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Oberamt vom Befahren der öffentlichen Wege und Plätze ausgeschlossen werden. Ebenso kann die Verwendung eines Motorfahrzeugs überhaupt oder auf bestimmten Wegen untersagt werden, wenn Grund zur Annahme besteht, daß durch dasselbe die Fahrbahn der Wege in einem über die gewöhnliche Abnutzung hinausgehenden Maße beschädigt würde.

Ungeeigneten Personen, insbesondere solchen, welche sich wiederholt eine Verfehlung gegen die Vorschriften dieser Verfügung haben zu Schulden kommen lassen, kann die selbständige Führung eines Motorfahrzeugs auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen vom Oberamt untersagt werden.

8 12.

Eine besondere Erlaubnis des Ministeriums des Innern ist erforderlich:

1. zur Inbetriebnahme eines Motorfahrzeugs,dessen Gewicht bei voller Belastung 4060 Kilogramm übersteigt,

2. zur Inbetriebnahme eines Motorfahrzeugs, wel­ches dazu bestimmt ist, andere Wagen fortzu- bcwegen. Ausgenommen find die Motorfahr­räder, welche Anhängewagen mit einem Gewicht von nicht mehr als 200 Kilogramm befördern.

Dem einzureichenden Gesuch find Beschreibung und Zeichnungen des Fahrzeugs beizulegen und in dem Gesuch ist anzugeben, ob und auf welcher Straße etwa ein regelmäßiger Fährbetrieb eingeführt werden soll.

8 13 .

Wenn auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen Wettfahrten mit Motorfahrzeugen veran­staltet werden sollen, so ist die Genehmigung des Ministeriums des Innern nachzusuchen.

8 14 .

Durch allgemeine bezirks- und ortspolizeiliche Vorschrift oder durch polizeiliche Anordnung im einzelnen Fall kann der Verkehr von Motorfahr­zeugen auf einzelnen Straßen, Plätzen und Brücken verboten oder beschränkt, insbesondere die zulässige Fahrgeschwindigkeit auf ein bestimmtes Maß herab­gesetzt werden.

Allgemeine Vorschriften dieser Art find öffentlich bekannt zu machen und, sofern sie dauernde Gültig­keit haben, an den betreffenden Straßen u. s. w. anzuschlagen.

8 15.

Auf Dampfstraßenwalzen finden mit Aus­nahme des Z 12 die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung.

8 16 .

Gegenwärtige Verfügung tritt am 1. Juni ds. IS. in Kraft und findet auch auf Motorfahr­zeuge Anwendung, welche bereits im Betriebe find.

Mit dem in Abs. 1 bezeichneten Tage verlieren die bezirks- und ortspolizeilichen Vorschriften über den Verkehr mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen ihre Gültigkeit, soweit fie fich nicht als Aussührungsbefiimmungen zu 8 14 der gegenwärtigen Verfügung darstellen.

Stuttgart, den 25. April 1902.

Pischek.

ragksuLAigkeiten.

In G echingen OA. Calw wurde Sonntag­nacht ein Frauenzimmer von einigen ledigen Burschen

tüchtig durchgeprügelt und ihr der Haarzopf ab- geschnitten. Die Täter find entdeckt und geständig.

Eningen u. A., 28. Aug. Die hiesige freiwillige Feuerwehr beging gestern die Feier ihres 50jährigen Bestehens. Ein­geleitet wurde der Festtag durch Böllerschüsse uud Tagwache der Feuerwehrmustk. Im Lauf des Vor­mittags wurden die Festgäste empfangen, die zu Fuß, zu Wagen und mit der Bahn hier eintrafen. Um 11 Uhr war Hauptprobe der hiesigen Feuerwehr am Rathaus, die stramm und ohne Unfall durch- gesührt wurde. Die auswärtigen, in großer Zahl erschienenen Feuerwehrleute zollten, wie die übrigen Zuschauer, der Ausführung der Uebung ungeteilten Beifall. Nachmittags zog ein stattlicher Festzug von mehr als 50 Körperschaften (mit Einschluß der hiesigen Vereine) mit 10 Feuerwehrkapellen, kostümierten Fest­reitern u. s. w. nach dem günstig gelegenen Festplatz, wo der Kommandant der hiesigen Wehr, Kunstgärtner Schmid, die Festgäste willkommen hieß und Schultheiß Hüzel die Festrede hielt, die mit großem Beifall ausgenommen wurde. Wilh. Roll »an. gab einen geschichtlichen Ueberblick über die Gründung und Entwicklung unserer Ortsfcuerwehr und gedachte dabei ihrerVeteranen". Abends war gesellige Vereinigung im Garten des Gasthofes z.Traube" und ein sehr geschmackvoll arrangiertes Brillant- feuerwerk. Der Festtag, der ohne jegliche Siörung verlief, wird ollen Festteilnehmern in angenehmer Erinnerung bleiben.

Besigheim, 28. Aug. Reges Leben herrscht hier, seitdem am letzten Mittwoch der Reg.- Stab und 3. Komp, des Jnf.-Regts. 125 auf 14 Tage Quartier bezogen haben. Einen beson­deren Genuß für die hiesige Einwohnerschaft bilden die trefflichen Konzerte der Premschen Kapelle, die täglich vor d m Gasthof z. Waldhorn stattfinden und dem sich gestern noch ein weiteres sehr gut besuchtes im Waldhorngarten anschloß. Heute war Vorstellung der beiden Regimenter 119 und 125 auf dem Löchgauer Feld, wozu sich der kommand. General v. Hugo und der Divisionskommandeur Herzog Albrecht eingefunden hatten. Morgen findet das Regimentsexerzieren seinen Abschluß, worauf am Donnerstag das Brigadeexsrzieren seinen Anfang nimmt. Der Brigadegeneral v. Berger hat bereits hier Quartier bezogen.

A a l en, 28. Aug. (Viehmarkt.) Zutrieb 225 Stück, nämlich 8 Paar Ochsen, Preis 720 bis 880 20 Paar Stiere, Preis 540680

4 Faire», Preis 200440 60 Kühe, Preis

200450 55 Kalbeln, Preis 180350

50 Stück Jungvieh, Preis 90150 Handel lebhaft. (Schweinemarkt.) Zutrieb 90 St. Milchschweine; Preis 4260 ^ per Paar. Handel lebhaft.

Oberstdorf, 26. Aug. Einen bedauer­lichen Unfall erlitt gestern früh auf dem Weg zum Nebelhorn, Herr Schulrat Froh meier aus Nagold dadurch, daß er durch Ausgleiten zu Boden kam und fich die Schulter aurfiel. Er liegt in seiner Wohnung unter ärztlicher Behandlung.

Straßberg (Hohenz.), 28. Aug. Zu dem bereits bekannten Mord erfährt derN. Alb-Bote" folgendes: In vorverflossener Nacht um °/^12 Uhr

erschoß der Trikotweber Fridolin Gern seine Braut Anna Hartmann im Hausgang ihrer Eltern. Er kam aus der Wirtschaft und rief seinem Mädchen herunter. Dieses kam in Begleitung ihres Bruders. Als fich dieser entfernt hatte, soll Gern sie umarmt und in der Umarmung erschossen haben; das Mädchen ist durchs Herz und durchs rechte Auge geschossen. Der erste Schuß fuhr hinter der Hartmann in die Wand. Sie konnte noch nach oben eilen und fiel dort ihrer Mutter in den Arm mit den Worten:Der Fridolin hat mich erschossen!" Dann war fie tot. Der Täter ist spurlos verschwunden. Man vermutet, daß er sich ebenfalls ein Leid an­getan hat. Jäger suchen heute die Wälder ab. Ueber die Ursache zu der Tat kann man sich nur in Mutmaßungen ergehen. Man glaubt, den schreck­lichen Entschluß des Gern in Zusammenhang damit bringen zu sollen, daß die Umstände eine baldige Heirat wünschenswert gemacht hätten. Das scheint dem Burschen nicht gepaßt zu haben. Das Mädchen soll ungefähr gleichaltrig sein. Gern soll schon mehrfach Andeutungen gemocht haben, daß ihn etwas beschäftige. Der Vater Gerns lebt in Konstanz. Inzwischen ist, wie derNeue Alb-Bote" meldet, der Bursche unweit des Orts tot aufgefunden worden. Er hatte sich selbst erschossen.

Berlin, 28. Aug. Der Reichsanz. berichtet: Von den jüngst gemeldeten 3 Choleraerkran­kungen auf russischen Flößen im Weichselgebiet ist auch die dritte als astatische Cholera festgestellt worden. Außerdem find 5 weitere Erkrankungen von auf Flößen beschäftigten Personen zur Anzeige gelangt, wovon 4 als Cholera erkannt find. Von den seit dem 16. Aug. Erkrankten find 3 gestorben. Um der weiteren Verbreitung vorzubeugen, ist der Schiffs- und Floßverkehr auf der Weichsel einer gesundheitspolizeilichen Ueberwachnng unterstellt worden.

Berlin, 28. Aug. Am Rufiji-Fluß in Deutsch-Ost afrika besiegte Oberleutnant Paasche eine tausend Mann starke Schar Aufstän­discher. Letztere hatten 73 Tote. Der Aufstand in Ostafrika hat sich auf den Bezirk Lindi ausgebreitet. Die Stadt Lindi selbst ist bedroht.

Paris, 28. Aug. In dem Juwelen- Geschäft von Grossard in der Rue du Temple wurde gestern Morgen der 75 Jahre alte Wächter Florent, der diesen Dienst ununterbrochen seit dem Jahr 1850 ausübt, erdrosselt aufgefunden. Die unbekannten Mörder, cs waren wahrscheinlich ihrer drei, raubten den Laden aus. Es fielen ihnen Juwelen von großem Wert in die Hände.

Wien, 29. Aug. Nach einer Meldung aus Bozen ist ein Berliner Tourist namens Ernst Sieden- berg mit einem Reisebegleiter aus München vom Hoch Pfeiler in den Zillerthaler Alpen ab ge stürzt, als sie versuchten, einen photographischen Apparat an einem Abhänge aufzustellen. Beide wurden nur leicht verletzt.

Riga, 29. Aug. Maueranschläge verkünden den Befehl des Zaren zur sofortigen Durchführung der Mobilisation.

Petersburg, 29. Aug. Wie dieNo- woje Wremia" erfährt, soll Witte erklärt haben, daß die Abtretung Sachalins gleichbedeutend

Die lchrvarze Darne.

Roman von HanS Wachenhusen.

(Fortsetzung.)

Ihnen kann eS nicht schwer werden, Herr Graf, Afra zu dieser R ise zu bestimmen und weiter wünsche ich nichts mehr von Ihnen. Ich fürchte zwar, daß ihre Vertraute, diese Jane, an der mir hauptsächlich liegt, für den Plan kein Ohr Hoden werde, aber fie wird der schönen Frau schon folgen."

Blenke sprach doS in einem Tone, als erscheine ihm die)« Reise unter Um­ständen eine ganz unvermeidliche.

Sie müssen heute Mittag in der Villa Ihren Besuch machen; lassen Sie gleich heute ein Wort fallen. Schützen Sir, wie gesagt, Familienangelegenhiiten vor und erscheinen Sie ihr meinetwegen zerstreut, verstimmt, aber lassen Sie sich auf keine Erörterungen ein. eS geht ja ohne Komödie einmal nicht I"

Säumen Sie nicht," bat er dringender, als Dagobert verletzt diese Zu­mutung zurückwies.Wir haben unS so lange verstanden und ich bitte Sie jetzt, sich in» Gedächtnis zu rufen, was ich Ihnen schon früher sagte: Ohne Hilfe und Leitung der Vorsehung ist all' unser Tun umsonst, und so geschieht e» denn zu­weilen sogar, daß, während wir dem Schuldigen nachzujagen meinen, dieser hinter uns her läuft. Erkennen Sie denn nicht diese unsichtbare Hand in unserem bis­her vergeblichen Bemühen? Ich will hier nicht das verbrauchte Gleichnis von der Schlange und dem Kaninchen anwenden, aber vergegenwärtigen Sie fich doch einmal, was geschehen ist. Diese» gefährliche junge Weib und kein Zweifel, sie ist e» und keine andere suchte den Schöpfer des Bildes, in welchem sie die GefichtSzügr des Mädchens erkannt hatte. Sie begegnete in Berlin nicht diesem, sondern dem Mädchen selbst und Ihre Urberraschung mag fie verhindert haben, auch Ihnen an jenem Morgen in dem Ausstellungsgebäude schon zu be­gegnen, denn fie suchte auch Sie damals bereits als den Urheber des Bildes, besten sie nun nicht mehr bedurfte. Wären Sie mit mir zusammengetroffen, da« würde der Sache eine ganz andere Wendung gegeben, unS viel Zeit und Mühe erspart haben."

DaS Mädchen verschwand," fuhr Blenke fort, als Dagobert ihm geduldiger zuhörte,die verschleierte Dame, nach der man forschte, war auch verschwunden und werden Sie nicht wieder ungehalten, wenn ich das immer wieder zu- sammer.knüpfs an demselben Abend wurde auch das Verbrechen in der Friedrichstraße verübt, dessen genaue Details ich absichtlich nach den Akten mit mir führe. Sie weisen den Gedanken hartnäckig von d-r Hand, ich dagegen halte jetzt fcstir daran, als jemals, und ich habe meine Gründe, obgleich die Persön­lichkeit, welche bei dem letzteren im Spiel gewesen ist, mich nicht dazu berechtigen mag. Lasten Sie mir meinen Willen; ich wünschte selbst, daß ich unrecht habe, aber ich kann mich von meiner vorgefaßten Ansicht nicht mehr trennen, feit mir Wiedenstein und auch diese Jrländeri« in den Weg gekommen sind, deren ge­schäftliche Spezialität mir bekannt ist. Sir misten, jeder Verbrecher hat eine solche, in der er seine Meisterschaft erstrebt.

»Nach langem, vergeblichen Forschen glaubt« ich in Rom endlich auf die rechte Spur gekommen zu sein. Dieselbe verwischte sich mir, denn die schönen Füßchen, die ich dort in den Fiaker steigen sah, hatten keine solche auf dem Pflaster zurückgeloffen. Inzwischen aber hatte da« Schicksal ohne unser W.ffen si4 unserer Sache in wunderbarer Weise angenommen ich möchte es das Schicksal im Domino nennen. Die schöne Afra hatte nämlich das LoS getroff-n, sich schon leidenschaftlich in Sie zu verlieben, als ihr Gatte noch lebte. Das ge­schah zur Zeit, als Sie noch Ihrer Kunst lebten und wahrscheinlich der Studien halber das Albaner Gebirge du chzogen. Als ihr Gatte gestorben war, wie und wo, das hat sie Ihnen ja nicht gesagt blieben Sie der Gegenstand ihrer Sehnsucht und sie suchte uns das beißt: Sie während wir vergeblich fie suchten. Es war da« so ein Blindekuhspiel, vor bestem tragischen Ende wir jetzt stehen. Ich will, wie gesagt, der jungen Frau wünschen, daß fie glänzend rein aus demselben hervorgrhe, obgleich ich selbst kaum daran glaube, wenn eS mir auch noch ganz unfindbar ist, welches Interesse sie an dem Mädchen haben konnte; meine Pflicht aber ist eS. zunächst diese sogenannte Jane ohne Aufsehen an Ort und Stelle zu schaffen, und auch ihre Herrin ist mir dort unentbehrlich, wär'S auch nur als Zeugin. Sagen Sie ihr di« kleine Notlüge, Ihre Angelegenheiten riefen Sie eiligst nach Berlin, für das Uebrige sorge ich." (Forts, folgt.)