Während die Franzosen politisch Sieger blieben und Deutsch­land den Krieg durch Aufgabe des passiven Widerstands zum z-weitcmnal verlor, täuschten sich die Franzosen, als sie glaubten, die Rheinländer werden sich vom Reich trennen. Die Be­völkerung von Rhein und Ruhr blieb trotz schärfsten französi­schen und sepavatistischenDrucks treu, das einzige Aktivum, das Deutschland buchen konnte. Trotz Aufgabe des passiven Wider­standes ist Frankreich noch nicht in ernsthaite Verhandlungen mit Deutschland getreten. Die Engländer, welche Wohl die Rechtmäßigkeit der Ruhrbesetzung bestritten, wagen es nicht, öffentlich gegen Frankreich aufzutreten, weil sie sich militärisch als zu schwach fühlen, sie versuchen, es durch Vorstelligwerden bei den Trabanten Frankreichs, mit welchem Erfolge bleibt ab­zuwarten. Deutschland bleibt an die Politischen Konstellation gebunden, an das Schicksal, welche Rolle das Ruhrproblem in den Auseinandersetzungen spielt. Redner streifte hierbei das Micum-Abkommen mit den Ruhrindust -hllen, die Schwierigkeit des Reparationsproblems in bezug aus die Gutschrift der Lie­ferungen von Kohlen und Jndustrieerzeugnissen der Ruhrin- üustriellen. Dann ging er über auf die innere politische Lage Deutschlands, besprach die Kompliziertheit des Steuerwciens, die Inflation, den Zusammenbruch der deutschen Währung, die Frage ob die neue deutsche Währung in dem Zustande ihrer Stabilität bleibt, denn nur wenn in dem deutschen Haushalt Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht bleiben, kommen wir aus der Schuldenwirtschast heraus. Den Beamtenabbau bezeichnete Redner' als eine allerdings notwendige Maßnahme bei deren Durchführung allerdings größte Vorsicht geboten sei. Während das Reich durch die Inflation riesige Einbußen er­litt, insofern gewisse Steuerpflichtige die Möglichkeit erhielten, die zu spät bezahlten Steuern aus der Westentasche zu beglei­chen, geht es jetzt dazu über, mit furchtbarer Rücksichtslosigkeit Goldmarksteuer zu erheben. In allen Betrieben muß aus die Substanz zurückgegriffen werden. Wird die Wirtschaft diese hohen Steuern bezahlen können? Bei der Landwirtschaft, die lange die Nutznießerin der Inflation war und bei der sich eine gewisse Entschuldung fühlbar machte, hat sich die Sache ge­dreht. Dazu leben wir heute in einer außerordentlichen Stok- kung unserer Exportindustrie, während man über den Achtstun­dentag diskutiert, ob er notwendig oder überflüssig ift, wäh­rend Tausende heute froh wären, :oenn sie achr Stunden Arbeit hätten. Die Notwendigkeit einer Mehrleistung im Berg- und Hochofenbau, in den Lütten- und Walzwerken ist ein Gebot der Stunde, um den Ausfall durch den passiven Widerstand herein­zuholen. Die Situation der Arbeiterschaft ist gegenwärtig so schlecht, daß die Industriellen in der Lage sind, die Gewerk­schaften zu erdrosseln; die Gefahr liegt nahe, daß sie cs tun. Trotzdem die Gewerkschaften nach d-m Krieg eine falsche Rolle in dieser Hinsicht spielten, sei dringend vor einer derartigen Maßnahme zu warnen; sie könne verhängnisvoll werden. Ein außerordentlich hohes Maß von Verantwortung laste auf den Gewerkschaftsführern und den Shndikuiscn der Jndustrieven- verbände. Dann besprach Redner das Verhältnis der Regie­rung zu den Ländern und den Bartmen, wobei er die be­dauerlichen Vorkommnisse in Bayern und Sachen erwähnte. Derartige Vorkommnisse müssen unter allen Umständen un­terbleiben. zumal wir unter den Fesseln der äußeren politischen Spannung leben. Scharfe Kritik übte Redner an dem Trei­ben v. Kahrs, Hitlers und Ludendorsss, deren Taten die Er­eignisse in der Pfalz zur Folge hatten. Die bayerische Frage als Reichsfrage sei nach seiner Meinung so lange nicht gelöst, als v. Lossow General der Reichswehr >ei. Die Reichsjustiz lverLe von Bayern sabotiert. Es gibt Leute, die sagen, laßt das Reich auseinanderfallcn, es wird schon wieder eine Zeit kom­men, wo das Volk Lurch ein nicht durch Krieg und Revolution verdorbenes Geschlecht wieder hoch kommt. Das ist falsch. In dem Augenblick, wo das Reich zusammenbricht, werden die Rest­bestände aus dem Schachbrett Europas eine traurige Rolle spie­len, wie die geschichtlichen Ereignisse des 16. bis 19. Jahrhun­derts dartun. Die Frage der Reichseinheft ist schlechthin eine Schicksalsfrage des deutschen Volkes. Die deutschen Parteien find neben den Ländern eine Sorge der Reichsregierung. Ay- gesichts der Ereignisse der letzten Zeit in den Parteien bekam das deutsche Voll einen förmlichen Ekel über die Form von Parteikämpfen. Es sind aber nicht Kämpfe zwischen den Par­teien, sondern unter den einzelnen Parteien selbst. In Deutsch­land werden diejenigen Parteien, welche in der Regierung sitzen, das Opfer der Verantwortung tragen. Das gelle jetzt auch von der deutschen Volkspartei, wie vom Zentrum, der De­mokratie und der Sozialdemokratie, welch letztere einen gewalti­gen Zersetzungsprozeß durchmache. Der Vollsgedarfte als solcher müsse hoch kommen; die ganze deutsche Geschichte ist ein Krieg Deutscher gegen Deutsche. Der Bauer aus der eigenen Scholle und der Arbeiter in der Stadt in seinen vier Wänden, die nicht ihm gehören, der Unternehmer wie der Arbeitnehmer müssen sich eins fühlen als Volksgemeinschaft, weil sie alle mit­einander Schicksalsgenossen sind. Die B stanz von 1923 war sehr klein; war es die Bilanz der Niederlagen und der Miß- erfolge, so bleibt doch zu hoffen, daß aus der Art. wie der

Kmnpf erlebt und geführt wurde, vou deu Massen der Arbei­ter, Angestellten und Bürger ein starrer positiver Gewinn in der Richtung meiner letzten Worte zu buchen verbleibt.

An der Anssprache beteiligten sich die Herren Emil Mei- sel, Leuchtenberger, Stroh m und Mid et. Wäh­rend crstercr über die kritische Lage in Handel und Gewerbe und den unerhörten Steuerdruck ein Klagelied sang, besprachen die anderen Diskussionsredner je nach chrer Parteizugehörigkeit vaterländische, politische und wirtschaftliche Momente, die Her­ren Leuchtenberger und Stroym in durchaus sachlichen;, wenn auch teilweise scharfem Tone, während cs Herrn Midcl Vorbe­halten blieb, um mit seinen eigenen Worten zu sprechen, in den Sanstallton zu verfallen.

In einen; Schlußwort ging der Redner in genau präzisier­ten mrd scharsumrisienen Worten schlagfertig auf die Aeußerun- gen der Diskussionsredner ein, leider konnte er bezüglich der Stenersache keine Hoffnung auf Besserung geben, da das vom Reichstag angenommene Ermächtigungsgesetz der Reichsrcgie- rung weitgehendste Acachtbefugnisse cmräumt.

Um die Mitternachtsstunde schloß der Vorsitzende die Ver­sammlung mit Worten des Dankes an den Hauptredner für den aufkläreudcn Vortrag wie an die Zuhörerschaft, welche der gewandte Redner bis zur letzten Stunde zu fesseln verstand.

Calmbach, 8. Jan. Dem Vernehmen nach trägt man sich in der Gemeindeverwaltung ernstlich mit dem Gedarrten, im Frühjahr den sehr gürestig gelegenen Sportplatz auszubauen, aüzurundcn und an geeigneter Stelle sogar eine Turnhalle er­stehen zu lassen. Der Saal soll dann so gestaltet werden, daß er gleichzeitig als Festsaal benutzt werden kann Der .Haupt­leitgedanke aber ist bei dein ganzen Plan »in sehr gesunder, nämlich der, daß, La die erstrammende Milftärdienstpslichr seit dem Unfriedensvertrag von Versailles weygcsallen ist, als Aus­gleich der Turn- und SPortgedarfte ko sehr wie nur nwglich ge­fördert werden soll.

Würwttnverg,

Nagold, 8. Januar. (Brtriebsaufnahme.) Die beiden Kraftfahrlinien Altenfteig-Simmersfeld und Altensterg-Dorn- stetten deren Weüerbetrieb dadurch in Frage gestellt war, daß die Postverwaltung den Abmangel nicht mehr auf sich nehmen wollte, sind durch das Aufkommen der Belrisbsab- Mängel durch die beteiligten Gemeinden stchergestellt.

Srvttgart, 9. Jam (Gegen den Radikalismus.) In­folge der Aufteilung des Oberamts Cannstatt waren von den Gemeinderäten der Bezirksorte in Stuttgart-Amt noch fünf Mitglieder in den Bezirksrat z» wählen. Die bürger­lichen und sozialdemokratischen Gemrinderäte hatten einen gemeinsamen Wahlvorschlag ausgestellt, dem ein kommu­nistischer Wahkvorschlag gegenuberstand. Gewählt sind drei Bürgerliche und zwei Sozialdemokraten.

Stuttgart, 9. Jan. (Eine militärische Gedenkfeier am 18°. Januar.) Zur Feier des Jahrestags der Reichsgründung hat das Wehrkreiskommando für den §8. Januar die Ab­haltung von militärischen Gedenkfeiern i» allen Standorten angesrdnet. Diese Gedenkfeier wird in Stuttgart am 18. Januar um 12 Nhr auf dem SchloßpÄtz stattsinden und zwar in Form einer militärischen Parade^ zu der auch die Truppen der Garnisonen CannKatt und Ltrdwigsburg heran- gezogsn werden.

Stuttgart, A. Jan. (Wehrkreiskommando und Milch- preisfestsetzung.) Der derzeitige Erzeugermilchpreis von 17 Pfg. wurde Mitte Dezember vom Wehrkreiskommando auf Grund gegenseitiger Vereinbarung zuuschen Landwirtschaft und Städtetag bis auf weiteres fef^esrtzt. Da eine Aenderung dieser Vereinbarung nicht eingetreten ist, ist das Wehrkreis­kommando wieder «it der Milchprsissestsetzu^g befaßt worden, doch hatte es keinen irgendwelchen Anlaß zu einer Entscheidung.

Stuttgart, 9. Jan. (Ausbau der Daimlerwerke.) Die Daimlev-Motoren-Gesellschaft hat sine neue Gesellschaft unter dem NamenDaimler-Motoren-Gesellschaft, Büromaschinen­fabrik G.m.b.H" gegründet. Die neue Gesellschaft wird sich mit der Serienanfertrgung einer ueuen Schreibmaschine be­fassen,. die die Muttrrgesellschaft schon seit einigen Jahren im Bau? hat.

Stuttgart 8. Jan. (Die Probefahrt des Dampfers Stuttgart".) Aus Bremerhaven ist am 7. Januar 1924 folgendes TeleMamm eingegangen:Oberbürgermeister Stutt­gart. DampferStuttgart" nach gut verlaufener Probefahrt wohlbehalten m Bremerhaven angekommen. Herzliche Grüße

der Patenstadt. Norddeutscher Lloyd". Mitte Januar wird der Dampfer seine erste Amerikafahrt antreten.

Rottweil, 9 Jan. (Aus dem Fenster gestürzt.) Diens­tag mittag kurz vor 12 Uhr fiel der 4 jährige Knabe des städt. Straßenwarts Karl Sprete in Abwesenheit der Eltern aus dem etwa drei Stock hoch gelegenen Fenster der Wohnung im schwarzen Tor auf die Straße und war sofort tot.

Balingen, 9. Jan. (Baulust.) Die Wohnungsbaulust regt sich hier in einem ungeahnten Maße. Bis zum Ende des abgelaufenen Jahres sind von nicht weniger als 78 Bau­lustigen Wohnungsbauten für das kommende Frühjahr ange­meldet worden. Für die meisten werden aber die wirklichen Aussichten, bauen zu können, gering sein, weil die Be- schaffung von Kredit zu erträglichem Zinsfuß- unmöglich ist.

Biberach, 9. Jan. (Auf den Spuren der Diebes Ueber den Einbruchsdiebstahl bei Schneidermeister Ehrlicher ist einige Aufklärung eingetreten. Es handelt sich um eine Einbrecherbande, die schon längere Zeit im Oberland ihr Unwesen treibt. Als dessen Haupttäter ift ein gewisser Karl Meier aus Weinheim an der Bergstraße ermittelt worden, der auch den Diebstahl bei Ehrlicher ausführte. Ferner besteht der dringende Verdacht, daß Meier auch den Häntediebstahl bei Gerber Benz hier ausgeführt hat. Die Spur des Maier führte nach Tuttlingen. Nachforschungen halten auch -den Erfolg, daß nahezu die Hälfte der ge­stohlenen Gegenstände bei Ehrlicher in einem Hehlernest vorgefunden und dem Eigentümer wieder zugeführt werden konnten. Meier wird schon längere Zeit auch von der Ra­vensburger Polizei gesucht.

Schwöb. Hall, 9. Jan. (Die vereitelte Trauung.) Bor dem Standesamt in Ludwigshafen spielte sich vor kurzem der seltene Fall ab, daß eine Trauung noch im letzten Augenblick von dritter Seite vereitelt wurde. Es handelte sich um einrn gewissen I. Herbert Reiß von Ludwigshafen, der bereits einmal verheiratet war. Es war ihm zur Last gelegt worden, seine Frau erschossen zu haben. Reiß bestritt dies in einem gegen ihn anhängig gewesenen Prozeß. Dieser endete mit der Freisprechung des Reiß. Das Mädchen, mit dem der Genannte nunmehr dir Ehe eingehen wollte, ist 19 Jahre alt und stammt von hier. Der Vater zog die Einwilligung zur Ehe plötzlich zurück und verlangte, daß die Trauung keineswegs stattfinde, was auch geschah.

Eltingen^ OA. Leonberg, 9i Januar. (Auswanderer.) Nicht weniger als 24 Gemeindeangehörige, darunter zwei Familien mit 8 und 8 »»erwachsenen Kindern, haben die Heimat verlassen, um in Brasilien ihr Glück zu versuchen.

Backaaug, 9. Jan. (Verbotener Waffenbesitz.) Auf dem Bahnhof wurde einem hiesigen, auswärts wohnenden Arbeiter ein in einen Sack verpacktes französisches Militär­gewehr mit 40 Patronen abgenommen.

Beatelsbach,, 7. Jcm. (MilchablErerungszwang.) Geg« 4eu Landwirt Gattlieb Laher jung hat der Militäroefehlshaber einen Schutzhastbeiehl erlassen, weil er ieft-Jahrt-n keine- Milch an die Sammelsteüe ablieferte. Nachdem er sich zur tägliche» Lieferung einer bestimmten Menge Milch unterschriftlich ver­pflichtet hatte, wurde der Vollzug des Haftberehls zunächst aus­gesetzt.

Tübingen, 7. Jan. (Bestrafte Wilderer.) Im Wilderer- Prozeß von Ohmenhausen fällte die Strafkammer folgendes Urteil. Es wurden verurteilt der 3-tjährigc verheiratete Schreiner Gottlob Hack wogen eines erschwerten Jagdvergehens zu drei Monaten Gefängnis abzüglich zwei Wochen Unter­suchungshaft und wegen unbefugten Waffenbesitzes zu 39 Gold­mark; der 22 Jahre alte Schlosser Ernst Maier wegen er­schwerten Jagdvergehens zu sechs Wochen Gefängnis, abzüglich einer Woche Untersuchungshaft und wegen unbefugten Waffen­besitzes zu 100 Goldmark; der 21 Jahre alte Drahtweber Georg Hoch wegen erschwerten Jagdvergehens zu sechs Wochen. Ge. fängnis. abzüglich einer Woche Untersuchungshaft; der verhei­ratete Drahtweber Wilhelm Renz, der verheiratete Drahtweber Johs. Krumm und der ledige Fabrikarbeiter Georg Hack je wegen eines Begehens der Begünstigung in Tateinheft mit einem Vergehen der Hehlerei anstelle einer verwirkten Gefäng­nisstrafe von !4 Tagen je eine Geldstrafe von 75 Goldmark; an­stelle der erlittenen Untersuchungshaft werden je 25 Goldmark abgezogen; außerdem erhält Renz wegen unerlaubten Waffen­besitzes eine Geldstrafe von 80 Goldmark. Sämtliche Jagdge­rate werden eingezogen.

7) Der Kampf im Spessart.

Erzählung von Levin Schücking.

Als er auf sie zutrat, fühlte er sich tief erröte«, und dem Blicke, den sie groß und ruhig aus chm haften ließ, ei« wenig unsicher begegnend, aber mit der Verbeugung eines weltge­wandten Mannes, sagte er:Ich hoffe, Demoiselle, Sie finde« nuch nicht zudringlich; meine Waldstreiserei führt« mich i« dis Nähe, und die Hoffnung, zu erfahren, daß Sir wohl unter- gekommen find und daß Ihre Futzreise Sie «icht zu sehr er­müdet und angegriffen habe, bis hierher?

Ich danke Ihnen," versetzte sie freundlich, aber sehr ernst. Wie Die sehen, bin ich wohl. Ich danke Ihnen für die große Gefälligkeit, welche Sie mir gestern erwiesen und die ich nicht hätte annehmen sollen, da Sie einen st> weiten Weg deshalb zu machen hatten. Aber ich wußte ja nicht, wie weit."

Sie kannten den Weg nicht, freilich, und es wäre ja un­verzeihlich von mir gewesen, hätte ich es Ihne« überlassen, sich den Weg selber zu suchen. Darum reden wir nicht von Dank."

Sie antwortete nicht, Wilderichs Auge haftete auf dem Ant­litze des jungen Mädchens, das einen so unbeschreiblichen Zau- der auf ihn ausübte; unter dem Einfluß dieses Zaubers, der ihm eigentümlich die Gedanken verwirrte, wußte er nicht, wie er den abreibenden Faden der Gesprächs wieder anknüpfe.

Es freut mich," stotterte er endlich,daß Sie hier wohl ausgehoben sind. Der Herr Schösser hat sicherlich"

Der Herr Schösser," fiel sie lächelnd ei«.hat endlich den Brief der Aebtissin gelesen und mir die besten Zimmer dort oben" sie deutet« aus den vorspriugenden Flügel des Baues eingeräumt: er spricht zwar nur mit den Augen, der Herr Schösser, aber er scheint ein friedlicher, wohlmeinender Herr; auch ist er nicht so abgeneigt, auf ein« Frage e;ne Antwort zu geben, wie man glauben könnte. Man muß ihn nur dabei

die Haushälterin hat es mir verraten Ew. Gestrengen nen­nen und er wird dan« gleich -ri« ganz umgänglicher Man».. Die Zimmer find recht wohl erhalten, haben.- ein« hübsche Aus­sicht. und ich bin durchaus nicht unzufrieden, sie mit meiner Zell« vertauscht zu haben."

llnd diese Tracht, di« so viel kleidsamer und. wenn ich e» zu sage« herausnehmen darf, so viel, passender für die Demoiselle ist. mit dem schwarzen Habit, r» welchem ich mich gar nicht recht Sie anzurede«, getraute!"

Sie nickte lächelnd.

Ich war nur Novize oder auch das «icht einmal so recht im Kloster." sagt« sie.Ich trug das schwarze Habit nur so mit den andern und ich habe es abgelegt, da es doch nur ein« Ent­weihung desselben wäre, wenn ich es hier vor den Leuten bei­behalten und so Parade mit einem frommen und sehr ernsten Berufe gemacht hätte, der meiner Seel« ganz fremd ist, für de» ich gar nicht würdig genug bin. Es ist sicherlich nicht Eitelkeit, wenn ich Ihnen heute so verwandelt und verweltlicht erscheine, »ein, nur Ehrlichkeit!"

Sie sah ihn dabei mit Auge« an, aus denen diese Ehrlich­keit hervorleuchtete.

Wilderich geriet immer tiefer in den Zauberban« dieser Augen, er kam sich dabei, weil er nichts zu antworten, nichts Sinniges oder Kluges. vorzubringen wußte und das Rot der Verlegenheit auf feinen Wangen brennen suhlte, entsetzlich höl­zern und täppisch vor; er suchte nach einem Schluß der Unter­redung, und mochte sich doch auch von der Stelle, wo er stand, nicht losreiße»

Die Klostertracht," sagte er nach einer Weile,würde Sie vielleicht doch besser geschützt haben, wenn der Sturm hier in unfern Waldbergeu losbricht."

Der Sturm? Sie meinen?"

Ich meine den Kampf, der sich hier in der Stille vorbereitet.

Ich darf es Ihnen ja sagen. Sie wissen, daß die Franzose« obr« im Lande zurückgeworjen find; eine zweite Schlacht, vielleicht in der Gegend oo» Würzburg, wird hoffentlich ihr« Macht! völlig breche« und sie zwingen, sich durch die Wälder hier auji den Rhein zurückzuzieheu. In diesen Wälder» ab« «erde» ste alsdann vernichtet werden."

Mein Gott Sie sprechen das so bestimmt aus Sie glau­ben, der Erzherzog Karl wird sie hier auf dem Rückzuge am­greifen?"

Nicht das. Der Erzherzog Karl wird mit sein« Armee für die Weidmänner des Spessart der Treiber sein, der ihnen das gehetzt« Wild in deu Schuß treibt! Wir sind bereit und gerüstet, es zu empfangen. Es ist alles vorbereitet. Wie haben im stillen für Waffen gesorgt, die Männer im Gebrauch derselben geübt, di« Anführer und Rotten ausgestellt, di« Punkte, wo die Angriffe erfolgen sollen, bestimmt. Warte« Sie ein paar Tage und Sie werden auch hier in Goschemoald Horen können, wie's drüben in den Tälern, durch die die Straßen ziehen, knattern und knallen wird."

Mein Gott, was sagen Sie mir da!" ries das jung« Mäd­chen erschrocken.And das soll hi« unter meinen Augen Vor­gehen?"

Hier schwerlich! Seien Sie darüber beruhigt! Eoschenwald liegt in gerader Linie fast eine Stunde von der Heerstraße ent­fernt. Sie werden höchstens einig« der Jäger vorüberziehe» sehen, nichts von der Jagd!"

Das ist aber doch fürchterlich! Und Sie. Sie selbst?" versetzte sie, indem sie in das von dem Ausdrucke wilden Mut« und der Kampfeslust glühende Antlitz Wilderichs blickt«,

,Zch selbst, ich bin Weidmann, im Spessart angestellt; durch mein Revier zieht ein gut« Stück der Rückzugslinie des Fein­des; möchten Sie da meine Büchse feiern sehen?"

(Fortsetzung folgt.)