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ihr Kind mit noch zwei kleineren Kindern nach einem in der Nähe des Orts gelegenen Bauernhof geschickt, um etwas zu besorgen. Gegen Abend kamen die beiden jüngsten Kinder wieder zurück und teilten der Mutter mit, daß mitten im Wald ein Mann die 10jährige Schwester Karolina mit Gewalt in das Gebüsch geschleppt habe. Beim Nachsuchen nach der Vermißten fand man das arme Kind mit eingeschlagenem Schädel als Leiche vor. Ein 35 Jahre alter, schon häufig wegen Sittlichkettsver- brechen bestrafter Manu wurde unter dem Verdacht, das Verbrechen begangen zu haben, verhaftet. Gestern reisten von hier 7 Personen, die der Toll­wut verdächtig find, nach Berlin ab. Diese Leute find von dem tollwütigen Hund eines hiesigen Ge­schäftsmanns gebissen worden.

Berlin. Die Hofansage für die Festlich­keiten aus Anlaß der Hochzeit des Kronprinzen ist ergangen. Der Einzug der Herzogin Cecilie er­folgt am 3. Juni nachmittags 5 Uhr. Unmittelbar nach der Ankunft im königlichen Schlosse erfolgt die Vollziehung der Eheakten. Am 4. Juni vor­mittags findet der Kirchgang des Brautpaares in den Dom statt; abends um 8 Uhr ist Galatafel im Schlosse und gegen 9'/, Uhr Fackelzug der Berliner Studentenschaft. Am 5. Juni vormittags 11 Uhr findet der Empfang der Deputationen aus dem Lande statt und abends um 8 Uhr Festvorstellung im Opernhaus. Am 6. Juni nachmittags 4'/» Uhr erfolgt die Vollziehung des standesamtlichen Akts durch den Hausminister und um 5 Uhr die kirchliche Vermählung in der Schloßkapelle. Nach der Zere­monientafel für die allerhöchsten und höchsten Herr­schaften findet gegen acht Uhr ein Fackeltanz im Weißen Saal statt.

Der Aufstand in Deutsch-Südwest­afrika. Ueber die Lage der auf englischem Gebiet befindlichen Herero liegt der Tägl. Rdsch. das Schreiben eines deutschen Händlers vor, das wert­volle Aufschlüsse bringt. Der Brief ist am 23. März 1905 aus Koacheni abgegangen und lautet: Ich bin hier in Koachenei (engl. Militärstation), 55 km östlich Rietfontein) mit 480 großen Ochsen eingetroffen. Bor 10 Tagen find die ganzen Herero, Willy, Friederich Maharero, Traugott mit etwa 25 Pferden und höchstens 100 Ochsen hier aufge­fangen worden. Die englische Polizei hat sämmt- liche entwaffnet. Es sollen sich aber auf dem Weg Rietfontein-Oltfantsklust im Feld noch Hererobanden herumtreiben. Ich bin daher recht ängstlich um meine Ochsen. Ich weiß nun heute nicht, ob ich eine militärische Bedeckung treffe auf Rietfontein. Ich sandte daher zwei Leute zu Pferde vor, um nachzusehen; wenn nicht, soll U. soweit reiten, bis er das erste deutsche Militär trifft, eventuell bis OaS. Hier fitzen die ganzen Okahandja- und Tjetjo- herero um mich hemm, aber glaube, es ist nichts zu befürchten, so lange ich auf englischem Gebiet stehe. Die Grenze zn überschreiten, wie die Lage heute liegt, ist unmöglich; denn die ganzen Herero wissen von meinen Ochsen. Bekomme ich Schutz, so bin ich schnell auf Gobabis. Die Herero haben kolossale Verluste gehabt, Samuel ist beim großen Polizei-Cawp am Ngamisee. Er ist schon im Nov. heruntergekommen. Hier sterben täglich Leute vor Hunger. Laut Anordnung der englischen Polizei darf kein Herero die Grenze überschreiten. Die Leute, Pferde und Ochsen müssen zweimal in der Woche gezählt werden. Ochsen, welche eine Marke (d. h. Stempel eines deutschen Farmers) tragen, dürfen nicht geschlachtet werden.

Paris, 31. Mat. Als der König von von Spanien sich gestern nach dem Elysee begab, um dem Präsidenten Loubet einen Besuch abzu­statten, durchbrach ein etwa 40jähriger Mann das Spalier an der Ecke der Avenue Eifel und der Avenue du Boulogne und näherte sich bis auf 10 Schritt dem Wagen des Königs, dabei laut rufend Tod dem Tyrannen! Der Mann wurde sofort von 2 Polizisten ergriffen und auf die Wache gebracht, wo er als der Sekretär des Syndikats der Pariser Juweliere, namens Garnery, rekognosziert wurde. Man fand in seinen Manschetten versteckt einen scharf geschliffenen Dolch. Ferner wurde ei« Guts­besitzer verhaftet, der bei der Vorbeifahrt des Präsi­denten Lonbet Schmähungen gegen den letzteren aus- gestoßen hatte.

Pari», 1. Juni. «UKrrtat <m» d«r

Körrig vor» Spanier». Als heute nacht um 12 V» Uhr König Alfons von Spanien in Begleitung des Präsidenten Loubet die Oper verließ und nach dem Qnai d'Orsay zurückfahren wollte, warf ein Unbekannter eine Bombe gegen den königlichen Wagen. Die Bombe kam auf der Kante des Bürgersteiges zur Explosion, traf das linke Hinterrad des Wagens und verwundete den auf dieser Seite reitenden Hauptmann Schneider. Der Umstehenden bemächtigte sich eine furchtbare Panik. Man bemerkte bei der Explosion eine gelbe Flamme, wie sie ein grünes Pulver von sich gibt. Die Bombe war aus Gußeisen gefertigt. Das Pferd des Hauptmanns Schneider wurde so schwer ver­wundet, daß es auf der Stelle getötet werden mußte. Hauptmann Granier, der auf der andere« Seite ritt, wurde leichter verwundet. Von der nachfolgenden Kavallerie wurden noch 8 Pferde verletzt. Der König und Lonbet blieben glücklicher­weise unverletzt. Der König erkundigte sich beim Hauptmann Schneider sofort nach seinem Befinden. Derselbe antwortete, trotzdem er von Blut überströmt war, daß er keine Schmerzen habe. Der König zeigte nicht die geringste Aufregung. Als er an der Statur der Jungfrau von Orleans vorbeifuhr, erhob er sich im Wagen und grüßte militärisch, wo­bei ihm die Menge lebhafte Ovationen darbrachte. Im auswärtigen Amt angelangt, verabschiedete sich Lonbet vom König. Letzterer empfing noch den Minister des Aeußern, Delcasse und den spanischen Minister des Auswärtigen. Der König telephonierte sofort an seine Mutter um sie zu beruhigen. Unter den drei verhafteten Personen befindet sich ein Bel­gier. Die Untersuchung wird auf das energischte geführt. Noch in der Nacht wurden bei verschie­denen Anarchisten Haussuchungen vorgenommen. In früher Morgenstunde war das Gerücht verbreitet, die Polizei habe in der Avenue del' Opera eine zweite Bombe gefunden, die nach der Polizeipräfektur gebracht worden sei.

Paris, 1. Juni. Die Geheim-Polizei hat sofort nach dem Attentat Befehl erhalten, alle Anar­chisten zu verhaften. Diese Verhaftungen wurden noch in der Nacht vorgenommen. Im Hotel Louvre, das sich gegenüber der Stelle befindet, wo die Ex­plosion erfolgte, wurde eine Haussuchung vorge­nommen.

Am siMsch-nMe« Krikg.

Petersburg, 1. Juni. Amtlich wird be­kannt gegeben, daß die japanische Flotte bei den letzten Kämpfen nur geringe Verluste aufzu­weisen hat. Der Mikado hat angeordnet, daß die gifaugeuen Offiziere der russischen Schiffe Nikolaus I Orel, Apraxin und Senjawtne auf Ehrenwort ent­lassen werden sollen. Der gestrige Kriegsrat unter dem Vorsitz des Zaren beschloß, den Krieg fortzusetzen. Nach dem Kriegsrat empfing der Zar den Minister Witte der veranlaßt wurde sofort die Volksvertretung einzuberufen. Das 4. Geschwader erhielt Befehl, nicht anSzulaufen. Admiral Birilew wurde sofort zurückberufen.

Pete-rsburg, 31. Mai. Gerüchtweise verlautet, Admiral Kamimura habe die Verfol­gung der nach der Schlacht in der Koreastratze ent­kommenen Schiffe ausgenommen und liefere ihnen in der Nähe von Wladiwostok ein zweites Gefecht.

Petersburg, 31. Mai. Ueber das Schick­sal der Offiziere und Matrosen der untergegangenen Schiffe find noch immer keine Details zu erfahren. In den Redaktionen der großen Tagesblätter herrschte bis zur Mitteruachtsstunde reges Leben. Unauf­hörlich trafen Besuche ein, die Näheres erfahren wollten über das furchtbare Unglück. Das Volk s elbst scheint noch nichts zu wissen. Die Tagesblätter melden wenig aus offiziellen Quellen und verschweigen noch Verschiedenes.

Petersburg, 31. Mai. Die Gattin des Admirals Roschdjeswensky hat gestern von ihrem Gemahl ein Telegramm erhalten, worin dieser mitteilt, daß er an drei Stellen verwundet sei.

Roschdjestwensky soll am Schulterblatt durch eine« Granatsplitter verwundet sein und be­wußtlos an Bord des TorpedobootsBrowt* liegen, das, von einem Kreuzer begleitet, Wladiwostok er­reicht habe. Nach einer Nachricht des Londoner

Daily Mail" wurde Admiral Roschdjeswensky vom finkenden Flaggschiff allerdings auf ein anderes Schiff gebracht, aber am 30. Mai auf der Höhe von Fumi gefangen genommen. Er ist schwer am Arm verwundet.

London. DemDaily Expreß" wird ans Kobe folgendes gemeldet: Japanische Fischerboote brachten eine Anzahl Russen an Land, die fie von Booten und Schiffstrümmern ausgenommen hatten. Die Russen erklären, daß die größere Schußweite der japanischen Schiffsgeschütze es den Japanem ermöglicht habe, außer Gefahr zu bleiben, während fie die Russen mit einem mörderischen Feuer über­schütteten. Infolgedessen verlor die Flotte sehr schnell den Mut und geriet in eine Panik, die durch einen Torpedo-Angriff noch gesteigert wurde. In vielen Fällen stürzten die Mannschaften vollkommen zügel­los nach den Booten, ohne Befehle abzuwarten.

London, 31. Mai. Der Petersburger Berichterstatter derTimes" drohtet unterm 30. ds.: In den gestrigen und heutigen Beratungen in Zars­koje-Selo wurde beschlossen, der Bevölkerung die ganze Wahrheit über die Flotten-Katastrophe bekannt zu geben und die öffentliche Meinung durch die Ankündigung der Einberufung des Zemsti Zabor zu beschwichtigen.

Tokio, 31. Mai. Der russische Kreuzer Gromoboi" mit fast 800 Mann stieß, als er Wladiwostok verließ, offenbar in der Hoffnung, sich mit dem Rest der baltischen Flotte vereinigen zu können, auf eine Mine und ging bei schwerer See gänzlich unter.

-rrruischtes.

Stuttgarter Lebensversicherungs­bank a. G. (Alte Stuttgarter). Die 50. ordentliche Generalversammlung der Bank fand am 31. Mai im Bankgebäude zu Stuttgart unter dem Vorsitz des Präsidenten des Aufstchtsrats, Herrn Präsidenten v. Mosthaf statt. Die Jahresrechnung und Bilanz, sowie die Verteilung des Ueberschusses von 8 565 948 wurde einstimmig genehmigt und dem Vorstand und Aufstchtsrat Entlastung erteilt. Bezüglich der auf der Tagesordnung stehende» Frage der Honorierung der AuffichtSratsmitglteder beschloß die Generalversammlung, im Hinblick auf Z 8 des württemb. Beamtengesetzes von 1876, gemäß dem Anträge des Aufstchtsrats von der Honorierung der Mitglieder desselben abzusehen, um den Staats­beamten die Möglichkeit, Mitglieder des Aufstchtsrats zu sein, zu erhalten. Nur denjenigen Mitgliedern des Aufstchtsrats, welche der Revistons- und Aus- leihekommisiiou angehören wurde eine Entschädigung generell bewilligt.

Das Hoch zeit sgeschenk des Kaisers von Oesterreich ist von Wien nach Potsdam ab- gegangen. Es ist ein Phaeton mit pracht­vollen Pferden. Das in sieben Kisten wohlverpackte Kummetgeschirr aus allerfeinstem Leder zeigt mas­siven Silberbeschlag. Ein Eisenbahnwagen ist von der Nordwestbahn in einen Stallwogen mit Klippen und Raufen umgewandelt worden. In demselben waren die zwei prächtigen 160 Zentimeter hohen Echimmelstuten einwaggouiert. Es find fechsjähr. reine Karster, Lippizaner, beide von dem Original Araberhengst Siglavy. Die äußerst kostbaren, edel­gebauten Tiere werden während der Fahrt von einem Futtermeister und einem Pferdewärter über­wacht. Ein Faß Hochqmllenwasser wurde mit­genommen. Am 30. ds. wird der Erste Stall­meister Graf Ferdinand Kinsky das Gespann dem deutschen Krovprivzevpaar vorführeu.

Wozu das Telephon dienen kann. Zu Nutz und Frommen derTelephonfräuleins" erzählt derGaulois" eine Geschichte aus Amerika, demLande der unbegrenzten Möglichkeiten": Die kleine Stadt Belle Plaine hat zwar nur 3700 Ein­wohner, aber fie besitzt ein Telephonamt, an das 500 Teilnehmer angeschlossen find, und zwar nicht nur Leute aus dem Städtchen, sondern auch Be­wohner der umliegenden Dörfer. Diese Bauern nun benutzten das Telephon bet allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten, und es kau« dem Telephoufräuleiu passiere«, daß fie eines Tages angerufen wird:Fräulein, ich habe den Apparat in die Wiege meines Babys gelegt, wenn es aufwacht und schreit, dann klingeln Sie mich au." Eine andere ländliche Hansfra« hat an da»