!
Vermachtes
Karl Hau wir- Mlmschauspicler. Wie zu erwarten war, hat sich nunmehr auch die Filmindustrie der Zuchthauserlebnisse Karl Haus bemächtigt. Eine Berliner Filmgesellschaft beabsichtigt, einen Film herzustellen, der die Zuchthauszeit des einstmals zum Tode Verurteilten eingehend behandelt und in dem Karl Hau persönlich die Hauptrolle spielen wird. Man sieht: trotz jahrelanger Abgeschlossenheit vom Getriebe der großen Welt hat der amerikanische Rechtsanwalt von seiner Geschäftstüchtigkeit nichts eingebüßt. Hoffentlich macht aber die deutsche Behörde dem Unfug ein Ende.
Entwichener Raubmörder festgenommen. Ein aus einer Strafanstalt im Württemebrgischen entwichener 27 jähriger Torfarbeiter aus Mittelfranken wurde in Ludwigshasen sest- genommen. Er hat eine lebenslängliche Zuchthausstrafe wegen Raubmordes zu verbüßen.
Bei Betriebseinschränkungen keine fristlose Entlastung. Ein
Arbeitgeber hatte mit seinen Arbeitnehmern vereinbart, daß ihm bei Mangel an Arbeit oder bei notwendig werdender Betriebseinschränkung die Möglichkeit gegeben sein sollte, das Arbeits-Verhältnis fristlos zu lösen. Das Landgericht Karlsruhe hat sich am 12. Juli 1925 auf den Standpunkt gestellt, daß diese Vereinbarung nicht gültig sei, weil sie dem Z 122 der Gewerbeordnung zuwiderlaufe, wonach die Kündigungsfristen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber die gleichen sein müßten. Der Arbeitgeber wurde verurteilt, den fristlos Gekündigten den Lohn für die ganze Kündigungsfrist nachzuzahlen. Trotzdem kann sich der Arbeitgeber natürlich gegen derartige Fälle schützen, nur muß er dann vereinbaren, daß bei Arbeitsmangel die gegenseitigen Kündigungsfristen in Wegfall kommen.
Wildwest in Berlin. In dem Berliner Vorort Westend wurde in der Nacht zum Donnerstag ein im Erdgeschoß wohnendes Ehepaar durch das Klirren einer Fensterscheibe geweckt. Im nächsten Augenblick flammte das elektrische Licht aus und die beiden Eheleute sahen sich zu ihrem Schrecken zwei Männern gegenüber, die ihnen Pistolen entgegenhielten. Während die Eheleute in den Betten liegen bleiben mußten, durchsuchten die Räuber das Zimmer und verschwanden wieder durchs Fenster, nachdem sie etwa 1000 Mark bares Geld und Schmucksachen zu sich gesteckt hatten.
Ein versunkenes Dorf im Jadebusen entdeckt. Im Jadebusen wurde unter Ackerland der Rest eines versunkenen Dorfes tdeckt, dessen Grund auf einer Moorschicht ruht. Wahrscheinlich handelt es sich um das Dorf Miste, das im Jahre 1511 bei einer Sturmflut versank.
Flng über den Brenner. Ildet, der kürzlich den Großglockner und den Groß Venediger mit seinem Udet-Flamingo auf einem Flug von Graz nach München überflog, führte einen neuen Alpenflug aus. Nachdem er bereits am Dienstag mit seiner kleinen Maschine versucht hatte, von Innsbruck aus über den Brenner zu fliegen, infolge heftigen Schneesturms aber wieder nach Innsbruck zurückkehren mußte, startete er am Mittwoch neuerdings zu einem Flug über den Brenner. Trotz des ungünstigen Wetters — es herrschten Schneesturm und Regenböen — gelang es Udet, von Innsbruck aus in zwei Stunden über den Brenner nach Verona zu fliegen. Gestern startete Udet in Verona zum Weiterflug nach Rom, wo augenblicklich Flug-Veranstaltungen stattfinden.
Zwei Flugzeuge über den Alpen ahgestürzt. Zwei italienische Wasserflugzeuge, die mit sieben Personen besetzt waren, gerieten auf der Fahrt von Zürich nach Italien im Grenz- gebirge des Splügen in Nebel und Sturm an eine Felsenwand und stürzten ab. Ein Flugzeug stürzte vollkommen zertrümmert auf die 2200 Meter hohe, mit Neuschnee bedeckte Splügenhöhe. Der andere Apparat ist minder stark beschädigt. Von den Insassen wurden drei Personen schwer, zwei leicht verletzt, zwei kamen unversehrt davon.
Der Einbruch in die Memminger Hütte. Am 13. Oktober wurde von zwei Burschen in die in der Passeier-Gruppe gelegene Memminger Hütte eingebrochen. Die Burschen, die von Deutschland nach Italien wandern wollten, hatten es sich in der Hütte bequem gemacht, sie kochten ab und genierten sich auch nicht, als sie von einem Jäger, der zufällig vorbeiging und ihr Treiben bemerkte, gestellt wurden. Aber erst in Zams konnten die zwei Landstreicher angehalten und verhaftet werden. Die gestohlenen Sachen, «hauptsächlich Lebensmittel und alpine Ausrüstungsgegenstände, wurden ihnen abgenomnren. Die Sektion Memmingen des D. u. Oe. A.-V. hat aber immerhin durch den unerwünschten Besuch der zwei Burschen einen beträchtlichen Schaden erlitten. Nun standen die zwei jugendlichen Einbrecher — sie hießen Rudolf Jaskulski und Hermann Makovich und scheinen aus Oberschlesien zu sein — vor dem Einzelrichter. Sie gaben an, durch die Arbeitslosigkeit im Reiche zur Auswanderung gezwungen zu sein: ohne Geld und Proviant hätten sie die Reise nach Italien zu Fuß angetreten; in Reutte hätte man
ihnen gesagt, sie würden über das Gebirge raschestens in das Jnntal kommen; auf dem Wege über das Joch kamen sie zur Hütte und erschöpft, wie sie waren, wollten sie in ihr Zuflucht suchen und sich für den Weitermarsch mit den dort Vorgefundenen Lebensmitteln eindecken. Dies taten sie allerdings in einer Weise, daß die Lebensmittel gleich für eine Kompagnie gereicht hätten. Die Strafe lautete auf je zwei Monate Kerkers; außerdem wurde die Landesverweisung ausgesprochen. Einen alpinen Notstand, den die zwei Burschen geltend machen wollten, hielt der Richter nicht für gegeben.
Französische Kultur. In dem Dorfe Dalem in Lothringen hatte sich nach dem Kriege ein Sattler niedergelassen. Er ging zuerst seinem Berufe nach, bis er durch die Bekanntschaft mit einer bei der französischen Behörde einflußreichen Dame zu Höherem berufen wurde. Diese Dame brachte es in kurzer Frist fertig, daß der Sattler in Dalem zum Volksschullehrer der gleichen Ortschaft ernannt wurde. Anfangs machte die Einwohnerschaft zu diesem ungewöhnlichen Spiel gute Miene, bis das Verhalten des neuen Lehrers ihr weiteres Schweigen unmöglich machte. Der Sattler benahm sich nämlich in der Volksschule direkt herausfordernd und gewissenlos. Er erzählte den Kindern, die Lehre von Gott, Himmel und Hölle sei ein Unsinn, sein Himmel sei der Mund, sein Gott der Magen. Selbst vor den schlimmsten Gemeinheiten scheute der Sattler-Lehrer nicht zurück. Eines Tages stellte er den Kindern die Frage: „Welches Tier gibt Milch?" Als die Kinder die Kuh, die Ziege usw. nannten, erklärte der „Volkserzieher": Das sind nicht alle, es gibt noch eine, und so weiter. Das war den Einwohnern denn doch zu viel. Zudem stellte sich der Lebrer Sonntags in Hemdärmeln und Holzschuhen und mit einer Hacke in der Hand vor das Haus, um so den Kindern zu zeigen, wie wenig er aus den Sonntag halte und daß er Sonntags arbeite. Die Einwohnerschaft erstattete Anzeige, eine Untersuchung stellte die Tatsachen fest. Der Lehrer wurde aus der Gemeinde trotzdem nicht abberufen. Nun setzte ein Schulstreik ein. 70 -Familienväter forderten die Abberufung des Lehrers. Die Schulbehörde griff endlich ein, aber nicht, um dem Lehrer zu bedeuten, er möge wieder zu seinem Sattlerhandwerk zurückkehren, nein, sie versetzte den Sattler-Lehrer nach Bonzonville. Als der Gemeinderat von Bouzonviell protestierte, erklärte die Schulverwaltung, die Ernennung sei nicht mehr rückgängig zu machen.
Die wild gewordene Kuh. Im „Journal de Geneve" wird folgende kleine Geschichte erzählt: Auf der unterhalb des Dorfes Cartigny gelegenen Rhonehalbinsel von Bonne ist kürzlich eine junge Kuh derart vom Freiheitsdurst berauscht worden, daß sie weder mit List noch mit Gewalt wieder in den Stall zu bringen war und auf ihrer Flucht sogar eine Gefährtin mit sich riß. Ms die guten Leute von Cartigny des Tieres schließlich dadurch habhaft zu werden suchten, daß sie es von der Landseite her umzingelten und gegen die Rhone trieben, stürzte es sich beherzt in die Fluten nnd durchschwamm den Strom, um samt seiner Gefährtin glücklich das andere Ufer bei Russin zu gewinnen. Darauf setzt sich ganz Cartignz aufs Rad und fährt nach La Plaine zur nächsten Rhonebrücke hinunter. Die dortigen Uferfelsen erkletternd, hofft man so endlich die störrische Kuh in seine Gewalt zu bringen. Diese aber, kaum daß sie sich von der Seite her bedroht sieht, verlegt sich neuerdings auf Schwimmen und gelangt so zum zweitenmal durch die Rhone auf ihren alten Weideplatz zurück. Dort wird es aber ihrer Gefährtin zu viel, die erschöpft zusammeubricht und sich widerstandslos einfangen läßt. Nicht so unsere aus-gerissene Kuh, die keineswegs ans Kapitulieren denkt, sondern sich während vierzehn Tagen wie ein wildes Tier Herumtrieb und jeden, der sich ihr zu nähern versucht, mit den Hörnern droht. Um die Rebellin endlich festzunehmen, muß das ganze Dorf mobilisiert werden und mit Stangen und Seilen bewaffnet werden. An einem schönen Sonntag, nachdem erst die Kinder in Sicherheit gebracht worden sind, macht sich die ganze Karawane auf den Kriegspfad, um schließlich, unter Anwendung von Jndianer- listen. das Tier im Triumphe einzubringen.
Kindertragüdie. In der slowakischen Ortschaft Kremnitz hat sich vor einigen Tagen der Schüler der siebten Klasse des Realgymnasiums Eugen Moro auf dem Boden erhängt. Der Knabe las mit großer Vorliebe phantastische Romane und so kam auch ein Buch in seine Hand, in der davon die Rede war, daß erhängte Leute zum Leben erweckt werden können. Dies wollte er am eigenen Leib ausprobieren, schlich sich auf den Boden, legte sich einen Strick vorsichtig um den Hals, um sich im Notfälle zu befreien, aber als er den Sessel unter seinen Füßen wegschob, legte sich ibm die Schlinge derart fest um den Hals, daß er nicht mehr gerettet werden konnte, trotzdem man ihn noch lebend von dem Strick abschnitt.
Handel and Verkehr'
Calw, 11. Nov. (Viehmarkt.) Zufuhr 234 Stück Rindvieh,
25 Ochsen, 45 Stiere, 96 Kühe, 35 Kalbinnen, 33 Rinder. Erzielt wurden für Ochsen 1480—1500, Stiere 1000—1200, Kühe 300—500, Kalbinnen 400—500, Rinder 230—280 Mark. Zutrieb auf dem Schweinemarkt: 129 Läufer, 320 Milchschweine. Erzielt wurden für Läufer 95—180, Milchschweine 53—88 Mark je das Paar. Wogen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche m den Nachbarbezirken, waren für die Zufuhr alle sanitären Vorbeugungsmaßregeln getroffen. Pferde waren nicht zugeführt.
Pforzheim, 11. Nov. (Schweinemar-kt.) Zufuhr: 12 Läuferund 21 Milchschweine. Verkauft wurde das Paar Läufer zu 75—110 Mark, Milchschweine das Paar zu 50—55 Mark. Der Handel war leibhaft. Der Schweinemarkt findet wieder regelmäßig jeden Mittwoch auf dem Kappelhofplatz statt.
Wirtschaftliche Wochenrundschau.
Börse. Die Börse lag im ganzen auch in dieser Woche schwach. INamentlich die ungünstige Beurteilung unserer Wirtschaftslage ließ die Börse weiter verflauen. Die Zunahme der Zahlungseinstellungen und die daraus resultierenden Konkurse und Geschäftsaufsichten bilden ein sicheres Barometer für den Stand unserer Wirtschaft. Besonders verstimmte der ausgebrochene deutsch-spanische Zollkrieg. Die Erhebung eines HOprozentigen Aufschlags auf deutsche Waren durch Spanien bedeutet den fast völligen Ausschluß der deutschen Produkte von den spanischen Märkten. Unter dem Eindruck dieser Baissemomente kamen die günstigeren Anzeichen, wie der Abschluß eines Handelsabkommens mit Italien und mit der Schweiz trotz verschiedener Versuche an der Börse nicht zum Durchschlag. Die Unsicherheit über die politische Lage war ebenfalls ein Druckmoment. So hielt sich die Nmsatztätigkeit an der Börse in engsten Rühmen. Schon das kleinste Material genügte, um die Kurse empfindlich zu beeinflussen. Man kann fast von einem Zerfall des Kassamarktes reden. Viele Aktien gelangen gar nicht mehr zur Notierung.
Geldmarkt. Die Geldmärkte zeigten weitere Entspannung. Die Geldsätze sind nach Ultimo wieder zurückgegangen. Tagesgeld stellte sich auf 8—10 Prozent, Monatsgeld auf 10—11 Prozent. Die Banken haben sich mit Geld reichlich versorgt, da sie aus Mitte November die ihnen von der Rentenbank geliehenen Kredite in Höhe von 60 Millionen Reichsmark zurückbezahlen müssen. Dagegen wird die Landwirtschaft zur Zeit nicht in der Lage sein, ihre kurzfristig eingegangenen und jetzt fälligen Verbindlichkeiten von insgesamt etwa 500 Milk. Mark abzudecken, solange sie nicht ihre neue Ernte, von der der Großhandel ihnen nur wenig abgenommen hat, abgesetzt hat. Trotz des günstigeren Börsengeldmarktes ist die allgenieine Geldmarktslage bei der für das Gros der Wirtschaft weiterbestehenden Geld- und Kreditnot unbefriedigend. Die Kapitalbildung im Inland läßt noch sehr Zu wünschen übrig.
Produkten m arkt. Die Produktenmärkte waren ziemlich gefchäftslos. Die Preisschwankungen an den Weltgetreidemärkten hielten auch in dieser Woche an. An der Stuttgarter Landesproduktenbörse blieben Heu und Stroh mit 714 bezw. 514 Mark Pro Doppelzentner unverändert. An der Berliner Produktenbörse notierten Weizen 224 (N 1 ), Roggen 138 (—4), Winter- und Futtergerste 160 (—1), Sommergerste 208 (—2), Hafer 169 (—2) Mark je Pro Tonne und Mehl 3114 (unv.) Mkk.
Warenmarkt. Die Warenmärkte leiden beträchtlich unter den Folgen der Kapitalnot, die immer neue Zweige ergreifen. Namentlich in der Textilwirtschaft ist die Lage bedrohlich geworden; die Zahlungseinstellungen haben sich erschreckend vermehrt. Kleineren Geschäften und Betrieben ist es so gut wie unmöglich, Kredite zu bekommen, während mittlere und größere Betriebe sich, wenn auch mit Mühen gegen mehrfache Sicherheiten Gelder verschaffen können. Die Großhandelsindexziffer der letzten Woche ist um 1,5 Prozent auf 120,7 zurück- gogangen. Entsprechend dem Rückgang der Mehlpreise haben auch die Bäcker sich entschließen müssen, die Brotpreise zu ermäßigen.
Vieh mar kt. An den Viehmärkten ist die Lage von Markt zu Markt schwankend. An den letzten Schlachtviehmärkten war der Zutrieb etwas stärker geworden und die Preise haben etwas nachgegeben.
Holzmarkt. Bei dem schlechten Stand der Schnittwarenpreise halten sich die Sägewerksbesitzer als Käufer auf den Rundholzmärkten sehr zurück. Die letzten Rundholzverkäufe ergaben in Württemberg durchschnittlich etwas über 130 Prozent der Landesgrundpreise, doch blieb der Umsatz sehr klein.
In dem CentrahTheater Pforzheim, Leopoldstraße, gelangt
auf vielseitigen Wunsch nochmals das große deutsche Filmwerk „Fridericus Rex", ein Königsschicksal, zur Aufführung. Der 1. und 2. Teil gelangt ab heute Samstag, den 14. ds., zur Aufführung, der 3. und 4. Teil ab Samstag, -den 21. ds. Jugendliche haben zu halben Kassenpreisen in der ersten Nachmittagsvorstellung Zutritt.
' - ' -c
Roman von Fr. Lehne.
39. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
„Warum drängen Sie so, gnädiges Fräulein?" fragte Doktor Jvers, „ich bin untröstlich, daß ich den Damen mit nichts dienen kann! Mein Wettermantel hängt daheim in guter Hut!"
„Bitte, laßen Sie uns dennoch den Versuch machen zu gehen, Herr Doktor, ich bin so voller Unruhe — ich habe Pflichten zu erfüllen!"
Als Arzt kann ich es eigentlich nicht verantworten, Ihretwegen, gnädiges Fräulein!"
„O, ich bin abgehärtet, und sollte ich dennoch krank werden, werde ich Sie konsultieren, Herr Doktor," sie zwang sich zu einem Lächeln, „komm, Christa, — ich bitte dich!"
Sie hüllte die Prinzessin in den langen Regenkragen, legte ihr ein Taschentuch um den Hals und die Kapuze über den Kopf - so mar Christa wenigstens vor der Nässe geschützt.
Mit kaum verminderter Gewalt strömte der Regen hernieder. wenn auch das Emitter sich verzogen hatte. Die Bäume gewährten kaum Schutz. Ewendoline triefte vor Nässe; die dünne, weiße Bluse klebte förmlich an ihrem schönen, kräftigen Oberkörper. Doch sie achtete nicht auf sich — ihre ganze Sorge gaU der Prinzessin, diesem zarten, verwöhnten Wesen, das merkwürdigerweise dieses Regenwetter mit strahlender Laune aufnahm.
„Herr Doktor, wir sind jetzt bald am Ziele! Bitte, lassen Sie uns allein weitergehen!" sagte Ewendoline, unter einem breitästigen Baum stehen bleibend, indem sie ihm verabschiedend die Hand reichte.
Er bat um ein Wiedersehen. Flehend sah Christa auf die Freundin: „Bestimme du!"
„Ich weiß doch nicht, Christa, wie morgen das Wetter ist und ob wir wieder Erlaubnis bekommen," versetzte sie zögernd. Es ging doch nicht, was Christa sich da in ihrem romantischen Sinn ausmalte. Was sollte denn werden, wenn die Prinzessin-Mutter zurückkam?
„Wir werden Ihnen schreiben, Herr Doktor. Meine Adresse ist Ewendoline Reinhardt. Sollten Sie uns etwas mitzuteilen haben, schreiben Sie mir, bitte, postlagernd. Es sind da so verschiedene Mütter und Tanten — Sie verstehen!"
Ewendoline ging schon wieder weiter, von ihrer Unruhe getrieben. Verstohlen küßte Dr. Jvers Maria Chri- stinas Hand zum Abschied.
Die Prinzessin gab es auf keinen Fall zu, daß Ewendoline sich vor Villa „Waldflucht" verabschiedete. Sie mutzte mit ihr, durchnäßt wie sie war.
Händeringend empfing Gräfin Limbach die jungen Mädchen.
„Hoheit, ich bin beinahe gestorben vor Angst! Mein Gott, mein Gott," jammerte sie, „und wenn Hoheit zurückkommen — wie soll ich vor Hoheit bestehen!"
„Mama kommt aber doch noch nicht!" Maria Christin« wurde ein wenig ungeduldig: diese ewigen Lamentationen langweilten sie allmählich.
„Verzeihung, Hoheit, daß ich widersprechen mutz! Doch ein Telegramm meldet Hoheits Ankunft für heute abend!"
Da erlosch jäh aller Glanz in Maria Lhristinas Gesicht. „Heute abend!" murmelte sie und dachte, morgen würde sie ihn nicht sehen können! Ihre blassen Lippen lächelten müde.
„Meine gute Gräfin, wir werden eben Mama nichts von dieser Eskapade sagen, die mir — ich darfs wohl behaupten — sehr gut bekommen ist. Besser cus meiner lieben Baronesse! Sie haben gar keine Ahnung von dem erhabenen Schauspiel der entfesselten Naturgewalten hier von Ihrem „sicheren Hafen" aus!" Eine kühle, etwas hochmütige Abwehr klang aus ihrer Stimme. Dann faßte sie Ewendoline unter dem Arm.
„Kommen Sie, meine Liebe, damit Sie endlich trockene Kleidung auf den Körper bekommen. Ich lege mich inzwischen auf ein halbes Stündchen, damit ich frisch bei Mamas Ankunft bin."
Mit Hilfe Maria Christmas Jungfer, die sie trocken rieb, zog sich Gwendoline vollständig um. Feinste Batrist-
wäsche und ein zartgrünes Eoliennekleid lagen für sie bereit.
„Ich Habs nur einmal getragen, Liebste, mache mir dis Freude und trage es zum Andenken an heute!" Maria Christin« ließ Ewendolines Einspruch nicht gelten. Sie ruhte, in ein bequemes seidenes Hausgewand gehüllt, auf dem Diwan und ließ sich von der Freundin Tee reichen.
„Die gute Limbach geht mir manchmal auf die Nerven. Könntest du immer um mich sein!"
Christas Gedanken arbeiteten unablässig. In nervösem Spiel bewegte sie die Ringe an ihren Fingern, schob sie auf und ab, lächelte vor sich hin und zog dann wieder die Stirne kraus.
„Ewendoline, wenn er nun morgen wieder da ist und wartet," sagte sie plötzlich, „und er wird warten, ich weiß es genau, weil er denkt, ich komme doch — und ich kann nicht zu ihm!" In leisem Klagen klang ihre Stimme, und erwartungsvoll fragend, bittend, sah sie die Freundin an.
„Ich werde gehen, damit er nicht wartet!"
Lebhaft nahm die Prinzessin Gwendolines Hände. „Ja, gehe! Auf jeden Fall gehst du morgen nach Tisch wieder nach der Wiese, und sage ihm, daß — nein, nichts! Und auch nicht, wer ich bin! Gib mir dein Wort! Ich selbst will es ihm sagen, du nicht — versprich mir!"
Ewendoline kniete vor ihr; sie legte ihre Lippen auf Maria Lhristinas Hand.
„Alles will ich für dich tun, Christa, alles! Aber mir ist so bang um dich — was soll werden?"
Mit einer heftigen Bewegung richtete sich die Prinzessin auf. „Warum fragst du mich und willst mich in meinem schönen Traum stören? Rühre doch nicht daran! Wie seid ihr Menschen so grausam! Keiner versteht mich! Weißt du denn, Gwendoline, was Liebe ist?"
„Das Höchste und Heiligste im Leben, das Veseeligendsts und Schmerzvollste, ich weiß es wohl, Christa! Aber du?"
„Ah, lasse mich! Das Beseeligendste und das Schmerzvollste — ja, du hast recht!"
Gräfin Limbach kam herein, um Ewendoline an das Fortgehen zu mahnen.
(Fortsetzung folgt.)
j
>
.!
Vagen, !
Koffern,
poriemon
llenn.