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der Gesellschaft, gebührt der wärmste Dank aller VereinLmitglieder und der Lorbeerkranz, der dem Vorstand von demGenius alles Schönen" über­reicht wurde, darf als beredter Dolmetscher der Ge­fühle der Mitglieder angesehen werden. Alles in Allem: Das Jubiläumsfest war aufs beste arrangiert und nahm den denkbar schönsten Verlauf.

Calw, 15. Okt. In Deckenpfronn hies. Oüeramts kam es zwischen zwei Handwerks- burschen und dem Polizeidiener zu einem heißen Kampfe. Der Zufall führte den Landjäger in den Ort, und dieser mußte mit dem Gewehr gegen die Unholde Vorgehen, um sie aufs Rathaus schaffen zu können. Einer der Burschen, der sich als Russe ausspielte, entpuppte sich ein Hafner von Cannstatt.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.s Am 13. Oktober ist von der Evangelischen Ober­schulbehörde die Schulstelle in Dachtel, Bezirks Calw, dem Schulamtsverweser Wilhelm Schwarz in Häslach, Bezirks War-kheim (Tübingen), über­tragen worden.

sf Möttlingen, 14. Okt. Der Hopfen ist jetzt zum größten Teil bei uns abgeliefert. Die Qualität wäre eine vorzügliche und auch das Quan­tum ist zur Zufriedenheit ausgefallen, erntete doch ein hies. Produzent von 285 Stöcken 460 Pfund, -in Beweis, was durch künstliche Düngmtttel, ins­besondere auch mit Latrine, erzielt werden kann. Erfreulicherweise kam in letzter Zeit, dank aner­kennenswerter Förderung des Hrn. Regierungs- ratS Voelter, die Errichtung einer Latrinengrube in Althengstert zu Stande. Durch diese Anlage ist der Bezug für unfern Ort wesentlich günstiger und nunmehr jedem die Gelegenheit geboten, von dieser nützlichen Errichtung Gebrauch zu machen.

Möhringen, 15. Okt. Vorgestern abend 9V« Uhr wurde ein unbeleuchtetes Bierfuhrwerk einer Vaihinger Brauerei auf dem Glcisübergang der Vaihingerstraße von dem von Neuhausen kommenden Personenzug überfahren. Der Fuhrmann blieb unverletzt, er hatte gar nicht wahrgenommen, was vorgefallen war. Die Lokomotive und der Personen­wagen find beschädigt worden, das Fuhrwerk wurde zertrümmert.

Stuttgart, 14. Okt. (Schwurgericht) Wegen Fälschung öffentlicher Urkunden und Betrugs i. R. hatte sich heute der 20 Jahre alte Ver- ficherungSbeamte Karl König von AllmannLdorf zu verantworten. Der Angeklagte, der früher Notariotskandidat war, ist trotz seiner Jugend schon wiederholt vorbestraft. Am 8. Juli wurde er aus der Strafanstalt Rottenburg entlassen, wo er eine wegen Privaturkundenfälschung zuerkonute ömonatige Gefängnisstrafe verbüßt hatte. Am gleichen Tage begab sich der Angeklagte nach Riederich OA. Urach, wo er unter dem Vorgeben, er müsse als Kanzlei­gehilfe des Amtsgerichts Urach das Grundbuch ein- sehen, sich in Abwesenheit des OrtsvorsteherS Ein­gang in das Rathaus verschaffte und aus demselben,

solange er sich durch den Amtsdiener ein Glas Wasser herbeiholen ließ, den Stegelstock des Grund­buchamts aneignete. Am 4. August erschien sodann der Angeklagte bei einem hiesigen Geldvermittler mit dem Vorbringen, er sei beauftragt, für einen Bürger in Riederich 2000 aufzunehmeu. Dabei zeigte er ein von ihm gefälschtes Zeugnis des Gnind- buchamts Riederich über den Grundbesitz des an­geblichen Auftraggebers vor. Mittelst eines von ihm gefälschten Hypothekenbriefes und einer gefälschten Schätzungsmkunde bestimmte der Angeklagte den Vermittler zur Ausfolge des Darlehens. Glücklicher­weise wurde der Angeklagte am andern Tag ver­haftet und es konnten ihm noch 1397 abge­nommen werden. Für den Rest hatte er sich bereits Kleider, Wäsche, eine goldene Uhr u. s. w. angeschafft. Die bei dem Angeklagten noch Vorgefundenen 1397 ^ wurden dem Geldgeber zurückgegeben, des weiteren haben sich die Verkäufer bereit erklärt, die ge­kauften Gegenstände zurückzunehmen, so daß der Geldgeber nur um einen geringen Betrag geschädigt bleibt. Die Geschworenen bejahten die Schuldfragen nebst mildernden Umständen, worauf das Gericht auf 1 Jahr 6 Monate Gefängnis erkannte, unter Anrechnung von 2 Monaten Untersuchungshaft.

S L uttgart, 14. Okt. (Wochenmarkt.) Auf dem Großmarkt kosteten Zwetschgen 1416 A, Nüsse 2022 A Quitten 1822 A, Trauben 2024 A, Birnen 820 F, Aepfel 1020 H das Pfund. Im Einzelverkauf war Obst um 5 ^ teurer. Der Gewüsemarkt verzeichnet« Blaukrvut zu 1525 A Blumenkohl zu 2040 A, Rosenkohl zu 2025 A Endivien 812 A das Stück. Au den Wildpret- und Geflügclständen kosteten Gänse 4.805.20 Hasen 33.50 Rehziemer 68 Rehschlcgel 46 Auf dem Fischmarkt kosteten Hecht 90 A Zander 0.901 Barben 90 A Rotzungen 60 A, Backfische 45-50 A Aal 1.501.60 ^ das Pfund, Felchen 0.701.20 ^ das Stück. Auf dem Viktualienmarkt kostete saure Butter 1.15^., süße Butter 1.30 ^ das Pfund, 1 Ei 7 ^

Cannstatt, 14. Okt. Heute Nachmittag scheuten auf der Straße von Cannstatt nach Fell­bach 2 junge Pferde, die einem Lastfuhrwerk des Spediteurs Dauber von Cannstatt vorgespannt waren. Während sie im scharfen Galopp auf der Straße weiter rannten, fuhren sie einen andern Wagen an, dessen Besitzer, Keller von Cannstatt, vom Wagen geschleudert wurde, so daß er den Arm brach. Nachher kamen sie mit einem Fellbacher Wein-Fuhrwerk in Berührung, das demoliert wurde. Ein Weinfaß wurde dabei zu Boden geworfen, doch soll der Weinverlust gering sein. Schließlich stießen sie noch auf das Fuhrwerk des Händlers Kurz von Steinbach und rannten seinem Pferde mit der Deichsel auf den Kopf, so daß dieses bald darauf verendete. Die scheu gewordenen Pferde selbst wurden nicht verletzt, auch der Führer des Wagens kam mit heiler Haut davon.

Eßlingen, 15. Okt. Das württembergische Iägerfest ist am Samstag abend bei günstiger Witterung durch ein Bankett in Kugels Festsaal eingeleitet worden, das von etwa 300 Jägern aus nah und fern besucht war. Unter den Festteil­nehmern befanden sich auch die Generalmajore v. Berger, Groll, v. Muff, v. Hügel und v. Schmidt, außerdem die Offiziere des Landwehrbczirkskommandos Eßlingen und die Spitzen der Behörden. Die höheren Offiziere unterhielten sich in kameradschaftlicher Weise mit den Jägern. Den musikalischen Teil des abends hatte die Kapelle des Infanterie-Regiments 180 übernommen. Der Komitevorstand Kupferschmied Albert Widmann begrüßte die Kameraden aufs herzlichste. Ober­bürgermeister vr. Mülberger hob in seiner An­sprache hervor, daß daS Häuflein derer immer kleiner und kleiner werde, dis die Jägerschnüre ge­tragen und die nicht nur im heiteres Spiel der Waffen, sondern auch im blutigen Ernst der Feld- schlacht dem alten württembergischen Wahlspruch: Furchtlos und treu" Ehre gemacht haben. Der Redner bedauerte, daß wir keine württembergischen Jäger mehr haben, von denen wir die meisten nicht mehr sehen, teils weil sie durch köiperlicheS Leiden verhindert sind, teils weil sie der grüne Rasen in der Heimat oder in fremdem Lande schon lange deckt, und schloß mit einem begeistert aufgenommeneu dreifachen Hoch ans den König. Im Namen der alten Jäger dankte Generalmajor v. Berger, der aus führte: Als kurz nach dem Feldzug die Jäger­bataillone zu bestehen aufgehört, da habe nicht auf- gehört der vorzügliche soldatische und kriegerisch« Geist, der in diesen Bataillonen geherrscht hat, und was jeder als Jäger mitgenommen, das habe er im Herzen bewahrt: Die Gesinnung der Treue für König und Vaterland und der opferwilligen Hin­gabe an Kaiser und Reich, sowie die Gefühle der Kameradschaft. Die Jäger zeit sei die schönste des Lebens gewesen. Die Zeit der Jugend, die Zeit der Größe unseres Vaterlandes. Das Leben sei über uns hinweggegangen, mehr als die Geschosse des Feindes habe inzwischen der Tod unsere Reihen gelichtet; unsere Köpfe find grau geworden und wer das nächste Mal, wenn wir wieder Zusammen­kommen, noch da sein wird, weiß man nicht. Mit umso größerer Begeisterung und Freude find wir dem Rufe der Jäger nach Eßlingen gefolgt. Der General schloß mit einem Hoch auf die Stadt Eßlingen. Bürgerausschrrßobmann sprach den Dank der Srodtgcmeinde Eßlingen, daß das Jägerfest in seinen Mauern abgehaltcn werde und gedachte der Taten der Jäger im Kriege 1870/71; sei« Hoch galt den Jägern. Jäger Bauer-Sontheim sprach der Stadt Eßlingen den Dank der Jägerbataillone für den schönen Empfang aus. Es sprachen dann noch die Gmeralmojore v. Groll und v. Hügel. Der Abend brachte roch lebende Bilder aus der Zeit der Jägerbataillone. Der Sonntag wurde durch Böllerschüsse eingeleitet. Die Morgenzüge

Umständen dies geschehen. Der Baron hörte ihm ohne Interesse zu und erst, als er an den geheimnisvollen Vorfall selbst kam» legte er die Hände auf die Knie, rückte mit seinem Stuhl zurück und würde sich erhoben haben, wär'S nicht zu unbequem geworden.

Blenkr ließ sich nicht störe». Daß er aber diesem Z-rnik etwas erzählte, was demselben vollkommen fremd war, davon überzeugte ihn dir Miene drS Mannes.

Als er zu Ende war, sah rr seinen Zuhörer den Kopf senken, als sinne er vor sich hin.

Ich bin in der Lage, Ihnen eine Photographie des unglücklichen ManneS präsentieren zu können," fuhr Menke fort, dieselbe hrrvorholend.

Zernik hob daS Antlitz, blickte darauf hin, schüttelte den Kopf und holte asthmatisch Atem.

Ist mir vollkommen fremd!" antwortete er, gleichgiltig hinstarrend.Ich muß Ihnen wiederhole», mein Herr, daß ich seit fünfunddreißig Jahren außer Landes war. Wünschen Sir von meiner Person zu erfahren, dort liegen meine Papiere. War nicht da drinnen steht, mögen Sie auch noch hören, da Sie doch jedenfalls deshalb gekommen sind. Ich bin in Slavonirn geboren und schreibe mich eigentlich Czernik. Ich kam in die La Plata-Staaten, um dort in eine mir an- gebotene Stellung zu treten; da aber war inzwischen der Bürgerkrieg aukgebrochen und mir blieb deshalb nichts übrig, als mich anwerben zu lassen. Als die Ruhe wieder hergestellt war, heiratet« ich in BuenoS-AyreL die Witwe eines reichen englischen Kaufmann-, dieselbe, di« mich auf meiner Reise jetzt begleitet. Seit ich mein Geschäft aufgegeben, lebe ich in meiner Quinta, meinem Landhause, und reise jetzt in Europa, um di« Aerztr wegen meines Asthmas und meiner Fettleibigkeit zu konsultieren."

Sonderbar!" dachte Blrnke,auch dieser Zernik reist, um Aerzte zu konsuliieren."

Sic haben also gar keine Ahnung, Herr Baron, wer jener Zernik ge­wesen sein kann?"

Zernik schüttelte den Kopf und ließ die L'ppr noch iiefer hängen.

Freilich! Die Umstände legen uns die Vermutung nahe, daß jener Un­glückliche untir einem fremden Namen hier erschienen sein kann . .. Aber warum er gerade diesen mahlte, warum er ans Montevideo gekommen sein wollte, daS ist die Frage."

Hätten Sie leeber in BuenoS-AyreS anfragen lassen! . . . Allerdings hätte ich Ihnen auch nicht dienen können, denn ich weiß von Verwandten gar nichts; ich bin der einzige Sohn meines schon vor vierzig Jahren verstorbenen Vaters, der in Slavonirn eingewandert war."

Blenke schloß vorläufig im Geiste die Akten einer Sache, da er sah, daß eL sich hier um ein zusöllig-s Zusammentreffen von Namen handeln müsse.

Nun noch eine Frage, Herr Baron!" hob er nach einer Pause wieder an. Ich sah an Ihrer Seite ein junge« Mädchen, eine junge Dame ... Sie br- melkten, daß wir, mein Freund und ich, oder eigentlich nur dieser, fie überrascht als eine Bekannte begrüßten. Darf ich Sie um Auskunft bitten, wie dieselbe in Ihre Familie gekommen ist?" Er geschieht nicht aus Neugierde!"

Begreife!" Zernik faltete wieder die Hände unter dem Bauch.Auch Zia hatte lange eine große Sehnsucht hierher. Sie ist wohl hauptsächlich schuld daran, daß ich mich entschloß, dir Reise zu unternehmen, als auch die Aerzte mir für einige Jahre einen Klimawechsel angeraten hatten."

Darf ich also bitten . . .?"

(Fortsetzung folgt.)