87. Amts- und Kmeigeölatt für den Bezirk Halm. 8«. -Mm,

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Sonniag, den 4. Zum 1905.

WonnementSpr.inb. Stabt pr.Biertelj. Mk. l.lOincl.Triiperl. Vierteljiihrl. Postbezugsprets ohne Bestellg. f. d. OrtS- u. Nachbar. Ortsverkehr 1Mk., f. d. sonst, Verkehr Ml.1.12, Bestellgeld 20 Pfg.

Nagesneuigkeiten.

Calw. Der Turnverein unter­nimmt seit Jahren am Himmelfahrtsfest eine Turn­fahrt. Diesmal galt diese demHohenzollern". Der Name bewirkte, daß sich trotz des weiten Weges 35 Teilnehmer morgens am Bahnhof Calw ein­fanden, um mit dem Zug 4.20 nach Eutingen zu fahren. Um '/-6 Uhr wurde von dort der Marsch angetreten; es ging über Rohrdorf hinab ins schöne Neckartal, am Eyachsprudel vorbei ins Eyachtal hinein über das Stahlbad Jmnau gegen Haigerloch. Auf einem Holzpolter der Talmühle, V« Stunde von Haigerloch, wurde von 8 bis 8.30 Uhr das erste Rucksackvesper eingenommen; es war heiter an­zusehen, welch' verschiedenartige Nahrungs- und andere Mittel den Rucksäcken entnommen wurden; Peitschenstecken, zerdrückte weiche Eier, Stücks ge­räuchertes Fletsch, welche für drei Tage gereicht hätten, ausgelaufene Saftgläschen und noch vieles andere kam zum Vorschein. Der Durst wurde meistens mit Wasser gestillt, welches am Brunnen der nahen Mühle geholt wurde. Gegen 9 Uhr wurde durch das alte romantische Bergstädtchen Haigerloch marschiert und der Weg über Rangen­dingen zum Schloß Lindich eingeschlagen. Unter­wegs traf uns der erste Regenschauer. Auf dem Hausener Hof bei Schloß Lindich wurde 11.20 Uhr eine kurze Rast gemacht, welche dazu benützt wurde, um die ausgetrockneten Kehlen anzufeuchten. Was es gab an süßer und gestandener Milch wurde mit Be­hagen ausgetrunken und ausgelöffelt. Nach dieser not­wendigen kurzen Rast wurde der Marsch mit frischem Mute wieder ausgenommen und über den Brielhof Punkt 1 Uhr der Hohenzollern erreicht. Der erste Gang ging zur Kantine, das erste Wirtshaus, das betreten wurde; nachdem der ärgste Hunger und

Durst gestillt und sich nach und nach alle Teilnehmer etngefunden hatten, wurde das Innere der Burg be­sichtigt. Leider regnete es beständig, so daß von einer Aussicht keine Rede war. Als wir in Eile Hechingen durchzogen, um den Zug 3 50 Uhr nach Tübingen zu erreichen, hellte es sich wieder auf; um '/-5 Uhr zogen wir bei Sonnenschein in Tübingen ein. Im Ballhaus ließen wir uns das gute und reichliche Mittagessen vortrefflich schmecken; ein Spaziergang auf das alte Schloß bildete den wür­digen Abschluß. Der Zng 7.50 Uhr führte uns wieder ins schöne Nagoldtal zurück, welches wir glücklich um 12 Uhr nachts erreichten. Jeder Teil­nehmer wird sich dieser Turnfahrt noch lange mit Vergnügen erinnern.

G Liebenzell, 2. Juni. Gestern machte der Calwer Liederkranz einen Ausflug hieher und nahm im Saale des Gasthofs zum Adler Aufenthalt. Zu der musikalischen Unterhaltung war auch der hiesige Liederkranz eingeladen worden. Der Vor­stand des Liederkranzes, Hr. MechanikerSchweizer, begrüßte die Calwer Gesangesfreunde, dankte für die freundliche Einladung und wünschte den beiden Nachbarvereinen ein freundschaftliches Verhältnis im Gesmigsleben. Die Begrüßungsworte fanden von Setten der Calwer Sänger durch ihren Vor­stand, Hrn. Präzeptor Bäuchle, sofortige beredte Erwiderung. Der Redner dankte in herzlichen Worten für den Empfang in Ltebenzell und feierte hierauf in schwungvollen und begeisterten, teils humoristischen, teils ernsten Ausführungen die hohe Bedeutung des deutschen Liedes. Brausender Beifall wurde der gedankenreichen Rede zu teil. In rascher Folge brachten nun die beiden Vereine ihre schönsten Lieder zum Vortrag. Der Liederkranz Calw hat in seinen Darbietungen nur Schönes und Gutes

gebracht und mit Entzücken lauschten die Zuhörer den prächtigen Chören. Es herrschte nur eine Stimme des Lobes über die vorzüglich zu Gehör gebrachten Lieder. Die Vorträge des hiesigen Liederkranzes fanden ebenfalls begeisterte Aufnahme und aus­drücklich rühmte in einer weiteren Ansprache der Vorstand des Calwer Liederkranzes die schöne und eindrucksvolle Wiedergabe der Lieder. Nur zu rasch entschwanden die Stunden des musikalischen Genusses, hochbefriedigt verlief die ganze Veranstaltung und mit den Worten:Auf baldiges fröhliches Wieder­sehen in Calw" trennten sich die Sänger der beiden Vereine.

-n. Wildberg, 2. Juni. Vom besten Wetter begünstigt machte am gestrigen Himmelfahrtsfest der Stuttgarter Liederkranz einen Ausflug hieher. Laut Programm erfolgte die Ankunft auf Station Tetnach mit dem Frühzug kurz vor 8 Uhr. Von da ging die Wanderung zunächst zur Ruine Waldeck und dann nach Neubulach, woselbst ein Morgenimbiß eingenommen wurde. Um 1 Uhr trafen die werten Gäste, 160 an Zahl, über Trölles- Hof kommend in fröhlichster Stimmung hier ein. An Stelle des wegen Unpäßlichkeit verhinderten Stadtvorstandes begrüßte Stadtpflsger Frauer die Refidenzausflügler im Schwarzwaldbräuhaus, wo alsbald das Mittagessen eingenommen wurde. Nach demselben statteten die Sänger der Kirche einen Besuch ab, wobei sie unter Professor FörstlerS Lei­tung 4 Chöre zum besten gaben, welche von den zahlreichen Zuhörern von hier und auswärts dank­bar ausgenommen wurden. Zu Anfang und Ende der Gesangsproduktton sang der hiesige Kirchenchor ein Lied. Nach einem Gang durch die Stadt sam­melten sich die Ausflügler wieder im Schwarzwald­bräuhaus und ließen bei Reden und Toasten noch

Der Spion.

Historischer Roman aus der Geschichte des heutigen Rußlands von Julius Gro sse.

(Fortsetzung.)

Die meisten fremden Gästen wandten ebenfalls, wie auf Verabredung, ihre Telegen, um mit nach Tarufsa zurückzufahren. Nicht bloß das persönliche In­teresse für den Verwundeten und seine beklagenswerte Frau, auch die Neugier bannte sie, zu erfahren, wie das unbegreifliche Verbrechen zusammenhänge. Sicher schien es, daß der Schlüffe! des Rätsels in Taruffa allein zu finden sei.

Frau Nadjeschda war inzwischen von hilfreichen Händen in den Wagen der JSprawnik gebracht worden, wo sie sich allmählig erholte. Nun wollte sie durch­aus in die eigene Telega zu Sherwood, um ihn in ihren Armen zu halten. Aber dies ward von Niemand zugestanden, man fürchtete dabei nicht minder für den Verwundeten, der bewußtlos auSgestreckt lag, als für sie selbst.

So ging sie denn zu Fuß neben der Telega her, ihren Blick unabwendbar auf den Gatten gerichtet. Ich und mehrere Andere begleiteten die unglückliche Frau, ebenfalls zu Fuß schreitend.

Frau Nadjeschda war marmorbleich, aber nachdem der erste furchtbare Eindruck überwunden, hatte sie bald ihre völlige Fassung wtedergewonnen.

Ich wußte, daß eS so kommen würde," sagte sie,nicht heute, aber eines Tags. Nur so rasch, so entsetzlich schnell und gerade hier hatte ich es nicht erwartet. O, Tatiaua, Lattana was hast du mir getan!"

Ich verstand damals nicht, warum sie die verbrecherische Tat sofort der Schwester zuschob. Offenbar hielt sie Bulgart für das gehorsame Werheug TatianaS. Ich wußte zwar, daß er zu der Zahl Derer gehörte, die auf

Lebevzeit zu Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt waren. Wie kam er jetzt hierher und mit der Frau seines Freundes? Hatte Wadkowski ihm seine Rache übertragen und wo war der Gatte TatianaS geblieben? Jedenfalls mußten abermals traurige Ereignisse gespielt haben, die allein die Schreckens­tat erklärlich machten.

Als nun der lange Wagenzug, der kaum vor einer Stunde lärmend und festlich davongefahren, jetzt still und langsam, wie ein Leichenkondukt, zurückkam, liefen alle Bewohner des Dorfes zusammen.

Unweit der Brücke, die über den Abfluß des Sees führt, kam uns der Kosak Kuzmin mit verhängtem Zügel entgegen, die vermißten Pistolen hoch in der Hand haltend.

Jetzt bei dem Anblick des zurückkehrenden Zuges hielt er gleich sein Pferd an.

Ich fragte ihn, ob kein fremdes Fuhrwerk inzwischen angekommen.

Er nickte und deutete zum Herrenhause.So ists Gospodin, vor der Freitreppe sind sie vorgefahren. Frau Tatiana ist hrrausge sprungen und ins Schloß hinein. Der Fremde aber ist gleich weitergefahreu, schien große Eile zu haben. Herr im Himmel, wie sah die Gnädige aus! Und was ist denn hier geschehen? Alle Heiligen der Kapitän tot nun geht die Welt unter!"

* *

*

Als die Wagenkarawane endlich dar Schloß erreichte, war bereit« die Dämmerung hereingebrochen, aber in der warmen Lust schwebte noch jene un­bestimmte, fahl ichimmernde silbergraue Hell«, welche die Sommrrabend» in Ruß­land so magisch und durchsichtig macht.