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Politische Wochenrundschau.
Die Wahlschlacht ist zu Ende. Das Ergebnis war, wie allgemein vorhergesehen, ein starkes Anwachsen der extremen Parteien von rechts und links. Die württ. Landtagswahl war durch die großen Strömungen im Reich, die nach den Flügeln drängten, beeinflußt. Ganz auffallend ist in Württemberg die Niederlage der Sozialdemokratie, die nur 15,8 Prozent sämtlicher abgegebenen Stimmen auf sich vereinigte, gegen 29,2 Prozent bei den Landtagswahlen im Jahre 1920- Demgegenüber steigerte sich der Anteil der Kommunisten von 3 Prozent auf 11,5 Prozent. Weniger groß als das Erstarken! der Linken ist in Württemberg die Zunahme der Rechten. Rechtsblock und Bauernbund konnten zusammen ihren Anteil von 27 Prozent im Jahre 1920 nur auf 30,1 Prozent erhöhen. Hierzu kann noch der Völkisch-Soziale Block gerechnet werden, dessen Anteil 4 Prozent beträgt.
In ähnlichem Verhältnis sind die deutschen Reichstagswahlen ausgefallen. An der Spitze stehen hier die Deutschnationalen, die zusammen mit dem Landbund es auf 105 Sitze gebracht haben. Aber eine völlige Klärung der Lage hat die Wahl doch nicht gebracht. Ueberall hört man die Frage: Was nun? Die Reichsregierung hat vor den Wahlen in ihrem Aufruf hervorgehoben, worum es.gehe, nämlich um die Annahme oder Wlehnung des Sachverständigen-Gutach- tens. Ganz unter diesem Gesichtspunkt wird der Ausfall der Reichstagswahl von der ausländischen Presse beurteilt. Die englische Presse hegt große Befürchtungen, ob Deutschland den Sachverständigenplan wirklich annehme. Die französische Presse versucht den Ausfall der Wahl für wahlhetzerische Zwecke im eigenen Lande auszuschlachten. Das Ergebnis sei ein Zeichen, daß Deutschland nicht einsehen wolle, daß es den Krieg verhören habe; es huldige nach außen zwar der Republik, um Frankreichs Mißtrauen einzuschläfern, halte aber die Flinte bereit und'das Pulver trocken. Keine Regierung könne sich in Deutschland halten, es sei denn eine kommunistische oder eine der Revanche.
Dazu ist aber doch zu bemerken, daß die Reichstagswahl kein Mehrheitsvotum gegen die bisherige Erfüllungspolitik gebracht hat. Von den 471 Reichstagsabgeordneten verfügt die eigentliche bisherige Opposition bestehend aus Deutschvölkischen, Deutschnationalen und Kommunisten, nur über 199 Sitze. Sie sind aber doch stark genug, um die zur Ausführung des Sachverständigenplans erforderlichen Maßnahmen zu sabotieren. Ob dann eine Neuwahl eine wesentliche Aenderung in der Zusammensetzung des Parlamens bringen würde, ist fraglich. Bei Betrachtung der künftigen politischen Möglichkeiten ist eher zu erwarten, daß die Deutschnationalen das Odium der Ablehnung des Sachverständigenplans nicht auf sich nehmen. Bei ihrer Vaterlandsliebe und Verantwortungsgefühl, die in Großadmiral Tirpitz in ihrer Partei einen neuen Wächter und Förderer gefunden hahen, wird die Partei, wenn sie an verantwortungsvolle Stelle kommt, sich dieser Notwendigkeit nicht entziehen können. So dürfte unsere Zukunft sich doch weniger schwarz gestalten, als es auf den ersten Blick Len Anschein hatte und unsere Feinde es wünschen.
Kleine Ursachen, große Wirkungen. Das zeigt der deutschrussische Zwischenfall in Berlin, wo deutsche Polizeibeamte das Gebäude der russischen Handelsvertretung durchsuchten, und einige Angestellte, die ihnen bei der Verfolgung eines Hochverräters Widerstand leisteten, verhafteten, ferner russisches Propagandamaterial zur Verhetzung der deutschen Reichswehr beschlagnahmten. Das hat zu einem sehr erregten Notenwechsel zwischen dem russischen Botschafter in Berlin Kre- stinski und dem deutschen Außenminister Stresemann geführt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der diplomatische Schutz der Exterritorialität nur der russischen Botschaft, keineswegs der russischen Handelsvertretung zukommt. Trotzdem hat die russische Regierung die Handelsvertretung geschloffen, den Verkauf von Getreide an Deutschland eingestellt und andere Repressalien ergriffen. Fast unglaublich klingt es, wenn der russische Außenminister Litwinow von einem Frontwechsel der deutschen Regierung und von einer französisch-deutschen Verschwörung gegen Rußland spricht. Da keinerlei sachliche Gründe für die Ausschlachtung dieses Vorfalls maßgebend find, ist zu hoffen, daß die Verhältnisse wieder ins richtige Gleis gebracht werden können. Wenn dabei das tatsächliche Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und den russischen Missionen vollständig geklärt wird, so kann es als ein Erfolg gebucht werden.
Deutschland.
Stuttgart, 9. Mai. Der frühere Hauptgeschäftsführer des deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes, Alfred Roth, der auf der Reichsliste der DNVP. stand, ist nun doch noch durch Reststimmen in den Reichstag gekommen.
Essen, 9. Mai. Im Ruhr geb iet fanden gestern etwa 300 Massenversammlungen der Belegschaften der einzelnen Schachtanlagen statt. In diesen Verhandlungen wurde die kommunistische Generalstreikparole abgelehnt. Der Schiedsspruch des Reichsarbeitsministers über Las Arbeitszeitabkommen wurde aber ebenfalls für unannehmbar erklärt.
Dortmund, 9. Mai. Wegen Kohlenmangels wurde der Hochofen 5 der Dortmunder Union stillgelegt. Auch das Martinwerk muß wegen Kohlenmangels die Arbeit einstellen.
Berlin, 9. Mai. Um für die in Berlin und Potsdam 2 unterlegenen Abgeordneten von Raumer und von Kardorff Platz zu schaffen, haben Dr. Kahl und Dr. Stresemann sich entschlossen, auf die Mandate in Berlin und Potsdam 2 zu verzichten und die Wahl auf die Reichsliste anzunehmen. Raumer und Kardorff gehören also auch dem neuen Reichstag an.
Berlin, 9. Mai. Die sowjetrussische Propaganda scheint neuerdings nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern mit besonders kräftigen Mitteln zu arbeiten. So wird zum Beispiel aus Rom gemeldet, daß sich auch in Italien durch
Reuenbürg, Samstag, den 10. Mai 1924.
82. Ja hrga ng.
das freche Auftreten der kommunistischen Internationale die Zwischenfälle mehren und daß diese kommunistische Wühlarbeit mit finanzieller Unterstützung der Sowjetregierung betrieben wird.
Der Reichslaudbund gegen Hergt.
Berlin, 9. Mai. Der Vorstand des Reichslandbundes hat eine Entschließung gefaßt, die in der Frage des Sachverstän- digen-Gutachtens eine scharfe Absage an Hergt bedeutet. In dieser Entschließung heißt cs: „Der Reichslandbund erklärt nach Kentnnisnahme des nunmehr vorliegenden Gesamtplanes der Sachverständigen die darin Deutschland zugemutete Preisgabe von Hoheitsrechten für unannehmbar und lehnt das Gutachten in der vorliegenden Gestalt als praktische Grundlage für die Lösung des Entschädignngsproblems ab. Der Reichslandbund fordert, daß eine Regierung gebildet wird, welche dem Feindbund Gegenvorschläge zustellt, welche wirtschaftlich erfüllbar sind und politisch die Freiheit bringen."
Fürst Bülow und die Kanzlerfrage.
Berlin, 9. Mai. In deutschnationalen Kreisen soll man angeblich sich mit dem Wunsche tragen, den Fürsten Bülow, falls er zu einem Rcchtsblock kommt, mit der Kanzlerwürde zu betrauen. Nun läßt sich die „Vossische Zeitung" aus Rom melden, daß Fürst Bülow durchaus keine Neigung hat, sich wieder in das politische Getriebe zu stürzen. Bei seinem 75. Geburtstag hatte er den vielen Gratulanten immer wieder versichert, daß er nur den einen Wunsch habe, seine Tage in der ihm so lieb gewordenen Villa Malta zu beschließen und erklärt: „Mit der Politik beschäftige ich mich nur vom historischen Standpunkt aus." Das wird man nicht ganz wörtlich zu nehmen brauchen;, und man kann doch überzeugt sein, daß es den 75jährigen nicht mehr nach der Würde des Kanzleramtes zieht. „In den italienischen Verwandtenkreisen des Fürsten Bülow zirkuliert allerdings", so fährt der Berichterstatter des Berliner Blattes fort, „das Gerücht, daß Fürst Bülow ganz gerne einmal Reichspräsident würde". Das möchten wir aus eigener Wissenschaft bestätigen. . Schon vor ein Paar Jahren hörten wir aus dem Mund- des Fürsten Pulow, wenn das deutsche Vaterland ihn rufe, würde er sich nicht versagen.
Das Mißtrauensvotum gegen von Branbenstein avgelehnt.
Schwerin, 9. Mai. Im Landtag erklärten gestern die drei bisherigen Minister sich bereit, die auf sie entfallene Wahl anzunehmen. Ein erneuter kommunistischer Mißtrauensantrag wurde gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Die Sozialdemokraten enthielten sich der Stimme. Auch die Deutschvölkischen stimmten gegen den kommunistischen Mißtrauensantrag, obgleich dieser Antrag dem Mißtrauensantrag der Völkischen vom Dienstag entsprach.
Ausland«
London, 9. Mai. „Daily Telegraph" meldet aus Moskau, daß die äußerste Linke der Bolschewistenpartei die Zügel der Regierung vollständig in die Hand bekommen habe. Der Chef des Generalstabes in Petersburg und der Direktor der militärischen Verbindungen sind verhaftet worden. Man wirft ihnen vor, mit den Gegnern der Kommunisten in Verbindung gestanden zu haben. Die beiden Angeklagten sind dem Volkskommissariat überliefert worden, welches zurzeit die Tscheka ersetzt. — Unter der Anklage, sich der kommunistenfeindlichen Propaganda schuldig gemacht zu haben, sind eine große Anzahl von Einwohnern aus Dörfern der Gegend des Ural und von Orenburg verhaftet worden. Sie werden zurzeit in mehreren Etappen nach Sibirien gebracht.
Frankreich im Wahlkampffieber.
Die Hetze gegen Deutschland steigert sich in der rechtsstehenden Presse wieder bis zum Paroxysmus. In der „Li- berte" zitiert man ein Wort, das der greise Clemenceau gestern einem Zeitungsberichterstatter sagte, der von Clemenceau die Meinung über das deutsche Wahlergebnis wissen wollte. Clemenceau erwiderte: „Mit dieser Rasse läßt sich nichts mehr anfangen". Aus dieser Aeußerung ziehen die Blockorgane den Schluß: Für Frankreich gebe es nur eine Politik gegen Deutschland und das sei die Roms gegen Karthago. Was die diplomatische Lage betrifft, läßt sich den hier vorliegenden Mitteilungen entnehmen, daß Poincare drei Berichte über das Ergebnis der englisch-belgischen Besprechungen erhielt. Wie man offiziös mitteilt, wird Poincare bis nächsten Montag von Paris abwesend sein. Seine Pflicht als Wähler und Politiker rufe ihn ins Maasdepartement.
Eine Kraftprobe des Kabinetts Macdonald.
London, 9. Mai. Clhnes teilte inr Unterhause mit, daß die Regierung in dem von Baldwin eingebrachten Antrag über die Einfuhrabgabe, der nächsten Dienstag erörtert werden soll, ein Mißtrauensvotum erblicke. Das bedeutet, daß die Regierung Macdonald die Aufhebung der Mac-Kenna-Zölle durch Stellung der Vertrauensfrage erzwingen will.
Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.
Sonntagsgedanken.
StjlleundKraft.
Welche unserer heutigen Propheten sind vierzig Tage und vierzig Nächte in der Wüste gewesen — ganz allein vor dem Angesicht Gottes? Nur Menschen, die dem standzuhalten vermögen, die so gewachsen sind, füllen den Ring der Gemeinschaft mit Leben. Mut, Verzicht, Kraft, einsam zu sein, ist der Boden für alles Leben, auch für die Liebe. Man muß seine Seele haben, um sie hingeben zu können.
Jetzt, wo Deutschland elend und krank im Fieberwahn liegt, von allen Seiten mit Zertrümmerung bedroht ist — jetzt ist die Stunde der stillen Deutschen gekommen, derer, die, ohne es zu wissen oder zu wollen, nicht anders sein kön
nen als deutsch, die bereit sind, in duldender Treue mit ihrem Vaterland durch dick und dünn zu gehen, der frommen Deutschen, die gar nicht wissen, daß es fremde Götter gibt, die von den Gierigen angebetet werden, der Armen im Geiste, die wunschlos zufrieden mit ihren kleinen Lebensfreuden spielen, deren Wissen nur darin besteht, daß jeder Sterbliche sein Kreuz durch Freud und Leid des Lebens tragen mutz, die in. ihrer Genügsamkeit fröhlich sein können, weil sie die wahre Heimat der Seele in ahnungsvoller Sehnsucht ahnen und erkennen. Hans Thoma.
Neuenbürg, 9. Mai. In den letzten Monaten sind in Hessen und Frankfurt a. M. in größeren Mengen falsche Reichsgoldanleihestücke aufgetaucht. Es handelt sich meist um recht geschickt nachgeahmte Stücke über 1 und 5 Dollar. In weiten Kreisen scheint es noch unbekannt zu sein, daß die Reichsschuldenverwaltung in Berlin Belohnungen bis zu 5000 Goldniark für solche Personen zur Verfügung hat, die zweckdienliche Angaben über das Vorhandensein von Werkstätten zur Anfertigung falscher Goldanleihestücke, über die Hersteller sowie Verbreiter von solchen Stücken macht. Die Falschmünzer ziehen sich allerdings in die verschwiegensten Winkel zurück und drucken hauptsächlich bei Itacht. Durch Wahrnehmung und Anzeige verdächtiger Geräusche können sie aber zur Verhaftung gebracht werden. Die Verbrecher ziehen sich auch in Sommerfrischen und einsame Landhäuser zurück. In Zeiten der Arsieitsnot suchen die Falschmünzer durch Versprechen ungeheurer Gewinne Mitarbeiter. Die Gewinne bleiben meist aus. Die Anzeige des Versuchers aber bringt dem Verführten eine sichere Belohnung und befreit ihn vor allem von dem ständig auf ihn lastenden Druck der Gefahr des Entdeckt- und Bestraftwerdens.
Baden.
Hochemmingen (Amt Donaueschingen), 9. Mai. Heute vormittag 7 Uhr 30 Minuten brach in dem alten, ganz asts Holz bestehenden und mit Schindeln bedeckten Hause des Bürgermeisters Engesier Feuer aus. Binnen 20 Minuten stand das ganze Anwesen in Hellen Flammen, so daß es unmöglich war, daraus noch etwas zu retten. Die Stärke der Flammen war derart, daß über den ganzen Ort eine Flut brennender Schindeln herniederging. Infolgedessen wurde auch das in der Nähe stehende Haus des Waldhüters Josef Durler von dem Feuer erfaßt und brannte im Innern vollkommen aus. Was nicht vom Feuer zerstört wurde, wurde durch Wasser unbrauchbar gemacht. Außer dem Wohngebäude des Bürgermeisters wurden auch die neben und hinter dem Hause liegenden 2 Stallungen, 2 Scheunen und 2 Schöpfe samt dem Vieh und sonstigen Inhalt ein Raub der Flammen. Gegen 9 Uhr trafen die Feuerspritzen von Villingen und Schwenningen ein, deren energisches Eingreifen die Rettung der übrigen Gebäude des Ortes zu verdanken ist. Glücklicherweise war infolge der letzten Regenperiode genügend Wasser vorhanden. Auch erhob sich kein starker Wind. Gegen 10 Uhr konnte die Feuergefahr als beseitigt angesehen werden. Uebsr die Brandursache verlautet noch nichts Bestimmtes. Man spricht davon, daß das Feuer von der Bühne des Bürgermeisterhauses aus seinen Ausgang genommen habe. Der Gehäudeschaden wird vorläufig auf 35 000 Mark und der Inventar- und Viehschaden auf 40000 Mark geschätzt.
Waldshut, 8. Mai. Der Arbeiter Franz Mutter von Unterlauchringen, der von dem Erwerbslosen Albert Scherer aus Kollnau (Amt Waldkirch) hypnotisiert und nach der Hypnose tobsüchtig wurde, mußte in die psychiatrische Klinik in Freiburg verbracht werden. Mutter, dessen Zustand sich vorübergehend besserte und aus der Anstalt entlassen werden konnte, mußte neuerdings wieder wegen Tobsucht in die Irrenanstalt nach Freiburg verbracht werden. Alle Bemühungen des badischen Landespolizeiamtes, des Hypnotiseurs habhaft zu werden, waren bisher ergebnislos.
Lörrach, 8. Mai. Ein Hotelier in Basel hat bei seiner Ankunft auf dem badischen Bahnhof in Basel das Geld unrichtig angegeben, das er bei sich hatte. Er wurde deshalb von der deutschen Zollbehörde in Basel zu einer Geldstrafe von 200 Goldmark verurteilt. Außerdem wurden die in seinem Besitz befindlichen 2000 Rentenmark beschlagnahmt. Diese 2000 Rentenmark waren dazu bestimmt, ein während der Inflationszeit von Deutschland aus in Luzern aufgenommenes Darlehen in Schweizer Franken zu einem Teil abzuzahlen. In der beantragten gerichtlichen Entscheidung verharrte das Gericht auf der Beschlagnahme der 2000 Rentenmark und ermäßigte nur die Geldstrafe von 200 auf 100 Goldmark, nebst Tragung der Kosten._
Handel und Verkehr.
Ulm, 8. Mai. (Pferdemarkt.) Zutrieb 209 Pferde. Preise: mittelschwere jüngere Arbeitspferde 1500 2000 M-, ältere 500 bis 800 M., Fohlen zweijährige 800—1200 M., jährige 500—800 M. Der Handel war lebhaft.
Wirtschaftliche Wochenrundscha«.
Geldmarkt. Die Wahlen sind nicht so ausgefallen, daß die Lage des Geldmarktes dadurch eine Erleichterung erfahren könnte. Der Mangel an einer klaren Mehrheit im neuen Reichstag läßt die Frage offen, ob die alte Koalition mit ihrem Erfüllungswillen bleibt oder eine neue, dem Dawes- diktat weniger geneigte, sich bildet, ferner die Frage, ob die neue Zusammensetzung des Reichstags die Bereitwilligkeit des Auslandes zu einer Kreditgewährung an Deutschland erhöhen oder vermindern wird. Bis jetzt hört man, daß die privatim aufgenommenen Auslandskredite sehr spärlich fließen und so hohe Zinslasten verursachen, daß der zweite Geldnehmer in Deutschland den vom ersten erhobenen Aufschlag nicht zu tragen vermag. Die Reichsbank hat einen unbefriedigenden Ausweis veröffentlicht, wird also von ihrer Diskontsperre so rasch