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sehr schön. Der Roggen bleicht bereits. Ein aus­giebiger Regen wäre erwünscht. Das sommerliche Wetter kommt der Kirschenpflücke sehr zu statten. Die Quantität schlägt besonders im Tal vor. Der Versand nach Bayern ist wie in früheren Jahren sehr lebhaft; es werden 1822 A per Pfd. bezahlt. Die Tranbenblüte hat begonnen.

Heilbronn, 21. Juli. Nach einer Mitteilung aus Heidelberg ist Mogler am Sonntag zuletzt in Mannheimgesehen" worden. Von Mannheim wollte er, wie er einigen Leuten erzählte, die ihn erst nachträglich erkannten, am Montag nach Hand­schuchsheim bet Heidelberg zur Kirchweih gehen. In Heidelberg und Umgebung find große Plakate mit dem Bildnis Moglers und mit dem Steckbrief angeschlagen worden.

Neckarsulm, 21. Juni. Unsere Reben entwickeln sich unter dem überaus günstigen Einfluß des anhaltenden Sonnenscheins in herzeifreuender Weise. Sie stehen nicht nur recht üppig und gesund, sondern haben auch einen recht schönen Trauben­ansatz. Die Blüte ist in vollem Gang. Von schäd­lichen Jnstkten hört man erfreulicherweise nichts.

Benningen, 22. Juni. Ein junger Mann geriet lt. Ludwigsburger Zeitung, als er über die Straße springen wollte, uuter ein Automobil, wobei ihm beide Schienbeine stark zerquetscht wurden. Der Lenker des Automobils trifft keine Schuld. Den Besitzer nahm sich sofort des Verunglückten an.

Bei einem Gewitter am 17. Juni wurde in Echterdingen ein Mann, der auf einem Leiterwagen vom Feld heimkehrte, vom Blitz getötet. Eine der beiden vorgespannten Kühe wurde zu Boden geworfen, ohne Schaden zu nehmen; eine Frauensperson erlitt am Arme leichtere Ver­letzungen. In Fluorn fuhr der Blitz etwa 50 m vom letzten Hause in 8 Telegraphenstangen, die sich auf eine Strecke von 800 m verteilen. Eine derselben wurde zerfetzt, 2 andere schwer beschädigt. Bei demselben Gewitter hat in Altoberndorf der Blitz in einem Hause gezündet.

Pforzheim, 22. Juni. Anläßlich des demnächst hier stattfindenden 21. Verbands­schießens, welches hier sehr glanzvoll gefeiert zu werden verspricht, sind bereits auf dem Schützen­haus umfassende Asnderungen vorgenommen zur Herstellung von Schießständen und namentlich einer großen Festhalle, sowie eines Festplatzes. Kauf­mann Sch. aus Feuerbach, welcher mit seinem Automobil ein Kind in Brötzingen überfuhr, so daß es sofort tot war, ist nun aus der Haft vor­läufig entlassen. Das gerichtliche Nachspiel wird noch kommen.

Vom badischen Oberland, 18. Juni. Ein allerliebstes Bild aus der Tierwelt zeigt folgen­der Vorgang, der sich in der Gegend zwischen Radolfzell und Stockach zugetragen hat. Einen im eiligsten Tempo von Wahlwies gegen Nenzingen fahrenden Radfahrer bemerkte ein auf der Wiese weidendes Fohlen. Seine Kräfte wollte es offen­bar mit dem Radlrr messen, sprang an seine Seite und legte mit ihm den Weg bis zur Bahnstation Nenzingen gemeinsam zurück. Gerade fuhr von da ein Zug nach der Station Stockach ab. Da ver­ließ es den Radler, um einen neuen größeren Be­weis seiner Lcistungefähigkeit abzugeben. Nachdem es nebeu der Lokomotive Aufstellung genommen hatte, begann das Wettrennen von neuem. Dem Zugführer schien die Sache nicht geheuer; er fuhr bald langsamer, bald wieder rascher und ließ Dampf anZstcßeu, um das übermütige Fohlen zu ver­scheuchen ; alles half nichts. Zum größten Ergötzen der zahlreichen Mitreisenden sprang das niedliche Tier in großen Sätzen neben der Lokomotive her bis zur Station Stockach, wo es dann eingefangen und in einem Stall vorläufig untergebracht wurde, bis der Eigentümer es, von seinem Siege hörend, in Empfang nahm.

Köln, 21. Juni. Gegenüber den übel­wollenden, die deutsche Politik verdächtigenden Aeußer- uvgen der LondonerMorning Post" erwidert die Kölnische Zeitung" unter Zurückweisung der Deutsch­land unterschobenen Zukunftspläne, es sei auffallend, daß man gerade den Zeitpunkt für angezeigt halte, wieder einmal eine deutsche Gefahr an die Wand zu malen, wo die englische Regierung bezüglich der marokkanischen Konferenz französischen Wünschen sich zu fügen scheint, wo gerade von Frankreich Aeutzer- ungen ergehen, die eine freundliche geschäftliche Verständigung mit Deutschland erhoffen lassen. Die bekannte Hetzclique, die auf den Bruch zwischen Deutschland und Frankreich hiuarbeitet, werde bald erkennen, daß dieses Vorgehen eine vergebliche Mühe war und daß im Gegenteil die Dinge eine ruhige freundliche Entwickelung nehmen.

Köln, 21. Juni. Zu dem Leichen­begängnis des Gouverneurs Witz mann.

das gestern hier stattfand, hatten außer dem Kaiser und dem Könige der Belgier noch Vertreter ent­sandt: Prinzregent Luitpold von Bayern, Herzog Johann von Mecklenburg, Fürst Hohenlohe, Fürst Wilhelm zu Wied. Divisionspfarrer Klüsche hielt eine überaus ergreifende Gedächtnisrede, in der er die großen Verdienste des Verblichenen pries. Die Familie des Verstorbenen wird dauernden Aufent­halt in Köln nehmen.

Berlin, 22. Juni. Die zum Studium der deutschen Städte-Einrichtungen hier anwesenden englischen Gäste gaben gestern zu Ehren der städtischen Behörden von Berlin und Charlottenburg im Hotel de Rome ein glänzendes Festmahl, an dem etwa 125 Personen teilnahmen. Neben dem Ober­bürgermeister Kirschner und dem Charlottenburger Oberbürgermeister nahm als Vertreter der Regierung Geheimer Oberregierungsrat von Meister teil. Die englischen Gäste äußerten sich insehr begeisterten Ausdrücken über das bisher Gesehene.

Im garzen Herero lande wurden von den den wichtigsten Orten zugetetlten Besatzungen in den letzten Wochen zahlreiche Streifzüge unternommen, namentlich in die Gegend von Water- berg, Owikokorero, Oftihangwe, Epukiro und der weiteren Umgebung von Windhuk. Hierbei find insgesamt 120 Hereros im Gefecht gefallen und 572 gefangen genommen, 60 Gewehre und einiges Vieh erbeutet worden. Das Kavko-Veldt hatte Hauptmaun v. Oertzen bereits im Mai vom Feinde frei gefunden. Im Namala.nd griff Hanptmann v. Erckert am 6. Juni im Gamtoap-Revier, 80 Kilometer östlich der großen Karrasberge, eine Werft von HereroS der Bands Morengas an. Der Feind ließ 4 Tote und 4 Verwundete liegen. Diesseits keine Verluste. Die Nachricht, daß Hendrik Witboi auf englischem Gebiet bei Lehutitu sitze, wird erneut bestätigt.

Kiel, 22. Juni. DisHohenzollern" mit dem Kaiser und seinem Gefolge an Bord passierte gestern Abend 8'/» Uhr die Holtenaner Schleuse und lief unter dem Salut der im Hufen liegenden Flotte ein. Der Kaiser stand auf der Kommando­brücke und grüßte zu den paradierenden Schiffs- Besatzungen hinüber. Nachdem dieHohenzollern" an ihrer Li-gistelle festgemacht, erschien der Prinz Heinrich an Bord. Der Monarch nahm dann die übrigen Meldungen entgegen. Staatssekretär Tir- pitz ist gleichfalls hier eingetroffen und hat an Bord des PrinzenAdalbert" Wohnung genommen.

Kiel, 22. Juni. Bei der heutigen Wett­fahrt des kaiserlichen Jachtklubs für Kriegsschiffs­boote der aktiven Schtachtflotte kenterten wie die Kieler Neuesten Nachrichten melden, zwei Torpsdo- boot-Gigs und ein Kutter. Die ganze Besatzung wurde gerettet.

Lemberg, 19. Juni. Der Schah von Persien hat während seines hiesigen Aufenthaltes mit seinem Gefolge im HotelGeorge" Wohnung genommen, woselbst er 46 Zimmer sowie die ent­sprechende Zeh! von Neben: äumlichkeiten inne hatte. Die Hotel« chnung betrug 48000 Kronen. Der Hofzahlmeister fand die Hotelrechuung zu hoch und machte dem Hotelier Vorstellungen. Der Hotelier verwies jedoch darauf, daß er für den Schah eine eigene Küche habe einrichten müssen und diese Aus­gabe sowie die für die Speisen allein betrug 18000 Kronen. Schließlich wurde eia Ausgleich erzielt, demzufolge die Hotelrechuung mit 44000 Kronen liquidiert wurde.

Paris, 22. Juni. Im Ministerium des Aeußern ist man überzeugt, daß wenigstens einer der wichtigsten Differcnzpunkte, die bei den Be­sprechungen Radolins und Rouviers zu Tage traten, die von Frankreich zu seinen Gunsten verlangte Greriz Regulierung bei Udjida ohne Ein­spruch Deutschlands durch direktes Uebereinkommen Frankreichs mit dem Sultan sich werde beseitigen lassen. Im Zusammenhänge damit dürfte die Ab­reise des gegenwärtig in Paris weilenden Juinot Gumbetta nach Fez stehen. Minder einfach liegt nach französischen Anschauungen die Angelegenheit der Schaffung eines Polizei-Korps in den Küsten­bezirken. DemFigaro" zufolge beansprucht Deutsch­land zwar keineswegs für sich die Teilnahme an der Leitung der öffentlichen Sicherheit in den Küsterr- bezirken noch in anderen der algerischen Grenze ferner liegenden Distrikten, wolle aber auf der Konferenz befürworten, daß eine andere Macht, etwa Spanien, von der allgemeinen Kongreß Kommis­sion mit dieser Arbeit zu betraue» sei. Ronvier ist über die in London geführten deutsch-englischen Be­sprechungen vollkommen unterrichtet und wegen der gebesserten Aussicht der allgemeinen Verständigung befriedigt.

Petersburg, 22. Jaui. Ueber die furchtbaren Zustände in Armenieu berichtet Nascha Shisu folgende Meldung, deren

Richtigkeit hier nicht in Zweifel gezogen wird. In Nachitschkwan dauern dis Chnstenmorde seiteus der Muhamedaner fort. Die Zahl der getöteten Christen beträgt 170, die der Verwundeten SO. 12 christliche Dörfer find zerstört, 11 b>findcn sich noch jetzt im Belagerungszustand. In allen diesen Orten wurden die Kirchen geplündert, die Heiligtümer geschändet, die Heiligenbilder mit Flinienkugeln dnrcklöchert, die Frauen vergtwaltigt. Eine große Anzahl Christen, unter ihnen der Priester des Dorfes Badulu mußten den Islam annehmen, um dem Tode zu entgehen. Der ungerichtete Schaden beträgt viele Millionen. Die Post stellte ihre Tätigkeit ein, da die Telegraphen­anlagen zerstört find.

Lodz, 22. Juni. In den Straßen der Stadt wurde nachmittags eine großeKundgebung veranstaltet, an der sich etwa 70000 Personen be­teiligten. Die Menge zog mit 25 roten Fahnen durch die Straßen der Stadt. Es wurden auf­rührerische Reden gehalten. Bewaffnete Macht war anfänglich nicht anwesend. Später schritt das Militär ein und machte von der Waffe Gebrauch. Dabei wurden 18 Personen getötet und etwa 100 verwundet.

Cleveland (Ohio), 22. Juni. Der Chicago- Newyork-Expnß der Lake-Shore-Eisenkahn stieß bei Mentor auf eine offene Weiche und entgleiste. Der Zug ging in Trümmer und wurde durch aus­brechendes Feuer teilweise zrrstö t. 13 Personen wurden getötet und 20 verwundet. Der Zug lief, als er von dem Unglück betroffen wurde, mit einer Schnelligkeit von 70 Meilen in der Stunde.

Petersburg, 21. Juni. Alle im Aus­lande verbreiteten ungünstigen Meldungen über den Ausbruch von Epidemien in Charbiv find vollständig erfunden. Wie der Regierung vor­liegende Berichte übereinstimmend konstatieren, ist der Gesundheitszustand in Chaibtn ein vollkommen zufriedenstellender.

Petersburg, 22. Juni. Die Unter- suchungskommission für die Kapitulation von Port Arihur hat sämtliche Dokumente durchberateu und ist zu dem Resultat gelangt, daß die Kapitulation unumgänglich war, da weder von der Land­roch von der Seefeste Hilfe zu erwarten war. Die Kommission hat, da der größte Teil der Zeugen sich in japanischer Gefangenschaft befindet, einstweilen ihre Tätigkeit eingestellt.

Petersburg, 22. Juni. Nach den hier singetroffeuen Privatmelduvgen vom Kriegsschau­plätze ist vorläufig fast gar keine Aussicht auf Waffenstillstand. General Linjcwilsch will nichts davon wissen und hofft auf einen günstigen Um­schwung der Lage. Aus Rußland gehen große Mengen junger Militärs nach dem feinen Osten ab. Verschiedene Kriegskorrcspondenten kehren wieder auf den Kriegsschauplatz zurück. Der russische Schlachtenmaler Krawischenko reiste dieser Tage direkt zu Ltnjewiisch, von dem er eingeladen ist, auch ein Symptom, daß ein Friedensschluß so bald roch nicht bevorftehr.

Petersburg, 22. Juni. Admiral Rosch- djeswensky leidet noch immer an seinerschweren Kopfwunde und Arm Verletzung. Er dürfte erst in drei Monaten geheilt sein. Dagegen find die Ge­rüchte, daß er sich einer Au putaüon habe unter­ziehen müssen, falsch. Admiral Nebogatow ist an Geistesstörung erkrankt.

Petersburg, 22. Juni. Im Laufe eines Morars dürfte Hasegawa wir 100000 Mann iu Omosso stehen. Gelingt cS Nogi mit seinen sechs Divisionen, mit denen er sich auf die von Sinmin- ting gebaute Bahn stützt, bei seiner bevorstehenden Umgehung durch die Mongolei mit Hasegawa hinter dem Rücken LiujewitsLS zu vereinigen, so wäre dies die fürchterlichste Katastrophe des ganzen Feldzuges. Diese langsam beginnende Operation der Japaner, die nicht vor Mouotsfrist z» Ende geführt werden kann, hat die Legende von Livjewitsch Umzingelung hervorgerufen. Bisher scheint nur der Vormarsch Hvsegawas Kuropatkius Stellung zu bedrohen, denn den Truppen Nogis kann die Armee Kaulbars ent­gegen geworfen werde«.

London, 21. Juni. Nach Meldungen aus Tokio werden die japanischen Friedensunterhändler am 30. Juni ihre Reise nach Washington antreten. Nach Meldungen vom Kriegsschauplatz sei bereits eine große Schlacht im Gange. Die Stimmung der Bevölkerung in Tokio ist fieberhaft erregt.

Tokio, 21. Juni. Die Japaner rücken mit immer größerem Erfolge in der Mandschurei vor. Die beiden russischen Flügel find vollständig umgangen. Die Japaner verfüge« über mehr als eine halbe Million Truppen. Die eingeleiteten Operationen