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! .^77.

Politische Wochenrundschau.

> Nicht weniger denn 1910 neue Beamtenstellen sind dem Keichsfinanzminister vom Haushaltsausschuß des Reichstags genehmigt worden, die dazu berufen sind, Stcuerrückstände von mehr denn einer halben Milliarde einzutreiben. Den ohnehin schon überlasteten deutschen Steuerzahler wird ein gelindes Grauen beschleichen, ob dieser Maßnahme, die nichts gutes ver­heißt. Bei der großen Mehrzahl der Steuerzahler ist es sicher nicht böser Wille, wenn sie ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht Nachkommen, sondern die Unfähigkeit aus dem Nichts etwas zu schaffen angesichts unserer zerrütteten Wirtschafts­lage. Wenn die Eintreibungen noch schärfere Formen anneh­men und dem Steuerzahler auch noch das genommen wird, was er zu seinem Betrieb benötigt, dann schneidet sich der Staat ins eigene Fleisch, denn aus einer bankerotten Wirtschaft wer­den ihm noch weniger Steuern zufließen. Da ist es allerhöchste Zeit, daß die Schwere der Lasten, welche uns durch den Dawcs- vlan auferlegt sind, und die sich in den kommenden Jahren noch steigern, gemildert wird, mit einem Wort, der Dawesplan einer Revision unterzogen wird, worüber sich im Reichstag alle Redner einig waren. Bereits auf 4 Milliarden beziffern sich die jährlichen Reparationsleistungen des deutschen Volkes; das geht auf die Dauer nicht. Wenn hier nicht bald Abhilfe geschaffen wird, dann verarmt der Staat gerade so wie seine Steuerzahler, und dis Katastrophe ist nicht abzusehen.

Im Plenum des Reichstags fand in dieser Woche bei der Beratung des Reichswehretats eine ausgedehnte Wehrdebatte statt. Sie ist allerdings wesentlich ruhiger verlaufen, als man nach den Ankündigungen der Linken erwartet hatte. Das Miß­trauen der Sozialdemokratie geht hauptsächlich gegen den Reichswehrminister Dr. Geßler persönlich, gegen den sie nicht nur ein Mißtrauensvotum einbrachten, sondern auch die Strei- -chung seines Gehalts beantragen. Nebereinstimmend mit den Sozialdemokraten hielten auch die Demokraten eine Kürzung des Wehrhaushalts um etwa 10 Prozent, um 5060 Millionen, noch für möglich. Im Gegensatz hiezu bemühten sich die Red­ner der Rechten um den Nachweis, daß der Reichswehretat nur mfordere, was unbedingt zur Erhaltung der Wehrkraft unseres kleinen Heeres notwendig sei. Reichswehrminister Dr. Geßler hielt mit seinen Kritikern eine scharfe Abrechnung und vertei­digte die Lebensnotwendigkeiten unserer kleinen Wehrmacht. Namentlich mit den Sozialdemokraten setzte er sich stark aus­einander, wobei er betonte, daß durch die Sozialdemokratie und nicht durch die Reichswehr ein Riß gehe. Mit dem ständigen »Kervorkehren des Mißtrauens könne man keine Politik machen. Auf diesem Wege werde die Sozialdemokratie die Reichswehr nie gewinnen. Eine schematische lOprozentige Verringerung des Reichswehrhaushalts erklärte der Minister für technisch ganz unmöglich, es sei denn, daß der Reichstag auch eine Her­absetzung der Heeresstärke beschließen wolle. Wie alle Partei­redner betonte auch Dr. Geßler die Notwendigkeit, daß jetzt nach Beendigung der Militärkontrolle gemäß den Versprechun­gen des Versailler Vertrags auch die Gegenseite dem Gedanken einer allgemeinen Abrüstung näher treten müsse. Die derzei­tigen Verhandlungen der vorbereitenden Abrüstungskommis­lion in Genf eröffnen in dieser Hinsicht allerdings keine allzu günstigen Aussichten.

Ausland.

Moskau, 31. März. Der allrussische Zentralgewerkschafts­rat sandte dem Schanghaier Gewerkschaftsrat 100 000 Rubel zu Gunsten der Opfer der Beschießung von Nanking.

Das englische Defizit.

London, 1. April. Das Defizit im englischen Haushalt be­trägt, wie die heute veröffentlichten Arbeitsabschlüsse ergeben, sür das soeben beendete Finanzjahr über 36 Millionen Pfund. Diese Zahl übersteigt selbst die pessimistischsten Schätzungen. Der katastrophale Fehlbetrag ist fast ganz auf den Rückgang der Eingänge aus der Einkommensteuer zurückzuführen, ein Zeichen, daß die Steuerkraft der Bevölkerung die Rückschläge Hs Streikjahres noch nicht überwunden hat. Auch der vorjäh- /rige Haushalt schloß mit einem Defizit von 10 Millionen.

Englands Ultimatum an China.

London, 1. April.Daily Mail" teilt mit, daß in der gestrigen Kabinettssitzung die Entsendung eines Ultimatums m die Kautonregierung wgen der Nankinger Ausschreitungen beschlossen worden sei.Daily Herald" veröffentlicht die gleiche Mitteilung und erklärt, über den voraussichtlichen Inhalt des Ultimatums und der darin angedrohten Zwangsmaßnahmen näheres zu wissen. Es wird nicht nur eine Entschuldigung, die Zahlung einer Entschädigung und eine Garantie für die Verhütung von Wiederholungen solcher Vorfälle verlangt, son­dern darüber hinaus finanzpolitische Forderungen gestellt. In offiziösen Kreisen wurde gestern erklärt, so fährtDaily §e- wld" fort, Nanking bedeute einen Wendepunkt, an dem es not­wendig geworden sei, gewisse Tendenzen ein für allemal aüf- Ahalten, ehe dies schlimmer werde. Zu den Forderungen, die üir den Fall der Ablehnung des Ultimatums erwogen werden, gehören 1. die Besetzung des Forts Whusang, 2. die Blockade »ller Häfen im kantonesischen Machtbereich. Alles hängt jetzt »on den Antworten aus Tokio und Washington ab.

Ms Stadt und Bezirk.

Sonntagsgebanken.

Unsre Hoffnung.

Der März mit seinem eigenartigen Erdduft ist gegangen »nd hat die Becher der silbergrauen Tage mit dem ersehnten Acht bis zur Hälfte gefüllt. Die Vögel, die im verflossenen «rühling in deutschen Gärten aus dem Ei krochen, sind wieder- Sekommen und suchen im kahlen Geäst der Büsche und Bäume "ach einem Unterschlupf. Was in uns die Zivilisation erstickt Md eine dumpfe Traurigkeit ausgelöscht hat, das sinnvolle Ahnen eines zukünftigen Werdens, das ist in den Wesen, die der Natur nahesteken, lebendig. Sie bleiben und Arten des Sommers trotz rauher Tage und mangelnder Nahrung. Paul Steinmüller.

Aus Süden braust der Wind heran, läßt Schnee, läßt Schollen tauen,

Samstag, den 2 April 1927

! 85 Jaluaang.

es wellt der See, die Saat Hub an zartgrün im Licht zu schauen.

Streif uns, die Pflüger im Arbeitstag, mit der Ewigkeit Fittichschlag, künde: des Wollens Kummersaat wächst durch Glauben zur Kraft, zur Tat;

Herz, weil du bangst, Herz, weil du weinst, wirst du jubelnd schauen dereinst Lenze voll ewiger Blüte.

Emil Prinz von Schönaich-Carolath.

Neuenbürg, 2. April. Wir weisen nochmals auf die Sonn­tag den 3. d. M-, abends 6 Uhr 30 in der Festhalle, hier, statt- findendeGroße Beethovenfeier" der Neuenbür­ger Musikschule" hin. Musikdirektor Müller ist durch den pünktlichen Beginn seiner Konzerte genügsam bekannt, und wer nicht den Anfang der Feiervor" der Saaltüre genießen will, komme zur rechten Zeit. Da der gesamte Reinertrag der Wohltätigkeit zuflietzt, ist ein reger Besuch aus allen Kreisen der Bewohner Muenbürgs nur dringend zu empfehlen.

Neuenbürg, 2. April. Auf die heute Abend 8 Uhr im Zeichensaal der Volksschule stattfindende Beethoven- Gedächtnisfeier sei nochmals nachdrücklichste hingewiesen. Im Mittelpunkt derselben steht ein Vortrag von Hauptlehrer Fleiß über Beethovens Persönlichkeit und sein Werk. Der mu­sikalische Teil des Programms wird von namhaften hiesigen Kräften und dem Schülerchor der Volksschule bestritten. Der Besuch des Abends sei den Musikfreunden Neuenbürgs warm empfohlen.

Neuenbürg, 2. April. Der Aprilscherz eines unserer Mit­arbeiter denn ein solcher war es über die Landung eines dreimotorigen Verkehrsflugzeugs, das angeblich gestern nach­mittag bei der mittleren Sensenfabrik landen sollte, hatte eine größere Zahl Neugieriger, alt und jung, angelockt, die nachher iahen, daß sie das Opfer eines Spaßvogels wurden. Wir neh­men an, daß alle herzlich mitlachten, womit so ein Reinfall am leichtesten überwunden wird.

(Wetterbericht.) Aus Nordwesten folgt ein Tiefdruck dem andern. Für Sonntag und Montag ist unter dem Ein­fluß dieser Störungen immer ncch mehrfach bedecktes und auch zu zeitweiligen Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten.

4- Calmbach, 31. Marz. Eine besonders wichtige Ver­sammlung fand gestern im Zeichensaal des hiesigen Schulhauses statt. Es handelte sich um die Erbauung der Straße CalmbachSimmersfeld durch das Tal der kleinen Enz. Vertreten waren die Forstdirektion Stuttgart, die Straßenbauverwaltung, die Oberämter und Amtskörperschaften Neuenbürg, Calw und Nagold durch ihre Vorstände; ferner waren anwesend die Ortsvorstände und einzelne Gemeinderäte von Calmbach, Wildbad, Würzbach, Agenbach, Neuweiler, Hof- stett, Aichhalden, Oberweiler, Aichelberg und Simmersfeld (rund 40 Herren). Ueber die Notwendigkeit des Baues dieser Straße waren die meisten Herren einig, aber über die Vertei­lung der Beiträge zum Bau und zur Unterhaltung derselben entspann sich ein langer, zum Teil heftiger Kampf. Schließlich einigte man sich über folgende Punkte: Die Straße wird 20 Kilometer lang und kostet bei 5 Meter Breite 760>v00 R.M. In 5 Jahren soll sie durchgeführt sein. Sie dient hauptsächlich der Holzabfuhr, gibt aber auch eine gerade Verbindung des Nagoldtales mit dem Enztal. Von den Baukosten trägt die Straßenüaudirektion 33Z-4 Prozent, die Forstdirektion 33^ Prozent, den Rest die genannten Amtskörperschaften und Ge­meinden, sowie die Erwerbslosengrundförderung mit 60 000 Reichsmark. / Die Unterhaltung der Straße übernimmt die Amtskörperschaft Neuenbürg. Zu den Unterhaltungskosten leistet die Forstdirektion 40 Prozent, die Straßenbaudirektion 25 Prozent und 35 Prozent die drei Ämtskörpcrschasten Gleich­zeitig mit diesem Straßenbau soll Calmbach eine neue Straße zur Entlastunst der Calwerstraße (Brunnenrain) erbauen, die ebenso notwendig ist und seither nur am Kostenpunkt scheiterte. Nun hat der Staat kräftige Hilfe zugesagt. Damit eröffnen sich für viele Arbeitslose gute Aussichten, Arbeit und Bror zu finden. Hoffen wir, daß die Bestätigung dieser Beschlüsse durch die entsprechenderen Behörden bald erfolgt.

Calmbach, 29. März. Am Sonntag, den 27. d. M., fand im Saalbau des Gasthauses z.Bahnhof' ein Vortrag des Herrn Baurats Schlunk vom Landesgewerbeamt Stuttgart statt über:Wie kann der Handwerker wettbewerbsfähig bleiben, Kunden gewinnen und diese erhalten", der trotz Konfirmations­sonntag sehr gut, auch von auswärtigen Handwerkern besucht war. Der Vortragende erntete von allen Anwesenden reichen Beifall.

Schömberg, 1. April. Die Fernsprech-Dienststunden der hiesigen Vermittlungsstelle sind seit 1. April ausgedehnt und zwar Werktags von 7 Uhr vorm, bis 1 Uhr nachm, und 27 Uhr 30 nachm.; Sonntags von 1112 Uhr 30 nachm, und 57 Uhr nachm. Während diesen Zeiten ist der Schalter zur An­nahme von Telegrammen geöffnet.

Neueste Nachrichten.

Stuttgart, 1. April. Die Bekanntmachung des Staatsmini­steriums über den Erholungsurlaub der Beamten im Rech­nungsjahr 1925 vom 7. April 1925 gilt auch für das Rech­nungsjahr 1927. Danach erhalten die Beamten im Rechnungs­jahr 1927 die der Regelung des Reichs entsprechenden Urlaubs­sätze der beiden letzten Jahre.

Stuttgart. 1. April. Die Sozialdemokratische Partei von Württemberg-Hohenzollern hält ihre ordentliche Landesver­sammlung am Samstag, den 9. und am Sonntag, den 10. April hier ab. Auf der Tagesordnung stehen Berichte des Landes­vorstands und der Revisionskommission (Referenten Andreas Dreier-Stuttgart und Fritz Knapper-Heilbronn), über die Po­litische Lage im Reich <Abg. Erich Roßmann) und über die politische Lage im Land (ALg. Fritz Göhring).

Kmclingen bei Karlsruhe 1. April. Heute mittag wurde ein Bote der Zellulosefabrik Marau in der Nähe der Fabrik von 2 Burschen niedergeschlagen, die ihm eine Ledermappe mit 27 000 R.M. Lohngeldcr entrissen. In der Nähe beschäftigte Männer nahmen die Verfolgung der Täter auf. Diese schoflen auf die Verfolger, ohne allerdings jemand zu treffen und ent­

kamen mit ihrer Beute. Die Mappe wurde später aufgefunden. Der Bote ist nur leicht verletzt.

Landau, 1 April. Der französische Kriegsgericht in Lan­dau verurteilte heute die beiden französischen Soldaten Barille und Taflart, die im vorigen Jahre einen Eisenbahnanschlag bei Maxau verübt hatten, indem sie schwere Dielen auf die Schienen legten, zu zwei Jahren Gefängnis mit Bewährungs­frist.

Dessau, 1. April. Der Junkerspilot Waldemar Röder legte Freitag mit einem Junkersflugzeug l) 23 mit 3 Motoren von je 250 P.S., belastet mit 2000 Kilo Nutzlast, die Strecke von 1018 Kilometer in 7 Stunden 53 Min. ununterbrochenen Fluges zurück. Gleichzeitig wurde damit ein neuer Geschwindigkeits­rekord für Landflugzeuge mit 2000 Kilo Nutzlast auf 1000 Kilo­meter Entfernung aufgestellt. Die erreichte höchste Geschwin­digkeit betrug 138 Kilometer pro Stunde.

Chemnitz, 1. April. In Rodewisch verursachte ein kleiner Junge durch Spielen mit Streichhölzern ein Schadenfeuer, dem drei Wohnhäuser zum Opfer fielen.

Leipzig, 1. April. In eine von der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei veranstalteten Versammlungen drangen Kom­munisten ein, die von der Polizei hinausgcdrängt wurden. Hierbei kam es zu Schlägereien, bei denen ein Nationalsozialist verletzt wurde. Ein Polizeibeamter, der eine Festnahme vor­nehmen wollte, wurde auf der Straße überfallen und erhielt 7 Messerstiche.

Magdebarg, 1. April. In das Postamt Jeßnitz in Anhalt ist heute ein Einbruch verübt worden, bei dem den Tätern Werte von insgesamt über 17 000 Mark in die Hände fielen. Für die Ergreifung der Täter und die Wiedererlangung der Wertzeichen ist eine Belohnung von 1000 Mark ausgesetzt worden.

Berlin, 1. April. Im Prozeß gegen Pick und Frau Hirsch, die das Kind der Frau Hirsch erschossen und dann versucht hatten, Selbstmord zu verüben, erkannte das Schwurgericht des Landgerichts ! auf 6 Monate Gefängnis gegen Frau Hirsch und auf 9 Monate Gefängnis gegen Pick. Beiden Angeklagten wurde drefiährige Bewährungsfrist zugebilligt. Beide An­geklagte nahmen das Urteil an.

Berlin, 1. April. Die Bank für Deutsche Jndustrieobliga- tionen hat heute den Betrag von 125 Millionen Goldmark ge­mäß den Bestimmungen des Jndustriebelastungsgesctzes frist- und ordnungsgemäß dem Generalagenten für die Reparations­zahlungen überwiesen.

Berlin, 1. April. Das erweiterte Schöffengericht fällte das Urteil in dem großen Auto- und Kreditschicbungsprozeß .Heinz v. Lehn und Genossen das Urteil. An Strafen erkannte das Gericht gegen Heinz von Lehn wegen Betrugs und Kon­kursvergehens auf eine Gesamtstrafe von 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis und 300 Mark Geldstrafe. Hans Wachsner wurde zu einem Jahr 4 Monaten Gefängnis verurteilt. Pfeil erhielt 2 Jahre Gefängnis mit einer Bewährungsfrist.

Pretzburg, 1. April. In der Filiale der Agrarbank in Belka Bytscha raubten gestern vormittag 4 Männer 90 000 Tschechokronen und 2 goldene Uhren mit Ketten und töteten einen sich ihnen entgegenstellenüen Bankdiener, worauf sie die Flucht ergriffen. Die Gendarmerie von Preßburg hat zur Ver­folgung der.Räuber 80 Mann aufgeboten. Die Räuber hatten sich in 2 Gruppen zu je 2 Mann geteilt. Als 2 der Räuber gestern von der Gendarmerie bei Waas Bistritz gestellt wurden, gaben sie Schüsse auf den Gendarmen ab, wodurch ein Wacht­meister getötet wurde. Die Räuber entkamen. Heute vormit­tag erschossen 2 dieser Räuber abermals einen Wachtmeister, der sie verhaften wollte. Die beiden Räuber konnten gleich­falls entkommen. Einein Oberförster bei Sillein gelang es heute, 2 der Räuber zu entdecken. Während er einen festnahm, verübte der andere Selbstmord.

Paris, 1. April. Der DreimasterLouis Pasteur", der infolge des Sturmes im Kanal auf ein Felsenriff aufgelaufen war, Ist ver­loren. Die Leichen des Kapitäns und »on drei Mann der Besatzung sind geborgen worden. Die übrigen vier Mann der Besatzung werden vermißt.

Gibraltar, 1. April. Der spaniscke Dampfer, der mit einem eng­lischen Schiff zusammenstieh, heißtPocinto" und war mit Fracht von Malaga nach Huelva unterwegs. Nach dem Zusammenstoß sank derPacinto" im Verlauf von zehn Minuten.

Newyork, 1. April. 2000 Braunkohlengruben in Arkansas, Illinois, Indiana, Iowa, Kansas, Missouri, Ohio, Oklahama und Pensylvania sind heute stillgelegt worden. 200 000 Berg­leute des Bergarbeiterverbands streiken, da die Gruben es ablehnen, das Lohnabkommen mit einem Tagelohn von 71L Dollar zu verlängern. Eine längere Dauer des Streikes ist wahrscheinlich.

Die Finanzdcbatte im Reichstag.

Berlin, 1. April. Die große Reichstagsdebatte über den Finanzausgleich ist sehr wechselvoll verlausen. Die Koa­litionsparteien deckten das Finanzprogramm der Regierung mit einer längeren Erklärung, in der sie das Kompromiß als deir nach Lage der Dinge einzig gangbaren Weg zum Ausgleich des Etats bezeichneten. Preußen, von Sachsen wirkungsvoll unterstützt, protestierte gegen die Regelung, da namentlich mit der Aenderung des Biersteuergesetzes zugunsten der süddeutschen Staaten eine ausgesprochene Sonderpolitik der Begünstigung einzelner Länder erfolge. Aber der Antrag der Sozialdemo­kraten auf Zurückweisung des Gesetzes an den Ausschuß ver­mochte nicht durchzudringen, ebensowenig ein Antrag der Wirt­schaftspartei, die erst eine Klärung der Doktorfrage verlangte, ob für die Annahme des Gesetzes über die Bicrsteueranteile eine gualifizierte oder, wie die Regierung und die hinter ihr stehen­den Fraktionen meinen, nur eine einfache Mehrheit erforderlich sei. Nach dieser Probe aufs Exempel konnte das Ergebnis der weiteren Abstimmungen, die später vorgenommen wurden, kaum mehr zweifelhaft sein. Die Szene gestaltete sich sehr bewegt, als der Finanzminister nochmals auf den Plan trat, um die Ausbalancierung des Etats zu verteidigen. Dr. Köhler bat sich bereits im Ausschuß dagegen verwahrt. Laß er die Praktiken seines Amtsvorgängers angegriffen habe. Das ist in­sofern richtig, als der Name Dr. Reinholds nie über seine Lippen gekommen ist, wobl aber läßt sich nicht gut leugnen.