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enthaltsort desselben wollen dem hiesigen Schdlt- heißenamt gemacht werde«.

Ulm, 9. Sept. Einen schlauen Trik wandte der Bauschreiber Wilhelm Schnell an, um zu Geld zu kommen. Er gab sich an verschiedenen Orten für einen im Urlaub befindlichen Beamten aus, der seine Geldbörse verloren hat und nun in Verlegenheit wegen deS Heimfahrens sei. So be­schwindelte er am 30. August einen Oberlehrer in Aalen, dann einen Wirt und einen Geistlichen hier in Ulm. Jedesmal legte er sich die Eigenschaft eines Revifionsasfistenten in Ludwigsburg zu und erhielt in jedem Falle die erbetenen 5 Darlehen zur angeblichen Heimfahrt. Da Schnell schon wegen solcher Schwindeleien vorbestraft ist und auch gegen­wärtig eine Gefängnisstrafe absitzt, wurde ihm von der hiesigen Ferienstrafkammer eine Gesamtstrafe von 1 Jahr 6 Monaten zuerkannt.

Homburg, 9. Sept. Heute Morgen 11 Uhr fand in Anwesenheit des Kaiserpaares, des kron- prinzlichen Paares, der fürstlichen Gäste aus Bayern, Baden, Rußland, England, Dänemark u. s. w. im Homburgcr Kurgarten die Enthüllung des Denkmals Kaiser Wilhelms I. statt. Der Entwurf des Denkmals stammt von Professor Fritz Gerth, einem geborenen Wiesbadener, der in Rom lebt. Es ist ein über 3 Meter hohes Standbild und steht auf einem hohen Sockel. Die Abfahrt des Kaiserpaares zur Parade nach Koblenz erfolgt Sonntag Nachmittag 6 Uhr.

Berlin, 9. Sept. Landwirtschaftswinister von PodbielSki hatte gestern mit den Vorstands­mitgliedern des deutschen Fleischerverbandes eine längere Besprechung über die augenblickliche Lage des Vieh- und Fleischmarktes, in welcher er erklärte, daß das Angebot von Schweinen an den größeren preußischen Viehmärkten in den Monaten Juli und August noch nicht um 10°/» zurückgegangen sei. Eine solche Produktions-Einschränkung sei aber nicht zu vermeiden. Bezüglich der Möglichkeit, Schweine aus dem Auslande einzuführen, führte ein Geheim­rat deS Landwirtschaftsministeriums, der der Unter­redung beiwohnte, aus, daß Dänemark einen festen Export nach England habe, den es nicht aufgeben werde. Die Tuberkel-Impfung und Quarantäne bei den dänischen Rindern bezeichnete er als belang­los für die Einfuhr. Minister von Podbielski betonte wiederholt, die Aufhebung deS russischen Schweine-Kontingents und die Oeffnung der hollän­dischen Grenze erwägen zu wollen und dem Reichs­kanzler darüber Vortrag zu halten.

Berlin, 9. Sept. Der auf der Fahrt nach Ostafrika befindliche deutsche Kreuzer Seeadler" geriet bei Singapore auf ein Felsenriff.

Berlin, 9. Sept. Dir Abberufung des Generals von Trotha vom Oberkommando in Deutsch-Südwestafrika steht für Mitte November bevor. Zu diesem Termin ist das Eintreffen des

Gouverneurs von Lindequist in der Kolonie zu erwarten. Der neue Gouverneur hat durchgesetzt, daß der Truppenkommandant ihm untergeordnet wird. General von Trotha weigerte sich, unter den Befehl des sehr viel jüngeren neuen Gouverneurs zu treten. Ein mit dem Range eines Brigadekom­mandeurs ausgestatteter Offizier wird das Truppeu- Kommando in Südwestafrika erhalten. Die Ent­scheidung über diese Persönlichkeit ist noch nicht gefallt.

Berlin, 9. Sept. Vom 8. bis zum 9. September mittags sind im preußischen Staat 19 Erkrankungen und 7 Todesfälle an Cholera neu gemeldet worden. Von den Erkrankungen ent­fallen auf die Kreise Rastenburg 1, Marienburg 1, Graudenz 5, Marienwerder 4, Stuhm 1, Rosen- bsrg 1, Samter 1, Wirfitz 1, Filehne 2, Bromberg Land 1 und Gnesen 1. Von den bisher gemeldeten Erkrankungen haben sich 3 nicht als Cholera heraus­gestellt. Die Gesamtzahl der Erkrankungen und Todesfälle beträgt bis jetzt 139 bezw. 46. Eine neue Stromüberwachungsstelle ist errichtet worden in Vordamm an der Netze.

Rorschach (Schweiz), 9. Sept. Infolge der Gewalttätigkeiten gegen auswärtige Arbeiter ist über die hiesige Stadt der Belagerungs­zustand verhängt worden. Die Stadt wurde heute Samstag früh 2V- Uhr durch Truppen be­setzt. Die Zahl der Aufrührer beträgt über 1000. Die Fahrkartenabgabe an sämtlichen schweizerischen Stationen nach Rorschach an Arbeiter ohne Aus­weis wird absolut verweigert.

Rom, 9. Sept. Die Nachrichten aus dem vom Erdbeben heimgesuchten Gebiete be­richten von furchtbaren Verwüstungen. In Stefanoroni find 100 Personen getötet, in PiScopio 50, in Triparni 60. Die ge­nannten Ortschaften sind, völlig zerstört. In San Gregorio wurden 65 Tote gezählt, in Mileto 11 Tote und 200 Schwerverletzte, in Pizzo 4 Tote und mehrere Verletzte. DaS Dorf Zammero ist fast völlig zerstört, ebenso Zungri und Cersantini, wo die Zahl der Opfer noch nicht festgestellt ist. In Bratico, San Leo, San Constantino, Conidoni, welche gleichfalls zerstört find, verloren 50 Menschen das Leben, in Spilinga 1. Auch in Santonofrio find zahlreiche Opfer der Katastrophe. Fast alle Häuser dieser Dörfer, so­weit sie noch stehen, drohen mit Einsturz.

Rom, 9. Sept. Dir Opfer der süd­italienischen Erdbebenkatastrophe betragen nach den letzten Meldungen 2000 Tote und 10000 Verwundete.

Rom, 9. Sept. Aus Catanzaro wird über das Erdbeben gemeldet: Die Ortschaften Boroza, Bolivadi, Filadelfia find beinahe vollständig zer­stört. Die Häuser find entweder eingestürzt oder dem Einsturz nahe. In allen diesen Ortschaften find Personen getötet worden, es ist jedoch noch nicht möglich, die genaue Zahl der Opfer festzustellen.

ster Stille sein Inkognito kannte;aber beichten soll er! ES müssen gewichtige Gründe sein, die ihm den Mund verschließen und ihn brauche ich gerade am not­wendigsten. Wiedenstein'» Hauptgläubiger habeich schon zu mir bestellt; es kann nicht schwer halten, ihn zu Sicherungsmaßregeln zu bestimmen, wenn ich ihm sage, daß die schöne Afra müde seiner Huldigungen, sich entschlossen habe, sofort die Stadt zu verlassen. Ich zeige ihm den Schein über die Wiedenstein geliehene Summe, von der er sicher keinen Gulden erhalten; er wird wild werden und keine Schonung kennen. Sitzt mein guter Freund erst fest, so bricht die Gesellschaft endlich ganz den Stab über ihn und jede Rücksicht wird überflüssig; die schöne Witwe aber wird vollständig isoliert sein, denn man vernachlässigt sie, seit sie ihre Liebe für den Grafen Sesto öffentlich im Theater deklariert und ihre übrigen Verehrer dadurch von sich entfernt hat; was sollte sie also noch abhalten, sich meinem Schutze anzuvertrauen, da sie ja fort will?"

Al» er eine Stunde später zum Hotel zurückkshrtr, sah er zu seiner Zu­friedenheit, wie Dagobert mit einem bekannten jungen SportSmann eine Droschke bestieg und davon fuhr, ohne ihn zu gewahren.

Wohin?" fragte er den in» HouS zurücktretenden Portier.

Nach Mauer! Der Herr Graf kehrt erst morgen zurück."

Lenissiwo! Ich habe dann noch Zeit genug, ihn nach seiner Rückk.hr zu instruieren," murmelte Blinke.So habe ich jetzt freie Hand und will meine Zeit benutzen.

Ein Her, wartet oben im Korridor schon seit einer halben Stunde auf Sie, Herr Baron," meldet« ihm der Portier.

Wer ist eS?"

Hm, rin Geldwechsler!" Er sprach dies« Namen mit Achselzucken.

Ah. mein Mann! Er ist prompt!"

In Mariano find 2200 Personen obdachlos. Im Gefängnis von Monte Leone find 8 Gefängniswärter schwer verletzt worden. In aller Eile find Aerzte, sowie eine Anzahl Zelte nach den von dem Erd­beben betroffenen Ortschaften abgegangen.

Rom, 9. Sept. Der König beschloß, die vom Erdbeben heimgesuchten Gegenden persönlich zu besichtigen. Der Papst sicherte die Absendung namhafter Unterstützungen zu. Auch die Zeitungen eröffnen Geldsammlungen. Messina hat durch das Erdbeben gleichfalls schwer gelitten.

London, 9. Sept. Wie aus Tokio depeschiert wird, laßt die Erregung der Bevölkerung dort nach. In der Nacht zum Donnerstag fanden jedoch noch viele Kämpfe zwischen Polizei und dem Pöbel statt.

Warschau, 9. Sept. Gestern abend find in der Stadt und ihrer Umgebung drei Polizisten ermordet und zwei verwundet worden. Gestern ist der Sozialistenführer Kasprlk hin­gerichtet worden.

Petersburg, 9. Sept. In der Um­gegend von Schuscha dauern die blutigen Zu­sammenstöße zwischen Armeniern und Ta­taren fort und nehmen bedrohliche Dimensionen an. Der größte Teil der Stadt Schuscha ist völlig niedergebrannt. In der Nähe der Station Schod- schaly haben sich die Armenier in einer alten kau- k afischen Festung verschanzt, die von den Soldaten belagert wird. Es kam zu einer regelmäßigen Schlacht, wobei es viele Tote und Verwundete gab.

Odessa, 10. Sept. Nach lOtägiger Ver- havdlung sollte das Kriegsgericht über 75 Meuterer vomPobjedonoszew" folgendes Urteil: 3 Matrosen wurde« zum Tode verurteilt, 10 zu lebenslänglichem Gefängnis, 33 erhielten Zuchthaus und der Rest wurde freigesprochen. Das Urteil wurde an Bord des Panzers vor versammelter Mannschaft verlesen. _

Amin M Erheltmg dllNMtrchtk«

in Schwabe«.

Vezirksverern Talw.

Anläßlich des am 21. September ds. IS. in Wildberg statlfindenden Schäferlaufs ist Heuer eine Trachte«schau für de« Lchwarzwaidkrei» mit Prämierung verbunden.

Die Mitglieder des Vereins, sowie die Trach­ten tragenden Leute (letztere namentlich zur Betei­ligung an der Prämierung) werden hiezu eingeladen.

Die Festteilnehmer in Trachten sollen um 10 Uhr in Wtldberg sein und sich beim Vorstand des Bezirksvereins Nagold, Hrn. Architekt Schitten- helm, melden.

Um geeignete Verbreitung dieser Einladung bitte ich die Herrn Vertrauensmänner und Herrn Ortsvorsteher gefl. besorgt zu sein.

Neubnlach, 9. September 1905.

Stadtschultheiß Müller,

. Vorstand des Bezirksvereins Calw.

Blenke fand einen ältlichen Herrn mit ausgeprägt scharfem Gesichte, de, sich ihm mit tiefen Verbeugungen präsentierte.

Ich mußte Sie einer Frage wegen belästigen," begann Blenke, nachdem er ihm einen Stuhl geboten hatte.Um kurz zu sein: Wie viel schuldet Ihnen Herr von Wiedenstein?"

Der Wucherer, ein gute» Geschäft vermutend, vielleicht erwartend, eine» Angehörigen der Familie Wiedenstein's vor sich zu sehen, der noch einmal geneigt schien, dessen Schulden zu bezahlen, nannte ihm eine Summe, die ihm Respekt vor Leo'S Talent eir. flößte, und fitzt zuckte auch er die Schultern.

Ich bedaure Sie!" rief er lachend.Ihnen diese Summe zu zahlen,

kann nicht in meiner Absicht liegen; aber das war mein Wunsch, Ihnen wenig,

stens eine Warnung zu geben, die Gelbe» wert ist. Herrn von Wiedenstein's

Beziehung zu Frau von Roihenhelm ist für immer gelöst; sie verläßt Wien,

um nimmer wiederzukehren, und er bereitet heimlich die Flucht vor seinen Gläubigern vor, da ihm gar keine Ressourcen mehr zu Gebote stehen. Ich hielt eS für meine Pflicht, Sie zu warnen und Ihnen den Rat zu geben: versichern Sie sich seiner Person; nur dadurch werden Sie seine Familie zu einer aber­maligen Intervention zwingen können!"

Mit fast brutalem Gesichte erhob sich der Wucherer.

Ist da« Alle», wa» Sir mir zu sagen beabsichtigen?" fragte er.

Alles!"

Ich dank« Ihnen, mein Herr! Was Sie mir sagten, ist mir al» vor­sichtigem Geschäftsmann nicht unbekannt. Morgen früh fitzt der Herr von Wiedenstein hinter Schloß und Riegel; bi» dahin folgt ihm schon einer meiner Leute auf Schritt und Tritt. Ich habe die Ehre, mich zu empfehlen!"

Blenke rieb sich zufrieden die Hände.

(Fortsetzung folgt.)