messe und Te Deum abgeholt. Um ><12 Uhr ist Gratulations- cmpfang sür Auswärtige, 2 Uhr nachm. Festessen in der Turnhalle. Die in Aussicht genommene durchgreifende Renovierung des Doms wird nicht durchgeführt. Vielmehr sind nur die Beseitigung der Emporen und die dringendsten baulichen Jnstand- setzungsarbeiten vorgesehen. Eine neue Orgel wird durch das Ordinariat eingebaut. Durch einstimmigen Beschluß bewilligte der Gemeinderat eine Ehrengabe der Stadtgemeinde und die vorgesehene Beteiligung an den Kosten der Jubiläumsfeiern.
SchNrermingen, 14. Mai. (Beleidigung dirrch die Presse.) Anfangs dieses Jahres ging hier das Gespräch, der Leiter des Elektrizitätswerks habe Gelder der Staülgemeinde unterschlagen. Die „Volksstimme" brachte hierüber eine Veröffentlichung. Ihr Redakteur Brühl wurde nunmehr zu 150 Mark Geldstrafe verurteilt. Eine Schreinersehefrau und ein Fabrikant erhielten 25 Mark Geldstrafe.
Ulm, 1-1. Mai. (41. Schwäbisches Landesturnfest.) Das 41. Landesturnfest von Württemberg und Hohenzollern findet in diesem Jahr in der Zeit vom L. bis 27. Juli 1925 in der Donanstadt Ulm statt. Ter Oberbürgermeister von hier erläßt heute gemeinschaftlich, mit dem Kreis- und Hauptausschuß einen Aufruf zur regen Teilnahme ani Turnfest, unter gleichzeitiger Veröffentlichung der Festfolge. Diese gestaltet sich in der Hauptsache wie folgt: Samstag, den 25. Juli nachmittags: Wettkämpfe der Altersklassen und Frauen. Sonntag, den 26. Juli vormittags: Vereinswetturnen, nachmittags: großer Festzug Lurch die Straßen der Stadt im Turngewand, Massensrei- übungen der Turner und anschließend daran der Frauen im neuerbauten Stadion, abends: Gefallenenehrung im Münster und Münstevbeleuchtung. Montag, den 27. Juli vormittags: Hauptwettkämpfe im Zwölfkampf und volkstümlicher Fünfkampf, nachmittags: Siegerehrung im Stadion, abends: Volksfest in der Friedrichsau und Feuerwerk auf der Gänswiese. Dienstag, den 28. Juli: Turnfahrten. Es gibt ein Fest von großem Umfang und reichhaltiger turnerischer Arbeit. Mögen viele Turner und Gäste dem Ruf zur Teilnahme am Ulmer Landesturnfest Folge leisten, eine gute Aufnahme in dem gastfreundlichen Ulm ist ihnen sicher.
Ulm, 14. Mai. (Motorboottransport.) Auf dem Eisenbahngleis in der verlängerten Olgastraße wird zur Zeit von Mannschaften des Pionierbataillons ein großes Motorboot (Schlepper) im Gewicht von über 160 Zentner ausgeladen. Das Boot, das für das hiesige Pionierbataillon bestimmt ist. wird auf Schienen zum Wasserübungsplatz transportiert. Es ist elf Meter lang, drei Meter breit, hat in Berücksichtigung der hiesigen Wasserverhältnisse nur einen Tiefgang von 47 Zentimeter und kann infolge seiner 90 Pferdestärken eine ziemlich große Belastung ertragen. Es dürfte in der Hauptsache als Schlepper für Pontons und Fähren in Betracht kommen und bedeutet Lei den Hebungen des Bataillons eine große Erleichterung.
Ravensburg, 14. Mai. (Auch ein Zeichen der Geldnot.) Die hiesige Stadtverwaltung mußte, um die Feuerwehrsteuer für das Jahr 1924 einzübringen, gegen 1000 Zahlungsbefehle erlaßen.
Friedrichshafe«, 14. Mai. (Oberbürgermeister Dr. v. Wagner ch) Der frühere Oberbürgrmeister von Ulm, Dr. v. Wagner, Vorstand des Württembergischen Sparkassen-Giro-Verban- des, ist heute Nachmittag auf seinem Landsitz in Schachen am Bodensee im Alter von 67 Jahren infolge eines Schlaganfalls gestorben. Dr. v. Wagner war Ehrenbürger der Stadt Ulm, um die er sich durch seine kluge und weitblickende Gemeindepolitik unvergängliche Verdienste erworben hat. Auch der Würt- tembergische Sparkassen-Giro-Verband erleidet durch den Tod Dr. v. Wagners einen außerordentlich schweren Verlust.
Baden
Porzheim, 14. Mai. Das Schöffengericht hat den 44 Jahre alten Karl Wilhelm Hagele von Grunbach OA. Schorndorf, wohnhaft in Pforzheim, wegen Diebstahls von etwa 100 Kg. Silber im Wert von etwa 10000 MN. zu 1>4 Fahren Gefängnis und drei Jahren Ehrverlust verurteilt. Der mit ihm wegen Hehlerei angeklagte Goldarbeiter Spam von Hohenwart erhielt die gleiche Strafe.
Eberbach, 14. Mai. Die 16 Jahre alte Paula Eiermann von hier rettete unter eigener Lebensgefahr das fünf Jahre alte einzige Töchterchen des Schuhmachers Lenz aus den hochgehenden Fluten des Jttersbaches, der infolge Oeffnung des Stauwerkes besonders stark angeschwollen war.
Konstanz, 14. Mai. Ein hier wohnender pensionierter General machte vor einiger Zeit eine Erbschaft. Darunter befan-- den sich auch Bilder, von denen er einige an einen hiesigen Alt-
Lore.
2L' Roman von Emma Ha uShofer-'Merk.
Wiemanns ZeirungS-Verlag, Berlin W. 66. 1924.
Auch einem jungen Studenten, der in die Stadt gekommen war, um das geliebte, schöne Mädchengesicht wiederzusehen, nachdem er auf seinen leidenschaftlichen Brief keine Antwort erhalten, wurde im C-afähause die pikante Geschichte erzählt, „die reiche, junge Hohenburg sei mit dem Intendanten — mit einem verheirateten Mann mit grauen.Haaren — aus der Stadt verschwunden!"
Er ward totenblaß und schrie «it finsteren, zornigen Augen: „Das ist nicht wahr! Das ist ei» ganz infamer Klatsch!"
Aber während nun die ganze Reihe untrüglicher Beweise, die sich mittlerweise wie eine feste Kette aneinandergegliedert hatte, vor ihm aufrollte, erinnerte er sich an den Moment, da Lore am Arm des eleganten, vornehmen Kavaliers von ihm gegangen war, ohne nur einmal zurückzublicken; an die furchtbare Eifersucht, die ihm wie in banger Ahnung das Herz durchschauert hatte. Er stieß ein grelles Lachen aus und sein Gesicht ward so verstört, seine Augen glühten so leidenschaftlich, daß ein paar Bekannte ihm ihre Begleitung aufdrängten, als er plötzlich aufsprang und sich mit einem rauhen: „Gute Nacht!" hastig entfernte.
Aber da draußen in der sommerlichen Sternen- nacht, da überkam ihn ein so wildes, überwältigendes Weh, daß er den jungen Leuten nur die Hände schütteln und mit mühsam beherrschter Stimme flehen konnte:
„Lassey Sie mich — um Gottes willen! Ich muß allein sein. — Allein!"
In die Einsamkeit stürzte er fort. In das Dunkel. Nur die Sterne sahen es, wie er raste und tobte und schluchzte und bebte in der unglücklichen Nacht, da für ihn ein Heller Stern vom Himmel herabgeglitten und in den Schmutz versunken war.
Händler verkaufte. Dieser wiederum setzte eines der Bilder an einen hiesigen Wirt ab. Ein Gast bemerkte das Bild in der Wirtschaft und erkannte den Wert. Er bot dem Wirt 10 000 Schweizer Franken dafür. Es soll sich um einen echten Böcklin handeln. Der Althändler hatte das Bild um 3 Mark erstanden und für 8 Mark wieder verkauft.
Vermischtes
Schwere Explosion. Ein schweres Explosionsunglück ereignete sich im Bleibad der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg. Die verheirateten Arbeiter Johann Eisele, Mückelbauer und Schwarz waren mit dem Verzinken von Rippröhren beschäftigt. Die Röhren mußten vor dem Verzinken in Salzsäure getaucht und dann gut getrocknet werden. Allem Anschein nach ist in eine nicht dicht genug abgeschlossene Röhre Salzsäure eingedrungen. Als Liese Röhre in das Bad gelegt wurde, entwickelte sich infolge der starken Hitze Dampf, wodurch die Röhre zur Explosion gebracht wurde. Mückelbauer wurde von der glühenden Masse übergossen und ist seinen dadurch erlittenen schweren Verletzungen bereits erlegen. Die Verwundungen der beiden anderen Arbeiter sind schwer.
Eisenbahnunglück in Belgien. Alls Namur wird gemeldet, daß unweit der Stadt sich plötzlich eine Lokomotive, deren Führer abgestiegen war, in Bewegung setzte. Der Führer benachrichtigte telephonisch den nächsten Bahnhof, worauf die Insassen eines dort haltenden Personenzuges sofort zum Aussteigen aufgefordert wurden. Bevor sämtliche Reisende den Zug verlassen hatten, fuhr die Lokomotive in den letzten Wagen hinein. Dreizehn Reisende wurden schwer verwundet.
Handel und Derkebr.
Stuttgart, 14. Mai. Dem Donnecstagmarkt am Vieh- und Echlachthof waren zugeführt: 13 Ochsen. 22 Bullen, 110 Iungbullen, 126 Iungrinder (unverkauft 20), 66 Kühe, 532 >82) Kälber, 1027(42) Schweine, 18 Schafe. Erlös aus je I Ztr. Lebendgewicht: Ochsen 1. 49—54 (letzter Markt 49—54), 2. 41—46 (uno ), 3. 34—38 (unv), Bullen 1. 48—49 (unv.), 2. 42—45 (unv), 3. 35—40 (unv ), Iunq- rinder 1. 57—60 (57 59). 2. 45—55 (45-54), 3. 35—42 (unv.), Kühe I. 33—43 (unv ), 2. 20 - 30 (unv.), 3. 13—18 (uno.), Kälber 1. 80—82 (82- 84), 2. 70 -78 (73-79). 3. 57-67 (60—70), Schafe I. 85 (85), 2. 58-60 (uno ), Schweine 1. 70 -72 (72—73), 2 67—S9 (69-71), 3. 64—66 (66-67), Sauen 52-62 (52-60) Mk. Verlaus des Marktes: mäßig.
Stuttgart, 14. Mai. (Landesproduktenbörse.) Die Lage auf dem Getreidemarkt ist unverändert. Lei behaupteten Preisen bleibt das Geschäft klein. Die Preise sind unverändert. Es notierten je 100 Kg : Weizen 21—24.50, Sommergerste 23—27, Roggen 21—23.50, Hafer 16—21.50, Weizenmehl 40.50—41.50. Brotmehl 34.50—35.50, Kleie 12.75—13.50, Wiesenheu 6—7, Kleeheu 7—8, drahtgepreßtes Stroh 4.50—5 Mark.
Stuttgart, 14. Mai. Bus den heutigen Wochenmarkt waren die ersten Kirschen gebracht. Vorerst ist es noch italienische Ware, deren hoher Preis trotz des guten Reifegrads der Früchte nicht säuberlich zum Kauf reizt: für das Pfund wurde 1.20 Mark verlangt..
Pforzheim, 14. Mai. (Schlachtviehmarkt) Zufuhr: 3 Kühe, 6 Rinder, 65 Kälber, 1 Schafe, 72 Schweine. Preise: Kälber 80 bis 88, Schweine 68—70 Mark.
Die Preise gelten für nüchtern gewogene Tiere und schließen sämtliche Spesen des Handels ab Stall für Fracht, Markt- und Verkaufskosten, Umsatzsteuer, sowie den natürlichen Gewichtsverlust ein, müssen sich also wesentlich über den Stallpreis erheben.
München, 14 Mai. Zu dem am Ostersamstag erfolgten Autounfall bei Westerham, wobei Oberlandesgerichtsrat Pöhner tödlich verunglückte, bemerkt die „Münchener Zeitung", daß der Unfall sich nicht etwa an einer abgelegenen Stelle zutrug, sondern auf übersichtlichem Gelände, weit außerhalb der Ortschaft Feldkirchen bei Westerham. Der Vorfall wurde dem Blatt zufolge übrigens von Kirchgängern beobachtet. Zehn Minuten später war bereits der Arzt Briller von Feldkirchen an der Unglücksstelle. Er iveiß, wie das Blatt erfährt, für die Annahme der Frau Pöhner, daß ihr Mann einem verbrecherischen Anschlag zum Opfer gefallen sei, auch nicht den geringsten Grund.
Frankfurt a. M., 14. Mai. Auf einer sogenannten Schwarzfahrt, die ein.Frankfurter Wagenführer mit vier Personen, einer Frau und drei Kindern, in der Nacht zum Donnerstag nach Homburg unternommen hatte, rannte das Auto in Pringsheim bei Frankfurt gegen einen eisernen Mast der Straßenbahn, zertrümmerte d^sen und stieß gegen einen Baum. Durch den Anprall wurde das Nito vollkommen zertrümmert. Die mitsahrende Frau war sofort tot.
Die übrigen Insassen erlitten schwere Arm- und Beinbrüche und innere Verletzungen.
Düsseldorf, 14. Mai. Die große rheinische Iahrtausendfeier wird am 18. Juni vormittags in der Tonhalle zu Düsseldorf stattfinden. Der rheinische Prooinziallandtag wird an diesem Tage in Anwesenheit der Reichs- und Staatsbehörden zur Feier der tausendjährigen Zusammengehörigkeit der Rheinlande und des Reiches in Düsseldorf zusammentreten. Reichspräsident von Hindenburg und der preußische Ministerpräsident Braun haben ihre Teilnahme an dieser Iubiläums- tagung zugesagt.
Koburg, 14. Mai. Das hiesige Schwurgericht hat heute das erste Todesurteil seit seinem Bestehen gefällt. Angeklagt war der 19 Jahre alte Porzellanarbeiter Max Schneider aus Neufang in Oberfranken, der am zweiten Ostertag seine Geliebte, die Filetstopferin Barbara Simon aus Steinwiesen dadurch ermordete, daß er sie nachts in Neufang in den Dorsbrunnen warf und ertränkte. Das Gericht nahm vorsätzlichen, überlegten Mord an und fällte ein Todesurteil, das der Angeklagte ohne sichtbare Erregung entgegennahm.
Weimar, 15. Mai. Mit klingendem Spiel hielt gestern mittag die neue Garnison von Weimar, der Stab der 3. Kavallericdivision, mit Generalleutnant Hasse an der Spitze, und die 6. und 7. Kompagnie des Reichswehr-Infanterieregiments 15, ihren Einzug in die festlich geschmückte thüringische Landeshauptstadt. Aus dem Marktplatz vor dem Rathaus wurden die Truppen von den Spitzen der staatlichen und städtischen Behörden empfangen. Oberbürgermeister Dr. Müller hieß im Namen der Stadt die neue Garnison herzlich willkommen.
Köln, 14. Mai. Die Universität Köln hat dem Oberbürgermeister der Stadt Köln „In dankbarer Anerkennung seiner Verdienste um die Gründung der Universität und steten Wahrung und Förderung ihrer Interessen" die neugeschaffene Würde eines Ehrenbürgers der Universität verliehen.
Berlin, 14. Mai. Wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, beabsichtigt der Abgeordnete Best, aus der Dentschnationale Fraktion nuszutreten und sich der Völkischen Vereinigung anzuschließen.
Berlin, 14. Mai. Durch die'-Presse geht eine Mitteilung, daß gegen die mit der Bearbeitung der Strafsache gegen Barmat und Genossen (und damit früher auch gegen Höfle) befaßten Beamten ein disziplinarisches und strafrechiliches Verfahren eingeleitet worden sei. Diese Mitteilung ist, wie der Amtliche Preußische Pressedienst von zuständiger Seit erführt, unrichtig.
Berlin, 14. Mai. Die seit 14 Jahren bestehende Kostüm- und Mantelkonfektionsfirma Dittgen und Lasnitz in Berlin beantragte Geschäftsaufsicht. Die Passiven betragen, wie die „Deutsche Konfektion" mitteilt, 475000 Mark, denen an Aktiven rund 400000 Mark gegenüberstehen. Die Blusen-engros-Exportfirma Simon <L Co. in Berlin befindet sich mit zirka 150000 Mark Passiva im Konkurs. Zur Zahlungseinstellung des seit 30 Jahren bestehenden Kaufhauses Carl Boehme Nachfolger tn Berlin-Wilmersdorf bemerkt die „Deutsche Konfektion", daß die Passiven über 400 000 Mark betragen. Der Wert der Aktiven steht noch nicht fest.
Berlin, 14. Mai. Der amtliche Preußische Pressedienststeilt mit: Reichspräsident o. Hindenburg hat Donnerstag nachmittag 5 Uhr dem preußischen Ministerpräsidenten und dem Reichsrat einen Gegenbesuch im preußischen Slaatsministerium abgestattet. Der Reichspräsident, der in Begleitung des Staatssekretärs Dr. Meißner erschienen war, wurde vom Ministerpräsidenten Braun und Staatssekretär Dr. Weißmann empfangen und ließ sich die stimmberechtigten Mitglieder des Reichscats, die vollzählig erschienen waren, vorstellen.
Berlin, 14. Mai. Die Haussuchung beim „Vorwärts" ist, wie die Blätter von der preußischen Regierung erfahren, auf einen Beschluß des Amtsgerichts Berlin-Mitte erfolgt. — In Niendorf erschoß der Prokurist Wegner aus Hamburg auf der Promenade den Postinspektor Warncke aus Hamburg, dessen Tochter und daraus sich selbst. Da man bei dem Mörder einen Absagebrief von Fräulein Warncke fand, scheint die Annahme berechtigt, daß es sich um ein Eifersuchtsdrama handelt. — In Krebsdorf bei Lüben hat ein elj- jähriger Knabe beim Spielen mit einer Schußwaffe seine neunjährige Schwester erschossen. Als das Mädchen tot zu Boden sank, schloß der Knabe sich ein und tötete sich durch einen Schuß.
Hannover, 14. Mai. Ein Artikel gegen Hindenburg als Ehrendoktor der Technischen Hochschule, den der Professor an dex Hochschule Dr. Lessing in einem tschechischen Blatt veröffentlicht hat, hat unter der Studentenschaft der Hochschule ungeheure Erregung verursacht. Die Studenten belagerten den Hörsaal des Prof. Dr. Lessing, sodaß dieser es vorzog, zu den Vorlesungen nicht zu erscheinen.
Paris, 14. Mai. Der französische Antwortentwurf auf das deutsche Anerbieten eines Sicherheitspaktes wird heute den alliierten Mächten übermittelt.
Paris, 14. Mai. Die Botschafterkonferenz, die morgen zusammentreten sollte, vertagte ihre Sitzung und ivird vermutlich anfangs kommender Woche zusammentreten, um sich mit der Frage der Entwaffnung Deutschlands und der Räumung der Kölner Zone zu beschäftigen.
Moskau, 14. Mai. Der Rigaer D-Zug ist am Mittwoch nacht unweit Moskau entgleist. Der Speisewagen und ein Wagen 2. Klasse wurden vollständig zertrümmert. 10 Personen wurden getötet und
Tie Stadt wurde leer und stiller in den schwülen Sommertagen. Tie müßigen Menschen, die so viel Zeit zum Klatschen übrig haben, waren an die See oder in die Berge fortgereist, und man vergaß in den eleganten Bädern, in den vornehmen Schweizer Hotels die Ereignisse des Winters und Frühjahrs. Doch die schon halbwegs eingeschlafene Entführungsgeschichte erlebte im Herbst eine neue Auflage, denn es verlautete, Herr von Harthoff könne wegen schwerer Erkrankung seine Stellung nicht wieder antreten, und bald daraus verbreitete sich die Nachricht von seinem in Meran erfolgten Tode. Tie Verdienste, die der Verstorbene sich um die Stadt erworben, wurden nun aus das lebhafteste anerkannt, niemand wagte mehr, an die Flecken aus seinem Bilde zu erinnern, auf die früher, besonders von seiten der Damen, so eifrig hingedeutet worden war, man beklagte nur tn einstimmiger Trauer den schweren Verlust.
Gegen das junge Mädchen aber, das in der letzten Zeit so oft mit seinem Namen zusammen genannt worden war, fühlte man sich nicht milder und versöhnlicher gestimmt. Hm Gegenteil. Man sagte sich, daß nun für immer jede Möglichkeit für sie abgeschnitten sei, durch eine Heirat ihren unglaublichen Schritt einigermaßen zu verwischen. Aber man fand, daß sie dieses traurige Schicksal verdient habe als ein Strafgericht für ihren frevelhaften Leichtsinn und ihre haarsträubende Undankbarkeit gegen ihre Angehörigen. Bei Hohenburg» — tn der Familie des Vaters und des Soh- «es — wurde von Lore nicht mehr gesprochen.
*
Fast ein Fahr war vorübergegangen. ES war wieder Mai. Aber in München ließ der Frühling noch auf sich warten. Ueber die bayerische Hochebene blies von den Alpen her ein scharfer Wrnd und wirbelte tn der breiten Ludwigstraße die Staubwolken in die Höhe. Ter blaue Himmel mit den lichtw;ißen Wolken schien wie ein grausamer Hohn bei dev eisigen Temperatur.
Eine hochgewachsene junge Dame hatte sich mutig bis zur Universität gegen den Sturm durchgekämpft. Ihre Kleider flatterten, ihre Haare flogen und ihr kleiner, dunkler Hut drohte fortzufligen. Schüchtern
betrat sie die großen Hallen der Alma mater, schüchtern um sich blickend, wohin sie wohl ihre Schritte lenken sollte.
Ein paar Studenten, die noch in der Säulenhalle standen, betrachteten sie mit kecken, lächelnden Mienen, daß sie nicht zn fragen wagte, wo sich wohl die Aula befinde, in der auch Damen Zutritt hatten. Ein wunderlicher Zufall hatte ihr verraten, daß Albert Martinger während des letzten Semesters in München studierte. Hier hatte er sein Examen als Physiker gemacht, und.heute würde er seine Doktordissertation abhalten. Wie sonderbar, daß er nie nach ihr gefragt, nichts von ihr gehört hatte, daß -sie ihm kein einzigesmal begegnet war. Wie abgeschnitten von der Vergangenheit hatte sie dieses Jahr gelebt, so erfüllt von dem neuen Gedanken, sie wolle lernen, sie müsse eine große Sängerin-werden, daß sie eigentlich kaum eit gefunden, um zurück zu blicken. Sie hatte die rücken hinter sich abgerissen; nun hieß es aber schwimmen mit aller Kraft, bis sie ein Ziel, bis sie das rettende User erreichte. Ein Erlahmen durste es für sie nicht geben.
Das Dasein, das sie im Hause ihrer Großeltern geführt, erschien ihr auch in der Erinnerung so unerträglich, daß sie sich heute noch sagte, ihre Flucht sei eine Art Selbstrettung gewesen. Nur, wenn sie an ihren Vater dachte, krumpfte sich ihr Herz zusammen. Er hatte ihr durch ein Bankhaus die Nachricht übermitteln lassen, 'daß sie an jedem ersten des Monats dreihundert Mark abheben könne. Sonst kein Lebenszeichen von ihm, kein Wort der Erwiderung auf ihren um Verzeihung bittenden Brief, keine Silbe auf ihren Tank, daß er seine Hand nicht ganz von ihr abzog. Edmund wollte seine Tochter nicht durch die Not zur Rückkehr zwingen, wie sein Vater es einst ihm gegenüber versucht hatte. Er wünschte ihre Rückkehr nicht, Er hätte sich v^r einem Wiedersehen gefürchtet.
Gesangsschülerin! Ein alleinstehendes Fräulein ohne Familie, ohne Verwandte, in einer Pension!
(Fortsetzung folgt.) i