Dr. Slresemann

über wirtschaslspolitische Fragen

TU. Berlin, 20. April. Auf der Vollversammlung des Jubustrie- und Handelstages ergriff Reichöaußenminister Dr. Stresemann das Wort zu einer Rebe über den Ausbau der deutschen Wirtschaft. Wir leben noch in einer Zelt, so erklärte der Minister, die als weniger normal be­zeichnet werden kann, als es äußerlich in der Welt erscheinen mag. Wir sind noch sehr weit davon entfernt, daß wir die Wunden des Krieges überwunden hätten. In den anderen Erdteilen haben normaler Weise der Handelsverkehr und die Produktion gegenüber 1013 etwa um 80 bis 40 Prozent zngenomnien, während Europa noch nicht ein­mal den Stand von 1913 erreicht hat. Diese Tatsache sollte wie ein Alarmruf in Europa wirken und die europäischen Länder zu einer wirtschaftlichen Verständigung und Zu­sammenarbeit zwingen. Wir haben unter diesen Verhält­nissen tu Deutschland vielleicht am meisten zu leiden. Der große Handelsapparat, den wir in jahrzehntelanger Arbeit auSgebaut hatten, ist durch die Liquidation fast ganz zer­schlagen worden.

Die Freigabe des deutschen Eigentums durch Amerika hat über die materielle Bedeutung hinaus auch für die ganze Zukunft der Bölkergrunbsätze Wert. Es war ein Verstoß «egen alle Grundsätze des Verkehrs der Völker, dem Ein­zelnen sein Eigentum zu nehmen, weil die Staaten mit­einander im Kampf lagen.

Wir können die Welt nicht wieder anfbanen, wenn wir

nicht znriickkehren z« de» Grundsätze«, dte bei allen zivilisierte« Völker« Geltung habe« müsse«.

Wen» dte Wirtschaft den Retchssinanzminister als ihren stil­len Teilhaber bezeichnet, dann darf sie nicht vergessen, daß »ir auch, leider andere Teilhaber an der deutschen Wirt­schaft haben und daß der Reichsfinanzminister nicht nur der Vollstrecker deutschen Willens ist, sondern daß unsere ganze Steuerpolitik voraus belastet ist durch die Reparation-- lasten und durch die starken finanziellen Belastungen, die tm Innern infolge des Krieges auszubrtngen sind. Wir müsse» uns darüber klar sein, daß wir mit diesen erhöhten Abgaben noch lang« Zeit rechnen müssen.

Wenn wir den Ausbau der deutschen Wirtschaft wollte», müßten die Unternehmer auch in der Lage sein, von einem Ueberschuß wieder etwas in die Unternehmungen hinein- zustecken. Alle Wirtschaft werde zerschellen, wenn sie nicht mehr in der Lage sei, sich selbst zu behaupten. Der Minister besprach dann

die Handelsverträge

und erklärte, daß alles, was auf diesem Gebiet« geschaffen werden konnte, geschaffen worden sei. Er würde eS außer­ordentlich bedauern, wenn man glaube, man könne di« Meinungsverschiedenheiten hier auf die Gegensätze bringen: Hie Inlandsmarkt dort Exportmarkt. Wir hätten weder eine politische noch eine wirtschaftliche Autarkientöglichkett innerhalb unserer ganzen geographischen Lag«. Das Schlag­wort von der Revision des Dawespaktes bedeut« doch «ine- Tages eine feste Summe von Zinsensollen. Das könne na­türlich nur aus Ueberschnssen der Ausfuhr möglich sein. Da könne mau sehr wohl die Frage aufwerfe», ob nicht in unserem Volke bei seinem Verbrauch eine Vorliebe für Auslandsprodukte bestehe, die bei keinem anderen Volk so onsgrbildet sei und

die so wenig berechtigt sei wie bei uns. Wir müßten uns klar wsrden, daß wir so nicht weiter leben könnten.

Dte außerordentlich schwierige Lage der Landwirtschaft, namentlich in den östlichen Bezirken Deutschlands, erkenne er in jeder Beziehung an. Im Rahmen der Handelsverträge müßten wir aber auch von der Landwirtschaft Entgegen­kommen erwarten. Wirtschaftspolitik müsse nach allgemei­nen Gesichtspunkten getrieben werden.

Eine parteipolitische Wirtschaftspolitik sei eine Unmöglichkeit.

Die Landwirtschaft müsse dafür Verständnis haben, daß wir hente mehr als in der Vorkriegszeit zur Ausfuhr ge­zwungen seien. Die Periode der endgültigen Handelsver­träge werde erst nach einer Revision der Zollsätze in den einzelnen Ländern zu Beginn des nächsten Jahrzehnts kommen.

Der Minister wandte sich dann gegen die Pessimisten und forderte, daß man zunächst einmal an die Zukunft glauben müsse. Man spreche oft von dem bewußten Gegen­satz zwischen national und international. Bei der Wirtschaft könne man aber nicht bestreiten, daß die Wiederanknüpsnng internationaler Beziehungen die beste Arbeit für unsere nationale Wirtschaft sei. Manche unnötigen Hemmungen des Handels und Verkehrs sollten noch mehr und mehr be­seitigt werben. Der Zollschutz müsse auf das berechtigte und zulässige Maß znrückgebracht iverben. Man sehe auch die Empfindung in den anderen Ländern wachsen, baß es in Europa nicht so bleibe» könne. Der Völkerbund mache auf diesem Gebiet nützliche Vorarbeit. Die Reparations- und Wirtschaftsfrage stehe in engstem Zusammenhänge. Ich glaube, so erklärte der Minister, daß wir schon die Vorarbeit für die große Frage der deutschen Reparationspflicht sehen. Entscheidungen werden wohl im nächsten Herbst fallen.

DerFriedenswille" Polens

Pole« mit seine« Militärausgaberr an der Spitze Europas.

TU. Warschau, 20. Slpril. Di« Beratungen des polnischen MilitärhanshaltS in dem Haushaltsausschuß des Sejm mußten wegen einer Erkrankung des Marschalls PtlsndSki vorläufig verschoben werden. Der sozialistischeRobotnik" nimmt in einem längeren Artikel gegen den Militärhaus­halt Stellung und rechnet auS, daß die Militärausgaben im laufenden Jahre zwei Siebtel des gesamte» Haushalts ausmachten. Polen stehe mit seinen Militärausgaben an der Spitze Europas und wahrscheinlich auch der ganzen Welt. TS entstehe der Eindruck, daß Polen seine angebli­chen Friedensbemühungen nicht ernst nehme.

Die polnisch-litauischen Beziehungen

Die polnische Abordnung für die Ausschußvcrhandlunge« mit Lita«e» nach Berli« abgereist.

TU. Warscha«, 20. April. Die polnische Abordnung für die polnisch-litauischen Ausschutzverhandlnnge» ist am Don­nerstag abend nach Berlin abgereist. Die Abordnung be­steht aus dem Letter der Ostabtetlung tm Außenurinisterium Holowko als Letter des Ausschusses für Nichtangriffsfra­gen und Graf Tarnowskt für den Lokalverkehrsausschuß. Der Letter des dritten Ausschusses für dte Verkehrsfragen, Szumlakowski, wird sich direkt von Rom nach Berlin be^ geben. _

Die Aktion Japans in China

Das erste japanische Kanonenboot mit Truppen in Zindao

eingctrosfe».

TU. Peking, 20. April. In Zindav ist das erste japa­nische Kanonenboot eingetroffen, das 100 Marinesvldaten landete. Die Truppen sind nach Mulden abtranöportiert worden, ivo sie den Schutz der südmanschurischen Eisenbahn übernehmen sollen. General Tschangtsolin beschloß, die Ent- sendnng der japanischen Truppen nach Mulden mit der Verhängung des Kriegszustandes über Mulden zu beant­worten. Man erwartet Zusammenstöße zwischen chinesischen und japanischen Soldaten.

Die ganze mandschurische Bahn in japanischen Händen.

TU. Peking, 20. April. Die japanische Gendarmerie hat die Bahnlinie Mntden-Autum besetzt, sodaß sich nunmehr die ganze siidmanschnrische Eisenbahn in Händen der Ja­paner befindet. Aus Schimouoseki sind weitere japanische Truppentransporte nach Tdiren unterwegs.

Eiliscndnng weiterer japanischer Truppenmengeu

TU. London, 20. April. Im japanischen Außenministe­rium fand nach Meldungen ans Tokio gestern eine wichtige Besprechung statt, zu der auch die Marine- und Militärsach- verstündigcn zugezogen worden waren. Einstimmig wurde beschlossen, größere Truppenmengen nach Schantnng zu ent­senden, wenn sich die Lage dort weiter verschlimmern sollte.

Zum Oberbefehlshaber des japanischen Divisionskorps in China hat der Kaiser den Generaladjutanten Jamada er­nannt. Ministerpräsident Tanaka äußerte der Presse gegen­über, daß Japan zn dem Zug nach Nordchina gezwungen worden sei. Japan verfolge keinerlei territorialen Ziele. Die Regierung werde ihre Truppen aus China nicht vor der Erfüllung der gerechten Forderungen zurückziehen. Wen« auch in Sttdchina die japanischen Interessen bedroht werde« sollten, werde die Regierung auch dorthin Truppen ent. senden.

Sieg General Kengs am Gelben Fluß.

TU. Loudou, 20. April. Wie ans Peking gemeldet wird, hat General Feng ain Gelben Fluß eine 20000 Mann starke Armee des Generals Sunteuanfaug geschlagen und die Stabt Tsintn eingenommen. Die Armee» SunteuanfangS und Tschaiigtsnntschangs befinden sich auf dem Rückzug.

Aus aller Welt

Die Pariser Groß Markthalle eiugestürzt.

Ein Teil der Pariser Großmarkthalle stürzte während de- lebhaften Geschäftsbetriebes in den Vormittagsstunden ei». Mauer- und Kvnstruktionsteile verschütteten zum Teil die umliegenden Kaufstände. Nach den ersten Untersuchungen er­gab sich, daß nur die Inhaberin eines Marktstandes mit i» dte Tiefe des Gefrierkellers gerissen wurde, wobei sie leichte Hautabschürfungen davontrug. Der Einsturz wurde dadurch verursacht, daß in vier unterhalb der Halle gelegene» Keller» die Stützpfeiler unterwaschen wurden, sodaß an einigen der gefährdeten Stellen der Boden mit den darauf befindliche« Ständen nachgab.

Hochwasser im Altai-Gebiet.

Wie aus Moskau berichtet wird, sind im Altai-Gebiet 24 Dörfer überschwemmt. Der Bahnkörper wurde an ver­schiedenen Stellen unterspült. Eine genaue Feststellung der Zahl der Opfer war bisher unmöglich, da sogar die Dächer der Häuser überflutet sind und das Hochwasser noch i«il Steigen begriffen ist.

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