgegenkommens von dem australischen Siacttcnbund zurückgegeben werden. Wie das Tafclsiiber »ach Sidney gelangte, ist bisher noch ein Geheimnis. Man nimmt an, daß die Deutschen es aus Sicherheitsgründen aus den Karolinen hinteriießen und daß es dann nach der japanischen Besetzung der Inseln seinen Weg nach Sidney fand. Dort wurde cs einige Jahre später in dem Laden eines Händlers entdeckt und von der Zollbehörde beschlagnahmt.
Perpignan, 19. April. Bei dem Fort Leclus, in der Nähe der spanischen Grenze, wurve ein Touristenauto von zwei spanischen Wegelagerern angehalten. Mit oorgehaltenem Revolver zwangen sie die Insassen des Kraftwagens ihre Brieftaschen und Schmucksachen aus- zuliesern. Hierauf eraflffen sie die Flucht. Kurze Zeit nachher gelang es jedoch der Polizei, die beiden Banditen, die sich mit ihren Revolvern zur Wehr setzten, zu verhaften.
Washington, 19. April. Das Marineamt hat für den Bau zweier lenkbarer Luftschiffe, der vor kurzem vom Kongreß bewilligt wurde, rin Ausjchrciben erlassen. Für den Bau dieser Lenklustschiffe, die eine Länge von 787 Fuß haben sollen und fünf Flugzeuge an Bord nehmen können, sollen 8 Millionen Dollar ausgegcben werden. Der Aktionsradius soll 12 000 Meilen betragen.
Zinn Verbot des Roten Frontkämpferbundes.
Noch kein Verbot des Roten Frontkämpferbundes in Württemberg.
Stuttgart, 19. April. Wie wir hören, hat die württ. Regierung zu dem vom Reichsinnenminister geforderten Verbot des Roten Frontkämpferbundes noch nicht Stellung genommen!. Die Entscheidung dürfte in der nächsten Sitzung des Staats- Ministeriums fallen. Ein Termin für Liese Sitzung ist indessen noch nicht anberaumt. Die Angelegenheit berührt das Gesamtministerrum und ist nicht nur Sache des Innenministeriums. Minister des Innern Bolz hat sich wiederholt auf den Standpunkt gestellt, daß die staatlichen Machtmittel ausreichen, um Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Wie wir weiter hören, hat die württ. Regierung innerhalb der gesetzlichen Frist keinen Einspruch gegen die Verordnung des Reichsinnenministers erhoben.
Berlin, 19. April. Beim vierten Strafsenat des Reichsgerichts in Leipzig, der als Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik fungiert, hat außer Len bereits genannten Ländern: Preußen, Braunschweig, Anhalt, Hessen, Hamburg, Lübeck im Laufe des Tages nun auch Baden und Sachsen Beschwerde gegen die Keudellsche Verordnung über Las Verbot des Roten Frontkämpferbundes eingelegt. Nach einer späteren Meldung erhebt auch Oldenburg Einspruch gegen das Ersuchen des Reichsinnenministers mit der Begründung, daß die Voraussetzung für das Verbot des Roten Frontkämpferbundes für Oldenburg nicht vorliegt.
München, 19 . April. Wie verlautet, hat Bayern gegen den Antrag Keudells auf Verbot des Roten Frontkämpferbundes innerhalb der gesetzlichen Frist keinen Einspruch erhoben.
Keine Landtagswahlen in Sachsen.
Dresden, 19. April. Der sächsische Landtag trat heute nachmittag zu seiner ersten Sitzung nach der Osterpause wieder zu- Mirrmen. Nach einer längeren erregten Geschäftsordnungs- ^battc, m der Ne Redner der Linken sehr scharf gegen das Keudellsche Verbot des Roten Frontkämpferbundes Stellung nahmen, trat das Haus in die Beratung der- kommunistischen und sozialdemokratischen Anträge auf Auflösung des Landtags er». Nach Begründung der Anträge durch die Antragsteller wandten sich unter großem Lärm auf den Bänken der Linken dre Vertreter der bürgerlichen Parteien gegen die Anträge, die sodann m namentlicher Abstimmung mit 49 gegen 15 Stimmen abgelehnt wurden. Damit ist auch der sozialdemokratische Antrag aus Vornahme der sächsischen Landtagswahlen gleichwertig mit den Reichstagswahlen gefallen.
Die Revision im Arensdorfer Totschlagsprozetz verworfen.
^ LeipM'19 April, Vor dem zweiten Strafsenat des Reichs- Vnchts fand heute die Revisionsverhandlung im Arensdorfer stattz Das am 17. Dezember v. I. gefällte Urteil des Schwurgerichts Frankfurt a d O,, durch das der Landwirt August Schmelzer wegen Totschlags und Totschlagversuchs an ^^^"Eleuten zu 5 Jahren Zuchthaus, sein Vater Paul Schmelzer wegen Beihilfe zu 1^ Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, wird aus materiellen und verfahrenstechnischen Gründen Lurch die Verteidigung angefochten. Der Verteidiger machte geltend, daß die tatsächlichen Feststellungen des Schwur- gerichtsurteils den Strafausspruch weder bei August noch Lei Paul Schmelzer trügen. Das Reichsgericht verwarf die Revi- Urteilsbegründung heißt es, die Revisionsgründe reichten nicht aus, um die Urteile des Schwurgerichts aufzu- Verde Angeklagten hätten die Tat gewollt und auch «nterstüht.
Das Notprogramm für die Landwirtschaft.
19. April. Der landwirtschaftliche Kontrollausschuß des Reichstags hat den Abschnitt fl der Richtlinien, der von der
Art der Verteilung der Mittel zur Organisierung des Fleisch- und Viehabsatzes handelt, in folgender Fassung genehmigt: „Von zentralen Organisationen, deren Notwendigkeit der Länderausschuß in Verbindung mit dem Reichscrnährungs- ministerium anerkannt hat, sind die erforderlichen Summen im Rahmen der bereitgestellten Mittel zur Verfügung zu stellen. Eine schlüsselmäßige Verteilung erfolgt nicht. Die Verteilung dieser Mittel und die Entscheidung darüber, für welche Darlehen die Uebernahme einer Reichsgarantie beantragt wird, erfolgt nach einem einheitlichen Gesamtplan im Nahmen der wirtschaftlichen Ziele dieser Richtlinien durch den Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft mit Zustimmung eines mit den Länderrcgierung vereinbarten Länderausschusses. Vor Entscheidungen über MMaßnahmen von allgemeiner Bedeutung ist ein Sachverständigenausfchuß zu hören." Es folgte die Beratung von Richtlinien für die Verwendung von Reichsmitteln zur Förderung des Absatzes landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Einleitend begründete ein Vertreter des Reichsrats einen vom Reichsrat angenommenen preußischen Antrag, aus dem gesamten 30-Millionen-Fonds zur Linderung besonders landwirtschaftlicher Notstände 5 Millionen abzuzweigen, die auf die Länder nach dem Verhältnis der landwirtschaftlich genutzten Fläche zu verteilen sind. Reichsernährungsminister Schiele erklärte, bei 'Len Unwetterschäden handle es sich um 28 bis 29 Millionen Hektar landwirtschaftlichen Geländes. Verteile man darauf die geforderten 5 Millionen, so bedeute dos nichts als eine Verzettelung der Mittel. Nach langer Debatte wurde als Kompromiß eine Entschließung Dr. Hilferding (Soz.) angenommen, die die Regierung ersucht, für die Unwettergebicte aus den Ueberschüssen des Etats 1927 5 Millionen zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Lösung erklärten sich auch Bayern und Preußen einverstanden, so daß mit einer Zustimmung des Reichsrats zu der Streichung seines Antrages zu rechnen ist. — Die Richtlinien für die Förderung der Milch und Molkereiprodufte wurden sodann genehmigt, die weitere Beratung Ler Richtlinien wurde auf Freitag vertagt.
Die Deutschnatimmlen zur Verfaffungsfrage.
Berlin, 20. April. Im Zusammenhang mit ihren Wahlaufrufen veröffentlicht die Deutschnationale Volkspartei eine längere Stellungnahme zur Verfassungsfrage, in der gefordert wird: Der Reichspräsident soll zugeich preußischer Staatspräsident sein. Er soll die preußischen Staatsminister nach den gleichen Grundsätzen wie die Reichsminister berufen und das Recht haben, die Aemter des Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten in eine Hand zu legen. Ferner wird eme Stärkung der verfassmigsmäßigen Stellung des Reichspräsidenten verlangt. Er soll das Recht erhalten, eine Regierung zu berufen, deren Fortbestand nicht täglich durch ein Mißtrauensvotum des Parlaments in Frage gestellt werden kann.
Protestkundgebung des Roten Frontkämpferbundes.
Berlin, 19. April. Zum Protest gegen das Ersuchen des Reichsinnenministers v. Kendell an die Länderregierungen, den Roten Frontkämpserbund zu verbieten, hatte der Rote Frontkämpferbund und die Kommunistische Partei für heute abend 7 Uhr ihre Anhänger zu einer Massenkundgebung nach dem Lustgarten ausgerufen. Trotz des regnerischen Wetters war die Beteiligung außerordentlich stark. An 20 Stellen hielten die kommunistischen Führer an die Massen Ansprachen, in denen sie dazu aufsorderten, Ruhe und Disziplin zu bewahren und zu kämpfen gegen eine Regierungspraxis, die darauf ausgehe, die kommunistische Partei zu zerstören Bei den kommenden Wahlen würden die Gegner der Kommunisten ihre Quittung erhalten. Die Kundgebung vollzog sich ohne Zwischenfall.
Der Kohlenbergbau arbeitet mit Verlust.
Im Auftrag des Neichswirtschaflsministeriums hatte die Schmalenbach-Kommission neben dem Gutachten über die Lage des Braunkohlenbergbaus, das bereits bekannt ist, auch ein Gutachten über die Lage des Ruhrkohlenbergbaus abzugeben, das nunmehr vorliegt. Die einheitliche Auffassung der Kommission geht dahin, daß der Steinkohlen-Bergbau nicht mehr als ein rentabler Wirtschaftsbetrieb angesehen werden kann. Allerdings ist die Auffassung der Kommission in einer Reihe nicht unwesentlicher Punkte gespalten. Dabei handelt es sich um die Frage der Abschreibungen sowie die Höhe der Bergschäden, die der Abschätzung überlassen bleiben muß. Das Gutachten stellt fest, daß sich selbst im günstigsten Falle der bilanzmäßige Gewinn nur 3,03 v. H. belaufen hat. Infolge des neuen Lohntarifes würden sich die Unkosten je Tonne um 72 Pfennig, infolge der Verkürzung 'der Arbeitszeit um weitere 6 Pfennig erhöhen, so daß selbst bei günstigster Berechnung ein Verlust von 10 Pfennig je Tonne entsteht.
Die Arbeitgeberverbände an den Reichsarbeitsminister.
Berlin, 19. April. Die Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände hat am 19. April an den Reichsarbeitsminister ein Schreiben gerichtet, in dem es heißt: „Wir bedauern, daß durch Len Schiedsspruch die bereits in !den Auseinandersetzungen der letzten Lohnbewegungen klar zutage getretene Krffe des Schlichtungswesens eine weitere Verschärfung erfahren muß. Die Zahlen zeigen, daß eine Durchführung des Schiedsspruchs auf jeden Fall zu einer Berlustwirtschast größten Umfangs im Ruhrbergbau führen müßte. Die Folge müßte eine wesentliche Einschränkung des Absatzes und der Förderung sein. Dies bedeute Vermehrung der Feierschichten, wenn nicht gar Stilllegung einzelner Schächte. Diese Folgen aber würden gerade die Arbeiterschaft auf das schwerste treffen, so daß der Schiedsspruch nicht allein wirtschaftlich der Billigkeit nicht entsprechend sondern auch seine soziale Auswirkung äußerst beklagenswert sein müßte. Die Vereinigung deutscher Arbeitgeberverbände kann nicht annehmen. Laß die nn SHiedspruch vorgesehene Regelung Wirklichkeit werden soll. La sie den obieftiv festgestellten wirtschaftlichen Verhältnissen vollkommen widerspricht, und erwartet daher, daß Las Reichsarbeitsministerium bei den von ihm zu treffenden Entscheidungen diesen Tatsachen Rechnung tragen wird."
Die heute in Düsseldorf zusammengetretenen Verkaufsverbände der Eisenindustrie haben an den Reichswirtschaftsminister und an Len Reichsarbeitsministcr Telegramme gerichtet, in denen sie ihrer Besorgnis Ausdruck geben, daß durch den Schiedsspruch im Ruhrbergbau auch die Eisenpreise infolge verteuerten Kohlenankaufs < erheblichen gesteigert werden.
Moskau wittert englischen Einfluß.
Moskau, 19 April. Die Verordnung des Reichsinnenministers von Kendell über die Auslösung des Roten Frontkämpferbundes wird von der Moskauer Presse als ein Anzeichen dafür angesehen, daß die deutschen Rechtskreise England ihre Dienste im Kampf gegen die rote Gefahr anbieten wollen, und Wird als unmittelbares Ergebnis des Berliner Besuches Lord Birken- heads gewertet. Die „Prawda", die gleichfalls in Birkenheads Reise eine verstärkte Bemühung erblickt, Deutschland in die antisowjetistische Koalition und die außenpolitische Einheitsfront gegen Rußland hinein zu bringen, betont, daß auch die amerikanischen Vorschläge eines ewigen Friedens eine deutliche Spitze gegen die Sowjetunion hätten. Die Ueberreichung der Kelloggschen Projekte sei zeitlich mit einer neuen Deklaration Kelloggs über die Nichtanerkennung Sowjetrußlands durch die Vereinigten Staaten begleitet gewesen. Außerdem seien die Borschläge Kelloggs allen Großmächten mit einziger Ausnahme der Sowjetunion überreicht worden, obgleich letztere ihre friedliche Politik Lurch Taten erwiesen und als einzige Regierung reale Projekte gegen die Kriegsgefahr vorgeschlagen habe. Im ganzen hält die „Prawda" die amerikanischen Projekte mit ihren pazifistischen Phrasen nur für einen Deckmantel, um die Einheitsfront gegen den Arbeiterstaat zu organisieren.
Das Erdbeben in Bulgarien.
9tach weiteren Meldungen aus Philippopel sind 2 um den Bahnhof gelegene Stadtviertel vollkommen zerstört. Es werden bereits 15 Tote und 80 Verletzte gemeldet. Der Sachschaden ist ungeheuer groß. Das Dorf Papasli zwischen Philippopel und Borisowgrad ist vollständig zerstört worden, ebenso die ubriggebliebenen Teile von Tschirpan. Die Eisenbahnstrecke bei Philipowo auf der Linie nach Tschirpan hat sich um 3V Zentimeter verschoben und der Bahndamm in einer Länge von 2 Kilometer um 2 Meter gesenkt. Der bulgarische Ministerpräsident Ljaptschew und Minister Wasilew sind nach Philippopel abgereist.
Morgen Rückflug Fitzmaurices nach Greenly Island.
Newyork, 19. April. Wie aus Murray-Bay gemeldet wird, erwartet man dort, daß ein Flugzeug mit Balchen und Nennet, Len Piloten Byrds bei seinem Südpolflug, morgen eintrifft, um Fitzmaurice mit den Ersatzteilen nach Greenly Island zu bringen. Der Ingenieur der Junkerswerke, Scherer, traf mit dem Ersatzpropeller in Montreal ein. Er reist mit der Eisenbahn sofort weiter nach Murray-Bay.
Hünefelds Bericht.
Clarke City (Kanada), 19. April. Der erste authentische Bericht über die weiteren Pläne von Köhl und Hünefeld wurde heute durch den Korrespondenten des J.N.S. mittels Hundeschlitten vori Greenly Island zur nächsten Radiostation gebracht und von da auf dem Fnnkweg weitergegeben. Hünefeld erklärte, daß die Flieger entschlossen seien, mit der „Bremen" nach Newyork zu fliegen, auch Kommander Fitzmaurice werde zu seinen Gefährten nach der Insel zurückkehren und dann würden alle 3 gemeinsam den Weiterflug nach Newyork an- treten. Hüncseld hofft, möglicherweise schon am Samstag starten zu können, wenn die nötigen Ersatzteile bis dahin hcr- beigeschafft sind, was allerdings noch zweifelhaft erscheint. Von dem Flug selbst erzählte Hüneseld noch: Fitzmaurice war Ler erste, !der Land sah, er rief Köhl zu und wir schossen Leucht- rakcten ab in der Hoffnung, daß uns jemand vom Land daraus antworten würde. Das war freilich nicht der Fall. Bei Tagesanbruch hätten sie das Land, das sie für die Küste von Labrador gehalten hätten, genau sehen können, Wobei sie schneebedeckte Berge und vereiste Flüsse entdeckt hätten. Durch die Abnahme des Brennstoffvorrats sei die Freude jedoch rasch stark beeinträchtigt worden, da dadurch das-Ende des Fluges immer näher gerückt sei. Darauf sei die „Bremen" wieder nach der Küste geflogen, ohne auch nur ein Zeichen von menschlichem Leben zu entdecken. Am Freitag kurz nach 5 Uhr hätten sie etwas unter sich erblickt, das Fitzmaurice und Köhl für ein eingefrorenes. Schiff gehalten hätten. Sie seien daraufhin wieder hinuntergegangen, wobei sie mehrere Male ihren späteren Landungsplatz umflogen hätten. Bei der Landung durchbrachen die Räder des Flugzeugs die Eisdecke an der Landungsstclle, was zu einer leichten Beschädigung des Fahrgestells führte. Von den Fliegern sei jedoch niemand verletzt worden Darauf seien die Flieger von dem Leuchtturmwärter und dessen Familie beglückwünscht worden. Gleichzeitig seien vom anderen Ufer über das Eis Leute gekommen, die ihnen zugewinkt hätten. Die Augen Köhls und Fitzmaurices seien so überanstrengt gewesen, daß die Flieger kaum noch hätten sehen können. Nachdem sie etwas gegessen hätten, seien sie in einen tiefen Schlaf versunken. Am nächsten Tage hätten sie zunächst das Flugzeug einer Prüfung unterzogen und sich damit beschäftigt, Pläne für die Rückkehr in die zivilisierte Welt zu machen. Hüneseld schildert dann Schillers Ankunft auf der Insel. In einer Aussprache sei beschlossen worden, daß alles versucht werden solle, das Flugzeug wieder instandzusetzen. Auf diesen Beschluß sei auch der Abflug Schillers und Fitzmaurices zurückzuführen.
Newyork, 19. April. Fitzmaurice erklärte im Zusammenhang mit den Gerüchten, daß er eine Trennung von den „Bremen"-Fliegern beabsichtigt habe, daß keiner von den Fliegern das Flugzeug habe verlassen wollen: daraufhin hätten sie gelost, wobei das Los auf ihn gefallen sei.
Das Programm für den Empfang der „Brcmcn"-FIieger in Washington.
Washington, 19. Zlpril. Wie die Associated Preß erfährt, sind außer den bereits gemeldeten Programmpuntten folgende Feierlichkeiten für den Empfang der „Bremen"-Flieger hier in Aussicht genommen: Entgegenflug eines Geschwaders vonl Armeeflngzeugcn, Empfang aus dem Flugplatz Bollingfield durch Staatssekretär Kellogg, sowie anderen Mitgliedern des Kabinetts, durch den deutschen Botschafter und den Gesandten des irischen Freistaates; sodann finden Bankette in der deutschen Botschaft und in der irischen Gesandtschaft statt. Außerdem ist ein Besuch des Grabes des unbekannten Soldaten vorgesehen und offizielle Begrüßungen in beiden Häusern des Parlaments geplant. Der Aufenthalt der „Bremen"-Flicger in Washington dürfte etwa 2 Tage dauern.
60 Wy Dollar für den Empfang der „Bremen"-Flieger bewilligt
Newyork, 19. April. Die Stadt Newyork nahm einstimmig einen Antrag an, für den Empfang der „Bremcn"-Flieger 60 OM Dollar zu bewilligen.
Japans Mion in China.
Tokio, 19. April. Das japanische Kabinett hat beschlossen, die Truppen in Tsingtau durch eine Division zu verstärken. Die Einschiffung der Truppen erfolgt bereits morgen, die Landung im Hafen von Tsingtau am nächsten Freitag. Die Kosten der Expeditton, die vom Kaiser genehmigt worden ist, werden aus 2,9 Millionen Mn beziffert. Die japanischen Truppensendungen von Schantung bedeuten eine Stellungnahme Tottos gegen die südchinesische Bewegung..
Das Auto als Steuerguelle. Welch ungeahnte Einnahme- gnellc die moderne Technik mitunter dem geldhungrigen Staat erschließen kann, lehrt keine Tatsache besser als die fabelhafte Entwicklung des Autowcsens in Frankreich. Im Jahre 1899 brachte die Autosteuer dem französischen Staat ganze 90 000 Goldfranken ein. Zwei Jahre später hatte sich die Ziffer mit 381 000 Franken schon mehr als vervierfacht; weitere 4 Jahre später (1905) war sie ans 1700 OM Fr. gestiegen, 5 Jahre darauf (1910) aus 5 700 OM Fr. Kurz vor Beginn des. Krieges konnte der Fiskus 10 Millionen Fr. einkassieren. Nach einer vorübergehenden Stockung während der ersten Kriegsjahre schnellte der Betrag der Steuer im Jahr 1917 auf 16,5 Millionen hinauf; nur 3 Jahre später (1920) war er auf fast das Vierfache, 63,5 Millionen Fr. angewachscn. Von da ab gibt es kein Halten mehr, verzeichnen doch die folgenden Jahre Rekordziffern. wie 1921: 102 Millionen, 1922: 123 Millionen, 1924: 207 Millionen und 1927 mehr als 310 Millionen Fr. Wenn es in diesem Tempo weitcrgeht, dürste im folgenden Jahrzehnt die balbe Milliarde erreicht werden, und die anfänglich so bescheidene Autosteuer eine stattliche Einnahmeguclle geworden sein, die das .Herz eines jeden Finanzmimsters erfreut.
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