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durch den KreuzerLübeck" und 7 Torpedoboote hergestellt ist. DaS Torpedoboot v 7 ankert in Peterhof.Lübeck" und Torpedoboot 8 120 führen Funkensprech apparate.

Berlin, 2. Nov. Der König von Griechen­land kam heute nachmittag nach Berlin, besuchte das Mausoleum in Charlottenburg, stattete den hier anwesenden Prinzen und dem General v. Hahnke Besuche ab und nahm den Tee im Schloß. Für den Abend hatte sich der Kaiser mit seinem Gast beim Reichs karizler zum Diner angesagt, zu welchem auch der griechische Gesandte, das Gefolge des Königs von Griechenland und die Staatssekretäre bezw. Minister Graf Posadowsky, v. Tirpltz, v. Rheinbaben, v. Richthofen u. a. geladen waren. Im Laufe des Abends ist ver König von Griechen­land nach herzlicher Verabschiedung vom Kaiser, der ihn zur Bahn geleitete, wieder abgereist.

Kiel, 31. Okt. Gestern nachmittag lief der KreuzerLübeck" in den Hafen ein, ging aber nicht an die Werft, sondern legte an Boje Nr. 1 an, wo er mehrere Kolli an Bord nahm. Abends gegen 10 Uhr verließ er wieder den Hafen und dampfte mit ca. 22 Seemeilen Geschwindigkeit ostwärts. Sein Ziel ist Peterhof, wo er nicht, wie irrtümlich berichtet wird, den Zaren, sondern die Zarin, die ihrer baldigen Niederkunft entgegenfieht, an Bord nehmen wird.

Zürich, 2. Nov. Nach einer Genfer Meldung schicken sich zahlreiche russische Flüchtlinge auf die Kunde der Amnestie an, in die Heimat zurückzukehren. Für Freitag abend planen die Russen in Genf eine große FreiheitS- kundgebung. In der hiesigen russischen Kolonie, wo man den Ereignissen in Rußland mit großer Spannung folgt, glaubt man nicht mehr an eine friedliche Beilegung des Konflikts und sieht den Versuchen der Regierung, Ordnung zu schaffen, mit Mißtrauen zu.

London, 29. Okt. Die Ernennung des Generals Booth zum Ehren­bürger der Stadt London vollzog sich h'Ute. Die alte Guildhall, das Fest- und VcrsamwlungShanS der Londoner Altstadt, war der Schauplatz. An der Spitze eine Schar von tausend seiner Getreuen zog mit fliegenden Fahnen und klingendem Spiel dreier Musikkapellen der Held des TageS, allenthalben vom Jubel der Menge begrüßt, durch die Stadt nach der Guild­hall. Am Ziel angelangt empfingen ihn Vertreter der verschiedensten Berufsstände und Klassen der Großstadt. Stabil äte in großer Anzahl, Geistliche der anglikanische« wie der nichtstaatlichen Kirchen, und hervorragende Männer der politischen, gericht­lichen und wissenschaftlichen Kreise hatten sich zu diesem Zweck zusammengefunden, dazwischen er­schienen elegante Damen der Gesellschaft, die bunten Uniformen der Stabsoffiziere und die einfache dunkelblaue Tracht der zum Teil wenigstens ganz

hübschen weiblichen Subalternoffiziere der Heils­armee. Als General Booth seinen Platz zur Linken des LordmoyorS eingenommen hatte, verlas der Stadtschreiber den Beschluß des Rates, ihn znm Ehrenbürger derCity of London" zu ernennen. Statt des üblichen Goldkästchens, das den Ehren­bürgerbrief umschließt, überreichte man dem Ge­feierten eine Kassette aus geschnitztem Eichenholz und ersetzte den fehlenden äußerlichen Wert durch 2000 in bar als Beitrag zu wohltätigen Zwecken. Das Eichenholz hat historischen Wert, denn man entnahm eS einem alten Balken des Daches der von Sir Christophe: Wren im Jahr 1667 er­richteten Guildhall. Die Heilsarmee hat jetzt 19 000 Offiziere im Dienst und kann in den 52 Ländern, wo sie Fuß gefaßt hat, 7209 Standlager aufweisen.

Warschau, 3. Nov. Die Streik-Demon­strationen dauerten bis in die späte Nacht hinein. Beim sächsischen Garten wurde das dort postierte Militär mit Rcvolverschüffen angegriffen, worauf das Militär mit einer Salve antwortete. Mehrere Demonstranten wurden getötet.

Warschau, 3. Nov. In Radow wurden in den letzten beiden Tagen 20 Bomben ge­schleudert. Die Straßen wurden durch Draht­hindernisse und Barrikaden gesperrt, bei deren ge­waltsamer Wegräumung eS viele Tote und Ver­wundete gab. In Lublin und Kalisch wurde dagegen bei den patriotischen Kundgebungen die Ruhe nicht gestört.

Warschau, 3. Nov. Die Infanterie feuerte auch gestern auf die Volks­menge, wobei 3 Personen getötet und 42 verletzt wurden. Die Anwälte richteten infolgedessen ein Schreiben an den Grafen Witte, in dem sie nm Zurückziehung der Truppen und Aufhebung des Belagerungszustandes bitten. 6 Professoren der Universität erklärten, daß die Polonisterung der Universität in Warschau eine berechtigte Forderung sei.

Warschau, 3. Nov. Gestern nachmittag kam eS in der Marschollkowskastroße zu einem Zu­sammenstoß. Das Militär feuerte. 2 Tote und 7 Verwundete blieben auf dem Platze. An der Ecke der Eriwaustraße feuerten zwei Siudenten und verwundeten einige Soldaten. Die Gesamtzahl der gestrigen Opfer betrug 4 Tote und 27 schwer Verwundete. Bei dem Begräbnis eines erschossenen Judenknaben kam es an der Ecke der Königstraße zu einem neuen Zusammenstoß mit Husaren, wobei Frauen und Mädchen den Pferden in die Zügel fielen.

Petersburg, 3. Nov. DaS gestern ver­öffentlichte Gesetz über den Ministerrat enttäuscht. Es ist ein Peojikt des Grasen Solski und nicht Wittes, woraus man auf besondere Eil flüsse schließe, der Ehrlichkeit der Regierung mißtraut und gleich­sam einen Rückzug befürchtet. Die Fleischpreise find etwas gefallen, da die Zufuhr völlig ausreichend ist. Pit«Hof ist von der Residenz auf dem Land­

wege abgeschnitten. Der tägliche Bedarf des Hofes wird deshalb durch einen Convoi, von 20 Kosaken gedeckt, nach Peterhof befördert. Die Straßen- Patrouillen find heute verkleinert. Nur auswärts ist die Bewachung verstärkt worden.

Petersburg, 3. Nov. Aus Nikolajew wird gemeldet: In der Stadt herrscht offener Auf­ruhr, auf allen Straßen vernimmt mau Gewehr­feuer. Zahlreiche Tote und Verwundete liegen herum. Viele Bomben wurden geworfen wodurch zahlreiche Personen »ms Leben kamen oder ver­stümmelt wurden. Der Anblick der Stadt ist ein trostloser. Die Mehrzahl der Läden wurde zerstört, nachdem sie vorher vollständig ausgeplündert worden waren.

Peterhof, 3. Nov. (Pet.Tel.-Ag) Ei« kaiserlicher UkaS, betr. die Erlassung einer Amnestie, ist unterzeichnet.

Kisch inew, 3. Nov. Seit gestern finden hier wieder große Judenhetzen statt. Der Pöbel stürmte und verwüstete viele Häuser vou Juden. 8 Personen wurden dabei getötet, zahlreiche ver­wundet.

Rostow a. Don, 3. Nov. Nach amt­licher Feststellung find bei den gestrige« Unruhen 34 Personen getötet und 159 schwer verwundet worden.

Nach neueren Meldungen sollen in Odessa die Straßenkämpfe zwischen Pöbel, Studen­ten und Juden einen furchtbaren Charakter an­genommen haben. Die Truppen schritten ein. Man spricht fitzt von tausend Toten und wthreren tausend Verwundeten. Bei dem blutigen Einschreiten des Militärs feuerten die Truppen mit Maschinengewehren auf die Kundgeber. Ja sieben Straßen finden andauernd Kämpfe statt. Die Zahl der Toten und Verwundeten wird bis jetzt auf vier- bis fünftausend angegeben. Mehrere Jnfanterie- abteilungen weigerten sich, auf die Kundgeber zn feuern. Hierauf wurden Kosaken herbeigerufen. Aber die Kosaken wurden von den Jnfanterie- abteilungen mit Salven empfangen und in die Flucht geschlagen. Der Kommandeur der Kosaken entfloh in Verkleidung, um dem sicheren Tode zu entgehen.

Odessa, 3. Nov. Die Angriffe auf die Juden fanden gestern in noch stärkeremMaße statt als bisher. In allen Stadtteilen wurden erhebliche Verwüstungen angerichtet, besonders in den entlegenen Vierteln. Den ganzen Tag über fielen Schüsse. Auf einigen Straßen find Geschütze aufgefahren. Die Stadt gleicht einem Kriegslager. In den Straßen ist Polizei nicht zu sehen, bewaffnete Stu­denten sorgen für die Aufrechterhaltung der Ordnung.

Odessa, 3. Nov. Ueber Rostow am Don wurde gistern der Kriegszustand verhängt. Die Maßregel erwies sich als günstig, denn seitdem herrscht halbwegs Ruhe. Der Bahnbetrieb konnte noch nicht wieder ausgenommen werden.

Graf Sesto," sprach sie mit fast brechender Stimm-,ich danke Ihnen für die Hilfe, die Sie großherzig mir boten! Ich hoffe nicht, vor dem All­mächtigen Verzeihung zu finden, zu dem zu beten mich nie eine zärtliche Mutter gelehrt, aber Sie sollen mir vergeben, daß ich, eine so Schuldbeladene, Sie zu lieben gewagt habe!"

Ihre Augen hoben sich so geisterhaft zu Dagoberts Antlitz auf, daß diesem der Herzschlag stockte.

Auch der größten Sünderin gestattet man vor ihrem Ende, das Bild deS Heilands zu küssen!" Sie hob die Hände, trat an ihn heran und legte sie auf seine Schulter:Eie waren mein Heiland. Von Ihren Lippen will ich Vergebung trinken, damit sie mir jenseits werde!" rief sie mit heiliger Be­geisterung, ihm wie verklärt ins Auge schauend und ihre Lippen auf seine Stirn pressend, ehe er eS zu hindern vermochte.

Mit einem letzten, fast brechenden Blick in sein Antlitz flüsterte ihr Mund ein verhauchendes Lebewohl. Und mit den Händen vor sich tastend, schwankte sie in das Nebengemach.

Verwirrt durch ihre Worte, durchschauert von diesem geisterhaften Blick-, der Berührung dieser todes kalten Lippen, starrte Dagobert ihr nach. Keiner Regung mächtig, sah er die Türe sich vor ihm schließen.

WaS fie gesprochen, hallte wild und verworren in seinem Ohre; er vermochte den Sinn desselben nicht ganz zu ei fassen, aber ein Grauen überfiel ihn und sich mit Schaudern abwendend, stürzte er zur Türe.

Ein Bild deS Jammers, stand inzwischen Afra allein in dem Gemache. Minutenlang blieb fie regungslos. Ihre Augen waren g, schlossen, ihre Arme hingen machtlos herab; dann durchlief wieder ein Zittern ihre Glieder, ihre Zähne schlugen aufeinander und jetzt endlich hoben sich ihre Hände, sich in

das Haar krellerd; ihr Haupt sank in den Nacken zurück, wie eine schwarze Flut fiel ihr das Haar über denselben.

O Eatan in M-nsLengistalt," flüsterte fie, warum ersahst du mich, da­mals eine wilde, ungezöhmt» Kieotur, um mich zu verderben! Warum mußte ich dir lauschen, wenn du mir deine Worte in'S Ohr träufeltest; warum folgte ich deine» teofl fchen Anschlägen, als du mir sagtest, nimm die Hand dieses Mannes, die er dir bietet; er ist bei Jahren, er kann sterben und dann bist du die Herrin der M,H onen; die Welt ist dein, die große Welt, die deiner Schönheit und Jugend alles zu Füßen legen wird! . . . Warum stieß ich dich nicht von mir, als du sein Kind vrrkauftest, da« ich haßte, weil ich ihn Haffe» mußte; warum gehorchte ich d>r noch, nachdem ich Jahre der Pein durch diesen Mann ertragen, als du mir zu flüstertest:Nur Geduld, er wird sterbe» und du sollst frei und glücklich sein, wie ich eS dir versprochen! . . . Warum blieb ich endlich di« Hehlerin deiner Untat, dein willenloses Spielzeug, als ich mit dir schuldig geworden!"

Krampfhaft wühlten sich ihr« Hände in das Haar, fie schlug sich gegen die Brust, rang dann die gehobenen Hände und warf sich schluchzend vor dem Bett­rande auf die Knie. Und so lag si, wieder minutenlang.

Dann endlich, als ein Geräusch im Korridor sie aufjagte, stand fie forschend da, zitternd und mrt dem Ausdrucke des Wahnsinns zur Tür schauend.

Aber wa» zaudere, was suche, was hoffe ich noch, seit dieser schöne LebenStraum, von d-m fie mir immer sprach, ein so elendes Ende genommen! Hab' ich ihr noch ein« zu danken, der Giftmischerin, dem Satana», der mich verdorben? . . ."

Sie riß da« Mird-r auf und griff zur Brust.Die Stunde ist da, vor der mir in reuevollen Nächte» bangte! . . . Möge fie kommen! Ich Hab« keine Furcht mehr vor dieser Welt, seit er mir vergeben!" (Forts, folgt.)