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daß er 2 Stunden später stellenweise noch 10 Zenti­meter hoch lag. Wie groß der Schaden an Halm­früchten ist, läßt sich einstweilen noch nicht bestimmen. In Rehweiler hat der Blitz bei dem Gewitter den 25 Jahre alten Ackerer Karl Strauß erschlagen, als dieser sein Pferd in den Stall bringen wollte.

RüdeSheim a. Rh., 19. Juni. Heute Mittag wurde in der Nähe der Zahnradbahn am Niederwald in einem Steinbruch die Leiche eines Mannes mit gespaltenem Schädel gefunden. In der Nähe der Leiche lag eine Axt.

München, IS. Juni. Die Leiche Wiß- manns traf gestern Abend hier ein. Im Namen der geographischen Gesellschaft legte der Präsident der Gesellschaft, Professor Günther, einen Kranz mit einer Ansprache nieder. Der Kondukt wurde von dem Afrikareisenden Eugen Wolf nach Köln geführt.

Berlin, 20. Juni. Wie dasBerliner Tageblatt" hört, wird im Anschluß an die dies­jährigen großen Flottenübungen im Herbst eine Reihe der ältesten Admirale unserer Flotte aus dem aktiven Dienst scheiden. Das Revterement wird sich bis in die höchsten Kommandostellen erstrecken.

Hamburg, 19. Juni. Der Kaiser wohnte gestern dem Rennen in Hamburg. Horn bei und überreichte dem Leutnant v. Schmidt-Pauli, der mit Meridian das Kaiserin Augusta Viktoria Jagdrennen gewann, persönlich den Ehrenpreis.

Hamburg, 19. Juni. Der 19jährige Bauarbeiter Berg erst schoß in Groß-Moor bet Harburg auf mehrere Nachbarn, die ihm kein Geld borgen wollten. Die Ehefrauen Heitmann und Kaiser wurden durch 5 Schüsse getötet. Der Mörder ist heute in Hamburg verhaftet worden.

Paris, 19. Juni. Unterricht^terseits wird bestätigt, daß Rouvier in der letzten Konferenz mit dem deutschen Botschafter die Mitteilung machte, daß Frankreich die Einberufung einer internationalen Marokko-Konferenz prinzipiell nicht ab­lehne, andererseits aber Verhandlungen mit Berlin über das Programm der Konferenz wünsche, wo­durch die Arbeit der Konferenz eine bedeutende Erleichterung erfahren würde. Zwecks Einleitung der Verhandlungen würde Bourgeois mit einer Spezial-Mission nach Berlin betraut werden.

Paris, 20. Juni. Dem Eclair wird aus Berlin berichtet, Deutschland wünsche nicht nur einen Vertrag mit Frankreich bezüglich Marokko sondern auch ein endgültiges Abkommen mit Frankreich betreffend die Handels-Ver- bindungen zwischen Deutschland und den französischen Kolonien.

Paris, 20.Juni. Der General de Galiffet teilt in einer Zuschrift an die Debats mit, es sei ihm zu Ohren gekommen, daß eine Kategorie so­genannter unsterblicher Generäle in Vervollständigung des Gesetzes betreffend die zweijährige Dienstzeit geschaffen werden soll. Hiermit würde den noch ungenügend ausgebildeten Soldaten zu alte Generäle gegeben werden. Galiffet sagt, der Augenblick da­zu sei schlecht gewählt. Im Alter von 65 Jahren sei die nützliche Dienstzeit für Generäle vorbei.

London, 20. Juni. DerTimes" wird telegraphiert auf Grund zuverlässiger Informationen: Es liege dem Zaren augenblicklich sehr daran, Ruß­land die Stellung wieder zu gewinnen, die es momentan in Europa verloren hat. Er wisse, was für Rußland die Haltung bedeute, die Deutschland gegen Frankreich jetzt eingenommen habe. Der ganze diplomatische Schvchzug, der zur Demission Delcassös geführt habe, habe den Zaren sehr be­unruhigt. Aus den Aeußerungen des Zaren gehe hervor, daß er das Ende des Krieges herbeiwünsche.

St. Petersburg, 19. Juni. In Kras- noje-Sselo versammelten sich am 15. ds. einige hundert Offiziere zur Beratung über die Lage, die die Armee in der letzten Zeit in der Gesellschaft einnimmt. Während der Beratung erschien General Rehbiuder, der Gehilfe des Chefkommandanten des St. Petersburger Militärbezirkes, Großfürsten Wladimir, und verlangte die sofortige Auflösung der Versammlung, die ungesetzmäßig sei. Hierauf trat eine Gruppe von Offizieren vor und erklärte, sie seien alle treue Untertanen des Kaisers, aber sie könnten nicht weiter die Rolle von Polizeisoldateu spielen, die ihnen vor einigen Monaten aufgedrungen worden sei. Die Rolle trenne sie vollständig von der Gesellschaft, der gegenüber sie eine Art Henker­rolle hätten. General Rehbinder verlangte trotzdem daß die Versammlung auseinander gehe, und ver­sprach in naher Zukunft eine gesetzmäßige Ver­sammlung einzuberufen.

Petersburg, 20. Juni. Der gestrige Empfang der Deputation des SemstwokongresseS uud der Bürgermeister in Peterhof trug keinen offi­

ziellen, sondern nur einen privaten Charakter. Die Abordnung bestand aus 14 Mitgliedern, davon 11 aus der Partei der Semstwos, unter ihnen Fürst Trubetzkoi, der augenblicklich wegen seiner auf den Umsturz des Staatssystems gerichteten Bestrebungen unter Anklage steht. Die Deputation übergab die Adresse dem diensttuenden Flügel-Adjutanten und wurde darauf in das Kabinett des Zaren geführt. Der Zar war sehr erregt und machte einen schüch­ternen Eindruck. Fürst Trubetzkoi, Professor an der Moskauer Universität, hielt eine lebhafte Ansprache an den Kaiser, in der er darauf hinwies, daß das Land eine ernste innere Krise durchlebe und daß die Bevölkerung äußerst unzufrieden mit der Regierung sei. Wissen Eure Majestät, daß das Volk Ihre Generale als Verräter betrachtet? Bei diesen Worten zeigte der Zar sich ungemein bewegt. Darauf fuhr Trubetzkoi fort: Die Gesetzlosigkeit wächst. Die Kriegsgerichte verhängen fortwährend Todesstrafen, wodurch sie der allgemeinen Unzufriedenheit immer neue Nahrung geben. Nur die Einberufung einer Volksvertretung kann das Land aus diesem furcht­bar bedrückten Verhältnis erlösen. Die Depu­tation wurde nach dem Empfange zum Frühstück geladen, bei dem jedoch der Zar nicht anwesend war. Der Zar hörte die Ansprache des Fürsten Trubetzkoi stehend an und gab besonders an den Stellen, die sich auf den engeren Zusammenschluß zwischen Krone und Volk bezogen, seinen Beifall zu erkennen. Seine Erwiderung war offenbar extemporiert.

Lodz, 19. Juni. Am gestrigen Sonntag marschierten 2000 Personen, darunter auch Juden mit Fahnen und unter Gesang von der Kirche des Nachbarortes Lagieweiki nach Lodz. An der Stadtgrmzs wurde ihnen vom Militär der Weg versperrt. Die Kavallerie gab aus ihren Karabinern mehrere Salven ab. 38 Personen find tot oder verwunde!.

Tanger, 19 Juni. Die Insurgenten haben eine große Anzahl Waffen und Munition erhalten, darunter auch zwei Schnellfeuergcschütze. Hierdurch wird die Lage des Sultans bedeutend schwieriger. Die Regierung hat beschlossen, einen neuen Erlaß zu veröffentlichen, wodurch der Waffen­schmuggel auf das strengste verboten wird.

London, 20. Juni. Die Blätter veröffent­lichen eiu Washingtoner Telegramm, wonach Roose- velt nach Ernennung von drei russischen und drei japanischen Friedens-Bevollmächtigten den Krieg- führenden einen Waffenstillstand vorgeschlagen habe. ES verlautet, Japan werde dem Vorschlag beipflichten, unter der Bedingung, daß das Ab­kommen über den Waffenstillstand von den Ober­befehlshabern der beiden Armeen unterzeichnet werde.

New-Jork, 20. Jnui. Roosevelt redet Japan zu, den Waffenstillstand auf 3 Monate auszudehnen. Das vorläufige Protokoll dürfte am Freitag von Cassini und Takahira unterzeichnet werden. Rußland ist angeblich bereit, während der Dauer der Verhandlungen keine wetteren Truppen auf den Kriegsschauplatz zu schicken. Lir jewitsch soll sich, wie verlautet, nach Charbin zurückziehen.

London, 19. Juni. Nach Meldungen aus Wladiwostok ist dort Festungs-Artillerie aus Kronstadt sowie eine Anzahl Pionier-Truppcu eingetroffen, die sofort den Bau von Befestigungs­arbeiten Vornahmen. In Sachalin wurden die Truppen ebenfalls verstärkt und neue Befestigungs­arbeiten in Angriff genommen.

Parts, 20. Juni. Echo de Parts berichtet aus Petersburg: Eine Schlacht scheine aus der ganzen Linie im Gange zu sein. Die Russen seien weit zurückgegangen. Amtliche Telegramme besagen, daß es sich nur um Vorpostengefechte handle. Die beiden Flügel Lirjewitsch seien zurückgeschlagen und seine rechte Flanke mußte bis nach Tfisampu, 40 Kilometer weit zurückgehcn. Man glaubt, daß Linjewitsch sich augenblicklich auf seine Verteidigungs- Stellungen konzentriert, wo er hartnäckigen Wider­stand leisten will.

vermischtes.

Aus Rußland. Den deutschen Haus­frauen, die wohl zurzeit alle über die hohen Preise der Lebensmittel seufzen, erzählt die praktische WochenschriftFürs HauS" durch den Mund einer Mitarbeiterin, wie billig alle die wichtigsten Nahrungsmittel in Petersburg find:Ich habe häufig Gelegenheit, mich mit einer zurzeit hier lebenden Russin, Petersburgerin, zu unterhalten, und habe von ihr schon viel Interessantes erfahren. Also zuerst zu den Lebensmitteln. Ein Pfund des besten Fleisches kostet dort 30 A, 1 Pfund Butter 30 A 10 Eier 30 A, 1 Huhn 50 A, Gänse, das

Pfund 15 A Milch 10 A, Sahne 20 H der Liter, Brot, das Pfd. 5 A Gemüse und Obst auch dem­entsprechend billig. Mädchenlöhne find auch äußerst niedrig, eine perfekte Köchin erhält 10 monatlich, ein Mädchen für alles 68 ^ Allerdings halten die meisten Hausfrauen mehrere Dienstboten. Eine Waschfrau erhält 60 H Pro Tag, fängt früh 5 Uhr an und wäscht bis abends 11 Uhr. Eine Schneiderin welche ins Haus kommt, erhält ebenfalls 60 F pro Tag. Fertigt sie bei sich zu Hause ein elegantes Kleid an, so erhält sie dafür 10 Für eine Bluse I^L. Ein Kinderkleid 12 ^ Im übrigen spielt der Hausportier eine große Rolle im russischen Hause. Er besorgt die Feuerung aus dem Keller herauf. (Es wird trotz der großen Kälte, häufig 30", rur mit Holz, welches auch sehr billig ist, ge­feuert.) Er klopft die Teppiche und Decken, er trägt den Mülleimer fort, er richtet die Waschküche zur Wäsche ein u. s. w. Es find jedoch in jedem Hause 4 bis 5 Portiers, sonst könnten sie auch nicht alle diese Obliegenheiten bei den Mietern erfüllen und außerdem die den Hauseingang Passierenden tag und nachts kontrollieren. Tags und nachts kontrollieren? fragst du, liebe Leserin. Ja, ja, so ist es! Einen Hausschlüssel besitzt kein Mieter; wer nachts ins Haus will, muß läuten, der Portier öffnet und überzeugt sich, ob die Per­sonen, die Einlaß begehren, ins Haus gehören. Ist etwa ein Gast, ein Verwandter dabet, so hat er den Betreffenden sofort der Polizei zu melden. Ist ein Gast schon abends erschienen und bleibt länger wie 1 Uhr nachts, so klingelt der Portier und ersucht den Betreffenden, zu verschwinden. Manchmal ist er allerdings auch für einen inhaltreichen Hände­druck empfänglich. Wie gefallen den deutschen Haus­frauen diese Zustände? Am meisten können sich die Schulkinder freuen in Rußland. Denn da vom 1. Mat bis 1. September Ferien find und überdies über 100 Feiertage im Jahre, so haben die lieben Kinder nur 5 Monate Schule. Auch ein Ver­gnügen für die vielgeplagte Hausfrau und Mutter! Für diesen knapp bemessenen Unterricht hat mau aber das Recht. 240 jährlich zu bezahlen. Ich glaube, liebe Hausfrauen, wir tauschen doch nicht und find zufrieden mit dem, wie es im lieben Vater­lande ist."

kminmtschastl. KeMmrein Cilw.

In der Zeit vom 29 Juni bis 4. Juli d. I. findet in München die Wanderausstellung der Deutsche« Landwirtschaftsgefellfchaft statt und erhalten di-jenigen Mitglieder, welche diese Aus­stellung besuchen, aus der Vereinskasse einen Reise- koftenbettrag von 10 Mk. Außerdem wird Fahrpreisermäßigung in der Weise gewährt, daß alle in der Zeit vom 25. Juni bis einschließ­lich 4 Juli auf württernbergtschen Stationen nach München gelösten einfachen Personenzugs- und Schnellzugsfahlkaiten I., II. und III. Klasse zur Rückfahrt nach der Abgaugsstation bis einschließ­lich 6. Juli (Mitternacht) dann gültig find, wenn der Besuch der Ausstellung durch Abstempelung der Fahrkarten mit dem AusstellungSstewpel bescheinigt ist. Soweit direkte Fahikarten nach München nicht ausgcgeben werden können, werden solche nach einer geeigneten vorgelegenen Station ausgegeben, die unter den gleichen Bedingungen zur Rückreise be­rechtigen.

Fahrkarten für alle Züge gelten auch zur Rückfahrt in Schnellzügen; falls Personevzugsfahr- karten zur Rückfahrt in einem Schnellzug benützt werden wollen, find Schnellzugszuschlagkarten zum vollen Preis zu lösen. Auf dem Hin- und Rück­weg ist je einmalige Fahrtunterbrechung gegen Be­scheinigung durch den Stationsbeamten gestaltet.

Diejenigen Mitglieder, welche den Besuch der Ausstellung in München beabsichtigen, wollen dies spätest««- diS 85. J««i anmelden und den An­spruch auf Reise kostenbeitrag nach ihrer Rückkehr unter Vorzeigung der Eintrittskarte bei dem Unter­zeichneten Nachweisen.

Calw, 21. Juni 1905.

VereirrsstkretSk.

Fechter.

Alekkametetk.