Zweites

Blatt.

Der «nztaler.

Zweites

Blatt.

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Reuenbürg, Samstag, dm 12. Juli 1924.

82. Jahrgang.

Ein Amerikaner, der sehend geworden ist.

Eine zeitgemäße Erinnerung zum Kriegsausbruch.

Der Senator Robert L. Owen aus dem Staate Oklahoma war seit seiner Rede im amerikanischen Senat im Dezember vorigen Jahres, die wie eine Bombe einschlug, öfter in deut­schen Zeitungen erwähnt worden. Mit Recht. Hatte er doch für den Eintritt der Bereinigten Staaten in den Krieg gegen Deutschland gestimmt, weil er mit Wilson dergerechten Sache ' der Alliierten" zum Siege verhelfen wollte. Als Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten hatte er dann aber Gelegenheit gehabt, sich niit der Krivgsschuldfrage zu besahen und seit dem Suchomlinow-Prozesse begann er, sich in das Material, man kann es nicht anders nennen, gradezu einzu- . wühlen, und heute darf man getrost Herrn Owen einen der ^ besten Kenner der Kriegsschuldfrage außerhalb Deutschlands nennen. Diese Beschäftigung hat in dem amerikanischen Se­nator eine Umwandlung vollzogen: er ist sehend geworden. Sein Glaube an dieGerechtigkeit" der Sache der Alliierten ist dahin, gleichzeitig auch sein fester, durch Wilson genährter Glaube an die deutsche Kriegsschuld. Seitdem tritt Senator Owen mutig für seine Erkenrttnis ein.

Daß er dafür in Amerika nach der üblichen Methode ein­fach und bequem alsprodeutsch" bezeichnet wird, mag rhm schmerzlich sein, ihm, der Vollblut-Amerikaner und stolz auf sein Amerikanertum ist (sein Großvater war ein Cherokee-In­dianer); aber es ficht ihn nicht an. Und so hat er denn kürz­lich in der Steuden-Gesellschaft in Newark, also vor den Toren Newyorks, eine Rede gehalten, die dieGerman American j World" wiedergibt und die kennzeichnend ist für den Alaun, i Er verwahrte sich gegen den Vorwurfprodeutsch" zu sein; er

> diene allein der Wahrheit und alle Teufel der Hölle sollten ihn

l daran nicht hindern. Er nannte die englischen, französischen

ch und russischen Quellen, aus denen er geschöpft hatte, erwähnte.

daß von 60 Drahtungen unmittelbar vor Kriegsausbruch 50 im russischen Auswärtigen Amte gefälscht worden seien und sagte: Die Schuld Deutschland und seinen Führern aufzübür- den, ist eine fundamentale Lüge, weil die Dokumente den un­trüglichen Beweis erbringen ich zögere nicht, es offen aus- i zusprechen den untrüglichen Beweis, daß die deutschen Füh-

! rer den Krieg nicht wollten. Und das ist bewiesen! Ich sel-

i her, ja, ich habe für unseren Eintritt in den Krieg gestimmt,

! weil ich ihn für einen gerechten Krieg ansah. Aber bei dem

ewigen Gott, als mir die Augen aufgingen, wie ich genarrt worden war, da habe ich gutzumachen gesucht, was ich gesün­digt hatte, und tat es und bleibe dabei ohne ein Wort der Entschuldigung. Mein Freund Nitti, der Ministerpräsident Italiens, der den Vertrag von Versailles mitunterzeichnete, Pflegte zu sagen:Gewiß, zur Zeit des Krieges Hielt ich es für . mein gutes Recht, zur Erstarkung des Patriotismus wlle. urrd

j jede Schuld den Deutschen aufzubürden; jetzt, wo der Krieg

vorbei ist, ist es Pflicht der Moral und des Gewissens, die ! Wahrheft zu sagen", und was Nitti dahin tun konnre, hat er

getan.

> »Also, wo lag die Wahrheit? Wahr ich daß Frankreich

! und Rußland 'durch ihre Führer sich insgeheim zu einen: Krieg

i gegen Deutschland verständigten. Jedwede Mobilmachung Oe-

! sterreichs sollte gleichzeitig den Krieg gegen Deutschland ent-

i fesseln". Der Senator fährt dann fort, das allbekannte Hand

i in Hand Arbeiten der beiden feindlichen Mächte, die finanzielle

f Unterstützung Rußlands durch Frankreich, Len Hinzutritt Eng-

> lands, Belgiens und Italiens zu schildern. Ein wesentlicher

' Faktor dieses Gesamtplanes war, Oesterreich und Deutschland

! die moralische Verantwortung am Kriegsausbruch vor aller

! Welt aufzubürden. Deutschland wußte das. Es mußte sich

fragen:Soll ich die Verantwortung auf mich laden oder fall ich ruhig warten, bis man unseren Leuten die Köpfe herunter-

schießt?" Und so kamen seine Heerführer endlich zum Ent­schlußlänger warten wäre ein Verbrechen".

Schon am 15. Juli war die englische Flotte mobil gemacht, Oesterreich, durch die Ermordung des Erzherzog Thronfolgers nur ein Glied in der Kette der panslawischen Bewegung zum Aeußersten gebracht, stellte sein Ultimatum. Deutschland hatte am 6. Juli Oesterreich zu verstehen gegeben, daß es, so lange es sich nur um Serbien handle, zu ihm stehen^ werde. Beide kannten nicht alle jene geheimen Äbnmchungen; sie wuß­ten nicht, daß es sich um einen Weltkrieg handle; glaubten, daß Serbien seine gerechte Strafe verdiene. Aber als Wilhelm Ist, am 26. Juli nach Berlin zurückgekehrt, voll durchschaute, daß ein europäischer Krieg im Anzuge sei, forderte er von Oester­reich die äußerste Mäßigung. Und Oesterreich verstand sich zu einer europäischen Konferenz. Aber der Krieg war schon in vollem Gange. Bereits am 25. Juli hatte Rußland die Mobil­machung durch einen ^dahingehenden Beschluß des Kronrats begonnen.Am 28. Juli", so sagt Suchomlinow in keinen Er­innerungen,drückte ich auf den Knopf!". Ja, er drückte den Knopf für eine Generalmobilmachung, und eine solche bedeu­tete nach einer früheren Order des Zaren, das ist aktenmäßig festgelegt, den Krieg gegen Deutschland. Was aber tat zur selben Zeit der deutsche Kaiser? Er beschwor den Zaren, mit der Mobilmachung innezuhalten; er könne nicht die deutschen Grenzen unverteidigt lassen, während jenseits derselben die Ar­meen aufmarschierten und die Artillerie und Maschinengewehre sich gegen seine Grenzen immer dichter heranschöben. Die Welt hat ein Recht darauf, zu erfahren, ob der Artikel 231 des Ver­sailler Vertrages, der Deutschland die Kriegsschuld aufbürdet, zu Recht besteht oder nicht. Der Senator tadelte dann offen den Betrug an: deutschen Volke durch die 14 Punkte Wilsons, die nicht gehalten worden leien. Man hatte den Deutschen versprochen, daß sofort nach der Unterzeichnung des Waffen­stillstandes ihren verhungerten Frauen und Kindern Nahrungs­mittel geliefert werden sollten. Aber was geschah? Unmittelbar darauf sprach ein englischer Kranratsbeschluß die Blockade über Deutschland aus, schnitt jede Zufuhr ab, ja unterband sogar Ne Fischerei in der Ostsee. Eine Grausamkeit ohne Gleichen, und das, um die deutschen Führer zu zwingen, um des Lebens und Sterbens willen jenen Vertrag von Versailles zu unterzeichnen. Es fanden sich nicht vile Deutsche, die zu unterschreiben Wil­lens waren. Aber d->r Vertrag wurde unerschrieben, und die Welt ging ihren Gang. Nun hat das französische Volk ge­sprochen und hat über Poincares Polittk den Stab gebrochen. Ich will Poinea-e zuaute hatten, daß er fein Bestes :ür sein Volk getan hat. wie er es verstand. Aber Gott der Allmächtige schütze.die Wc'i vor solcher Führerschaft!

So ipcicht ein Senator Amerikas. Die deutsche Regierung aber erfüllt weiter! Die Kosten zahlt das deutsche Volk.

Der Nutznießer des Weltkriegs.

Es ist natürlich jenes Land der berühmten unbegrenzten Möglichkeiten, des Sternenbanners und der nicht weniger be­rühmten und sprichtwörtlichen Freiheit, kurz gesagt: die USA. Man erstickt schier an der Ueberfülle der guten Dollars und diese sogenannte Hypertrophie der Geld-Wirtschaft macht Bru­der Jonathan drüben nicht geringe Pein. So hört man denn immer wieder von Projetten amerikanischer Bankkreise, Deutsch­land mit einigen Milliönchen Dollar unter die Arme zu grei­fen. Auch Herr Morgan, der Finanzdittator der USÄ., pen­delt dauernd zwischen Neuhork, London, Paris und Brüssel hin und her, um seine Dollar zu möglichst günstigen Gewinn­chancen unterzubringen. Auch Deutschland wollte er beglücken. Leider bisher immer auf dem Papier. Jedenfalls haben wir noch nichts Definitives darüber zu hören bekommen.

Was die biederen USA. am Weltkrieg, der ihnen im Verhältnis nicht übermäßige Opfer gekostet hat, gewonnen ha­

ben, mag ein Vergleich zwischen dem Bestand des National­vermögens im Jahre 1912 und 1924 erhellen. 1912 belief sich das Gesamtnationalvermögen der Vereinigten Staaten auf 230 978 794 640 Dollar, 1924 auf 320 803862 000 Dollar. Allein der Goldbestand der USA. zeigt eine noch viel gewaltigere Steigerung. Er bezifferte sich im Jahre 1912 auf 1904 694 Dollar, im Jahre 1923 auf 4 247 601 Dollar. Lehrreich ist es, in diesem Zusammenhänge die Goldbestände der anderen Staa­ten zu vergleichen. England verfügte 1912 über einen Gold­schatz im Werte von 1311300 Dollar (umgerechnet), 1923 von 1154549, Frankreich 1912 von 1200 000 Dollar (umgerechnet), und 1923 nur noch von 701479 Dollar (umgerechnet). Noch trauriger sieht es mit dem Goldbestand unseres lieben deut­schen Vaterlandes aus. Er belief sich im Vorkriegsjahr 1912 auf 915 700 Dollar (umgerechnet und ist heute auf 111274 zu­sammengeschmolzen. Weit schlimmer jedoch ist es damit um das heilige Rußland im Scheine des Sowjetsternes bestellt. Das Zarenrutzlanü verfügte über einen Goldbestand von 1011500 Dollar (umgerechnet) und kann heute nur noch mit einem Sümmchen von 45 043 aufwarten. Dennoch ist Bruder Jo­nathan in all seinen: Gold nicht glücklich. Allzuviel ist unge­sund. Das bewahrheitet sich auch in der Wirtschaftspraxis.

Calw, 11. Juli. (Beim Baden ertrunken.) Der bei der Firma Blank und Stoll beschäftigte, 17 Jahre alte Fabrikarbei­ter Karl Hermann Steck, ertrank beim Baden in der Nagold. Steck sprang mit erhitztem Körper ins Wasser, wobei ein Herzschlag seinem Leben ein Ende machte.

Stuttgart, 11. Juli. (Beamtenbezüge.) Durch die Verfü­gung des Finanzministeriums sind die Grundgohaltssätze der Beamten in den Besoldungsgruppen 16 vom 1. Juni d. Js. ab in gleicher Weise erhöht worden wie im Reich.

Zuffenhausen, 10. Juli. (Familientragödie.) Während seine Frau von der Wohnung abwesend war, nahm der er­werbslose einarmige 46 Jahre alle Fabriknachtwächter Zaifer einen Strick und hängte seinen 14jähr:,gen taubstummen Sohn auf. Nach dieser Untat nahm er sich selbst das Leben, indem er sich mit einer Hundekette neben seinem Kinde erhängte.

Bissingen a. E., 11. Juli. (Tödlicher Unfall.) In einem Fäbrikbetrieb in Besigheim ereignete sich ein schwerer Unglücks­fall, Lurch den der dort beschäftigte Familienvater Wilhelm Bolzhauser von hier ums Leben kam. Das Unglück geschah aus Unvorsichtigkeit eines Mitarbeiters infolge unrichtiger Handhabung der Sicherungsvorschriften.

Mügglingen OA. Gmünd, 11. Juli. (Eine Mahnung zur Vorsicht.) Wie ungeschickt es manchmal gehen kann, wenn Kin­der unbeaufsichtigt im der Nähe von Arbeitsgeräten sich befin­den, zeigt folgender Unfall. Während die Angehörigen am einen Ende der Wiese mit Heuen beschäftigt waren, lagerte sich ein vierjähriger Knabe bei den augenblicklich unbenutzten Kei­nen Gabeln und spielte damit. Plötzlich sing der Knocke jäm­merlich zu schreien an. Den Herbeieilenden zeigte sich ein gräß­licher Anblick. Dem kleinen Knaben steckte nämlich der Zinken einer Gabel im Fuß und zwar so tief, da er von der großen Zehe durch die ganze Fußsohle hindurch zur Ferse hinwus- ragte.

Schwenningen, 11. Juli. (Glück im Unglück.) Bei der Firma Kopp und Schlenker kam ein 12jähriger Knabe der Transmission zu nahe, wurde von ihr erfaßt und ein paar­mal herumgedreht, ohne jedoch irgend welchen ernstlichen Scha­den zu erleiden.

Ulm, 10. Juli. (Zuchtfarrenversteigerung.) Nachdem nun­mehr der größte Teil der Farren für die Versteigerung am 16. d. Mts. vorbefichtigt ist, läßt sich übersehen, was zur Verstei­gerung auf die Gänswiese nach Ulm kommen wird. Nach Zu­rückweisung einer Anzahl mittelmäßiger Farren werden 60

Der Ts«z um das goldene Kalb

34j Von Erica Grupe-Lörcher

(Nachdruck verboten.)

Das junge Mädchen selbst war auffallend still und in sich gekehrt. Alle Versuche, bei einem Gespräch unter Mithilfe der alten Dame Zyria zu fesseln und zu inter­essieren, fanden bei Zyria nur kurze und höfliche Ant­worten, die dann schnell wieder in ein gedankenvolles Schweigen versank. Was mochte sie bewegen? Auch als man nun den Rundgang um das Iagdgrundsiück unter Füh­rung des Geheimraks begann, war. es Wedell unmöglich ge­worden, an die Seite von Zyria zu gelangen. Zuletzt nahm Ee junge Frau ihn in Anspruch, und wie das junge Mäd- chen sich sichtlich bemühte, ohne Unterhaltung, und allein zwischen dem großen Schwarm der andern Gäste dahinzu­wandeln, blieb sie an einer Stelle urplötzlich stehen, um in einen stilleren Settenpfad zu starren.

Ein junges Paar hatte den Pfad eingeschlagen, sichtlich m dem Wunsche, (ungestört zu sein. Wedell erkannte den jungen Doktor-Frank Barry, diefDame war Fräulein Vir­ginia Meßmerl! Reichlich auffällig von den beiden! Das war klar. .Bei-der als extravagant bekannten Virginia konnte es einen zwar nicht wundernehmen. Aber auch der junge Arzt besaPsw wenig gesellschaftliches Taktgefühl, um

sich nicht erhaben über etwaige Redereien zu stellen-.

Und Zyria hakte-mit einem langen, unaussprechlichen Blicke den beiden nachgesehen-.

Aber Wedell! gab die Hoffnung nicht auf, Zyria heute dennoch etwas längersiprechen zu können. Er kannte ihre große Vorliebe und Geschicklichkeit für alles Häusliche. And so berechnete er: Zyria würde jetzt bald sich aus dem Schwarm der lustwandelnden Gäste lösen, um zum großen Zelte zurück­zukehren und dort der Dienerschaft ihre Anordnungen über das Abendessen geben. Vielleicht würde es ihm dann hier gelingen, sie abzufangen und sich mit ihr unterhalten zu können.

Deswegen kam ihm der Anruf des Rechtsanwalts im ststen Augenblick etwas ungelegen. Allein Forgiß war ihm sehr sympathisch, und als Vormund von Zyria konnte We­del! immer leicht das Gespräch auf das junge Mädchen brin­gen. Zudem lud ihn der Rechtsanwalt mit einer Handbe­

wegung ein, auf bem Quadrat von vier Bänken Platz zu nehmen, das am Wege unter einer Gruppe alter knorriger Apfelbäume lag.

Beide Herren begannen ihr Gespräch wie aus einem Gedankengang: der ganze Rahmen des heutigen Festes sagte ihnen beiden zu! Und auch Dr. Forgiß, der oft gern ein wenig scharf urteilte, meinte: der alte Gheimrat gefiele ihm nie besser, als wenn er ihn hier draußen im Rahmen der Natur sähe! Das stand dem so natürlichen und im Grund schlichtbürgerlichen alten Herrn weit besser, als wenn er sich als Nabob, als Gesellschaftsmensch ersten Ranges zu bewegen suchte und sich als Spender von protzig-überlade­nen, im Größenstil an amerikanische Dimensionen anleh­nende Gesellschaften und Feste gab!

Das alles' beschäftigte- Wedell im Grunde nicht sehr. Er dachte nur an Zyria. Aus Höflichkeit gab er zu allem, was der Rechtsanwalt sagte, seine Zustimmung. Aber er sann 'nur, ob er die Möglichkeit haben würde, Zyria zu spre­chen! Plötzlich sah er sie oben am Miesenpfad erscheinen!

Run kam sie! Sein Auge eilte ihr entgegen-. Sie

konnte die beiden Herren nicht umgehen, muhte unmittelbar an ihren Bänken vorüber, da kein anderer Weg vom Walde -zum Zelte führte. Aber konnte er es, ohne aufdringlich zu 'erscheinen, ermöglichen, das junge Mädchen von hier aus -auzusprechen-, in eine Unterhaltung zu ziehen-?

Zum Glück schien der Rechtsanwalt seine Gedcncken zu erraten. Alsrscharser Psycholog' war chm nicht entgangen,

- wie Wedel? nach vorheriger Schwei^amkeit plötzlich voller 'Lebhaftigkeit und Interesse- Zyria entgegensah. Er neigte .sich über die Lehne der-Bank, streckte'seine Hand Zyria zu und rief: «Hallo! Zyria! Mohin schon wieder? Hast du gar keine Zeit für uns?"

Da blieb sie lächelnd stehen. .Wen» alles klappen soll, Onkel Forgiß, muß es immer Heinzelmännchen geben, die hinter den Kulissen wirken!"

.Und darüber kommst-du gar nicht recht dazu, die Herr­lichkeit der Natur hier draußen zu genießen, Kind!"

Zyria ließ sich zu den Herren auf einer der im Quadrat stehenden Bänke nieder. Es kam einen Moment wie eine bleischwere Ermattung und Niedergeschlagenheit über sie. Wie fürchterlich war doch immer diese erzwungene Selbst­beherrschung, dieses Verbergen innerer Gefühle und wühlen­der Empfindungen vor den 'Augen der.Gesellschaft! So war

es ihr eine förmliche Erquickur»g, sich hier zwischen zwei ihr so sympathischen und ihr wohlgesinnten Menschen ausruhen zu dürfen.

.O, Onkel Forgiß, ich habe sonst schon die Natur hier genießen dürfen!" und sie zwang sich, auf den Gedanken­gang des Rechtsanwaltes einzugehen. .Im Frühling war es besonders schön hier, und ich habe es förmlich bedauert, als ich zur Begleitung von Fräulein Amanda immer wieder Reisen mikmachen mußte: zum Besuch von auswärtigen Be­kannten; zu auswärtigen Theakerpremieren, von denen sie sich sehr viel versprach; zur Erstaufführung von irgend einem

Oratorium oder einem bedeutenden Sinfoniekonzerk-!

Ach, wieviel schöner war es hier draußen, wenn keine Men­schenseele ringsum zu sehen, nicht zu hören war! Die gan­zen langen Reihen der alten LUistbcmme waren übersäk mit weißen und zartrosa Blüten, als spanne sich ein zarter

weißer Schleier rings über die Bäume-. Und aus dem

frischgrünenden Walddickichk klang der Gesang der heim­gekehrten Singvögel. Das klang wie ein einziges schwe­bendes, jubelndes Jauchzen! Ach-das war schön!"

In dem Schweigen, in das sie alle drei nun wieder ver­sanken, wanderten ihre Augen traumverloren in die Weits. Rückwärts gingen ihre Gedanken, als sie daran dachte, wie sie oft im warmen Frühlingssonnenschein hier gesessen, froh, aus dem Trubel der Gesellschaften, der Diners, der Unter­haltungen, dem ewigen Hasten nach Abweslung und Zer­streuung entronnen zu sein. Und dann war wie ein dumpfer, sehnsüchtiger Schrei der Wunsch nach einem eigenen stillen Glücke in ihr aufgestiegen, nach einem eigenen Winkel, den sie reizvoll geschaffen und den sie mit einem einzigen gelieb­ten Manne teilen durfte, um ihm ein Lebenskamerad zu sein. Immer von neuem waren ihre Gedanken zu Frank geeist. Fragen, ob er sie wirklich lieb hakte, ob er sein Be­nehmen, das oft an ein herzliches Bewerben streifte, zu einer entschlossenen Bewerbung erklären würde? Leise, bitter nagende Zweifel stiegen dann in ihr auf. Und diese suchte sie niederzuringen in der jubelnden Zuversicht in der Erin­nerung an seine Blicke, seine Herzlichkeit und die beiden Male, in denen er ihre Hand und dann einst ihre Lippen mit Küssen überdeckt. Rein, er spielte nicht mit ihr. Er wollte nur noch warten, um vielleicht seine pekuniäre Lage klarer und übersichtlicher zu gestalten, gerade wo er wußte, sie konnte ihm kein größeres.Vermögen mitbringen! (Ftj.folgt)