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Neuenbürg. Freitag, den 18. Zuli 1924

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Deutschland.

Stuttgart, 17. Juli. Der Finanzausschuß des Landtages hat gegen die Linke einen Antrag Wolfs (BB.) angenommen, die Minister des Kirchen- und Schulwesens und der Finanzen zu ermächtigen, der evarrg. und kath. Kirche für Juli bis Sep­tember für den nach den Kirchenordnungen erforderlichen Be- soldungs- und Pensionsbedarf der Geistlichen Vorschüsse zu ge­währen, soweit die staatlichen Zuschüsse und die kirchlichen Mit­tel nicht ausreichen. Ferner wurde ein Antrag Gengler (Ztr.) angenommen, beim Reich auf eine Erhöhung der Erwerbslosen­unterstützung hinzuwirken; es soll eine Fürsorge für Kurzar­beiter in die Wege geleitet und Kurzarbeiter von den Beiträ­gen für die Erwerbslosenfürsorge befreit werden.

Berlin, 16. Juli. In dem Prozeß gegen den früheren Vorsitzenden der Berliner Handwerkskammer, Karl Rahardt, beantragte der Staatsanwalt gegen den Angeklagten wegen schwerer Untreue, aktiver Bestechung, Betrugs und Kettenhan­däs eine Gesamtstrafe von vier Jahren Gefängnis und 25 000 Goldmark, gegen seinen Sohn, den Hauptangeklagten Erich Ra­hardt, wegen des gleichen Deliktes eine Gesamtstrafe von fünf Jahren sechs Monaten Gefängnis, fünf Jahren Ehrverlust und 120 MO Goldmark, gegen die übrigen drei Angeklagten Ge­fängnisstrafen von vier Monaten bis zu zwei Jahren sechs Monaten. Im Plaidoyer stellte der Staatsanwalt fest, daß bei dem Geschäft, Las die Danziger Werst betraf, die Ange­klagten einen unrechtmäßigen Gewinn von sieben Millionen Goldmark erzielt hätten. Wenn diese Summe dem Handwerk selbst zugeslossen wäre, dann hätte es die Wirtschaftskrise bes­ser überstehen können.

Berlin, 17. Juli. Nach Meldungen, die aus Paris kommen, soll der bekannte Führer der kroatischen Bauernpartei, Akaditsch, während seines Aufenthalts in Moskau bei einem Attentat getötet worden sein. Der Täter, ein Offizier der Roten Armee, soll ein ehemaliger österreichisch-ungarischer Kriegsgefangener sein, der erklärte, er habe Raditsch getötet, weil nach seiner Meinung der Führer der Bauernpartei eine ständige Gefahr für das kroatische Volk sei. Aus Belgrad wird allerdings ge­meldet, daß dort von einem Attentat noch nichts bekannt sei.

Der Ernst der Stunde.

- ImSchw. Merkur" nimmt Wg. Egelhaaf in einemKur­zen Wort zur Lage" zu den außenpolitischen Ereignissen der letzten Tage Stellung. Er schreibt u. a.:Wenn die Nachrich­ten richtig sind, die jetzt aus London und Paris kommen, so wird so ziemlich alles hinfällig, was bisher bei uns angenom­men und worauf unser Verhalten eingerichtet wurde. Wir ha­ben angenommen, daß mit der Wahl Herriots nicht bloß eine andere Nummer desselben Fadens gesponnen werden soll, son­dern daß eine grundsätzliche Umänderung angebahnt sei. An Herriots Wahlsieg knüpfte sich die Aussicht auf endliche Gene­sung der Welt . . . Nur scannt es, daß es unter dem Druck des Senats, wo 154 Linksrepublikaner 144 von der Rechten ge­genüber stehen, noch weiter zurückgewichen ist, und daß Mac­donald um ihn zu retten, sich seinem Rückzuge anschließt. Deutschland soll nicht als gleichberechtigte Macht am Verhand­lungstisch erscheinen, und die Ruhr soll Gott weiß wie lange besetzt bleiben. Scharf zugespitzt aber wahr kann man sagen: Herriot wird Poincare mit einem Feigenblatt, und Maodonald wird der poincarifierte Herriot. Ist es so, dann muß auch un­ser Verhalten anders werden. Wir wollten nachgeben, um im eigenen Land frei zu werden. Werden wir nicht frei, so nützt es auch nichts, uachzugeben. Daun werden freilich keine Dämme mehr imstande sein, den drängenden Fluten zu wehren. Wir werden versinken, aber die anderen auch. So ist die Lage."

Ernst Toller aus freiem Fuß.

Ernst Toller ist Mittwoch früh in Leipzig eingetrossen. Nächster Tage wird er sich nach London begeben, wohin er rrach einem kurzen zweiten Leipziger Aufenthalt zurückzukehren ge­denkt.

Ein Nachspiel znr Durchsuchung im Reichstag.

Berlin, 17. Juli. Reichstagspräsiüent Wallraf hat der Kommunistrschen Reichstagsfraktton die Abschrift eines Schrei­bens zugehen lassen, das er vorgestern an den Untersuchungs­richter beim Staatsgerichtshof, Landgerichtsdirektor Vogt, ge­richtet hat. In dem Schreiben heißt es:Da nach Ihren Darle­gungen die Taten und Pläne der Deutschen Tscheka in engstem Zusammenhang aut einem vorbereiteten Hochverrat stehen, er­teile ich Ihnen hierdurch gemäß Art. 35 Abs. 2 der Reichsver­fassung auch zur Beschlagnahine der auf das Verbrechen des Hochverrats bezüglichen Schriftstücke oder Gegenstände meine Zustimmung." Wie wir hören, hat zu diesem Schreiben des Reichstagspräsidenten die Tatsache Anlaß gegeben, daß sich un­ter den seinerzeit in den kommunistischen Fraktionszimmern beschlagnahmten Schriftstücken auch solche befanden, die nicht nur auf die deutsche Tscheka Bezug hatten, sondern Lei ihrer später im Polizeipräsidium erfolgten Durchprüfung sich als Beweisstücke für die Vorbereitung eines Hochverrats entvupp- ten. Da die Kommunisten sich über dieses Vorgehen des Un­tersuchungsrichters beim Staatsgerichtshof mit dem Hinweis j beschwert haben, daß die Genehmigung zur Durchsuchung der üraktionszimmer vom Reichstagspräsidenten nur in bezug aus ein etwaiges Verbrechen des Mordes im Zusammenhang mit der Tscheka erteilt worden war, hat der Untersuchungsrichter nunmehr nachträglich auch die Genehmigung zur Beschlag­nahme -der aufgefundenen hochverräterischen Schriftstücke erbeten und erhalten. Damit wird die Forderung der Kommunisten hmfällig, daß ihnen alle Papiere, die nicht auf die Tscheka Be­sag haben, zurückgogcben werden müßten.

Länderbcteiligung an der Reichsbahngesellschaft.

Berlin, 17. Juli. Der preußische Staat hat seine Eisen- nahnen 1920 an das Reich abgetreten. Der Kaufpreis, der 30 bnluarden Mark betrug, ist zum größten Teil dadurch vom

Reich erledigt worden, daß es die inzwischen gleichfalls hin­fällig gewordenen Verpflichtungen aus Len preußischen Staats­schuldverschreibungen übernahm. Um für den noch ausstehenden Restbetrag des Kaufpreises von etwa 1>L Milliarden Mark ei­nen greifbaren und bleibenden Gegenwert zu erhalten, wird der preußische Staat an die Reichsregierung den Antrag stel­len, ihn in entsprechender Höhe an den 13 Milliarden Stamm­aktien der künftigen Reichsbahngesellschaft zu beteiligen und später nach dem Erlöschen der Reichsbahnbetriebsgesellschaft in Höhe der verbliebenen Abfindungen Anteil an den An­lagen, Fahrzeugen usw. zu gewähren. Die übrigen deutschen Eisenbahn-Länder dürften sich diesem Vorgehen anschließen.

Ausland

Paris» 16. Juli. Der französische Botschafter in Peking hat der chinesischen Regierung drei Noten übergeben, in denen ge­gen das jüngst abgeschlossene Abkommen zwischen Deutschland und China Einspruch erhoben wird.

Widerspruchsvolle Meldungen aus Brasilien.

Paris, 17. Juli. Die brasilianische Botschaft veröffentlicht ein neues Kommunique, in dem gesagt wird, daß die Regie­rungstruppen die Einkreisung der Aufständischen mit Erfolg fortsetzen. Die Regierungstruppen hätten strategisch vorteil­hafte Stellungen besetzt und schwere Artillerie auffahren lassen. Nach einer Agentur-Meldung sollen hingegen die Aufständischen über eine gut bewaffnete und mit Tanks und Flugzeugen aus­gerüstete Armee von 34000 Mann verfügen. Sie sollen im Begriffe stehen, auf Rio de Janeiro zu marschieren. Die Re­gierung verfüge dagegen mir über 24 000 Soldaten.

Seydoux' Räumungsplan.

London, 17. Juli. Im ersten Unterausschuß unter dem Vorsitz von Snowden, der die Sicherheiten für die Gläubiger der deutschen Anleihe und die Befugnisse der Reparationskom­mission Prüfen soll, ist England durch den Schatzkanzler Snowden, den Ministerialdirektor Sampson vom Foreign Of­fice, den Sachverständigen der Reparationskommisston, Sir John William und den Reparationssachverständigen des Schatz­amtes, Otto Niemeyer, Amerika durch Uoung und Logan ver­treten. Logan gab in der ersten Sitzung die Erklärung ab, daß die Vereinigten Staaten nichts dagegen einzuwenden hät­ten, wenn ein Amerikaner zum Generalagenten der Reparatio­nen ernannt werde. Es schloß sich daran eine Erörterung über die Frage, welche Körperschaft den Generalagenten ernennen soll, die Reparationskommission oder der von amerikanischer Seite vorgeschlagene Haager Schiedsspruch. Peretti della Rocca, der Hauptdelegierte Frankreichs in diesem Ausschuß, entwickelte sein System von Sanktionen, das von der Konfe­renz festgesetzt werden solle für den Fall, daß Deutschland Len Dawesplan böswillig nicht erfüllen sollte.

Der zweite Unterausschuß, der unter dem Vorsitz von Sir- Ehre Crowe tagte, beschäftigte sich nrit der Wiederherstellung der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands. Er hat nur ganz kurze Zeit getagt, da der französische Delegierte Seydoux die Erklärung abgab, Laß die Franzosen den Wunsch hätten, die wirtschaftliche Einheit Deutschlands so rasch wie möglich her­zustellen und den wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands so wenig wie möglich zu verzögern. Seydoux wird heute ein Memorandum über die wirtschaftliche Räumung des Ruhrge­bietes Vorlogen, die in ztvei bis drei Etappen erfolgen soll. Die erste Etappe, nachdem der Reichstag die notwendigen Ge­setze angenommen hat, die beiden letzten Etappen, rrachdem die beiden Kontrollorgane des Dawesplanes in Wirksamkeit ge­treten sind. Da die Reparationskommission beschlossen hat, daß die wirtschaftliche Räumung des Rnhrgebiets erst erfolgen soll, nachdem der Börsenprospekt für die deutsche Anleihe von den Regierungen unterschrieben worden ist, dürfte sich dieser Ausschuß mit dem Vorschlag beschäftigen, an Stelle eines Beschlusses der Reparationskommission einen neuen Beschluß zu formulieren, wonach es genüge, wenn die führenden Ban­kiers des Syndikats gegenüber der Reparationskommission die Verpflichtung eingehen, daß sie gewillt seien, die geplante An­leihe auszulogen.

Außerhalb der Konferenz fanden Besprechungen zwischen Lamont von der Firma Morgan und dem französischen Fi- uanzminister Elemente! über diese Frage, und zwischen Her­riot, Thermis und Rollet über die Anwendung von Kontroll- nraßnahmen im rheinischen Eisenbahnbetrieb statt. Pläne über die Beibehaltung von militärischen Kontrollorganen im Bereich der rheinisch-westfälischen Eisenbahnen werden von den franzö­sischen und belgischen Militärsachverstän-digcn ausgearbeitet.

In gut unterrichteten Kreisen in London nimmt man an, daß die Konferenz sich bis Freitag über die Frage der Zuzie­hung deutscher Vertreter entschieden haben muß. Erfolgt diese Entscheidung in positivem Sinne, so würde sich die Konferenz am Freitag vormittag über das Wochenende vertagen und bei ihrem Wiederzusammentritt am Dienstag könnten dann deut­sche Vertreter anwesend sein.

Spaniens größte Sorge.

Madrid, 13. Juli. Die Weltpresse hat in den letzten Wo­chen viele phantastische Nachrichten über den Krieg in Ma­rokko verbreitet, deren nwist durchaus Pessimistischer Inhalt zum Glück nicht durchaus der Wahrheit entspricht. Zum Glück, so müssen wir sagen, denn von einem höheren Gesichtspunkt aus ist die Befriedigung der enropaseindlichen, barbarischen Rif­leute nicht nur ein spanisches, sondern überhaupt ein allgemein europäisches Interesse. Aber für diese Einstellung zeigt, wie die meist antispanisch gerichtete Berichterstattung der Welt­presse über die Kämpft in Marokko beweist, die europäische Oesftntlichkeit wenig Sinn. Dafür beschäftigen diese Kämpft mit immer steigender Heftigkeit das spanische Volk. Marokko ist tatsächlich der brennende, bohrende Dorn im Herzen dieser

stolzen Nation. Die Geschichte der Kämpft im Rif ist eine Ge­schichte vergänglicher Siege und furchtbarer Niederlagen, der Unfähigkeit höchster Militärs, der hoffnungslosen Revanchever­suche, des Heldenmuts, der vom Einzelnen ausgeht, der aber durch die Unfähigkeit der Führung, Lurch die Mängel der Or­ganisation wertlos gemacht wird, mit einem Wort Geschichte des gekränkten Ehrgeizes, des verletzten Nationalgefühls, kurz, die Geschichte Spaniens in der neueren Zeit: denn man kann ruhig sagen. Laß die marokkanische Frage gleichzeitig die Stuft gewesen ist, über welche die spanischen Regierungen der letzten Jahre die Macht erreichten, und über die sie, stolpernd, tief gestürzt sind. Auch für de Ribera war die Wiederherstellung der spanischen Ehre in Marokko einer der wichtigsten Pro­grammpunkte. Gerade bei der Armee, die chm für seinen Aufstieg unentbehrlich war, fand diese Forderung begreiflicher­weise den meisten Anklang. Aber auch er hat bis heute, das muß man nun einmal rücksichtslos feststcllen, die spanische Ma­rokkofrage nicht zu lösen vermocht. Das zeigt vielleicht am deutlichsten die neue Marokkopvlitik, die de Ribera nach den großen Niederlagen der letzten Zeit mit seiner Rede in Malaga inauguriert hat. Man kann diese Politik nicht anders als eine Politik der Verzichte nennen. Die große internationale Aus­gabe, die Spanien gestellt war, ist gescheitert, nun soll der Versuch gemacht werden, im Rahmen des Verzichtes, der Aner­kennung der erlittenen Niederlage wenigstens die Ehre des spanischen Namens zu retten. Ob es gelingt? De Riberas Plan geht dahin, die vorgeschobenen Posten im Rif aufzugeben, Ebenso die bedrohtesten Stellungen an der Westfront, und sich in jener Zone zu konzentrieren, welche mit Leichtigkeit durch die Küstenfestungen, wie Ceuta, Melilla, Arzila, Laraiche vertei­digt werden können. Tetuan soll auch weiterhin Sitz der Re- ierung bleiben. In Len nicht besetzten Gebieten aber sollen ie einzelnen eingeborenen Völkerstämme wiederum unter die Herrschaft ihrer alten Häupter gestellt werden, was man wird sich da nicht anders ausdrücken können mit der Aner­kennung eines Raisuli als Herr des Westens, eines Abdel Krim als Herr des Rifs durch den König von Spanien gleichbedeu­tend ist. Durch diese Maßnahmen hofft de Rivera, den Frieden im spanischen Marokko wieder herzustellen und durch die Ge­genwart der bloßen Fremdenlegion die spanische Oberhoheit über das Gebiet aufrecht zu erhalten, in welchem seit Jahren ein furchtbarer Krieg jedes Leben erstickt hatte. Mer die Durch­führung des Planes stößt auf doppelte Schwierigkeiten, ein­mal in Marokko und dann in Spanien selbst. In Rif rst die Lage besonders in bezug aus Abdel Krim schwierig, der nach der Neuordnung auch über einige Stämme herrschen müßte, welche bisher auf Seiten der Spanier gefochten haben; bei dem Hatz, welchen die Rifleute besonders gegen ihre ab gefalle­nen Glaubensgenossen hegen, ist ein außerordentlich schwieri­ges Versöhnungswerk unter den einzelnen Stämmen die Vor­aussetzung dieser neuen Ordnung. Vor allem empört sich aber Spanien selbst gegen den neuen Plan. Die Armee, ehemals doch die stärkste Stütze de Riberas, und innerhalb dieser wie­der die Besetzungsarmee in Marokko will von diesem neuen und völligenPreisgeben der Ehre Spaniens" nichts wissen, lieber den Widerstand, welchen die Truppen in Marokko dem Mili­tärdirektorium leisten, weiß man allerdings nur gerüchtweise- Aber diese Gerüchte nehmen Loch immer festere Formen am Francho, Befehlshaber in der Fremdenlegion und Oberst bei der Okkupationsarmee, hatte aus Madrid den Befehl erhalten, eine bestimmte Stellung zu räumen; er weigerte sich nicht nur, diesen Befehl durchzusühren, sondern er soll sogar mit einem Marsch aus Melilla und mit einem neuen Pronunciamento gedroht haben. Daraus erhielt der General Sansujo den Be­fehl, den chm untergebenen Oberst gefangen zu nehmen und vor ein Kriegsgericht zu stellen; aber der General erklärte sich solidarisch mit seinem Kameraden. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen hat man sogar davon gesprochen, daß sich der fünfundachtzigjährige General Weyler an die Spitze einer neuen Militärregierung stellen werde. . . Ueberhaupt, wenn hier in Spanien von einer neuen Regierung die Rede ist, so handelt es sich immer wieder um eine Militärregierung. So fest ist das Problem des Krieges in Marokko mit dem Leben der Nation verknüpft. Das zeigt vor allem deutlich die unge­heure Aufregung, in -die die sonst unpolitische spanische Nation durch den Prozeß Berengner versetzt worden ist. Es handelt sich dabei um die Verantwortlichkeiten an der furchtbaren Nie­derlage von Annual im Jahre 1921. Berengner ist nun dieser Tage vom obersten Kriegsgericht aus dem aktiven Kriegsdienst entlassen worden, während sein Untergebener, der General Navarro, welcher eigentlich 1921 die spanische Niederlage durch die Räumung des Berges Ärriut veranlaßt hatte, sreigesprochen wurde, da er lediglich ans Berenguers Befehl gehandelt habe. Weite Kreise Spaniens sind mit diesem Urteil nicht zufrieden. Noch sind die glanzvollen Tage unvergessen, wo der König den aus Afrika heimkehrenden Berengner an der Bahn abholte, eine Ehre, die sonst nur gekrönten Häuptern wiedersährt . . . Nun ist dieser Mann ein Verurteilter. Und doch herrscht er in vielen -Herzen. Man kann vielleicht sogar sagen, -daß es heute eine Bercnguer-Partei gibt, welche der Partei de Riberas feindlich gegenübersteht. Hier könnten sich die Gegensätze ent­zünden, von denen jetzt so viel gesprochen wird. Hier könnte die Spannung liegen, welche auch Primo de Rivera nicht über­winden kann. Sicher ist das nicht. Sicher aber ist, daß auch die Regierung des Militärdirektoriums ihr Schicksal nicht von dem furchtbaren Schicksal unabhängig machen kann, das Spanien immer und immer wieder in Marokko erleidet.

Ein Zwischenfall in Moskau.

Moskau, 16. Juli. In einem Hause, das von der deutschen Botschaft gemietet worden ist, erschien «in russischer Beamter, der in: Aufträge des russischen Wohnungsamtes die frühere Wohnung des ehemaligen Beamten des Deutschen Roten Kreu­zes, Stekel, versiegeln wollte, angeblich irm den Mißbrauch der