niedergebrannt. Die gesamten Erntevorräte find ein Raub der Flammen geworden. Auch von dem Mobiliar und Inventar konnte kaum etwas gerettet werden. Der Schaden ist sehr groß, da der Geschädigte nur ganz schlecht versichert ist. Itach zwei Stunden war von dem schönen Anwesen nur noch ein Trüm­merhaufen übrig.

ReutlüMN, 14. Seht. (Großes Schadenfeuer.) Am Sonn­tag vormittag brach im Paulinenhos Feuer aus. Die mit gro­ßen Vorräten gefüllte Scheuer und der «stall neben dem Wohn­haus fielen den Flammen zum Opfer. Das Vieh konnte ge­rettet werden. Die Feuerwehr mußte sich darauf beschränken, das stark gefährdete Wohnhaus zu retten. Man nimmt als Brandursache einen Blitzschlag an. Etwa 1600 Zentner Heu und Oehmd, die ganze Weizenernte und verschiedene Wagen sind dem Feuer zum Opfer gefallen, desgleichen eine neue Dreschmaschine mit Motor. Nur drei Wagen konnten gerettet werden. Die Besitzerin des Paulinenhofs, die Witwe Reifs, ist zwar versichert, dich dürfte ihr immerhin noch ein erheblicher Schaden entstehen. Durch Schaulustige ist nicht unerheblicher Flurschaden verursacht worden.

Sontheim OA. Münsingen, 13. Sept. (Wo ist der Zipfel?) Hier saßen fünf Bauern beim Bier und sprachen, wie der Albbote" berichtet, über die Aufteilung der Oberämter. Die Sontheimer tragen noch nach alter Sitte die schwarze Leder­hose, Wadenstrümpfe, Bundschuhe, das blaue Oberhemd, eines der bequemsten und Praktischsten Kleidungsstücke, die es gibt, und Kappen, an Lenen ein Zipfel herunterhängt. Sie machen sonst nicht viel Worte, aber diesmal wurden sie lebhafter als sonst und man merkte es ihnen an, daß ein uralter, ererbter Groll aus ihnen sprach. Die Zipfel der Kappen flogen wohl einmal bei einer raschen Bewegung des Kopfes herüber und hinüber. Da saß ein Stadtherr am Nebentisch, ein Schuster oder Schneider. Der mischte sich, auch in die Unterhaltung und versuchte seinen Witz an den Bauern, was eine gefährliche Sache ist. Also fragte er, Wie es die Sontheimer hätten, ob sie die Kappenzipfel auf der Seite trügen oder hinten. Und es sagte einer der Bauern:O, des ist wie beim Wetter: wie's fallt, so leit's (liegt's). Wenn aber der Herr sone Kappe ufsetze tät, no wär d'r Zipfel onte!"

Schwenningen, 14. Sept. (Diamantene Hochzeit.) Die diamantene Hochzeit konnte Flaschnermeister Johannes Mehne im Kreise seiner Familie zwei Töchter, fünf Enkel und fünf Urenkel feiern. Es waren 60 Jahre, daß der Jubilar mit Anna Maria, geb. Wahl, getraut wurde.

Mm, 14. Sept. (Die Reise um die Erde im Kraftwagen.) Samstag nachmittag gegen 4 Uhr lockte ein großes Automobil, Las auf dem Münsterplatz stand, eine große Menge Zuschauer heran. Es war eingeteilt in einen Wohn- und Schlasraum und aufs modernste eingerichtet. Der Besitzer, Dr. Ludwig Engels­mann mit Gattin und einem Chauffeur, wollen die Weltreise in zehn Jahren vollenden. Die Reise hat begonnen am 28. Okto­ber 1924 in Haag (Holland) und endet Januar 1935 in Berlin. Von hier aus fährt das Auto nach München, Wien, Salzburg, Budapest. Es handelt sich hierbei um eine große Wette.

Mettenberg OA. Biberach, 14. Sept. (Verhafteter Brand­stifter.) Karl Berk, der am 15. August die mit Garben und Leu gefüllte Scheuer seines früheren Dienstherrn Franz Josef Schmid in Mettenberg vorfätzlich in Brand gesteckt hat und seitdem flüchtig war, wurde ermittelt und dem hiesigen Amts­gericht übergeben. Berk ist geständig. Er hat sich bei Bauern im Oberamt Ehingen und Blaubeuren aufgehalten.

Blitzenreute O.A. Ravenburg, 14. Sept. (Großer Verlust.) Ein Pferd des Bauern Georg Eisele von Buchsee hatte Frei­lauf im Hofraum und sprang auf den Deckel eines Brunnen­schachtes. Die Dielen brachen durch und das Pferd fiel in den zirka sechs Meter tiefen Schacht. Dicke Heuseile und Ketten wurden unter großer Lebensgefahr dem Pferde hinter den Vorderfüßen um den Leib geschlungen. Mittels einer Roll­winde, von zwei Ochsen in Bewegung gesetzt, förderte man das Tier fast bis zur Oberfläche, als plötzlich die Seile und Ketten über die Vordersütze rutschten, so daß man genötigt war, das Pferd wieder hinabzulassen. Bis ein zweiter Aufzug zustande kam, war das wertvolle Tier am Verenden.

Neresheim, 14. Sept- (Schrecken als Todesursache.) Im hiesigen KaliwerkHärtsfeldwerke" ist der 40 Jahre alte Arbei­ter Josef Böß von Katzenstein, Besitzer eines kleinen land­wirtschaftlichen Anwesens, auf traurige Weise ums Leben ge­kommen. Durch das Herabstürzen eines Felsstückes im Stein­bruch wurde der äußerlich gesunde Mann, der auch lange Len Feldzug mitmachte, wahrscheinlich in augenblicklicher Befürch­tung der drohenden Gefahr, so erschreckt, daß er einen Schlag­anfall erlitt. Eine körperliche Verletzung konnte nicht festge- ftellt werden. In kurzer Zeit verlor er das Bewußtsein und im hiesigen Krankenhaus ist er tags darauf, ohne noch einmal zu sich zu kommen, gestorben.

Kupferzell OA. Oehringen, 14. Sept. (Großfeuer.) Heute nacht brach in mehreren Scheunen beim Marktplatz gleichzeitig Feuer aus, so daß mit Sicherheit Brandstiftung angenommen werden kann. Abgebrannt sind die Scheunen von Philipp Hörie, Schmiedmeister Friedrich Kühner, Sattler Fritz Stuben­voll, Taglöhner Leonhard Burger und Bäcker Friedr. Preunin- ger. Wegen Wassermangel waren die Löscharbeiten außer­ordentlich erschwert. Sie zogen sich den ganzen Vormittag über hin. Nachmittags ergriff das Feuer auch noch das Wohnhaus von Franz Kurz, ferner die Lchscnscheuer, die indessen noch rechtzeitig gelöscht werden konnte. In den meisten Scheuern lagerten große Vorräte. Hätte nicht Windstille geherrscht, so hätte der Brand bei der engen Bauweise des dortigen Viertels noch einen viel größeren Umfang angenommen. Die Abge­brannten erleiden trotz Versicherung einen erheblichen Schaden. In der Bevölkerung herrscht große Aufregung.

BadSN

Oos, .14. Sept. In der letzten Woche unterschlug ein 21jähriger Bankbeamter seiner Bank in Baden-Baden den Be­trag von 7000 Mark, teils in bar, teils in Wertpapieren und schlug sich in Begleitung von Bekannten über die Grenze, um das Geld in Saus und Braus zu verjubeln. . Der Kriminal­polizei gelang es jedoch, das liederliche Kleeblatt in Tirol sest- zunehmen und der Bestrafung entgegenzuführen. 4000 Mark konnten den Ausreißern wieder abgenommen werden.

Billingen, 14. Sept. Der Arbeiter Hermann Weißer aus Pfaffenweiler, wohnhaft in Donaueschingen, war im Frühjahr ds. Js. krank und bezog von der Ortskrankenkasse Villingen Krankengeld. Als er seine Arbeit wieder, aufnehmen konnte, sagte er davon seinen: behandelnden Arzt nichts, sondern ließ sich von ihm wie seither für die ganze Woche Arbeits­unfähigkeit bescheinigen. Auf Grund dieser Bescheinung hob er bei der Krankenkasse Las Krankengeld ab, obwohl er für die gleiche Zeit auch den vollen Arbeitslohn bezog. Dieses Ver­halten Weissers wurde vom Amtsgericht Villingen als Betrug erachtet und er wurde zu einer Geldstrafe von 30 RM. ver­urteilt. Im Falle der Uneinbringlichkeit treten an die Stelle der Geldstrafe sechs Tage Gefängnis.

Mannheim, 12. Sept. In unglaublicher Weise benahm sich der Kaufmann Thomas Salzmann zu zwei verschiedenen Malen in angetrunkenem Zustand. Im ersten Fall hatte er in einer Wirtschaft Radau gemacht. Als er verhaftet werden Zollte, da er sich weigerte, seinen Namen anzugeben, mußten die Schutz, leute von ihrem Säbel Gebrauch machen, um den Wütenden verhaften zu können. Im zweiten Fall drang Salzmann bei seiner gewesenen Braut in einer Julinacht ein und mißhandelte das Mädchen in der rohesten Weise. Als er die Mißhandelte in der schwersten Weise bedrohte, ließ sich das Mädchen in fast naktem Zustand vom dritten Stock zum Fenster Hinausrallen. Ein Telephondraht milderte den Sturz. Das Gericht ver­urteilte den rabiaten Burschen zu elf Monaten Gefängnis.

Vermachtes

Der schlagefrtige Rechtsanwalt. Man kann von dem Hund eines Rechtsanwalts nicht verlangen, daß er ebenso in Gesetzes­paragraphen Bescheid wissen soll, wie sein Herr. Und so kann es denn passieren, daß auch der Hund eines Rechtsanwalts nach den verbotenen Würsten eines Metzgermeisters schnappt und mit seiner Beute das Weite sucht. Ein Metzger nun, dem das Passierte, wollte die Sache besonders schlau anfangen; er begab sich zu dem Rechtsanwalt und richtete an ihn die höfliche Frage:Herr Rechtsanwalt, wenn ein Hund mir eine Wurst von der Fleischbank wegschnappt, wer ist für den Schaden haftbar?"Der Besitzer des Hundes natürlich!" war die prompte Antwort.Schön, Herr Rechtsanwalt, dann bitte ich um 2.50 Mark, denn Ihr Hund hat heute vormittag den vorerwähnten Schaden angerichtet".Schön", erwiderte der Rechtsanwalt darauf,vorerst aber liquidiere ich 5 Mark für erteilte Auskunft."

Me Auswanderung nimmt wieder zu. Die überseeische Auswanderung nimmt wieder zu. Im ersten Halbjahr 19W war sie auf 21303 gesunken, stieg 1923 auf 40 872, um 1924 auf 30 871 zurückzugehen. 1925 ist sie aber wieder auf 32 750 ge­stiegen. Von Januar bis März war sie gegen das Vorjahr beträchtlich zurückgegangen, von 18 768 auf 14 845. Die Ab­nahme wurde aber im zweiten Viertel des Jahres mehr als ausgeglichen, besonders im Mai mit 7305. Im ersten Halbjahr ging sie um etwa 10 Prozent auf 15 058 zurück, in Bayern, Württemberg, Baden und Thüringen nahm sie durchschnittlich um 10 bis 15 Prozent zu. lieber Bremen gingen im zweiten Vierteljahr 7648, über Hamburg 8467 und über fremde Häsen 1490 Auswanderer in das Ausland.

Also doch leichtsinnig. Während der Fuldaer Bischof, der

Vom Glück vergessen.

Roman

von Fr. Lehne.

Wir beginnen heute mit dem Abdruck eines neuen Romans aus der Feder der begabten und fruchtbaren Schriftstellerin Fr. LehneVom Glück vergessen". Der Autorin ist hierin wieder ein Werk gelungen, das sie aus der Höhe reifer Kunst zeigt, und das sich würdig ihren früheren Schöpfungen anreiht. Es ist ein Buch des Lebens, mit Gestalten erfüllt, die im Dasem stehen und um die Palme des Erfolges und des Sieges ringen. Liebe und Hatz. Mißgunst und Güte sind die streitenden Kräfte rn diesem Buch und die Ursachen zu den wechselvollen Schick­salen, denen die handelnden Personen unterworfen sind. Leidend, strebend, glücksuchend steht in all diesen Kämpfen die Hauptfigur des Romans, Ewendoline, die Tochter einer verarmten, früher bochangesehenen Familie. Mit meister­hafter Sicherheit ist es der Autorin gelungen, diesen Charakter zu zeichnen und zu schildern, wie wahrhafter Seelenadel nicht befleckt wird, trotz Not und Demütigung, wie er sich immer wieder in einer kraftvollen Persönlichkeit empor zu ringen vermag. In fesselnder Weise sind ihre Schicksale beschrieben und mit Spannung verfolgt man ihren Weg, der so oft in guter und böser Absicht von anderen gekreuzt wird. Wir sind überzeugt, daß wir mit der Erwerbung dieses Romans den Wünschen unserer ver­ehrten Leserschaft entgegengekommen sind, indem wir einen Lesestoff bieten, der nicht nur gut ist, sondern auch die ge­spannteste Aufmerksamkeit bis zum Schluß in Anspruch nimmt.

Redaktion und Verlag.

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die Frauenmode kritisierte, das moderne Kleid ablehnt, vertei­digt ein englischer Geistlicher die moderne Frauenkleidung als durchaus anständig. Er schreibt, daß, wenn man sich ärgere über Las zu freigebige Vorzeigen van Beinen und Armen, man ja dann die Schöpfung selbst kritisierte. Es schade nichts, die Reize der Jugend in voller Entfaltung zu sehen, wohl aber sei zu wünschen, daß nur wirklich Jugendliche diese -kurze Mode mitmachen, und Laß die älteren Damen sich entschließen könnten, damit Weniger leichtsinnig zu sein.

Gerechtes Urteil. Ein Wiener Richter hat dieser Tage ein Urteil gefällt, das vielen sehr vernünftig und gerecht erscheinen wird. Ein Handlungsreisender hatte sich in einer fremde Ehe eingedrängt, die Frau zum Ehebruch gebracht und der Mann hatte sich von ihr scheiden lassen. Da er infolgedessen seinen Haushalt auflösen und sein Kind zu anderen Leuten geben mußte, entstanden ihm bedeutende Mehrkosten und er verklagte Len Ehebrecher aus Schadenersatz, weil er die Ursache für die andauernden Mehrausgaben sei. Der Beklagte wandte ein, daß der Betrogene sich ja nicht hätte scheiden lassen brauchen u. übri­gens jederzeit die eheliche Gemeinschaft mit seiner Frau wieder ausnehmen könne, dann würden die ihn belastenden Unkosten schwinden. Der Richter, der die Gesinnung des Junggesellen als schäbig empfand, verurteilte ihn in vollem Umfange der Klage mit der Begründung, er habe -sich in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise gegen den Ehemann vergan­gen, ihm Schaden zugefügt und müsse dafür die Forderung des Geschädigten nach Ersatz, die übrigens nach Meinung des Rich­ters äußerst mäßig war, befriedigen. Es könne keine Rede da­von sein, daß man einem betrogenen Ehemann zumuten dürfe, die untreue Frau wieder aufzunehmen um die Kosten des Haus­haltes zu ermäßigen.

Die verkaufte Gattin. Aus Belgrad wird geschrieben: In der südserbischen Stadt Prizrend beschäftigt ein großer Skandal die Oeffentlichkeit. Vor einigen Monaten zog die Frau des Hauptmanns Sziminuovits, angeblich mit Zustimmung ihres Gatten, eines aktiven Offiziers, nach Skutari in die Wohnung des albanischen Offiziers Ganibeg, mit dem sie seit damals im gemeinsamen Haushalt lebt. Sziminuovits hat von dem alba­nischen Offizier für das lieberlassen seiner Frau einen nam­haften Betrag erhalten. .Als die Kameraden des Sziminuovits diesen Fall erfuhren, beriefen sie eine Offizierskonferenz ein, und die erschienenen fünfundvierzig Offiziere erklärten einstim­mig, der Hauptmann müsse aus dem Offizierskorps ausgeschlos­sen werden. Dieser Beschluß wurde dem Regimentskomman-

Bom Glück vergessen.

Roman von Fr. Lehne.

(Nachdruck verboten.)

Erstes Kapitel.

Es klingelte.

Der schrille Ton der elektrischen Vorsaalglocke zerriß grckll die Stille, die schon seit einer geraumen Zeit zwischen den beiden Frauen herrschte. Die ältere von ihnen saß am Nähtisch, neben sich einen Korb mit Wäsche, von der sie ein Stück nach dem anderen nahm, es prüfend gegen das ver­dämmernde Tageslicht hielt und die schadhaften Stücke beiseite legte. Ein leiser Seufzer begleitete ihr Tun. Auf i den eingefallenen Wangen brannten rote Flecken. Verstoh­len blickte sie manchmal zu der jüngeren hinüber, die j-tzt beim Klang der Vorsaalglocke aufgesprungen war, um zu öffnen.

Laß nur, Ewendoline, ich werde selbst gehen!" wehrte die ältere.Und höre du jetzt auf; es wird zu dunkel beim Arbeiten! Lege dich und ruhe ein wenig!" Trotz der sor­genden Worte lag doch eine gewisse Kühle «nd Mattheit in ihrem Ton.

Es ist gut, Mama, aber gehe nur und laß Malte nicht warten!" entgegnete das junge Mädchen ruhig.Du weißt, das hat er nicht gern! Heut' ist der zwanzigste, und von da an läßt er sich ja jeden Tag bei uns blicken!"

Ewendoline bemerkte, wie die Mutter rot wurde, als ft« aufstand, um zu öffnen.

Und dann hörte sie des Bruders herrisch« Stimme und der Mutter beinahe demütig klingende Entschuldigung.

Sie verzog den Mund, zuckte ein wenig die Achseln und setzte sich an das Klavier, das sie öffnete. Doch sie rührte keine Taste an; wie liebkosend strich st« nur leise darüber hin.-

Die Mutter kam nicht wieder herein.

Dagegen hörte Ewendoline nebenan i« Eßzimmer einen Stuhl rücken, hörte Teller klappern und Malte lustig sprechen; durch das Schlüsselloch und die Türspalte fiel ein schwacher Lichtschimmer.

Bestätigend nickte sie vor sich hin.

Darum hatte sie heute mittag keinen Appetit, das Kalbskotelett nicht, damit er-daher auch im Speise­

schrank die zwei Flaschen Bier und der Aufschnitt."

Beinahe zornig fielen da ihre Hände auf die Tasten und rasten darüber hin. Zu einem meisterhaften Vortrag desWalkürenrittes" formten sich die Töne.

Hoho, Line du bist wohl ganz toll geworden?"

Die Tür wurde aufgerissen und auf ihrer Schwelle erschien ein sehr elegant gekleideter, schlanker Mensch, das bildhübsche Gesicht von mehreren Schmissen durchzogen. Du willst wohl die alte Drahtkommode noch ganz in Grund und Boden hauen?"

Breitbeinig stand er da, die Hände in den Hosentaschen, und lachte laut auf.

Die Angeredete wandte sich um und sagte nur, stark betont:Guten Tag."

Ach so na, dennguten Tag", oder vielmehrguten Abenkm und nichts für ungut, daß ich das vergaß," entgegnete er, sich dabei ironisch tief verneigend.

Ah, bei einer Schwester braucht man das nicht so genau zu nehmen," meinte sie ruhig.Doch, bitte, Malte, laß dich beim Essen nicht stören und verzeihe, wenn ich dich durch mein Klavierspiel belästigt haben sollte."

Na, offen gestanden, wenn ich hier bin ich bleibe a nicht so lange, daß du deine geliebte Musik meinetwegen chmerzlich entbehren müßtest ist sie mir zu geräuschvoll."

Sei doch nicht gar so empfindlich, Ewendoline!" rief die Mutter mit klagender Stimme aus dem Eßzimmer herüber.

Ewendoline klappte das Klavier zu, zündete die Lampe auf ihrem Schreibtisch an und begann zu arbeiten.

Alle Achtung! Der Fleiß" rief der Bruder ironisch.

Ich möchte nicht durch das Examen fallen!" entgegnete sie, dasiM stark betonend.

Er lachte laut auf aber es war ein heiseres, ver­legenes Lachen dann pfiff er:Das haben die Mädchen so gerne" zuckte die Achseln, wandte sich um, setzte sich an den Eßtisch und ließ sich die güten Bissen, die die Mutter ihm vorlegte, schmecken.

Willst du nicht auch gleich essen, Ewendoline?"

Nein, danke, Mama, ich esse später mit dir! Jetzt ist

es mir noch zu früh! Erlaubst du, daß ich die Tür schließe? Meine französische Aufgabe verträgt keine Ab­lenkung; sie ist schwer und muß bis morgen beendet sein!"

Dennoch arbeitete Ewendoline nicht. Sie saß da, den Kopf in beide Hände gestützt, zwei tiefe Falten auf der jungen Stirn. Sie wußte, da drüben war einer, der der Mutter das sorgsam eingeteilte, bis auf den Pfennig be­rechnete Geld mit schönen Worten ablocken und dann leicht­sinnig verjubeln würde. Es wäre nicht zum ersten Male gewesen.

Und wer hatte am meisten darunter zu leiden? Sie!

Wie sehnlich hatte sie eine gründliche Ausbildung ihrer Stimme gewünscht Dafür war aber kein Geld dagewesen. Das mußte dem Bruder zum Studium mithelfen, ihm den Eintritt in ein feudales Korps ermöglichen ihr Wunsch war als unsinnig verworfen worden!

Wie hätte es sein dürfen, daß sie, die Baronesse Rein- ardt, ihre selten schöne Stimme je vor der Oeffentlichkeit ätie für Geld hören lassen!

Vielleicht, wenn der Vater am Leben geblieben wäre! Sie war sein Liebling gewesen!

Aber nach seinem plötzlichen Tode hatte es sich heraus­gestellt, daß kein nennenswertes Vermögen da war. Die glanzvolle Lebenshaltung des Barons hatte große Sum­men verschlungen. Er war ein bekannter Sportsmann gewesen, der selbst einige Pferde laufen ließ. Der Renn­stall kosteie viele, viele Tausende.

So viele Sorgen traten an die verwöhnte Baronin Reinhardt heran, daß sie vor den groben Anforderungen des Lebens kaum zum Bewußtsein ihrer Trauer kommen konnte. Am Sohn hatte sie keine Unterstützung. Und die siebzehnjährige Ewendoline konnte ihr auch nichts sein. Tapfer aber unterdrückte das junge Mädchen ihren Jam­mer über die Vernichtung ihrer Lebenshosfnungen, um der Mutter das Leben nicht noch mehr zu erschweren, und war sehr damit einverstanden, den Wohnsitz in Berlin aus­zugeben und nach München überzusiedeln, da sie dort unbe­achtet und ungekannt wohnen und sich eine Existenz suchen konnten. (Fortsetzung folgt.)

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