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Donnerstag, Len 26. Oktober 1905.
Aüonn«m«nt»pr. in d. Stadt pr.Biertelj. Mk. 1.10 Incl.rrLperi. BiertelMrI. PostdkzuzrprctL ohne B-stellg. f. d. Orts- u. Nachbar. ortSocriehr 1M.. f. d. sonst, »rrt-hr Mk.1.10, Bestellgeld 20 Psg.
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* Calw, 24. Okt. Heute ist die Sonne wieder einmal und zwar hoffentlich auf recht lange wieder zu uns zurückgekehrt. Reges Leben hat sie mitgebracht, auf dem Felds arbeiten die Landleute in größter Tätigkeit und höchster Eile, um die dringendsten Fcldgeschäfte noch erledigen zu können. Arbeit gibt es in Hülle und Fülle. Die regnerische Witterung hat die Geschäfte verzögert oder ganz unmöglich gemacht und darum wird der erste günstige Tag benützt, um das Rückständige nachzuholen; denn dem Wetter ist nicht zu trauen, alles deutet auf einen frühen Winter hin, der ja eigentlich schon mit Schneegestöber seinen Einzug gehalten und auf sein Kommen baldigst vorbereitet hat. Einen prächtigen Anblick bieten gegenwärtig unsere gemischten Wälder. In allen Farben prangen die Laubbäume, die Natur hat in den letzten Tagen noch das schönste Farbenspiel zusammsngestellt, um der Menschheit zu zeigen, wie schön die Ecde ist und wie nichts so sehr den Menschen erfreuen kann als die Herrlichkeit der Natur. Aber nicht mehr lange wird oie Pracht dauern, die Fröste rütteln aewaltig an den Blättern und bald, bald wird alle Pracht entschwunden sein. Der goldene Herbst wird dem kalten Muter weichen und dieser wird mit seiner Herrschaft dem Menschen nicht bloß Kälte sondern ebenfalls Freude — nur in anderer Art als der Herbst — darbieten.
^Amtliches aus dem Staatsanzeiger.j Die erste Dienstprüfung für das humanistische Lehramt hat erstanden: Lehramtskandidat Friedrich Weizsäcker aus Calw.
r. Unterreichenbach, 24. Okt. Die Bautätig k e i t hier war in diesem Jahre auch wieder eine sehr lebhafte. ES wurden 4 neue Gebäude erstellt, worunter 2 im Vtllenstil. Der Gasthof zum „Deutschen Kaiser", sowie das Gasthaus zum „Waldhorn" wurden gänzlich modern renoviert und mit prächtigen Glas-Veranden versehen. Das
„SchwarzwaldHotel" (die frühere Villa Mayer) ist am 1. Okt. eröffnet worden. Eine gemütliche Gartenwirtschaft mit Kegelbahn rc. errichtete der Besitzer des Gasthauses zar „Sonne". Der Fremdenverkehr war ein größerer als in den früheren Jahren, ebenso fanden sich den Sommer über Lnftkurgäste zahlreicher ein.
r. Unterreichenbach, 24. Okt. Der gestrige Vieh mar kt war infolge der für die Feldgsschäfte günstigen Witterung etwas schwach befahren. Zn- getrieben waren 72 Stück Großvieh und war der Handel hierin lebhaft, za seitherigen hohen Preisen. Auf dem Schweinemarkt befanden sich 4 Körbe mit Milch- und Läuferschweinen, welche raschen Absatz fanden. Käufer und Händler waren zahlreich vertreten.
Böblingen, 23. Okt. Als sich am Samstag abend Major a. D. Mater von Stuttgart, der Pächter der Aiblinger Gemeindejagd ist, auf den Zug begeben wollte, wurde er, wie der Böbl. Bote meldet, in der Nähe des Aiblinger Waldes auf der Markung Ehningen, an der Mulde, auf eine Entfernung von 30 Schritten von einer Hütte aus angeschossen und dabei in den linken Schenkel sowie in die Bauch gegend getroffen. ES wird vermutet, daß es sich nicht um ein Verbrechen, sondern wahrscheinlich um einen Irrtum handeln dürfte. Untersuchung ist etngeleitet.
Aidlingen OA. Böblingen, 24. Okt. Gestern früh wurde die 38jährige Witwe Hetzer in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Dieselbe wurde anscheinend erdrosselt und dann an einen Bettladepfosten aufgehängt, um Selbstmordverdacht zu erwecken. Dis Sache wurde sofort der Staatsanwaltschaft übergeben. Eine Verhaftung wurde bereits vorgenommen.
Stuttgart, 24. Okt. Gestern abend verübten 2 junge Kaufleute und ein Hausknecht in dem hiesigen Hauptpostamt einen Diebstahl, indem
fie einer Dame, welche 800 einzahlen wollte, 3 Einhundertmarkscheine entrissen und die Flacht ergriffen. Sie wurden eingeholt und festzenommen.
Stuttgart, 24. Okt. Kartoffelgroßmarkt auf dem Leonhardsplatz. Zufuhr 1000 Ztr. Preis 2.20—340 — per Ztr. — Krautmarkt auf dem Charlottenplatz. Zufuhr 1700 St. P:eis 15—20 für 100 St. — M o sto b st m ark t auf dem Wilhelmsplatz. Zufuhr 350 Ztr. Preis 7.80—8 ^ per Ztr.
Reutlingen, 24. Okt. Eine von den „Bereinigten Gewerkschaften" dem „Evangelischen Arbeiterverein" und dem „Spar- und Consumveretn" einberufene, zahlreich besuchte Volksversammlung beschäftigte sich mit dem Milchaufschlag von 16 auf 18 A pro Liter. Referent war der Geschäftsführer des Spar- und Konsumvereins, Karl Schubert, der dafür etntrat, die Milchhäudlsr einige Tage zu boykottieren, wenn fie nicht nachgeben, und nur kondensierte Milch zu benutzen. Im Laufe der Diskussion wurde auch vorgrschlagen, die Milch dirikc von den Bauern zu beziehen. Schließlich wurde eine dahingehende Resolution angenommen und die Versammlung geschlossen. Einige Milchhändler haben trotz der Konventionalstrafe von 50 A den alten Preis wieder eingeführi.
Göppingen, 24. Okt. Einen guten Fang machte gestern !t. „Göpp. Blätter" die hiesige Polizei. In einem hiesigen Cigarrengeschäft kaufte gestern ein Fremder Schnupftabak. Beim Hinausgehen ergriff er ein Päckchen Cigarren und sprang damit aus dem Laden. Der Dieb wurde verfolgt und rannte durch verschiedene Straßen dem Bahnhofe zu, wo er am Güterschuppen gestellt und von der Polizei in Empfang genommen wurde. Das Cigarrenpäckchen hatte er unterwegs weggeworfen. Die Feststellung seiner P.'rsonalien ergab die interessante Tatsache, daß der Mann ein von mehreren auswärtigen Gerichten gesuchter schwerer Verbrecher
Dis lchwcwze Dcrme.
Roman von Han» Wachenhusen.
(Fortsetzung.)
„Wiedenstein behauptet, er habe erst später Bedenken gefaßt, ob die Dame wirklich dir Mutter de» Kindes sei und ob er also recht gehandelt, aber der Hunger habe ihn gezwungen, das Anerbieten anzunehmen. Zu seinem Unglück sei er, nachdem er am Abend des nächsten TageS mit der Dame, die sich ihm nur verschleiert gezeigt, in demselben kleinen und einsamen Vorstadthäuschen über die Ausführung Rücksprache gepflogen habe, auf die Idee gekommen, sich hinter einer Hecke der sandigen Nachbarschaft zu verstecken. Di« Dame Habs alsbald nach ihm das Hau» verlassen, der Abendwind habe, während sie nach ihrem in der Nähe haltenden Wagen gesucht, den dunkle» Schleier über ihren Hut zurückgewrht und er in ein Frauenantlitz geblickt, dessen Schönheit ihn zu ihrem willenlosen Sklaven gemacht habe. Da« Geld habe er nehmen müssen, weil die Verzweiflung ihn hierzu gezwungen habe, und dann getan, was von ihm begehrt worden sei. Seitdem aber habe er keine Ruhe mehr gehabt, immer habe er dieses schöne Weib gesehen. Sein Verhängnis habe eS auch gewollt, daß er ihr wieder begegnet sei, fie habe sich vor ihm nicht verleugnen können, weil er in ihrer Begleiterin da« Weib mit dem englischen Accent erkannt, das ihn zu der Entführung des Mädchens gedungen habe, und leider erkenne er erst zu spät seinen Wahn, denn Frau von Rothenhrlm, von der er überzeugt sei, daß ihre unglückliche Ehe kinderlos gewesen sei, habe ihn nur ihrer Freundschaft gewürdigt, weil fie gefürchtet habe, von ihm verraten zu werden.
„WaS haben Sie dem gegenüber noch zu leugnen? fragte Blenke lächelnd, die Depesche zusammenfaltend. „Ich habe Ihnen nur noch hinzuzufügen, daß
Sie das unglückliche Mädchen, um eS auf ein Schiff zu bringen, durch ein ihm in den Trank gemischtes Betäubungsmittel willenlos gemacht, daß Sie diese« Mittel — Sie scheinen überhaupt, wie dis Akten ergeben, Meisterin in der Mischung gewisser Mittel zu sein — auch wahrscheinlich auf der Urberfahrt in ihre Nahrung gemischt und sie in einem solchen Zustande zu einem Dr. GroveS in Dublin geschafft haben, der sie nach Amerika spedierte, um fie dort verloren gehen zu lassen."
„Gottes Hand selbst," fuhr er mit Feierlichkeit fort, „hat diesen teuflischen Anschlag auf das Leben eines unschuldsoollen Mädchens, das sich nur durch di« Sehnsucht ihre Eltern kennen zu lernen, ins Verderben locken ließ, gnädig vereitelt. DaS Mädchen ist, unversehrt an Leib und Seele gestern zurückgekshrt und hat bereits selbst Zeugnis gegen Eie abgelegt. Mit dieser Affäre sind wir also für heute fertig und könnten nun zu den anderen und wichtigeren übergehen, für die Sir Ihr Gedächtnis b-ffrr anstrengen werden."
Jane hatte ihn schließlich starr und mit offenem Munde angehört; als er schwieg, senkte sie den Kopf. Plötzlich aber lief ein heftige» Zittern durch ihren Körper, ihr Gesicht verzerrte sich, zum Erschrecken der Beamten schlug fie mit den Armen um sich und sank mit einem gellenden Schrei zu Boden.
„Ihr alte« Manöver! E» ist ihr, in die Enge getrieben, wieder nichts anderes Übrig geblieben als da»l" Blenke zuckte verdrossen die Achseln, winkte dem bereits hereingetretenen Diener, sie abzuführen, und dieser packte sie, um sie hinaus zu tragen. Führen Sie den alten Herrn herein, aber mit Schonung, denn er ist, wie eS scheint, noch schwächlich und gemütskrank!" befahl er dem Diener, als dieser seine widerspenstige Bürde in andere Hände gegeben hatte.
Wenige Minuten später erschien der alte Lübke, sich müde und gebückt hereinschleppend und mit bangen, ängstlich blickenden Augen di« Beamten grüßend.