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dem Verdacht des Hochverrats freizusprechen. Er greift die Taktik des Zentrums heftig an und kritisiert die Wahl der Schriftführer. Die nationale deutsche Arbeiterschaft werde nur von seiner Partei vertreten und das deutsche Volk müsse jetzt zwischen Hakenkreuz und Sowjetstern entscheiden. Abgeordneter Levi (Soz.) flickt den Nationalsozialisten am Zeug und tritt für die Freilassung der inhaftierten Abgeordneten ein. Dann übt er Kritik an dem Verhalten Ludendorffs im vorigen November. — Abgeordneter Thelmann (Kom.) erklärt, daß die Kommunisten auf den bewaffneten Aufstand nicht verzichten wollten und sich durch keine Verbote einschüchtern ließen. Die Stadt Hindenburg werde bald in Leningrad umgetaust. — Abgeordneter Dr. Kahl (Deutsche Volkspartei) kritisiert die Ausführungen des Vorredners und sagt, das völkische Programm enthalte einen starken kommunistischen Einschlag. Abgeordneter Dittmann (Soz.) teilt mit, daß seine Partei für die Freilassung der Kommunisten stimmen werde. Nach persönlichen Bemerkungen beschließt das Haus gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten, die Freilassung der Kommunisten Pfeiffer und Lindau abzulehnen, ebenso des Kommunisten Schlecht. Damit war die erste Sitzung zu Ende. Auf der Tagesordnung der zweiten, auf 5 Ühr anberaumten Sitzung, steht die Entgegennahme einer Erklärung der Reichsregierung.
Präsident Wallraf teilt bei Eröffnung der Sitzung mit, daß auf Antrag des Reichspräsidenten mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Reichsjustizministeriums Staatssekretär Joel beauftragt hat. Sodann ergreift der Reichskanzler das Wort um die Erklärung der Regierung abzugeben. Er verweist zunächst auf Ne ernste und bedrängte außenpolitische Lage -des Reiches, auf die Notlage der Wirtschaft und sucht hier die Verzögerung der Kabinettsbildung zu begründen. Auf das Sachverständigengutachten übergehend, betont "der Kanzler, daß die Reichsregierung die bereits im Gange befindlichen und durch "die Regierungsbildung nicht verzögerten Vorarbeiten zur Durchführung des Gutachtens fortsetzen werde. Aufgabe der verschieden Organisationskomitees werde es sein, die vorhandenen Lücken auszufüllen, Unklarheiten und Widersprüche aufklären. Die Befugnisse -der Kommissare müßten völlig klargestellt und abgegrenzt werden und Zweifel hinsichtlich der deutschen Mehrheit in dem Verwaltungsrat der Reichsbahn beseitigt werden. Die Frage der Zölle und Verbrauchsabgaben sei mit der Gegenseite zu erörtern und die Tätigkeit des Agenten für die Reparationszahlungen noch im Einzelnen zu regeln. Nach einem Appell an den Reichstag zu tätiger Mitarbeit an der Verwirklichung des Gutachtens erklärt der Kanzler, daß die von unserer Seite zu erlaffenden Gesetzentwürfe und Anordnungen erst in Kraft treten werden, wenn klar und eindeutig feststeht, daß auch -die Gegenseite das Gutachten als ein unteilbares Ganzes annimmt und wenn Gewißheit dafür gegeben ist, daß die Gegenseite gleir^eitig alle die Maßnahmen trifft, die in dem Gutachten als notwendig bezeichnet sind, um die deutsche Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Die Vertriebenen und Gefangenen müßten in ihrer Heimat sich ungestörter Arbeit hingeben können. Wenn so das Gutachten im Geiste ehrlicher Verständigung als Ganzes von allen beteiligten Regierungen angenommen und durchgeführt werde, würden wir wieder zu normalen Verhältnissen gelangen. Eine Unerläßlichkeit sei die Räumung der unrechtmäßig besetzten Gebiete, worauf die Sachverständigen selbst hinwiesen. Vor allen diesen Fragen müßten alle innerpolitischen Probleme vorerst zurücktreten. Die Reichsregierung richte ihr Augenmerk -darauf, die aus dem Gutachten sich
ergebenden schweren Lasten gerecht zu verteilen. Vom Reichstag verlangt der Kanzler Einigkeit, um die Gesundung fortsetzen zu können. Des Deutschen Reiches Untergang dürften wir nicht verschulden. Das Ausland aber müsse endgültig den Beweis erbringen, -daß es zu ehrlicher Mitarbeit bereit ist. Es gehe um Deutschlands Rettung und die Hilfe müsse unseren Landsleuten an Rhein und Ruhr schnell gebracht werden. Die Erklärung fand bei den bürgerlichen Parteien lebhaften Beifall. In ihre Diskussion wird morgen vormittag 10 Uhr eingetreten.
Berlin, 5. Juni. Nach der gestrigen Plenarsitzung des Reichstages traten die einzelnen Fraktionen zusammen und bereiteten die Erklärungen vor, die sie heute durch ihre Redner abgeben werden. Die Mittelparteien wollen laut „Berliner Tageblatt" die Frage, in welcher Formulierung eine Billigung der Regierungserklärung beantragt werden soll, von dom Verlaus -der Debatte abhängig machen. Der „Berliner Lokalanzeiger" bezeichnet das Gerücht, -daß sowohl bei den Kommunisten, als auch bei den Nationalsozialisten die Absicht bestehe, ein positives Vertrauensvotum für die Regierung einzubringen, um eine klare Abstimmung über die Gesamtpolitik der Regierung zu erzwingen. Selbstverständlich würden die Antragsteller selbst gegen ein solches Vertrauensvotum stimmen.
Wer nicht pariert, fliegt hinaus.
München, 4. Juni. Nach einer Blättermeldung ist der kommunistische Abgeordnete Anderl, der in der letzten Lomd- tagssession Vorsitzender der kommunistischen Fraktion war, aus dieser ausgeschlossen worden, offenbar deswegen, weil er sich weigerte, einen Revers zu unterschreiben, wonach die kommunistischen Abgeordneten kein Schweigegebot über vertrauliche parlamentarische Mitteilungen anerkennen.
Das böse Beispiel wirkt ansteckend.
Weimar, 4. Juni. In der heutigen Sitzung des thüringischen Landtages kam es bei >der Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Hermann (VSPD.), der die Anwesenheit der Regierungsmitglieder forderte, die in der Sitzung nicht erschienen waren, zu Lärmszenen, -die durch Unterbrechungen und Schimpfworte der Kommunisten hervorgerufen wurden. Die Sitzung wurde von dem amtierenden Vizepräsidenten geschlossen, worauf der Aeltestenausschuß zusammentrat, um zu Len Vorgängen Stellung zu nehmen. Der Aeltesöenrat hielt es für angezeigt, zunächst eine gewisse Beruhigung eintreten zu lassen. Infolgedessen wurde die vorgesehene Unterbrechung der Sitzungsperiode durch Las Pfingstfest bereits heute vorgenommen. Die nächste Landtagssitzung findet am 17. Juni statt.
Schwerin, 4. Juni. In der heutigen Vollsitzung des mecklenburgischen Landtages kam es vor der Neuwahl -des ersten Vorsitzenden, für den die Deutschnationalen den Abgeordneten Mettenhausen vorschlugen, zu wüsten Lärmszenen und schließlich zu Handgreiflichkeiten zwischen dem Sozialdemokraten Moltmann und dem Kommunisten Wenzel. Unter großer Erregung und allgemeinem Lärm wurde die Sitzung schließlich unterbrochen.
KattowiH, 4. Juni. Laut „Kattow-itzer Zeitung" -ist es im Sejm zu einer Prügelszene gekommen. Der kommunistische Abgeordnete Krolikowki hatte in einer von -ihm eingereichten Interpellation führende Personen der sozialistischen Partei beleidigt. Bei der Auseinandersetzung mit den sozialistischen Abeordneten wurde Krolikowki geschlagen.
Kerne Hilfskredite Amerikas für Deutschlaich.
Washington, 4. Juni. Der auswärtige Ausschuß SeS amerikanischen Senats hat den dom Repräsentantenhaus bereits angenommenen Antrag, Deutschland zur Unterstützung seiner hungernden Kinder einerr Kredit von ln Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen, mit 11 gegen 6 Stimmen abgelehnt. Ebenso wurde ein Antrag, Deutschland eine Hilfsanleihe von einem unbestimmten Betrag zu gewähren, abgelehnt. Endlich hat der Ausschuß mit S gegen K Stimmen einen Antrag der. warfen, der darauf abzielt, über die Schuld an dem Kriege eine Untersuchung vorzunehmem (Weshalb? Schrift!.)
Ein Junge als Postpaket. In einem mexikanischen Dorfe war ein achtjähriger Junge bei seiner Tante zu Gast. Als sie ihn seinen Eltern nach dem zwölf Meilen entfernten Städtchen zurückschicken wollte, hatte sie niemand, der ihn begleiten könnte. Auf den Rat des Postillons, der gerade in dieses Dorf mit seinem Auto kam, um Postsachen zu holen, gab sie den Jungen als Postpaket -auf. Er wurde abgewogen. Für die 70 Pfund, die er wog, zahlte sie 36 Cents in Postmarken, die zusammen mit der Paketadresse dem Jungen anfgeklebt wurden. Daneben wurde ihm noch ein Zettel „Zerbrechlich" angeheftet.
Ein bestialischer Piratenüberfall. Nach einer Meldung der „Centtal News" aus Hongkong haben chinesische Piraten 100 Mitglieder der portugiesischen Kolonie in und bei Macao gefangen genommen. Später versuchten sie, sich eines Schiffes zu bemächtigen, wurden aber von der Besatzung zuruckgeschlagen; sie ließen 20 Tote zurück. Die Erbitterung unter den Piraten war so -groß, daß sie aus den hundert Gefangenen die Frauen und Kinder heraussuchten und diese nieder- rnetzelten.
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